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Zusammenfassung der Entscheidung Der in Deutschland domizilierende Antragsgegner wurde durch rechtskräftiges Urteil des Tribunal d'Instance Boulay (FR) zur Zahlung einer Geldsumme an die französische Antragstellerin verurteilt. Durch Kostenfestsetzungsbeschluss des gleichen Gerichts wurden die der Antragstellerin vom Antragsgegner zu erstattenden Kosten festgesetzt. Die Antragstellerin beantragte beim zuständigen Landgericht in Deutschland, den Kostenfestsetzungsbeschluss ebenso wie das Urteil mit der Vollstreckungsklausel zu versehen. Letzteres mit der Maßgabe, dass der Antragsgegner auch zur Tragung der durch die Zustellung des Urteils in Frankreich und die dort durchgeführte Zwangsvollstreckung entstandenen Kosten des Gerichtsvollziehers (Hussier) verurteilt worden ist. Das Landgericht gab dem Antrag teilweise statt. Antragstellerin und Antragsgegner legten gegen diese Entscheidung Beschwerde ein.
Das OLG Saarbrücken (DE) führt aus, dass die Kosten des Gerichtsvollziehers nicht für in Deutschland vollstreckbar erklärt werden können. Gemäß Art. 31 EuGVÜ könnten nur Entscheidungen eines Vertragsstaates für vollstreckbar erklärt werden, die in diesem Staat vollstreckbar seien. Dies bedeute, dass die Gerichtsvollzieherkosten nur dann in Betracht kämen, wenn diese im Sinne einer in Frankreich gegen den Antragsgegner vollstreckbaren Entscheidung tituliert seien, wenn also eine diese Kosten betreffende und den Antragsgegner verpflichtende Entscheidung des Vertragsstaates mit vollstreckungsfähigem Inhalt gegeben sei. Daran fehle es jedoch hier. Dass diese Kosten nach französischem Recht zu Lasten des Antragsgegners gingen, sei dabei ohne Bedeutung. Eine gesetzliche Folge ersetze nicht eine diese Kosten titulierende Entscheidung.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
I. Durch rechtskräftiges Urteil des Tribunal d'Instance in Boulay/Frankreich vom 10.4.1987 – Az.: RG 426/86 – ist der Antragsgegner zur Zahlung von FF 55.427,79 nebst gesetzlichen Verzugszinsen von 9,5 % vom 10.12.1986 bis 10.6.1987 und 14,5 % seit dem 11.6.1987 sowie zur Tragung der Kosten verurteilt worden. Durch Kostenfestsetzungsbeschluß des gleichen Gerichts vom 10.9.1987 – Az.: RG 426/86 – sind die von dem Antragsgegner an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf FF 1241,39 festgesetzt worden. Die Antragstellerin hat beantragt, den Kostenfestsetzungsbeschluß vom 10.9.1987 und das Urteil vom 10.4.1987 mit der Vollstreckungsklausel zu versehen, hinsichtlich des Urteils vom 10.4.1987 mit der Maßgabe, daß der Antragsgegner auch zur Tragung der durch die Zustellung des Urteils in Frankreich und die dort durchgeführte Zwangsvollstreckung entstandenen Kosten des Gerichtsvollziehers ... von FF 230,45 und FF 321,08 verurteilt worden ist.
Der Vorsitzende der 15. Zivilkammer des Landgerichts in Saarbrücken hat durch Beschluß vom 13.2.1989, auf den vollinhaltlich verwiesen wird, angeordnet, daß das Urteil des Tribunal d'Instance in Boulay vom 10.4.1987 hinsichtlich der dort ausgesprochenen Verurteilung zur Zahlung von FF 55.427,79 nebst Zinsen und der Kostenfestsetzungsbeschluß vom 10.9.1987 mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist. Bezüglich der Gerichtsvollzieherkosten hat das Landgericht den Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen und der Antragstellerin 1/10 der Kosten des Verfahrens auferlegt. Gegen diesen dem Antragsgegner am 29.3.1989 zugestellten Beschluß hat der Antragsgegner am 10.4.1989 Beschwerde eingelegt, mit der er sich gegen eine seiner Auffassung nach erneute Verurteilung durch das Landgericht wendet.
