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Zusammenfassung der Entscheidung Die Klägerin, ein deutscher Lieferant von Einrichtungen, fordert von der Beklagten die Bezahlung einer an eine französische Gesellschaft erbrachten Lieferung. Die in Frankreich wohnhafte Beklagte ist die Geschäftsführerin dieser Gesellschaft. Die von der Beklagten unterschriebenen Auftragsformulare enthalten Lieferbedingungen der Klägerin. Diese enthalten eine Gerichtsstandsklausel, sowie eine Klausel über den Erfüllungsort, beide zugunsten von Saarbrücken. Die Beklagte rügte die Zuständigkeit der Gerichte in Saarbrücken (DE) und ließ sich nur hilfsweise zur Sache ein.
Das OLG Saarbrücken (DE) stellt fest, die deutschen Gerichte seien international unzuständig. Die Zuständigkeit könne nicht auf Art. 18 EuGVÜ gestützt werden, da die Beklagte die Zuständigkeit gerügt habe. Die hilfsweise Einlassung zur Sache sei keine Einlassung im Sinne des Art. 18 EuGVÜ. Die Gerichtsstandsklausel in den Lieferbedingungen der Klägerin könne der Beklagten nicht entgegengehalten werden. Art. 17 EuGVÜ regele allein die Zulässigkeit, Form und Wirkung einer Gerichtsstandsvereinbarung, während diese im übrigen nach dem anzuwendenen nationalen (hier: deutschen) Recht zu beurteilen sei. Danach sei der Vertrag mit der französischen Gesellschaft, einer juristischen Person, geschlossen worden, nicht dagegen mit der Beklagten selbst. Diese werde deshalb durch die dem Vertrag zugrundeliegenden Lieferbedingungen der Klägerin nicht gebunden. Auch wenn die Beklagte möglicherweise aus Rechtsschein hafte, mache sie dies nicht zur Vertragspartnerin. Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte könne auch nicht auf Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ gestützt werden. Da die Klägerin der Beklagten die Erfüllungsortvereinbarung in den Lieferbedingungen nicht entgegenhalten könne, sei der Erfüllungsort nach deutschem Recht zu bestimmen, welches an den Wohnsitz der Beklagten verweise. Eine in Betracht kommende Haftung aus Rechtsschein sei keine Haftung aus unerlaubter Handlung im Sinne von Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Auf die Berufung der Beklagten ist die von der Klägerin vor dem Landgericht Saarbrücken erhobene Klage, mit der die Klägerin die in Frankreich wohnhafte Beklagte als Inhaberin einer ... auf Zahlung eines Restbetrages von 25.436,91 DM für eine von ihr nach ... gelieferte, für die ... bestimmte Ladeneinrichtung in Anspruch nimmt, als unzulässig abzuweisen.
Die form- und fristgerecht (§§ 516, 518, 519 ZPO) eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie richtet sich gegen das die Zulässigkeit der Klage betreffende Zwischenurteil des Landgerichts, das mit der Berufung anfechtbar ist (§ 280 Abs. 2 Satz 1 ZPO; Baumbach-Lauterbach § 280 ZPO Anm. 3 B b bb). Die Beklagte kann mit der Berufung geltend machen, daß das Landgericht zusammen mit seiner örtlichen Zuständigkeit seine internationale Zuständigkeit zu Unrecht angenommen habe. § 512 a ZPO steht dem nicht entgegen. Denn die Prüfung der von dem Landgericht bejahten internationalen Zuständigkeit fällt nicht unter § 512 a ZPO (BGH NJW 82, 1947; OLG Hamm NJW 90, 652; Baumbach-Lauterbach § 512 a ZPO Anm. 2 B).
Die demnach zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet. Die Klage ist als unzulässig abzuweisen.
Das Landgericht Saarbrücken ist zur Entscheidung über den von der Klägerin gegen die in ... ansässige Beklagte geltend gemachten Anspruch international nicht zuständig und die Klage demzufolge wegen Fehlens einer Prozeßvoraussetzung unzulässig (vgl. Zöller vor § 253 ZPO Rn. 15).
