Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadenersatz gemäß § 26 Abs. 2, § 35 GWB.
Die Beklagte, ein italienisches Unternehmen, stellt her und vertreibt Sportwagen der Luxusklasse. Die Klägerin, eine deutsche Tochter der in B. ansässigen italienischen Firma A., importierte seit 1983 Sportwagen der Klägerin in die Bundesrepublik; der Vertriebsbereich der Klägerin war Süddeutschland. Die Beziehungen der Parteien waren durch einen Vertriebsvertrag vom 07.10.1983, geändert am 01.03.1986, geregelt. Der in italienischer Sprache abgefaßte Vertriebsvertrag in seiner zuletzt gültigen Fassung enthält – soweit hier von Interesse – übersetzt folgende Regelungen:
„Nr. 26 Streitigkeiten – Gerichtsstand
Der Gerichtsstand Modena ist allein zur Entscheidung zuständig im Falle irgendwelcher Streitigkeiten, die dennoch in Verbindung mit dem vorliegenden Vertrag entstehen können.
Das anwendbare Recht ist das italienische“.
„Nr. 28 Dauer und Ende des Vertrags
(in der seit 01.03.1986 geltenden Fassung)
1. Der vorliegende Vertrag gilt vom 01. März 1986 bis zum 31. Dez. 1986 und endet zum letztgenannten Datum endgültig, wenn vor dem 30. Sept. 1986 eine der Parteien der anderen Partei schriftlich mitteilt, daß sie nicht die Absicht hat, seine Dauer zu verlängern. Mangels einer solchen Mitteilung seitens eines der Vertragsschließenden gilt der Vertrag ab dem 01. Jan. 1987 automatisch als auf unbestimmte Zeit verlängert, bis eine der Parteien ihn beendet, indem sie der anderen schriftlich eine Kündigung mit einer Frist nicht unter 180 Kalendertagen übergibt.
2. In jedem Fall eines Endes des vorliegenden Vertrags gemäß dem vorstehenden Absatz 1 oder Art. 24 des vorliegenden Vertrags hat der Importeur keinen Anspruch auf Entschädigung, Ausgleich oder Schadenersatz als Folge des vorgenannten Vertragsendes.“
Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 01.06.1988, der Klägerin am 08.06.1988 zugegangen, den Vertriebsvertrag. Anfang Dez. 1988, nach Ablauf der 180tägigen Kündigungsfrist, stellte die Beklagte die Belieferung der Klägerin ein. Die Klägerin ist der Kündigung entgegengetreten, hat eine befristete Weiterbelieferung verlangt und Schadenersatzansprüche geltend gemacht. Zum 31.12.1988 hat sie ihre Liquidation beschlossen.
Die Beklagte hat am 12.10.1988, zugestellt am 21.10.1988, vor dem Landgericht Modena Klage erhoben gegen die Klägerin mit dem Antrag, festzustellen, daß der Vertriebsvertrag der Parteien mit Wirkung vom 05.12.1988 aufgelöst und wirksam gekündigt worden ist und daß die Beklagte gegenüber der Klägerin wegen der Auflösung des Vertrags keinerlei Verpflichtungen mehr unterliegt. Die Klägerin hat vor dem Landgericht Modena Widerklage mit Schriftsatz vom 29.03.1989, der Beklagten zugestellt am 30.03.1989, erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von DM 9.986.072,‑ zu verurteilen; die Widerklage ist unter der Bedingung erhoben worden, daß die vor dem Landgericht Stuttgart erhobene Klage wegen Nichtzuständigkeit des angerufenen deutschen Gerichts abgewiesen wird.
