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Zusammenfassung der Entscheidung Der deutsche Kläger hatte gegen die britische Beklagte in Deutschland einen Zahlungstitel erstritten. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass sich die Beklagte nicht auf den Abschluss eines Schiedsvertrages, der die Zuständigkeit des London Court of International Arbitration (UK) begründen würde, berufen könne.
Das OLG Düsseldorf (DE) führt aus, dass es Sache des englischen Gerichts sei, im Vollstreckungsverfahren gem. Art. 31ff. EuGVÜ zu überprüfen, ob sich die Beklagte auf den Abschluss der Schiedsvereinbarung berufen könne. Die Klage auf Feststellung in Deutschland sei daher unzulässig.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
I. Das Berufungsverfahren ist auch betreffend die Beklagte zu 1) durchzuführen. Zwar ist über ihr Vermögen in E die sogenannte „administration order“ erlassen worden. Dies führt jedoch nicht zu einer Unterbrechung des inländischen Zivilprozesses gemäß § 240 ZPO. Der Bundesgerichtshof hat für den Fall, daß sich im Inland ein Prozeß gegen einen Ausländer richtet (Passivprozeß), über dessen Vermögen im Ausland ein Konkursverfahren eröffnet worden ist, entschieden, daß eine Unterbrechung des Verfahrens nicht in Betracht komme (BGH NJW 1988, 3096; vgl. auch ZIP 1988, 247; zustimmend: Hartmann in BLAH, ZPO, 55. Aufl., § 240, Rn. 2 mwN). Selbst wenn man dieser Ansicht nicht folgen und eine Anwendung des § 240 ZPO bei Auslandkonkursen bejahen würde (so Zöller-Geimer, ZPO, 20. Aufl., § 240 Rn. 1 b mwN; für den Fall des Aktivprozesses: OLG Düsseldorf, OLGR 1994, 305 mwN), würde sich hier keine Verfahrensunterbrechung bezüglich der Beklagten zu 1) ergeben. Die Anerkennung eines Auslandskonkurses in der Bundesrepublik Deutschtand setzt nämlich voraus, daß es sich bei dem ausländischen Insolvenzverfahren auch nach inländischen Maßstäben um einen Konkurs handelt (BGHZ 95, 256, 270). Daran fehlt es bei der englischen „administration order“. Diese soll als Sanierungsverfahren auf der Grundlage einer vergleichsweisen Erledigung bestehende Zahlungsschwierigkeiten beseitigen und die Fortführung des Unternehmens ermöglichen. Hierin unterscheidet sie sich grundlegend vom inländischen Konkursverfahren, das auf eine zwangsweise Liquidation des Schuldnervermögens gerichtet ist (vgl. Summ, Anerkennung ausländischer Konkurse in der BRD, Seiten 31/32, 114/115).
II. 1. Klageantrag zu 2 a / Berufungsantrag zu 1)
Der Kläger erstrebt die Feststellung, daß auf die Rechtsbeziehung der Parteien im Zusammenhang mit der Durchführung von Börsenspekulationsgeschäften nur deutsches Recht anwendbar ist. Indes hat das Landgericht die Zulässigkeit dieses Antrags zu Recht verneint. Eine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO kann nur auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, nicht aber auf die Feststellung von Vorfragen oder Elementen eines Rechtsverhältnisses gerichtet werden (BGH NJW-RR 1992, 252; OLG München NJW-RR 1995, 485; Hartmann in BLAH, ZPO, 55. Aufl. § 256 Rn. 6). Um eine rechtliche Vorfrage geht es aber bei der von dem Kläger begehrten Feststellung. Daran ändert auch nichts der Hinweis des Klägers, es handele sich um eine Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO. Auch eine solche Klage kann nur die Feststellung eines Rechtsverhältnisses zum Gegenstand haben, nicht aber die Klärung hierzu bestehender rechtlicher Vorfragen (vgl. BGH NJW 1982, 1879 mwN). Die begehrte Feststellung, welche Rechtsordnung maßgebend ist, würde aber nicht die rechtliche Beziehung der Parteien feststellen, sondern nur die Vorfrage beantworten, welche Rechtsnormen auf das Rechtsverhältnis anzuwenden sind.
2. Klageantrag zu 2 b / Berufungsantrag zu 2)
Der Kläger begehrt die Feststellung, daß die Beklagten zu 1) und 2) sich nicht auf den Abschluß eines Schiedsvertrages, insbesondere eines solchen gemäß „Schiedsgerichtsvereinbarung“ und/oder „Kundenvereinbarung“ vom 16.4.1993, der die Zuständigkeit des L ... begründen würde, berufen können.
