I. Im März 1981 bestellte die Firma … bei der Antragstellerin zu 1) ein Drehzahlminderungsgetriebe für die Zementmahlanlage Nr. 3 ihres Werkes in .... Mit dem Einsatzhärten der Getrieberäder beauftragte die Antragstellerin zu 1) die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin (...), zu der sie seit Jahren Geschäftsbeziehungen unterhielt. Diese führte die Arbeiten aus und erteilte unter dem 13. März 1982 eine Rechnung über 10.350,‑ DM. Als die Antragstellerin zu 1) an den von ihr weiterbearbeiteten Getrieberädern zu geringe Härtewerte feststellte, ließ sie diese zunächst bei … nachbehandeln. Im September 1983 nahm die Firma … die Zementmahlanlage in Betrieb. Am 29. Dezember 1983 brachen aus einem der Getrieberäder drei Zähne aus, was einen mehrmonatigen Stillstand der Anlage zur Folge hatte.
Anfang 1984 leitete die Firma … beim Handelsgericht Versailles ein Beweissicherungsverfahren gegen die Antragstellerin zu 1) ein. Durch Beschluß vom 05. Januar 1984 wurde der Sachverständige … beauftragt, die Ursachen der Panne vom 29. Dezember 1983 festzustellen und die Reparaturkosten für das Getriebe sowie die Betriebsausfallschäden zu beziffern. Auf Antrag der Antragstellerin zu 1) wurde ... durch Beschluß vom 12. Januar 1984 in das Verfahren einbezogen. In seinem Gutachten vom 24. November 1984 sah der Sachverständige ... die Ursache für den Störfall in einer ungenügenden Oberflächenhärte der von … bearbeiteten Getrieberädern. Die Reparaturkosten für das Getriebe gab er mit 657.794,65 FF an. Die Betriebsausfallschäden bei der Firma … bezifferte er auf 3.837.413,40 FF. Am 04. Januar 1985 verklagte die Firma ... die Antragstellerin zu 1) vor dem Handelsgericht Versailles auf Schadensersatz. Die Antragstellerin zu 1) erhob ihrerseits vor diesem Gericht am 28. Mai 1985 Rückgriffsklage gegen …. Durch Urteil vom 20. November 1986 wurde die Klage in der Hauptsache mit der Rückgriffsklage zur gemeinsamen Entscheidung verbunden, die Schadensersatzpflicht der Antragstellerin zu 1) gegenüber der Firma … festgestellt, die von ... erhobene Einrede der Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts zurückgewiesen, das französische Recht für anwendbar erklärt, die von … vorgebrachte Einrede der Verjährung zurückgewiesen und verurteilt, die Antragstellerin zu 1) von allen Verurteilungen zugunsten der Firma … freizustellen sowie einen Betrag von 657.794,65 FF für die Reparatur des Getriebes an die Antragstellerin zu 1) zu zahlen. Gleichzeitig beauftragte das Gericht vor einer Entscheidung über die konkrete Höhe des der Firma … entstandenen Schadens den Sachverständigen … mit der Erstattung eines weiteren Gutachtens.
Gegen dieses Urteil legte die Firma … Berufung ein. Der Berufungsgerichtshof trennte durch Urteil vom 03. November 1988 die Hauptklage von der Rückgriffsklage und ordnete vor einer Entscheidung über die Haftung der Firma die Einholung eines neuen Gutachtens durch den Sachverständigen … zu den Ursachen des Getriebeschadens an. Auf Antrag der Firma bestätigte der Berufungsgerichtshof durch ergänzendes Urteil vom 11. Mai 1989 ausdrücklich das Urteil des Handelsgerichts Versailles hinsichtlich der Haftung der Antragstellerin zu 1) gegenüber der Firma … auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen … und bezüglich der Einholung eines weiteren Gutachtens des Sachverständigen … zur Höhe des Schadens der Firma ….
Im Anschluß an sein Zwischenurteil vom 20. November 1986 verurteilte das Handelsgericht … am 04. Oktober 1989 auf der Grundlage des weiteren Gutachtens des Sachverständigen vom 15. November 1987 die Antragstellerin zu 1) insg. 3.900.589,‑ FF nebst Zinsen und Kosten an die Firma … zu zahlen. Das Handelsgericht stellte ausdrücklich fest, daß die Firma ... infolge der Abtrennung der Rückgriffsklage nicht mehr am Verfahren teilnahm und über deren Anträge folglich nicht zu entscheiden war. Das Urteil des Handelsgerichts … wurde durch Urteil des Berufungsgerichtshofs Versailles vom 04. Juli 1991 bestätigt.