Mit ihrer am 17.07.1989 zugestellten Klage hat die Klägerin vorgebracht:
Sie sei von der Beklagten unter Verstoß gegen § 26 Abs. 2 GWB dadurch unbillig behindert worden, daß die Beklagte bei der durch die Kündigung herbeigeführten Beendigung des Vertrags keine angemessene Umstellungsfrist gewährt habe. Sie, die Klägerin, habe seit Beginn der Zusammenarbeit im Jahre 1983 ein zuverlässiges Händler- und Servicenetz in Süddeutschland aufgebaut und durch umfangreiche und kostenträchtige Werbe- und Förderungsmaßnahmen den Absatz der Sportwagen der Beklagten von Jahr zur Jahr erheblich gesteigert. Da ihr Geschäftsbetrieb zum weit überwiegenden Teil den Import und Vertrieb der Sportwagen der Beklagten in dem ihr zugewiesenen Vertriebsgebiet betroffen habe, liege ein Fall der unternehmensbedingten Abhängigkeit vor. Die Beklagte hätte deshalb das Vertriebsverhältnis zumindest bis 08.06.1990 weiterführen müssen. Durch die Lieferverweigerung sei ihr, der Klägerin, die Existenzfähigkeit entzogen worden. In der Zeit bis 08.06.1990 hätte sie voraussichtlich einen Gewinn von DM 9.986.072,‑ erwirtschaftet, den die Beklagte zu ersetzen habe.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
am 08.03.1989 1.664.345,‑ DM
am 08.06.1989 1.664.345,‑ DM
am 08.09.1989 1.664.345,‑ DM
am 08.12.1989 1.664.345,‑ DM
am 08.03.1990 1.664.345,‑ DM
am 08.06.1990 1.664.345,‑ DM
insgesamt 9.986.072,‑ DM
jeweils zuzüglich 5 % Zinsen ab dem jeweiligen Fälligkeitsdatum zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, daß die Klage unzulässig, auf jeden Fall unbegründet sei.
Die internationale Zuständigkeit des angerufenen deutschen Gerichts sei nicht gegeben. Die vertragliche Gerichtsstandsvereinbarung gelte wegen ihrer weiten, allumfassenden Formulierung auch für die mit der erhobenen Klage geltend gemachten deliktischen Ansprüche, da sie mit dem Vertriebsvertrag in einem untrennbaren Zusammenhang stünden. Die von den Parteien vereinbarte ausschließliche Geltung des italienischen Rechts mache die Klägerin nicht schutzlos, da auch nach italienischem Recht die Länge einer Kündigungs- und Umstellungsfrist sich nach Treu und Glauben bemesse. Der Ausschluß der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte gemäß Art. 17 EuGVÜ gelte auch gegenüber dem nach deutschen Kartellrecht (§ 98 Abs. 2 GWB) bestehenden Derogationsverbot. Das Übereinkommen habe als geltende Regelung des überstaatlichen Europarechts Vorrang vor abweichenden innerstaatlichen Regelungen.
Der Klage stehe ferner die anderweitige Rechtshängigkeit der vor dem Landgericht Modena erhobenen Klage und Widerklage entgegen, die dort früher eingetreten sei als die Rechtshängigkeit der hier zur Entscheidung stehenden Klage. Daß die Beklagte die Widerklage unter einer Bedingung erhoben habe, sei unschädlich; die Bedingung sei nach italienischem Recht unbeachtlich.
Das Landgericht hat die abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage angeordnet. Mit Endurteil hat es die Klage als unzulässig abgewiesen. Wegen der rechtlichen und tatsächlichen Würdigung durch das Erstgericht sowie wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens im 1. Rechtszug wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des am 11.12.1989 verkündeten Urteils des Vors. der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart, Bl. 137 bis 148, Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag und bringt ergänzend noch vor:
Unrichtig sei die Meinung des Landgerichts, die vertragliche Gerichtsstandsvereinbarung erfasse den geltend gemachten, auf § 26 Abs. 2 GWB gestützten Anspruch. Die Gerichtsstandsvereinbarung solle nach ihrem Wortlaut und dem Willen der vertragsschließenden Parteien allein Ansprüche aus Vertragsverletzungen erfassen. Eine solche Vertragsverletzung stelle die nach § 26 Abs. 2 GWB unbillige Behinderung mittels Liefersperre nicht dar. Letztere sei eine unerlaubte Handlung. Eine Gerichtsstandsvereinbarung, die sich auf künftige unerlaubte Handlungen erstrecken würde, die nicht zugleich Vertragsverletzungen seien, sei unwirksam. Allenfalls dann erfasse eine vertraglich Gerichtsstandsvereinbarung auch deliktische Ansprüche, wenn diese tatbestandlich mit einer Vertragsverletzung zusammenfielen. Dies treffe hier nicht zu. Gegen vertragliche Pflichten habe die Beklagte nicht verstoßen. Allein vorwerfbar sei, daß die Beklagte ihre, der Klägerin, Belieferung eingestellt habe, ohne eine angemessene Umstellungsfrist zu gewähren, obwohl sie, die Klägerin, von den Lieferungen der Beklagten abhängig gewesen sei. Für die Anwendung des § 26 Abs. 2 GWB sei das Vorhandensein vertraglicher Beziehungen grundsätzlich nicht erforderlich.
