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Zusammenfassung der Entscheidung Antragstellerin und Antragsgegnerin wurden von einem französischen Gericht gegenüber Drittgläubigern gesamtschuldnerisch zur Zahlung einer Geldsumme verurteilt. Dabei wurde die Antragsgegnerin im Wege einer "condamnation en garantie" verurteilt, für alle gegen die Antragstellerin ausgesprochenen Verurteilungen einzustehen. Die Antragstellerin leistete daraufhin eine Geldzahlung an die Drittgläubiger. Sie beantragte vom zuständigen deutschen Landgericht, das französische Urteil wegen einer Hauptforderung in Höhe der von ihr geleisteten Zahlung zuzüglich gesetzlicher Zinsen in Deutschland für vollstreckbar zu erklären. Die Antragsgegnerin trat dem entgegen.
Das OLG Düsseldorf (DE) ist der Auffassung, dass durch die französische "condamnation en garantie" auch die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin verpflichtet sei. Im Rahmen des EuGVÜ sei für Art und Umfang der Vollstreckbarkeit eines ausländischen Titels auf das Recht des Urteilsstaates abzustellen. Folglich wirke nach französischem Recht ein solches Garantieurteil wie ein Zahlungstitel des Garantieberechtigten gegen den Garantieverpflichteten und sei ebenso zu vollstrecken. Daher umfasse diese Verpflichtung die Zahlung des Hauptbetrages ebenso wie die dafür anfallenden Zinsen, soweit diese ausgeurteilt wurden. Die Formel "gesetzliche Zinsen" im Urteil bedürfe der Konkretisierung im Vollstreckbarkeitsverfahren. Diese könne nach ständiger Rechtsprechung vorgenommen werden.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
I. Am 20. November 1992 hat die dritte Kammer für Handelssachen des Berufungsgerichts von A./Frankreich in einem unter Beteiligung – unter anderem – der Antragstellerin und der Antragsgegnerin nach kontradiktorischem Verfahren ein für vollstreckbar erklärtes Urteil verkündet, durch das – unter anderem – die Antragstellerin und die Antragsgegnerin als Gesamtschuldnerinnen zur Zahlung eines Betrages von insgesamt mehr als 11.000.000 FF nebst gesetzlichen Zinsen an drittbeteiligte Gläubiger und die Antragsgegnerin darüber hinaus verurteilt wurden, für alle gegen die Antragstellerin ausgesprochenen Verurteilungen einzustehen. Dieses Urteil wurde der Antragsgegnerin am 29. Januar 1993 zugestellt. Im Januar 1993 leistete die Antragstellerin an die Drittgläubiger eine Scheckzahlung über 8.653.353 FF.
Sie hat – im Dezember 1994 – beantragt, das französische Urteil wegen einer Hauptforderung in Höhe der von ihr geleisteten Zahlung zuzüglich gesetzlicher Zinsen für vollstreckbar zu erklären.
Das Landgericht hat mit Beschluß vom 22. Februar 1996 angeordnet, daß das Urteil wegen einer (Haupt-) Forderung von 8.653.353 FF mit der Vollstreckungsklausel zu versehen sei, dem weitergehenden Antrag wegen Zinsen jedoch nicht entsprochen.
Gegen diese Entscheidung hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt unter Hinweis darauf, daß sie im Februar 1996 an die Antragstellerin 8.653.352 FF sowie Zinsen in Höhe von 410.673,66 FF überwiesen habe. Sie hat insoweit geltend gemacht, die Antragstellerin, die ihren Ausgleichsanspruch erst Mitte Mai 1995 angemeldet habe, habe ihre Bankverbindung erst im Februar 1996 bekanntgegeben.
Auch die Antragstellerin hat Beschwerde eingelegt, mit der sie Ansprüche auf Zahlung gesetzlicher Zinsen weiterverfolgt.
In Höhe der geleisteten Zahlungen haben die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Wegen der Einzelheiten wird auf die beiderseitigen Schriftsätze und die überreichten Unterlagen Bezug genommen.
