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Zusammenfassung der Entscheidung Die Klägerin, eine deutsche Unternehmensberaterin, hat für die belgische Beklagte Dienstleistungen erbracht und begehrte mit Klage vor dem Landgericht Frankurt a. M. (DE) ihr Honorar. Die Beklagte wurde im schriftlichen Vorverfahren aufgefordert, binnen einer Frist von 3 Wochen nach Zustellung der Klage ihre Verteidigungsbereitschaft durch einen zugelassenen Rechtsanwalt anzuzeigen. Dies tat ihr Prozessbevollmächtigter mit Schriftsatz vom 29. 12. 1989. Darin brachte er zum Ausdruck, dass er nicht wisse, wann zugestellt worden sei und deshalb diesen Schriftsatz vorsorglich per Telefax übersende. Am 21. 02. 1990 rügte er fristgerecht die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt a. M. (DE).
Das Landgericht Frankfurt a. M. (DE) verneint seine internationale Zuständigkeit. Diese folge insbesondere nicht aus Art. 18 EuGVÜ, denn mit dem Schriftsatz vom 29. 12. 1989 habe die Beklagte nur vorsorglich auf die Anfrage des Gerichts geantwortet. Es wäre förmelnd, die fristgerecht erfolgte Zuständigkeitsrüge mit Schriftsatz vom 21. 02. 1990 gerade deshalb nicht mehr ausreichen zu lassen, weil sie vorher angekündigt worden sei. Außerdem betreffe der 6. Abschnitt des EuGVÜ Vereinbarungen der Parteien über die Zuständigkeit; eine solche könne aber in dem Schreiben an das Gericht nicht gesehen werden. Auch aus Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ folge keine internationale Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt a. M. (DE); der Erfüllungsort im Sinne des Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ sei nach deutschem Recht zu bestimmen und liege danach am Sitz der Beklagten in Belgien.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Die Klägerin, eine in Deutschland geschäftsansässige Unternehmensberaterin, hat für die in Belgien geschäftsansässige Beklagte Dienstleistungen erbracht und begehrt ihr Honorar aufgrund Schreibens der Beklagten vom 16. August 1988 für die Monate Februar 1989 bis einschließlich Juli 1989. Im schriftlichen Vorverfahren wurde die Beklagte aufgefordert, binnen einer Notfrist von 3 Wochen nach Zustellung der Klage durch einen zugelassenen Rechtsanwalt anzuzeigen, daß sie der Klage entgegentreten wolle. Ihr Prozeßbevollmächtigter zeigte dies mit Schriftsatz vom 29. Dezember 1989 an, brachte aber gleichzeitig zum Ausdruck, er wisse nicht, wann zugestellt sei und die 3-Wochenfrist ablaufe. Daher übersende er diesen Schriftsatz vorsorglich per Telefax.
Die Parteien streiten über die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt. Die Beklagte hat sie mit Schriftsatz vom 21. Februar 1990 gerügt.
Das Landgericht Frankfurt ist international nicht zuständig.
1. Die Zuständigkeit folgt zunächst nicht aus Art. 17, 18 des Brüsseler EWG-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.09.1968 (BGBl 1972 IIS 774 = GVÜ abgekürzt Jayme-Hammann Internationales Privat- und Verfahrensrecht, 5. Aufl., 1990, S. 220 ff). Mit dem Schriftsatz vom 29. Dezember 1989 hat die Beklagte erkennbar nur „vorsorglich“ auf die gerichtliche Anfrage geantwortet und informierte das Gericht vorab, es werde die gewünschte Mitteilung nach Sachprüfung innerhalb gesetzter Frist noch machen. Hierin bereits eine Einlassung auf das Verfahren iSd Art. 18 GVÜ zu sehen, wäre verfehlt, denn dessen Satz 2 läßt Einlassungen, mit denen der Mangel der Zuständigkeit geltend gemacht wird, gerade nicht als zuständigkeitsbegründend zu. Es wäre förmelnd, die fristgerecht erfolgte Zuständigkeitsrüge mit Schriftsatz vom 21.02.1990 gerade deshalb nicht (mehr) ausreichen zu lassen, weil sie vorher angekündigt war. Hinzu kommt, daß der 6. Abschnitt der GVÜ Vereinbarungen der Parteien über die Zuständigkeit betrifft. Eine solche kann in dem Schreiben an das Gericht nicht gesehen werden. Schließlich betraf die von der Klägerin angeführte Entscheidung des EuGH zu der „ersten Verteidigung“ die rügelose Einlassung auf eine Aufrechnungsforderung (EuGH NJW 1985, S. 2893), ein sachlich völlig anderer Fall als der hier zu entscheidende.
2. Die Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main folgt auch nicht aus Art. 5 Nr. 1 GVÜ. Nach dieser Vorschrift kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden, wenn … Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, die vor dem Gericht des Ortes zu erfüllen wären. Dies richtet sich nach dem Recht, das nach der Kollisionsnorm des mit dem Rechtsstreit befaßten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgeblich ist (EuGH NJW 1977, S. 491; BGH NJW 1988, S. 1466 – 1467). Der Erfüllungsort aufgrund der von der Klägerin behaupteten Dienstleistung wird nach deutschem materiellen Recht bestimmt. Maßgebend ist daher § 269 BGB, den § 270 Abs. 4 BGB unberührt läßt. Danach ist Erfüllungsort der Sitz des Schuldners, sofern ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses zu entnehmen ist. Die hier streitigen Ansprüche auf Honorarzahlung gemäß Schreiben der Beklagten vom 16. August 1988 sind am Geschäftssitz der Beklagten in Belgien zu erfüllen.
Wie der EuGH in seinem Urteil vom 15. Januar 1987 klargestellt hat, ist die vertragliche Verpflichtung maßgeblich, die konkret den Gegenstand der Klage bildet (vgl. Geimer NJW 1987, S. 1131; Mezger IPRax 87, 346, sämtlich LG Kaiserlautern NJW 1988, S. 652, für die Honorarklage eines bauplanenden Architekten). Damit sind etwaige Zweifel, ob nicht etwa der Vertrag insgesamt, also nicht nur die Geldschuld, sondern auch die Gegenleistungen – hier die Dienste – maßgeblich sei, beseitigt. Tendenzen in der Rechtsprechung, dies (wieder) auszuweiten, gelten bisher nur im Bereich der unselbständigen Arbeit (Albers in Palandt 48. Aufl., S. 2484). Da die Klägerin ihren Zahlungsanspruch ausschließlich auf das Schreiben vom 16. August 1988 stützt, besteht kein Anlaß, den vom deutschen Gesetzgeber gewollten Schutz des Schuldners zu durchbrechen. Er besteht darin, daß der Schuldner grundsätzlich wegen einer Geldschuld an seinem Wohnort oder seiner Geschäftsniederlassung zu verklagen ist (so auch OLG Oldenburg NJW 1976, 1043 – l0444 – das im Sitz der Firma des Schuldners „das den Vorstellungen aller Vertragsstaaten gemeinsame Begriffsmerkmal des Zahlungsorts“ sieht).