Aber selbst wenn man dieser Auffassung nicht folge, so müsse beachtet werden, daß einerseits die Klägerin dem zwingenden Schutz des deutschen Kartellrechts unterstehe und andererseits das Landgericht Modena diesen Schutz nach italienischem Recht nicht gewähren könne. Die deshalb gebotene enge Auslegung der Gerichtsstandsvereinbarung führe dazu, daß jedenfalls die Klägerin für kartellrechtliche Ansprüche die Zuständigkeit des Landgerichts Modena nicht habe vereinbaren wollen.
Für den Fall, daß man die Auffassung vertrete, die Gerichtsstandsvereinbarung erfasse auch auf § 26 Abs. 2 § 35 GWB gestützte Schadenersatzansprüche, wäre die Vereinbarung wegen Verstoßes gegen die §§ 96, 98 Abs. 2 GWB unwirksam. Die gegenteilige Ansicht des Landgerichts verkenne das Verhältnis, in dem §§ 96, 98 Abs. 2 GWB zu Art. 17 EuGVÜ stünden. Es gehe dabei nicht darum, wer den Vorrang habe, da beide Vorschriften einen unterschiedlichen Anwendungsbereich hätten. Art. 17 EuGVÜ sei im Kern eine Auslegungsregel, die nur insoweit eingreife, als die vertragsschließenden Parteien überhaupt die Befugnis hätten, eine Gerichtsstandsvereinbarung zu treffen. Der Umfang der Befugnis werde durch das innerstaatliche Recht bestimmt. Die aus § 96, 98 Abs. 2 GWB abzuleitende Nichtigkeit abweichender Gerichtsstandsvereinbarungen werde von Art. 17 EuGVÜ nicht berührt. Selbst wenn man, wie gelegentlich in der Literatur vertreten werde, einen Vorrang der Bestimmungen des EuGVÜ vor dem nationalen Recht annähme, so betreffe dies jedenfalls nicht das deutsche Kartellrecht. Weder im EuGVÜ sei eine Zuständigkeitsregelung hierzu getroffen worden, noch könne dem GWB entnommen werden, daß der Gesetzgeber es habe zulassen wollen, daß die Parteien mit einer Zuständigkeitsregelung die Zuständigkeit der deutschen Kartellgerichte abbedingen können sollen.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und gemäß dem in 1. Instanz gestellten Antrag zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis und in der Begründung für zutreffend. Sie erwidert:
Nach dem schriftlich fixierten Parteiwillen, wie er in der Gerichtsstandsvereinbarung zum Ausdruck komme, könne kein Zweifel bestehen, daß die Parteien einen ausschließlichen Gerichtsstand des Landgerichts Modena für alle gerichtlichen Streitigkeiten vereinbart hätten und hätten vereinbaren wollen, die in Verbindung mit dem Vertriebsvertrag entstehen können, und zwar ohne Rücksicht auf die Rechtsnatur und dogmatische Einordnung des jeweils gerichtlich geltend gemachten Anspruchs. Daß der vor den deutschen Gerichten eingeklagte kartellrechtliche Anspruch sich aus einem Sachverhalt ergebe, der Teil der vertraglichen Beziehungen der Parteien sei, könne nicht zweifelhaft sein.
Das Landgericht habe zu Recht entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dem Art. 17 EuGVÜ die Rechtsqualität als EG-Rechts zuerkannt und diesem den Vorrang vor dem materiellen deutschen Kartellrecht beigelegt. Es befinde sich insoweit in voller Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs.
Im übrigen sei die Klage auch wegen der bereits früher eingetretenen anderweitigen Rechtshängigkeit des eingeklagten Anspruchs (Art. 21 EuGVÜ) unzulässig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens im 2. Rechtszug wird auf die von den Parteien in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die Klage wegen mangelnder internationaler Zuständigkeit der angerufenen deutschen Gerichte als unzulässig abgewiesen. Die Parteien haben die ausschließliche internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Modena/Italien für den im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Schadenersatzanspruch wirksam vereinbart.