Aufgrund der Entscheidungen des Berufungsgerichts ... vom 03. November 1988 und 11. Mai 1989 fand im Verhältnis der Parteien der Rückgriffsklage das Verfahren vor dem Sachverständigen … statt. Dieser erstattete am 31. Juli 1991 sein Gutachten, in dem er die Verantwortlichkeit der Firma … für den Getriebeschaden feststellte. Der Berufungsgerichtshof verurteilte daraufhin … am 10. Dezember 1992 unter anderem zur Zahlung von 5.729.059,20 FF nebst Zinsen an die Antragstellerin zu 2), den Haftpflichtversicherer der Antragstellerin zu 1) sowie zur Zahlung von 107.786,60 FF nebst Zinsen an die Antragstellerin zu 1). Ferner bestätigte es die Verurteilung zur Zahlung von 657.794,65 FF nebst Zinsen an die Antragstellerin zu 1). Die gegen dieses Urteil und die Urteile vom 03. November 1988 und 11. Mai 1989 eingelegte Kassationsbeschwerde der Firma wurde vom Kassationsgerichtshof am 13. Dezember 1994 zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz vom 13. Juli 1995 haben die Antragstellerinnen beim Landgericht Bochum die Vollstreckbarerklärung des Urteils des Berufungsgerichtshofs vom 10. Dezember 1992 gegen die Antragsgegnerin als Rechtsnachfolgerin der Firma ... beantragt. Das Landgericht hat dem Antrag durch Beschluß vom 26. Juli 1995 entsprochen. Gegen den am 10. August 1995 zugestellten Beschluß hat die Antragsgegnerin am 23. August 1995 Beschwerde eingelegt und ihr Rechtsmittel wie folgt begründet:
Dem Berufungsurteil vom 10. Dezember 1992 sei die Anerkennung zu versagen, weil sie dem deutschen ordre public widerspreche. Die Entscheidung des Berufungsgerichtshofs stehe in einem nicht mehr vertretbaren und auf sachfremden Erwägungen beruhenden Widerspruch zu seiner früheren Entscheidung vom 03. November. 1988. Dort sei unter Vorbehalt aller Rechte und Angriffs- und Verteidigungsmittel der Parteien die Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens angeordnet worden. Über das von der Firma … in erster Instanz und mit der Berufung geltend gemachte Verteidigungsvorbringen (Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts, Anwendbarkeit des deutschen Rechts, Einrede der Verjährung) sei keine Entscheidung getroffen worden. Im Widerspruch dazu habe der Berufungsgerichtshof in seinem Urteil vom 10. Dezember 1992 ausgeführt, daß über die Einreden der Firma … bereits rechtskräftig entschieden worden sei. Mit dem Vorbringen der Firma … zur Zurechenbarkeit zur Höhe des der Firma … entstandenen Schadens habe sich das Gericht trotz des früher erklärten Vorbehalts auch nicht mehr befaßt. Dadurch sei, der Anspruch der Firma auf ein faires Verfahren und auf Schutz vor objektiv willkürlichen Gerichtsentscheidungen verletzt. Weiter liege ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs vor. Der Berufungsgerichtshof habe die Feststellungen zur Schadenshöhe aus dem Verfahren der Hauptklage übernommen, auf das die Firma … keinen Einfluß habe nehmen können. Ferner sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, weil das französische Gericht ohne Rücksicht auf die Vorhersehbarkeit des Schadens eine pauschale Haftung der Firma … angenommen habe. Schließlich sei das Urteil des Berufungsgerichtshofs vom 10. Dezember 1992 bislang nicht wirksam zugestellt worden. Da es sich im übrigen gegen eine nicht mehr existente Partei richtet, hänge die Zulassung der Zwangsvollstreckung von dem Nachweis ab, daß die Antragsgegnerin Rechtsnachfolgerin der Firma … sei. Offenkundig sei dies nicht.
Die Antragsgegnerin beantragt, den angefochtenen Beschluß abzuändern und den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zurückzuweisen.