Die internationale Zuständigkeit bestimmt sich in dem vorliegenden, eine Zivilsache im Sinne von Art. 1 EuGVÜ betreffenden Rechtsstreit einer deutschen Auftragnehmerin und der von ihr als Auftraggeberin in Anspruch genommenen französischen Beklagten nach den Bestimmungen des EuGVÜ (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 89, 1350). Liegt der Wohnsitz des Beklagten in einem anderen Vertragsstaat als dem Gerichtsstaat, ist die internationale Zuständigkeit des Gerichtsstaats nach Art. 3 Abs. 1 EuGVÜ nur dann begründet, wenn sich dies aus den besonderen Zuständigkeitsbestimmungen des 2. bis 6. Abschnitts des Abkommens ergibt. Liegen die Voraussetzungen einer derartigen Sonderzuständigkeit nicht vor, so bleibt es bei der Grundregel des Art. 2 EuGVÜ, wonach jede Partei nur vor dem Gericht des Staates verklagt werden darf, in dem sie ihren Wohnsitz hat (OLG Düsseldorf NJW-RR 89, 1350 f.).
Hiernach ist das Landgericht Saarbrücken zur Entscheidung des Rechtsstreits nicht berufen.
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte und damit die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Saarbrücken ist weder nach Art. 18 Satz 1 EuGVÜ, noch nach Art. 17 EuGVÜ, noch nach Art. 5 EuGVÜ gegeben.
1. Eine Zuständigkeit des Landgerichts Saarbrücken nach Art. 18 Satz 1 EuGVÜ entfällt deshalb, weil sich die Beklagte nicht im Sinne dieser Bestimmung rügelos zur Sache eingelassen hat. Die Beklagte hat vielmehr von Anfang an die fehlende internationale Zuständigkeit des Landgerichts Saarbrücken gerügt. Daß die Beklagte auch die Berechtigung der von der Klägerin geltend gemachten Forderung in Abrede gestellt hat, ist, weil dies ersichtlich nur vorsorglich, d. h. hilfsweise, erfolgt, keine Einlassung zur Sache im Sinne von Art. 18 Satz 1 EuGVÜ (vgl. OLG Hamm NJW 90, 652, 653 mwN).
2. Die Zuständigkeit des Landgerichts Saarbrücken folgt auch nicht aus Art. 17 EuGVÜ, der § 38 ZPO vorgeht (BGH NJW 1980, 2023). Nach Art. 17 EuGVÜ kann die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts eines Vertragsstaates durch eine schriftliche oder durch eine mündliche, schriftlich bestätigte Vereinbarung der Parteien begründet werden (OLG Hamm NJW 1990, 653). Dabei entscheidet Art. 17 EuGVÜ in seinem Anwendungsbereich ausschließlich über Zulässigkeit, Form und Wirkung der Gerichtsstandsvereinbarung (Kropholler „Europ. Zivilprozeßrecht“ 2. Aufl. Rn. 16, 22; OLG Düsseldorf NJW-RR 89, 1331). Welche materiellrechtlichen Anforderungen an das Zustandekommen der Vereinbarung im übrigen zu stellen sind, bestimmt sich dagegen nicht nach Art. 17 EuGVÜ. Maßgeblich hierfür ist das nationale Recht, das von dem angerufenen Gericht nach seinem internationalen Privatrecht für anwendbar erklärt wird (Kropholler aaO; OLG Düsseldorf aaO, vgl. auch OLG Köln NJW 82, 2182 unter 2 b cc).
Nach Maßgabe dieser Kriterien ist eine die Zuständigkeit des Landgerichts Saarbrücken begründende Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien im Sinne von Art. 17 EuGVÜ nicht gegeben.
Zwar enthalten die „Verkaufs- und Lieferbedingungen“ der Klägerin, die auf der Rückseite der von der Beklagten unterschriebenen, die hier streitige Ladeneinrichtung betreffenden Auftragsformulare abgedruckt waren, eine Bestimmung dahin, daß das für Schmelz zuständige Gericht zuständig sein soll, wenn der Käufer seinen allgemeinen Gerichtsstand im Ausland hat (Ziffer VIII 6 b).