1. Entgegen der Meinung der Klägerin wird der im vorliegenden Fall geltend gemachte, auf § 26 Abs. 2, § 35 GWB gestützte Schadenersatzanspruch vom Inhalt der in der Nr. 26 des Vertriebsvertrags der Parteien getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung erfaßt. Die Bestimmung des objektiven Umfangs der Gerichtsstandsvereinbarung, insbesondere ob und inwieweit Streitigkeiten von ihr ausgenommen oder erfaßt sein sollen, bestimmt sich nach dem Parteiwillen. Dies gilt insbesondere auch für die Frage, ob die in einem Vertrag getroffene Gerichtsstandsvereinbarung nicht nur vertragliche sondern auch deliktische Ansprüche erfaßt, soweit sie in einem Bezug zu dem Vertragsverhältnis stehen (BGH NJW 1965, 300; OLG München RIW 1989, 901, 902; Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht, Rndr. 1719 mwN). Nach dem Wortlaut der Nr. 26 des Vertriebsvertrags der Parteien vom 07.10.1983/01.03.1986 soll das italienische Gericht „allein zur Entscheidung zuständig sein im Falle irgendwelcher Streitigkeiten, die dennoch in Verbindung mit dem vorliegenden Vertrag entstehen können“. Nach dem objektiven Erklärungswert dieser Klausel bedeutet dies, daß sie nicht nur Streitigkeiten aus dem Vollzug des Vertrags, sondern alle Streitigkeiten erfassen soll, die in irgendeiner Verbindung mit diesem Vertrag zwischen den Parteien entstehen werden. Dazu gehören auch deliktische Schadenersatzansprüche, soweit sie ihren Grund in dem Vertragsverhältnis der Parteien haben, also in einem Bezug hierzu stehen. Zu diesen Ansprüchen gehört auch der im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachte kartellrechtliche Schadenersatzanspruch.
Für diese weite Auslegung der Klausel sprechen zusätzlich folgende Umstände:
Unstreitig ist der Inhalt des Vertrags von der Beklagten mit der italienischen Muttergesellschaft der Klägerin ausgehandelt worden. Auch haben die Parteien die ausschließliche Anwendung italienischen Rechts auf ihre Rechts-, insbesondere Vertragsbeziehungen vereinbart (Nr. 26 S. 2 des Vertriebsvertrags). Es liegt daher auf der Hand, daß die Parteien ihre Rechts- und Vertragsbeziehungen im Konfliktfall, und zwar unabhängig von der dogmatischen Einordnung der geltend zu machenden Ansprüche, umfassend und ausschließlich von italienischen Gerichten beurteilen lassen wollten. Hinzu kommt, daß die Parteien in der Nr. 28 Abs. 2 des Vertriebsvertrags vereinbart haben, daß im Falle der Beendigung des Vertrages gemäß den vertraglich vereinbarten Modalitäten der Klägerin irgendwelche Ansprüche gleich welcher Art, insbesondere auch Schadenersatzansprüche, nicht zustehen sollten, wobei auch insoweit allein das italienische Recht maßgeblich sein soll. Auch dies spricht dafür, daß nach dem übereinstimmenden Parteiwillen deliktische kartellrechtliche Schadenersatzansprüche, die bei der Beendigung des Vertriebsvertrags entstehen können und wie sie hier geltend gemacht werden, allein nach italienischem Recht von italienischen Gerichten beurteilt werden sollten. Nach diesem Parteiwillen sollte eine andere internationale und örtliche Zuständigkeit als die des Landgerichts Modena für Streitigkeiten der Parteien, die in irgendeinem Bezug zu dem Vertriebsvertrag der Parteien stehen, ausgeschlossen sein.
2. Bei der Gerichtsstandsvereinbarung in der Nr. 26 des Vertriebsvertrags handelt es sich um die grenzüberschreitende Prorogation eines italienischen Gerichts. Diese und die darin liegende Derogation der deutschen Gerichte unterliegt den Bestimmungen des Art. 17 EuGVÜ. Dies hat der Erstrichter ohne Rechtsfehler festgestellt. Im Verhältnis Italien und Bundesrepublik Deutschland, beide Vertragsstaaten, gilt dieses Abkommen seit dem 01.02.1973 (Zöller-Geimer, 13. Aufl., Kommentar zur ZPO, IZPR Anm. F Anm. II 1). Daß dieses Abkommen in zeitlicher, sachlicher und räumlicher Hinsicht bei der Beurteilung der Gerichtsstandsvereinbarung Anwendung finden muß, ist zwischen den Parteien nicht streitig.
a) Die Gerichtsstandsvereinbarung genügt, dies ist unstreitig, den Formerfordernissen des Art. 17 Abs. 1 S. 2 EuGVÜ, sie verstößt ihrem Inhalt nach auch nicht gegen Art. 12, 15 und 16 EuGVÜ (Art. 17 Abs. 3 EuGVÜ) und betrifft eine künftige Rechtsstreitigkeit, die aus einem bestimmten Rechtsverhältnis, d.h. aus dem Vertriebsvertrag der Parteien, entsprungen ist (vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 2. Aufl., § 17 EuGVÜ, Rn. 52; OLG München RIW 1989, 901 jeweils mwN).
b) Mit dem Landgericht ist der Senat der Auffassung, daß die Regelung der ausschließlichen – internationalen und örtlichen – Zuständigkeit gemäß Parteivereinbarung nach Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ einem Derogationsverbot nach dem nationalen deutschen Recht vorgeht.