II. Die Rechtsmittel beider Beteiligten sind zulässig. Wegen der von der Antragsgegnerin zwischenzeitlich geleisteten Zahlungen ist das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden. Im übrigen bleibt das Rechtsmittel der Antragsgegnerin ohne Erfolg, während die Beschwerde der Antragstellerin zu einer erweiterten Vollstreckbarerklärung auch wegen gesetzlicher Zinsansprüche führt.
1. Die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung des französischen Urteils vom 20. November 1992 sind erfüllt. Die Antragstellerin hat eine Ausfertigung der Entscheidung – mit Übersetzung – vorgelegt (Art. 46 EuGVÜ), die die Vollstreckbarkeit bescheinigt (Art. 47 Nr. 1 EuGVÜ). Das Urteil ist der Antragsgegnerin im Wege der Rechtshilfe am 29. Januar 1993 förmlich zugestellt worden (Art. 47 EuGVÜ).
2. Das Landgericht hat mit Recht die Erteilung einer Vollstreckungsklausel für eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung von 8.653.353 FF an die Antragstellerin angeordnet.
Zwar enthält das zugrundeliegende Urteil lediglich eine gesamtschuldnerische Verurteilung beider Beteiligten zur Zahlung der Hauptforderung zuzüglich gesetzlicher Zinsen an Drittgläubiger. Jedoch hat die Verurteilung der Antragsgegnerin, „für alle gegen die ... (Antragstellerin) ausgesprochenen Verurteilungen“ einzustehen, als „condamnation en garantie“ nach französischem Recht die Qualität eines Zahlungstitels zu Lasten der Antragsgegnerin.
Im Rahmen des EuGVÜ ist für Art und Umfang der Vollstreckbarkeit eines ausländischen Titels allgemein auf das Recht des Urteilsstaates abzustellen, wie unter anderem aus § 6 Abs. 1 AVAG zu folgern ist.
Mit einer Garantieklage nach französischem Recht kann eine Partei – in einem selbständigen Verfahren oder im Wege einer „Drittwiderklage“ – einen Titel gegen einen Dritten erwirken, mit dem sie sich im Falle eines Prozeßverlustes bei diesem schadlos halten kann (vgl. dazu Wieczorek/Schütze-Mansel, ZPO 3. Aufl., § 68 Rn. 46; Mansel in IPRax 1995, 362 ff).
Nach französischem Recht ist ein solches Garantieurteil wie ein Zahlungstitel des Garantieberechtigten gegen den Garantieverpflichteten zu vollstrecken, wenn die Hauptverurteilung selbst einen Zahlungsanspruch tituliert (so unter anderem auch OLG Hamburg IPRax 1995, 391 ff; Mansel aaO). Daß dieses Verständnis einer „condamnation en garantie“ den „gerichtlichen Gepflogenheiten innerhalb des französischen Gebietes entspricht“, hat die Antragstellerin für den vorliegenden Fall auch noch durch Einreichung eines Urteils des Berufungsgerichts in Paris vom 5. Oktober 1993 – Original und Übersetzung – belegt, mit dem seinerzeit einem Antrag auf „Klarstellung“ eines Gewährleistungsurteils im Hinblick auf Schwierigkeiten bei der Vollstreckung in der Bundesrepublik Deutschland entsprochen worden war. Danach entspricht die Verpflichtung, für eine Verurteilung einzustehen, einer urteilsmäßigen Verpflichtung des Garanten zur entsprechenden Leistung – nebst gesetzlichen Zinsen – entweder an den Gläubiger oder an den Garantieberechtigten, sofern dieser an den Gläubiger gezahlt hat.
Daß die Antragstellerin im Januar 1993 per Scheck einen Betrag von 8.653.353 FF an die Gläubiger gezahlt hat, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und im übrigen auch durch Schreiben der Prozeßbevollmächtigten vom 22. und 25. Januar 1993 – mit Übersetzungen – in der nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AVAVG erforderlichen Form urkundlich belegt.