Diese in den AGB der Klägerin enthaltene Gerichtsstandsklausel ist indessen nicht mit der Beklagten vereinbart worden.
a) Welche materiellrechtlichen Anforderungen an das Zustandekommen der Gerichtsstandsvereinbarung zu stellen sind, bestimmt sich, wie bereits erwähnt, nach dem nationalen Recht, das von dem angerufenen Gericht aufgrund des für dieses geltenden internationalen Privatrechts für anwendbar erklärt wird. Ob die Parteien des Rechtsstreits eine für sie rechtsverbindliche Gerichtsstandsvereinbarung getroffen haben, entscheidet sich hier nach deutschem Recht. Die nach den Auftragsformularen für die der Klägerin erteilten Aufträge vereinbarten AGB der Klägerin enthalten in Ziffer VIII 7 eine Rechtswahlklausel dahin, daß für die Verträge die Geltung Deutschen Rechts vereinbart ist. Eine derartige Rechtswahlklausel ist nach deutschem internationalen Privatrecht, das für das von der Klägerin angerufene Landgericht Saarbrücken maßgebend ist, in AGB möglich (Palandt Art. 27 EGBGB Anm. 2 c; vgl. auch OLG Schleswig NJW-RR 88, 283, 284; Schröder IPRax 85, 131). Dann bestimmt sich auch das Zustandekommen der für den Vertrag erforderlichen Willenseinigung und deren materiellrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen nach diesem (= deutschem) Recht (Art. 31 Abs. 1 EGBGB Anm. 2 a, Rn. 2).
b) Nach deutschem Recht, von dessen Geltung die Parteien, wie ihre Rechtsausführungen zeigen, auch ausgehen, ist der die Ladeneinrichtung betreffende Vertrag nicht mit der Beklagten zustandegekommen, und die Beklagte hat demgemäß mit der Klägerin auch keine sie bindende Gerichtsstandsvereinbarung nach Maßgabe der dem Vertrag zugrundeliegenden AGB der Klägerin getroffen. Gegenstand des Vertrages war die Lieferung und Montage einer Ladeneinrichtung für ein Geschäftslokal der ... in Frankreich. Für dieses Geschäft und unstreitig nicht etwa für sich als Privatperson (vgl. Berufungserwiderung der Klägerin vom 17.6.1991 Seite 2, Bl. 156 der Akten) hat die Beklagte der Klägerin die Ladeneinrichtung in Auftrag gegeben, was sich auch daraus ergibt, daß in den Auftragsformularen die ... als Bestellerin ausgeführt ist und die Klägerin an diese auch ihr Angebot vom 25.4.1989 adressiert hat (Bl. 11). Von der Klägerin in Anspruch genommen wird die Beklagte schließlich auch nicht als Privatperson, sondern als Inhaberin der ... Der der Klägerin nach Maßgabe ihrer AGB erteilte Auftrag zur Lieferung und Montage der Ladeneinrichtung war somit ein unternehmensbezogenes Geschäft der ... Unter diesen Umständen wird der Vertrag dann aber nicht mit dem Handelnden, sondern mit dem jeweiligen Inhaber des Unternehmens abgeschlossen (BGH NJW 84, 1347; BGH NJW 86, 1675). Vertragspartner der Klägerin und damit auch Partei der in den AGB enthaltenen, den Vertrag betreffenden Gerichtsstandsvereinbarung ist somit allein der Inhaber des Unternehmens ... Dies ist jedoch nicht die Beklagte. Inhaber der ... ist nach dem von der Beklagten vorgelegten Handelsregisterauszug vielmehr die ..., also eine juristische Person (= GmbH) französischen Rechts, für die zu handeln die Beklagte als deren Geschäftsführerin zweifellos Vollmacht hatte. Daß die Beklagte der Klägerin nach deutschem Recht möglicherweise aus Rechtsschein haften würde (Palandt § 164 BGB Anm. 1 a; BGH Urteil vom 24.06.1991 – II ZR 293/90 –), ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Denn dadurch wird die Beklagte noch nicht Vertragspartner der Klägerin. Vertragspartei der Klägerin ist somit allein die Firma ... Dies wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß das Unternehmen, für welches die Ladeneinrichtung von der Beklagten in Auftrag gegeben wurde, nur als ... unter Weglassen des Firmenbestandteils ... bezeichnet wurde. Bei einem unternehmensbezogenen Geschäft wird der Vertrag, wie bereits dargelegt, allein mit dem Inhaber des Unternehmens abgeschlossen (BGH aaO) und es ist dabei nicht von Bedeutung, ob und gegebenenfalls welche unrichtigen Vorstellungen der Vertragspartner, hier also die Klägerin, über den Inhaber des Unternehmens hatte (vgl. Palandt § 164 BGB Anm. 1 a mwN). Daß Inhaber des die Ladeneinrichtung bei der Klägerin gemäß den beiden Auftragsscheinen über 77.216,‑ DM (Auftrag vom 25.4.1989) und 12.024,‑ DM (Auftragsschein ohne Datum) bestellenden Unternehmens die Firma ... ist, wird von der Klägerin nicht in Abrede gestellt. Die in den für diesen Auftrag geltenden AGB der Klägerin enthaltene Gerichtsstandklausel (Ziffer VIII 6 b der AGB) ist somit nicht mit der Beklagten vereinbart worden, und die internationale Zuständigkeit des Landgerichts für den in Rede stehenden Rechtsstreit ist demzufolge nicht gemäß Art. 17 EuGVÜ gegeben.