Der Klägerin ist zuzugeben, daß grundsätzlich für Ansprüche nach deutschem Kartellrecht, auch soweit sie einen Auslandsbezug haben, ausschließlich die deutschen Gerichte zuständig sind (vgl. v. Gamm NJW 1977, 1553 ff; Kartellrecht § 98 GWB Rn. 6; Immenga/Mestmäcker/Schmidt, § 87 GWB Rn. 31; Immenga/Mestmäcker/Emmerich § 98 Abs. 2 GWB Rn. 284, 287; Gemeinschaftskommentar/v. Renthe/Finck, Anhang zu § 96 GWB Anm. 1 bis 4, jeweils mit weiteren Nachweisen, Münchener Kom./Immenga, 2. Aufl., nach Art. 37 EGBGB Rn. 76). Die Vereinbarung der Zuständigkeit ausländischer Gerichte für nach deutschem Recht zu beurteilende Kartellsachen ist danach regelmäßig ausgeschlossen, da es sonst die Parteien in der Hand hätten, sich den öffentlich rechtlichen Regelungen des deutschen Kartellrechts durch bloße Vereinbarung zu entziehen.
Art. 17 EuGVÜ stellt jedoch, dies verkennt die Klägerin, eine in sich abgeschlossene Regelung des Rechts der grenzüberschreitenden Zuständigkeitsvereinbarung dar, welche einer Korrektur oder Ergänzung durch nationale, die Zuständigkeit regelnde Rechte nicht zugänglich ist. In seinem Anwendungsbereich verdrängt Art. 17 EuGVÜ das nationale Recht (vgl. BGH NJW 1980, 2022, 2023; vgl. die Nachweise bei Baumbach/Lauterbach, ZPO, 48. Aufl., Schlußanhang V c 1, Art. 17 EuGVÜ; Samtleben IPrax 1981, 43; Kropholler aaO, Art. 17 Rn. 15, 16 mwN; Geimer-Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Band I, 1. Halbband, § 96 XI unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH; ausdrücklich zu § 98 Abs. 2 GWB vgl. S. 905; Piltz NJW 1979, 1071, 1074; Immenga/Mestmäcker/Emmerich § 98 Abs. 2 GWB Rn. 283 ff; Gemeinschaftskommentar/Koenigs, 4. Aufl., § 98 Abs. 2 GWB Rn. 135). Dies bedeutet, daß dann, wenn eine gem. Art. 17 EuGVÜ vereinbarte konkrete örtliche und internationale Zuständigkeit einen ausschließlichen Gerichtsstand nach nationalem Verfahrensrecht mißachtet, das innerstaatliche Zuständigkeitsrecht zurücktreten muß. Diese Konsequenz gebietet der Vorrang des Gemeinschaftsrechts (vgl. EuGH NJW 1978, 1741); das EuGVÜ ist zwar nicht Produkt eines unmittelbaren Rechtssetzungsakts eines Organs der Europäischen Gemeinschaft, ihm kommt jedoch der Rang primären Gemeinschaftsrechts zu (vgl. Schlosser NJW 1975, 231 ff).
Damit ist die Vereinbarung der örtlichen und internationalen Zuständigkeit des Landgerichts Modena in der Nr. 26 des Vertriebsvertrags der Parteien auch für den im vorliegenden Fall geltend gemachten Schadenersatzanspruch trotz des Derogationsverbots nach deutschem Kartellrecht wirksam und für den Senat bindend.
3. Da die Klage bereits wegen mangelnder internationaler Zuständigkeit der angerufenen deutschen Gerichte als unzulässig abzuweisen ist, kann es dahinstehen, ob die „anderweitige Rechtshängigkeit“ der vor dem Landgericht Modena bereits anhängig gemachten Klage und Widerklage der Parteien ein weiteres Prozeßhindernis (Art. 21 EuGVÜ) darstellt. Gleiches gilt für die Frage, ob eine Ersatzzuständigkeit im Inland gegeben sein würde, wenn die italienischen Gerichte den Schadenersatzanspruch abweisen, weil sie deutsches Kartellrecht von vornherein nicht anwenden (vgl. dazu Geimer aaO, Rn. 1770).