3. Die nach dem Urteil vom 20. November 1992 auf den gezahlten Betrag seit dem 25. Januar 1993 zu entrichtenden gesetzlichen Zinsen hat das Landgericht zu Unrecht von der Vollstreckbarerklärung ausgenommen:
a) Ist die Verpflichtung, für die Verurteilung eines anderen zu Zahlungen an den Gläubiger einstehen zu müssen, als eine eigenständige vollstreckbare Verpflichtung zu entsprechender Zahlung entweder an den Gläubiger oder, soweit dieser vom Garantieberechtigten befriedigt ist, an den Begünstigten zu zahlen, so umfaßt diese Verpflichtung die Zahlung des Hauptbetrages zuzüglich der insoweit ausgeurteilten Zinsen. Auch insoweit ist nach Zahlung an den Gläubiger nur noch der Garantiebegünstigte Empfangsberechtigter aus dem vollstreckbaren Titel.
b) Daß das französische Urteil in der Entscheidungsformel und den Gründen die Höhe der gesetzlichen Zinsen nicht nennt, steht der Erteilung einer Vollstreckungsklausel, die diese Konkretisierung enthält, nicht entgegen (vgl. BGH NJW 1990, 3084). Im vorliegenden Fall kann die Höhe des gesetzlichen Zinssatzes nach den – von der Antragsgegnerin unbeanstandeten – Dekreten für die Jahre 1993 bis 1996 festgelegt werden. Die Erhöhung des gesetzlichen Zinssatzes um fünf Punkte folgt aus Art. 3 des französischen Zinsgesetzes; auch sie wird bei der mit der Vollstreckbarerklärung verbundenen Konkretisierung der Zinsforderung allgemein anerkannt und berücksichtigt (vgl. etwa OLG Hamburg RIW 1994, 424 ff).
c) Die im Urteil angeordnete Kapitalisierung der Zinsen gemäß Art. 1154 Code Civil hat zur Folge, daß die für ein volles Kalenderjahr geschuldeten Zinsen der Hauptforderung jeweils zugeschlagen und damit in den Folgejahren ebenfalls verzinst werden.
Der Senat hat zur Vereinfachung der weiteren Vollstreckung die bis Ende 1995 angefallenen Zinsen als Gesamtbetrag festgesetzt und bei der nachfolgenden Verzinsung die von der Antragsgegnerin geleisteten Zahlungen berücksichtigt.
4. Wegen der von der Antragsgegnerin im Februar 1996 geleisteten Zahlungen auf Hauptforderung und Zinsen haben die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Weil bis zum Eingang der Zahlungen der Antrag auf Vollstreckbarerklärung uneingeschränkt gerechtfertigt war, sind die Verfahrenskosten insoweit insgesamt der Antragsgegnerin anzulasten, deren gegen die Vollstreckbarkeit an sich wie auch gegen die Fälligkeit des Anspruchs erhobenen Einwendungen nicht durchgreifen:
Die Fälligkeit der Verpflichtung der Antragsgegnerin, auf ihre im Urteil vom 20. November 1992 titulierten Verpflichtungen – an die jeweiligen Gläubiger im Rahmen ihrer gesamtschuldnerischen Haftung neben der Antragstellerin bzw. an diese im Rahmen ihrer Einstandsverpflichtung nach Ablösung der Zahlungspflicht durch die Antragstellerin – zu zahlen, war nicht davon abhängig, daß die Antragstellerin die von ihr an die Gläubiger erbrachten Leistungen belegte und nachwies. Im übrigen wußte die Antragsgegnerin auch nach eigener Darstellung jedenfalls seit Frühjahr 1995 und damit noch vor dem Beschluß des Landgerichts vom 23. Februar 1996 von den durch die Antragstellerin geleisteten Zahlungen, hat ihre Überweisung jedoch gleichwohl erst im Februar 1996 veranlaßt.
Selbst wenn die Antragstellerin – nach von ihr bestrittener Darstellung der Antragsgegnerin – ihre Bankverbindung erst im Februar 1996 bekanntgegeben haben mag, war die Antragsgegnerin dadurch an der Erfüllung ihrer Verpflichtungen – etwa durch Übermittlung von Verrechnungsschecks – nicht gehindert.