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Zusammenfassung der Entscheidung Die Gläubigerin hat gegen den Schuldner vor einem belgischen Gericht ein Versäumnisurteil erwirkt, in dem dieser zu einer Geldzahlung verurteilt wurde. Anschließend wurde über das Vermögen des Schuldners in Deutschland das Insolvenzverfahren eröffnet. Auf Antrag der Gläubigerin wurde das belgische Urteil in Deutschland für vollstreckbar erklärt. Der Insolvenzverwalter des Schuldners legte hiergegen Rechtsmittel gemäß Art. 37 EuGVÜ ein mit der Begründung, das Verfahren sei gemäß § 240 ZPO zu unterbrechen.
Das OLG Zweibrücken (DE) führt aus, dass über Art. 37 EuGVÜ, der für das Rechtsbehelfsverfahren ausdrücklich auf nationale Verfahrensvorschriften verweise, § 240 ZPO anwendbar sei. Folglich sei das Vollstreckbarkeitsverfahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin zu unterbrechen.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
I. Die Beteiligten streiten über die Vollstreckbarkeit eines von einem belgischen Gericht erlassenen Versäumnisurteils. Das von der Gläubigerin am 3. März 1999 erwirkte Versäumnisurteil der 2. Kammer des Handelsgerichts zu Brüssel vom 3. März 1999 ist der Gemeinschuldnerin am 31. März 1999 am Ort ihrer Niederlassung in Belgien per Gerichtsvollzieher zugestellt worden. Bereits mit Beschluss vom 16. März 1999 hat das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein – 3 IN 55/99 – über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt ... zum Insolvenzverwalter ernannt.
Auf Antrag der Gläubigerin hat die Vorsitzende der 7. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) mit Beschluss vom 7. Juli 2000 die Zwangsvollstreckung aus dem belgischen Versäumnisurteil zugelassen und angeordnet, das Urteil mit der Vollstreckungsklausel zu versehen.
Mit dem hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Rechtsmittel macht der Insolvenzverwalter geltend, das Verfahren sei gemäß § 240 ZPO unterbrochen. Schon das in Belgien eingeleitete Titulierungsverfahren sei nach deutschem Recht unzulässig. Der Beschluss des Landgerichts verstoße auch gegen § 89 InsO.
Dem ist die Gläubigerin entgegengetreten. Sie wendet ein, das vorliegende Verfahren bereite lediglich die Zwangsvollstreckung vor. Der sodann in Deutschland vollstreckbare Titel sei Grundlage eines Urkundenprozesses zur Feststellung zur Insolvenztabelle.
II. Das Verfahren ist im Hinblick auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin entsprechend Art. 37 Abs. 1 EuGVÜ iVm § 240 ZPO unterbrochen.
Welchen Einfluss die Eröffnung des Inlandskonkurses auf ein inländisches Vollstreckbarerklärungsverfahren hat, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet. Während teilweise eine Anwendung des § 240 ZPO abgelehnt wird (vgl. OLG Saarbrücken NJW-RR 1994, 636; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 59. Aufl. Art. 33 EuGVÜ Rn. 1), hält vor allem die Literatur die Fortsetzung des Verfahrens für unzulässig, jedenfalls soweit es nach Einlegung des Rechtsbehelfs zweiseitig ausgestaltet ist (vgl. Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Band I/1. Halbband § 150 IX, S. 1140; Mankowski ZIP 1994, 1577, 1579 f; für ein inländisches Vollstreckbarkeitserklärungsverfahren bei Auslandskonkurs OLG Karlsruhe NJW-RR 1987, 1407). Der Senat schließt sich unter Hinweis auf die überzeugenden Ausführungen von Mankowski (aaO) der zuletzt genannten Auffassung an. Die Zwangsvollstreckung duldet zwar grundsätzlich keine Unterbrechung des Verfahrens (vgl. Baumbach/Hartmann aaO § 240 Rn. 2 und Grundz. § 704 Rn. 38). Das Vollstreckbarerklärungsverfahren nach dem EuGVÜ ist aber keine bloße Klauselerteilung im Rahmen der Zwangsvollstreckung, sondern seiner Natur nach mit dem Erkenntnisverfahren vergleichbar. Denn Vollstreckungstitel ist in Deutschland nur die hier ergangene Vollstreckungsentscheidung (vgl. Mankowski aaO S. 1578 mwN). Wird danach erst der deutsche Titel geschaffen, ist über Art. 37 Abs. 1 EuGVÜ, der für das Rechtsbehelfsverfahren ausdrücklich auf nationalen Verfahrensvorschriften verweist, § 240 ZPO anwendbar (vgl. Mankowski aaO S. 1579 f). Die Gläubigerin wird hierdurch – was die Anmeldung der Forderung im Insolvenzverfahren betrifft – nicht benachteiligt (vgl. zu § 146 Abs. 6 KO – jetzt § 179 Abs. 2 InsO – Mankowski aaO S. 1582 mwN).