Die Antragstellerinnen beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigen die angefochtene landgerichtliche Entscheidung. Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die von den Parteien in der Beschwerdeinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die gem. Art. 36, 36 EuGVÜ, §§ 11, 12 Abs. 1 AVAG zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat das Urteil des Berufungsgerichtshofs Versailles vom 10. Dezember 1992 zu Recht für vollstreckbar erklärt.
1. Der französische Vollstreckungstitel ist für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gegen die Antragsgegnerin als Rechtsnachfolgerin der Firma … für vollstreckbar zu erklären. Wird die Vollstreckungsklausel gegen einen anderen als den in dem ausländischen Titel bezeichneten Schuldner beantragt, so ist die Frage, ob der Schuldtitel gegen den anderen vollstreckbar ist, nach dem Recht des Staates zu entscheiden, in dem der Schuldtitel errichtet ist (§ 6 Abs. 1 AVAG). Die Rechtsnachfolge auf der Schuldnerseite beurteilt sich somit nach französischem Recht. Anders als im deutschen Recht existiert im französischen Recht keine dem § 727 ZPO entsprechende prozessuale Vorschrift, die die Vollstreckbarkeit von Titeln gegen die Rechtsnachfolger der in einem Titel genannten Parteien zum Gegenstand hat. Das Bedürfnis einer titelübertragenden Vollstreckung wird funktional auf der Ebene des materiellen Rechts gelöst und im Zusammenhang mit den allgemeinen zivilrechtlichen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung behandelt (vgl. Hans OLG Hamburg, IPRax 1995, 391, 392). Die Frage, ob die Antragsgegnerin zivilrechtlich als Rechtsnachfolgerin der Firma…anzusehen ist, beurteilt sich aus französischer Sicht nach deutschem Recht, weil es sich sowohl bei der Antragsgegnerin als auch bei der Firma … um deutsche Gesellschaften mit Sitz in Deutschland handelt. Das französische Internationale Privatrecht verweist in einem solchen Fall mit Auslandsberührung auf das deutsche Internationale Privatrecht, das die Verweisung annimmt (vgl. Hans OLG Hamburg, aaO). Die Antragstellerinnen haben Handelsregisterauszüge beigebracht, aus denen sich ergibt, daß die Firma … mit dem Ausscheiden sämtlicher Kommanditisten aufgelöst worden und das Handelsgeschäft im Wege der Anwachsung durch Gesamtrechtsnachfolge auf die Antragsgegnerin übergegangen ist. Damit haben sie gem. § 6 Abs. 1 S. 2 AVAG den Nachweis der Rechtsnachfolge der Antragsgegnerin durch Urkunden geführt.
2. Art. 47. Nr. 1 EuGVÜ steht der Vollstreckbarerklärung des Urteils des Berufungsgerichtshofs nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung hat die Partei, die die Zwangsvollstreckung betreiben will, eine Urkunde vorzulegen, aus der sich ergibt, daß der ausländische Vollstreckungstitel zugestellt worden ist. Einen solchen Zustellungsnachweis haben die Antragsteller dem Landgericht nicht vorgelegt. Gleichwohl kann die Zustellung aufgrund der besonderen Umstände des Falles als bewirkt angesehen werden. Sinn und Zweck des Art. 47 Nr. 1 EuGVÜ ist es, dem Schuldner vor Zulassung der Zwangsvollstreckung Gelegenheit zu geben, dem Urteil freiwillig nachzukommen, um die Entstehung weiterer Kosten zu vermeiden (vgl. OLG Koblenz, RIW 1991, 667, 669). Deshalb kann die Zustellung auch noch während des Klauselerteilungsverfahrens einschließlich des Rechtsmittelverfahrens rechtswirksam nachgeholt werden, wenn der Schuldner zu erkennen gibt, daß er keinesfalls freiwillig zahlen will (Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 5. Aufl., Art. 47, Rn. 4 mwN). An sich hätte das Landgericht den Antragstellerinnen gem. Art. 48 EuGVÜ zunächst eine Frist zur Zustellung des französischen Urteils und Vorlage der Zustellungsurkunde setzen müssen. Stattdessen hat das Landgericht der Antragsgegnerin sogleich den mit der Vollstreckungsklausel versehenen französischen Titel nebst Übersetzung zugestellt. Diese Form der Amtszustellung unterscheidet sich jedoch im Ergebnis nicht von der aufgrund des Haager Zustellungsabkommens vom 15. November 1965 und der Zusatzvereinbarung vom 06. Mai 1961 zwischen der Bundesrepublik und Frankreich zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs nach dem Haager Zivilprozeßübereinkommen durchzuführenden förmlichen Zustellung auf Veranlassung der Antragstellerinnen. Da die Antragsgegnerin im übrigen durch ihre Beschwerde zu erkennen gegeben hat, daß sie keinesfalls zahlungsbereit ist, wäre es nach Auffassung des Senats eine bloße Förmelei, den Antragstellerinnen im Beschwerdeverfahren gem. Art. 48 EuGVÜ aufzugeben, den französischen Titel nochmals ausdrücklich nach den einschlägigen Bestimmungen zuzustellen.