3. Zur Entscheidung des Rechtsstreits international zuständig ist das Landgericht Saarbrücken schließlich auch nicht gemäß Art. 5 EuGVÜ. Das Landgericht Saarbrücken ist nicht Gericht des Erfüllungsortes im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ. Der die Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ begründende Erfüllungsort bestimmt sich nach dem Recht, das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befaßten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgebend ist (BGH VersR 85, 56; OLG Hamm NJW 90, 652). Als Gericht des Erfüllungsortes wäre das Landgericht Saarbrücken nur dann international zuständig, wenn nach dem für die Parteien, wie dargelegt, maßgeblichen deutschen Recht die Beklagte und die Klägerin als Vertragsparteien, wie in Ziffer VIII 5 der AGB der Klägerin möglicherweise geschehen, das im LG-Bezirk Saarbrücken gelegene Schmelz (= den Sitz der Klägerin) als Erfüllungsort nach § 269 BGB vereinbart hätten. Daran fehlt es. Denn die Beklagte ist, wie bereits ausgeführt, nicht Vertragspartner der Klägerin und hat demzufolge mit dieser auch keinen sie bindenden Erfüllungsort nach Maßgabe der AGB der Klägerin vereinbart. Da sich ein Erfüllungsort am Sitz der Klägerin auch nicht aus den Umständen ergibt, – bei Bauverträgen, die der Lieferung und Montage einer Ladeneinrichtung vergleichbar sind, ist hiernach der Ort des Bauwerkes Erfüllungsort (Palandt § 269 BGB Anm. 3 b; BGH NJW 86, 935) –, ist das Landgericht Saarbrücken nicht gemäß Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ international zuständig.
Die Zuständigkeit des Landgerichts Saarbrücken zur Entscheidung über die gegen die Beklagte geltend gemachten Ansprüche läßt sich letztendlich auch nicht aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ herleiten. Zwar ist die Beklagte der Klägerin möglicherweise kraft erweckten Rechtsscheins für die Erfüllung des der Klägerin erteilten Auftrages neben dem Vertragspartner der Klägerin, der Firma ... haftbar, wobei beide der Klägerin für die Leistung als Gesamtschuldner haften (BGH Urteil vom 24.06.1991 – II ZR 293/90 –). Diese in Betracht kommende Rechtsscheinhaftung der Beklagten ist jedoch keine Haftung aus unerlaubter Handlung im Sinne von Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ. Zwar ist der Begriff der unerlaubten Handlung des Art. 5 Abs. 3 EuGVÜ vertragsautonom auszulegen. Er bezieht sich demzufolge auf alle Klagen, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen „Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 anknüpfen (EuGH NJW 1988, 3088; Baumbach-Lauterbach-Albers Art. 5 EuGVÜ zu Z. 3).
Nach Maßgabe dieser Kriterien ist Gegenstand des vor dem Landgericht Saarbrücken anhängigen Verfahrens jedoch keine unerlaubte Handlung im Sinne von Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ. Die in der Person der Beklagten möglicherweise begründete Rechtsscheinhaftung gibt der Klägerin keinen Schadensersatzanspruch, sondern einen Anspruch auf Erfüllung des Vertrages, bei dessen Zustandekommen die Beklagte zurechenbar einen Rechtsschein hervorgerufen hat. Sie knüpft damit an den hier mit der Firma ... zustandegekommenen Vertrag über die Lieferung der Ladeneinrichtung an und fällt somit nicht unter Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ, so daß das Landgericht auch nicht nach Maßgabe dieser Bestimmung zur Entscheidung des Rechtsstreits zuständig ist.
Die Klage der Klägerin war nach alledem unter Abänderung des angefochtenen Zwischenurteiles als unzulässig abzuweisen.