Die Antragstellerin hat am 25.4.1989 Beschwerde eingelegt, mit der sie ihren Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel hinsichtlich der in Frankreich angefallenen Gerichtsvollzieherkosten in Höhe von FF 230,45 und FF 321,08 weiterverfolgt und die Kostenentscheidung des Landgerichts angreift.
II. Die gemäß Art. 36, 37 EGÜbK, §§ 11, 12 AG EGÜbK zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist nicht begründet (1). Die gemäß Art. 40 EGÜbK in Verbindung mit §§ 16 Abs. I, 12 AGEGÜbK statthafte Beschwerde der Antragstellerin hat nur hinsichtlich der Kostenentscheidung des Landgerichts Erfolg und ist im übrigen nicht gerechtfertigt (2).
1. Das Landgericht hat zu Recht die Erteilung der Vollstreckungsklausel für das von der Antragstellerin erstrittene Urteil des Tribunal d'Instance in Boulay vom 10.4.1987, soweit der Antragsgegner zur Zahlung von FF 55.427,79 nebst Zinsen verurteilt worden ist, und für den von der Antragstellerin erwirkten Kostenfestsetzungsbeschluß des gleichen Gerichts vom 10.9.1987 angeordnet. Gemäß Art. 34 Abs. II, Abs. III EGÜbK darf ein Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel für eine – wie hier – dem EGÜbK unterliegende ausländische Entscheidung im Sinne von Art. 25, 31 EGÜbK, zu der auch Kostenfestsetzungsbeschlüsse gehören (Art. 25 EGÜbK), nur aus einem der in Art. 27 und Art. 28 EGÜbK angeführten Gründe, die eine abschließende Regelung der Versagungsgründe enthalten, abgelehnt werden, wobei die ausländische Entscheidung keineswegs auf ihre Gesetzmäßigkeit nachgeprüft werden darf (OLG Saarbrücken NJW 1988, 3100; Senatsbeschluß vom 20.6.1989 – 5 W 49/89 –). Ein derartiger Versagungsgrund im Sinne von Art. 27, Art. 28 EGÜbK ist hier, soweit das Landgericht dem Antrag der Antragstellerin stattgegeben hat, nicht gegeben.
Ein die Versagung der Vollstreckungsklausel rechtfertigender Verstoß gegen die Zuständigkeitsregelungen des Art. 28 EGÜbK und die Bestimmungen des Art. 27 Nr. 2 – 4 EGÜbK liegt ersichtlich nicht vor. Die Vollstreckung des Urteils und des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Tribunal d'Instance (Amtsgericht) in Boulay widerspricht auch nicht dem deutschen ordre public, Art. 27 Nr. 1 EGÜbK. Der ordre-public-Vorbehalt des Art. 27 Nr. 1 EGÜbK steht einer Vollstreckung der Entscheidung des Erststaates im Zweitstaat nur in ganz krassen Fällen entgegen und setzt voraus, daß grundlegende Werte der zweitstaatlichen Rechtsordnung oder elementare staatspolitische Zielsetzungen des Zweitstaates in Frage gestellt würden (OLG Saarbrücken NJW 88, 3100). Dafür ist hier nichts ersichtlich, so daß die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen war.
2. Die Beschwerde der Antragstellerin ist, soweit sie die Gerichtsvollzieherkosten in Höhe von FF 321,08 und FF 230,45 betrifft, ebenfalls nicht begründet. Das Landgericht hat diesbezüglich zu Recht den Antrag der Antragstellerin auf Erteilung der Vollstreckungsklausel zurückgewiesen. Mit der Vollstreckungsklausel versehen werden können nur Entscheidungen eines Vertragsstaates, die in diesem Staat vollstreckbar sind (Art. 31 EGÜbK). Dies bedeutet, daß die Erteilung der Vollstreckungsklausel hinsichtlich der von der Antragstellerin geltend gemachten Gerichtsvollzieherkosten von FF 321,08 und FF 230,45 nur dann in Betracht kommt, wenn diese im Sinne einer in Frankreich gegen den Antragsgegner vollstreckbaren Entscheidung tituliert sind, wenn also eine diese Kosten betreffende und den Antragsgegner verpflichtende Entscheidung des Vertragsstaates mit vollstreckungsfähigem Inhalt gegeben ist (vgl. BGH NJW 1983, 2773; OLG Saarbrücken NJW 88, 3100). Daran fehlt es hier.