3. Die Anerkennung des französischen Vollstreckungstitels widerspricht nicht der öffentlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland (Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ). Nach Auffassung des Senats verstößt das französische Erkenntnisverfahren nicht gegen den verfahrensrechtlichen ordre public. Der Vorbehalt des ordre public in Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ greift ohnehin nur in Ausnahmefällen ein. Besonders selten sind Verstöße gegen den verfahrensrechtlichen ordre public, weil Entscheidungen im Sinne des Art. 25 EuGVÜ in allen Vertragsstaaten regelmäßig in einem rechtsstaatlichen Verfahren ergehen (vgl. hierzu Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., Rn. 863, Kropholler, aaO Art. 27 EuGVÜ, Rn. 10). Die Vollstreckbarerklärung kann nicht schon deshalb versagt werden, weil die ausländische Entscheidung in einem Verfahren erlassen worden ist, das von zwingenden Vorschriften des deutschen Prozeßrechts abweicht. Ein Versagungsgrund liegt nur dann vor, wenn das ausländische Urteil aufgrund eines Verfahrens ergangen ist, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, daß es nicht mehr als in einem geordneten, rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann (BGH NJW 1990, 2201, 2202 f). Derartige Abweichungen von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts konnte der Senat hier nicht feststellen.
a) Das Urteil des Berufungsgerichtshofs Versailles vom 10. Dezember 1992 steht nicht im Widerspruch zu seiner früheren Entscheidung vom 03. November 1988. Das Gericht hatte sich in seinem Urteil vom 03. November 1988 ausführlich mit dem Verteidigungsvorbringen der Firma … auseinandergesetzt und die Anwendbarkeit französischen Rechts bejaht. Damit waren die von der Firma ... erhobenen Einreden der Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts und der Verjährung gegenstandslos. Ob die Anwendbarkeit französischen Rechts ausdrücklich in den Urteilstenor hätte aufgenommen werden müssen, um in Rechtskraft zu erwachsen, oder ob dies, wie der Kassationsgerichtshof ausgeführt hat, bereits daraus folgt, daß das Berufungsgericht die Rückgriffsklage für zulässig erachtet hat, kann im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes gegen den ordre public dahinstehen. Ein von deutschen Vorstellungen abweichendes Verständnis vom Wesen der Rechtkraft im französischen Recht stellt die Rechsstaatlichkeit des dortigen Verfahrens nicht in Frage. Entscheidend ist allein, daß sich das Berufungsgericht in seinem Zwischenurteil vom 03. November 1988 mit der Frage des anwendbaren Rechts beschäftigt Und eine sachlich nachvollziehbare Entscheidung getroffen hat. Eine inhaltliche Überprüfung dieser Entscheidung ist gem. Art. 34 Abs. 3 EuGVÜ ausgeschlossen und darf auch nicht auf dem Umweg eines vermeintlichen Verstoßes gegen den ordre public erfolgen. Da im übrigen die Begründung, mit der das Berufungsgericht in seiner Entscheidung vom 10. Dezember 1992 abgelehnt hat, sich erneut mit der Frage des anwendbaren Rechts zu befassen, weder willkürlich noch widersprüchlich ist, sondern sich auf die vorangegangene Entscheidung vom 03. November 1988 stützt, muß die Antragsgegnerin das ihr nicht genehme Ergebnis des französischen Gerichts gegen sich gelten lassen.
Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin läßt sich auch kein Widerspruch daraus herleiten, daß das Berufungsgericht im Tenor der Urteile vom 03. November 1988/11. Mai 1989 „vor jeder rechtlichen Entscheidung und unter Vorbehalt aller Rechte und Angriffs-/ Verteidigungsmittel der Parteien” ein neues Sachverständigenverfahren angeordnet hat, während es im Urteil vom 10. Dezember 1992 heißt, daß bereits im Urteil vom 03. November 1988 rechtskräftig über das Verteidigungsmittel der Anwendbarkeit deutschen Rechts entschieden worden ist. Der Vorbehalt in den Urteilen vom 03. November 1988/11. Mai 1989 bezieht sich erkennbar nur auf die für die Rückgriffsklage noch offene Frage der Schadensverursachung. Die Frage der Anwendbarkeit des deutschen Rechts hatte das Gericht bereits abschließend beantwortet. Insoweit war das Berufungsgericht dem Handelsgericht Versailles gefolgt. Für einen Vorbehalt bestand keine Veranlassung mehr, zumal die Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens notwendigerweise die vorrangige Entscheidung der Frage des anwendbaren Rechts voraussetzte.
b) Die Anerkennung des Urteil des Berufungsgerichtshofes Versailles vom 10. Dezember 1992 verstößt auch im Hinblick auf den in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgten Grundsatzes rechtlichen Gehörs nicht gegen den ordre public. Die durch Art. 103 Abs. 1 GG geschützten Grundwerte sind in dem französischen Erkenntnisverfahren beachtet worden. Die Firma…hatte hinreichend Gelegenheit, sich sowohl zum Grund als auch zur Höhe der geltend gemachten Schadensersatzansprüche zu äußern.
aa) Aufgrund der Beweisanordnung im Urteil des Berufungsgerichtshofes Versailles vom 03. November 1988 legte der Sachverständige ..., am 31. Juli 1991 ein ausführliches technisches Gutachten vor. Die Firma … hatte sowohl während des Verfahrens vor dem Sachverständigen als auch nach Aufnahme des Verfahrens vor dem Berufungsgerichtshofes Versailles durch die Antragstellerin zu 1) Gelegenheit, ihren Standpunkt zur Ursache des Getriebeschadens darzulegen. Die Antragsgegnerin beanstandet, daß der Sachverständige den überwiegenden Teil der ihm im Urteil vom 03. November 1988 unter A bis H gestellten Zusatzfragen nicht beantwortet hat. Damit kann sie jedoch im Rahmen der vorliegenden Prüfung nicht gehört werden. Entscheidend ist, daß die Firma sich vor dem Sachverständigen und vor dem Gericht ausführlich zur Schadensursache äußern konnte und daß sich das Gericht letztlich in der Lage sah, auf der Grundlage des vom Sachverständigen vorgelegten Gutachtens eine Entscheidung zu treffen.
bb) Es verstößt ferner nicht gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, daß sich weder der Sachverständige noch das Gericht mit der von der Firma … angesprochenen Frage eines möglichen Mitverschuldens der Antragstellerin zu 1) ausdrücklich auseinandergesetzt haben. Die Tatsache, daß das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen die Firma … für vollständig haftbar erklärt hat, macht zugleich deutlich, daß das Gericht für ein mögliches Mitverschulden der Antragstellerin zu 1) keinen Raum sah. Ob der Rechtsstandpunkt des französischen Gerichts zutrifft, spielt im Rahmen des Verfahrens der Vollstreckbarerklärung keine Rolle.
cc) Schließlich hatte die Firma … auch hinreichend Gelegenheit, auf die Feststellung des der Firma ... entstandenen Schadens Einfluß zu nehmen. Die Antragsgegnerin versucht vergeblich den Eindruck zu erwecken, als seien die Feststellungen zur Schadenshöhe unter Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs aus dem Verfahren der Hauptklage übernommen worden. Das Handelsgericht sah sich im seinem Urteil vom 20. November 1986 noch nicht in der Lage, die Höhe des Schadens der Firma ... auf der Grundlage des Gutachtens zu bestimmen. Deshalb beauftragte es den Sachverständigen …mit einem neuen Gutachten. Dieser legte sein Gutachten unter dem Datum des 15. November 1987 vor, also rund 1 Jahr vor der durch Urteil des Berufungsgerichtshofs Versailles vom 03. November 1988 angeordneten Antrennung der Rückgriffsklage von der Hauptklage. Die Firma…war durch ihren Anwalt … an dem gesamten Verfahren vor dem Sachverständigen … beteiligt und hatte somit Gelegenheit, ihren Standpunkt deutlich zu machen. Das zweite Gutachten war inhaltlich noch nicht Gegenstand des Berufungsurteils vom 03. November 1988. Deshalb beziehen sich die Ausführungen über die Unverwertbarkeit des Gutachtens im Verhältnis der Parteien der Rückgriffsklage auch nur auf das erste Gutachten des Sachverständigen ... An dessen Stelle sollte der Sachverständige ... die Ursachen des Schadensereignisses vom 29. Dezember 1983 feststellen. Wie sich aus dem weiteren Verlauf des Verfahrens ergibt, wollte das Berufungsgericht den Sachverständigen … offenbar nur mit einem rein technischen Gutachten beauftragen. Mit der Frage der Höhe des der Firma … entstandenen Schadens sollte er sich nicht beschäftigen. In diesem Sinne hat auch der Sachverständige … seinen Gutachtenauftrag verstanden. Zur Höhe des Schadens der Firma … lag auch zum Zeitpunkt des Berufungsurteils vom 03. November 1988 noch gar keine erstinstanzliche Entscheidung vor, die das Berufungsgericht zu irgendwelchen Maßnahmen hätte veranlassen können. Deshalb hat es sich in seinem ergänzenden Urteil vom 11. Mai 1989 auch darauf beschränkt, die vom Handelsgericht angeordnete Einholung eines neuen Gutachtens des Sachverständigen … zur Feststellung des Schadens der Firma … zu billigen.
Trotz der Abtrennung der Rückgriffsklage von der Hauptklage hätte die Firma … auch weiterhin Einwendungen gegen die Höhe des vom Sachverständigen … festgestellten Schadens der Firma … geltend machen können. Die Abtrennung der Rückgriffsklage war lediglich erfolgt, um das Verfahren der Hauptklage nicht mit Rechtsfragen zu befrachten, die allein das Verhältnis der Antragstellerin zu 1) zur Firma … betrafen. Die Frage des Schadens der Firma … war dagegen für die Parteien der Hauptklage und der Rückgriffsklage gleichermaßen von Interesse. Offensichtlich erkannte auch die Firma die Notwendigkeit, sich weiterhin am Verfahren der Hauptklage zu beteiligen. Wie dem Urteil des Handelsgerichts vom 04. Oktober 1988 zu entnehmen ist, stellte sie vor diesem Gericht Anträge. Zwar hat sich das Handelsgericht wegen der durch das Berufungsgericht angeordneten Verfahrenstrennung mit den Anträgen der Firma … nicht mehr beschäftigt. Die Firma ... hätte aber gegen dieses Urteil Berufung einlegen und Angriffe gegen die Höhe des darin festgestellten Schadens der Firma … vorbringen können. Sollte ihr das Urteil, wie sie vorträgt, tatsächlich nicht zugestellt worden sein, hätte sie zumindest in dem abschließenden Verfahren vor dem Berufungsgerichtshofs nach Vorlage des Gutachtens in Höhe des Schadens der Firma … vorbringen können. Die in Ablichtung vorgelegten Schriftsätze ihres Prozeßbevollmächtigten vom 03. Februar 1992 und 17. September 1992 enthalten zwar deutliche Kritik am Gutachten des Sachverständigen … An keiner Stelle finden sich jedoch Angriffe gegen das unter Beteiligung der Firma … zustande gekommene Gutachten des Sachverständigen … zur Schadenshöhe. Die Firma … hat lediglich beanstandet, daß der Sachverständige … sich zur Schadenshöhe nicht geäußert hat. Aus der Sicht des Berufungsgerichtshofs gehörte jedoch die Frage der Schadenshöhe nicht zu seinem Gutachtenauftrag. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht überraschend, daß der Berufungsgerichtshof die Feststellungen zur Schadenshöhe aus dem Verfahren der Hauptklage übernommen hat. Diese Vorgehensweise des französischen Gerichts darf nicht an den Normen des deutschen Verfahrensrechts gemessen werden. Entscheidend ist allein, daß die Firma … hinreichend Gelegenheit hatte, zur Höhe des der Firma … entstandenen Schadens vorzutragen. Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs läßt sich demnach nicht feststellen.
c) Schließlich ist auch der von der Antragsgegnerin bemühte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht geeignet, die Anerkennung des französischen Vollstreckungstitels zu verhindern. Es gibt keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß die Rechtsfolgen einer Vertragsverletzung in einem angemessenen Verhältnis zu deren Schwere stehen müssen (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 55. Aufl., § 242 Rn. 54). Auch ein geringes Verschulden kann eine Schadensersatzpflicht in existenzbedrohender Höhe begründen.