Die Kostenentscheidung im Urteil stellt eine bloße Kostengrundentscheidung dar, die als solche keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Jedenfalls ist der Kostenentscheidung nicht zu entnehmen, daß die hier in Rede stehenden Gerichtsvollzieherkosten vom Antragsgegner an die Antragstellerin zu zahlen sind. Diesbezüglich ist die Kostenentscheidung des Urteils des Tribunal d'Instance in Boulay vom 10.4.1989 auch nicht auslegungsfähig (vgl. hierzu BGH NJW 86, 1440; OLG Saarbrücken aaO). Die Sachlage ist nicht vergleichbar dem Fall einer auslegungsfähigen Verurteilung zur Zahlung „gesetzlicher Zinsen“ (vgl. BGH NJW 86, 1440; Baumbach-Lauterbach Anm. zu Art. 34 EGÜbK), bei der man von einer inhaltlich hinreichend bestimmten Verurteilung zur Zinszahlung ausgehen kann.
Auch die Kostennoten des Gerichtsvollziehers ... über 2 x FF 160,54 und FF 230,45 enthalten keine „Entscheidung“ darüber, daß der Antragsgegner diese Kosten zu tragen hat.
Das Landgericht hat nach alledem die Erteilung der Vollstreckungsklausel bezüglich dieser Kosten mangels Vorliegens einer Entscheidung im Sinne von Art. 25 und Art. 31 EGÜbK zu Recht abgelehnt. Daß, wie von der Antragstellerin behauptet, diese Kosten nach französischem Recht zu Lasten des Antragsgegners gehen, ist dabei nicht von Bedeutung. Denn eine solche gesetzliche Folge ersetzt nicht eine diese Kosten titulierende Entscheidung, deren Vorliegen nach Art. 25 und Art. 31 EGÜbK Voraussetzung für die Erteilung einer diese Kosten betreffenden Vollstreckungsklausel ist.
Erfolg hat die Beschwerde der Antragstellerin jedoch insoweit, als das Landgericht die Kosten des landgerichtlichen Verfahrens zu 1/10 der Antragstellerin auferlegt hat. Auf die Kosten des landgerichtlichen Verfahrens finden gemäß § 8 Abs. IV AGEGÜbK die Vorschriften des § 788 ZPO, wonach der Schuldner (=Antragsgegner) grundsätzlich die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung zu tragen hat, entsprechende Anwendung. Ist der Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel nicht begründet, so sind gemäß § 10 Satz 2 AGEGÜbK die Kosten des landgerichtlichen Verfahrens dem Antragsteller – durch gerichtliche Entscheidung – aufzuerlegen. Aus dieser gesetzlichen Regelung folgt, daß bei einer teilweisen Zurückweisung des Antrags über die Kosten gemäß § 92 ZPO zu entscheiden ist. Unter den Voraussetzungen des § 92 Abs. II ZPO können demnach einem Verfahrensbeteiligten die gesamten Prozeßkosten auferlegt werden, wenn die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine besonderen Kosten veranlaßt hat. Das ist hier der Fall. Die Zuvielforderung der Antragstellerin beträgt FF 551,53 und ist daher im Verhältnis zu dem Gesamtbetrag von FF 57.220,71, bezüglich dessen die Erteilung der Vollstreckungsklausel begehrt wird, als geringfügig im Sinne von § 92 Abs. II ZPO anzusehen. Eine Erhöhung von Gerichts- und Anwaltskosten ergibt sich ausweislich der einschlägigen Gebührentabellen nicht. Demnach hat der Antragsgegner die gesamten Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Kostenentscheidung des Landgerichts war dementsprechend zu ändern.