Nach dem Wortlaut des Antrags ist allerdings nicht ganz deutlich, ob der Kläger die Feststellung begehrt, daß die Beklagten zu 1) und 2) schlechthin die Schiedseinrede nicht erheben dürfen, oder er nur festgestellt wissen will, daß sie dies nicht mit Erfolg tun können, weil die Einrede unbegründet ist. In beiden Fällen kann er die erstrebte Feststellung indes nicht erlangen.
Die Feststellung, daß die Schiedseinrede in einem englischen Zwangsvollstreckungsverfahren sachlich unbegründet ist, ist eine innerhalb des englischen Vollstreckungsverfahrens nach Art. 31 ff des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) zu beantwortende rechtliche Vorfrage. Eine rechtliche Vorfrage kann, wie bereits ausgeführt, nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Davon abgesehen ist die Entscheidung über den Erfolg der Einrede dem zuständigen englischen Vollstreckungsgericht (High Court of Justice, Art. 32 EuGVÜ) zu überlassen, das auf Antrag des Klägers das Verfahren nach Art. 31 ff EuGVÜ durchzuführen und die für die Zwangsvollstreckung erforderliche Registrierung des Urteils gemäß Art. 31 Abs. 2 EuGVÜ anzuordnen hat. Es würde einen unzulässigen Übergriff in dieses Verfahren darstellen, wenn ein deutsches Gericht mit bindender Wirkung über einzelne in einem solchen Verfahren eventuell erhobene Verteidigungsmittel materiell entscheiden wollte. Ohnehin ist nicht ersichtlich, wieso die Schiedseinrede im Vollstreckungsverfahren nach Art. 31 ff EuGVÜ die Registrierung des Urteils hindern sollte. Das befaßte englische Gericht hat nämlich die Bestimmung des Art. 34 Abs. 3 EuGVÜ zu beachten, wonach die ausländische Entscheidung keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden darf. Dies gilt auch für den Fall, daß in der zu vollstreckenden ausländischen Entscheidung eine Schiedsabrede nicht anerkannt worden ist (vgl. Geimer in Geimer-Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Band I, Seite 47 – 49). Mithin hat das englische Gericht gerade nicht zu prüfen, ob die Schiedsgerichtsabrede einer Verurteilung in der Bundesrepublik Deutschland entgegen gestanden hätte. Bei dieser Sachlage ist nicht zu besorgen, daß das englische Gericht mit der Begründung, die Schiedsabrede sei entgegen der Ansicht der inländischen Gerichte wirksam, die Registrierung des zu vollstreckenden Urteils ablehnen wird. Anders wäre dies allenfalls, wenn Fälle bekannt geworden wären, in welchen sich englische Gerichte entgegen Art. 34 Abs. 3 EuGVÜ über die ausländische Verurteilung hinweggesetzt hätten mit der Begründung, die Schiedsabrede habe in Wahrheit einer Verurteilung entgegengestanden und deshalb könne aus dem rechtsfehlerhaften Titel nicht vollstreckt werden. Einen solchen Fall hat es aber – soweit ersichtlich – bislang nicht gegeben. Soweit die Beklagten darauf verweisen (Bl. 69, 249 GA), daß der H in einem Parallelverfahren die in Rede stehende Schiedsgerichtsvereinbarung anerkannt habe, handelt es sich um einen nicht vergleichbaren Fall, weil dort gerade noch keine rechtskräftige Entscheidung eines deutschen Gerichts vorlag, über deren Registrierung gemäß Art. 31 EuGVÜ unter Beachtung des Art. 34 Abs. 3 EuGVÜ zu entscheiden war. Zumindest solange ein solcher Fall aber nicht vorgekommen ist, muß davon ausgegangen werden, daß die englischen Gerichte im Verfahren nach Art. 31 ff EuGVÜ die Bestimmung des Art. 34 Abs. 3 EuGVÜ nicht übergehen und die für die Vollstreckung notwendige Registrierung anordnen werden.
Soweit der Kläger weitergehend die Feststellung begehrt, die Beklagten zu 1) und 2) seien bereits nicht berechtigt, die Schiedsgerichtseinrede in einem englischen Zwangsvollstreckungsverfahren zu erheben, kann ihm dafür nach dem oben Ausgeführten kein Rechtsschutzinteresse zuerkannt werden. Wenn die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung im englischen Vollstreckungsverfahren mit Blick auf Art. 34 Abs: 3 EuGVÜ rechtlich unbeachtlich ist, darin besteht auch kein rechtliches Interesse des Klägers daran, den Beklagten zu 1) und 2) eine darauf gestützte Einrede zu verbieten. Davon abgesehen setzt die Feststellung, die Beklagten zu 1) und 2) dürften die Schiedseinrede in einem englischen Zwangsvollstreckungsverfahren nicht erheben, einen diesbezüglichen Unterlassungsanspruch des Klägers voraus, der ihm indes nicht zusteht. Es gibt innerhalb eines Zivilprozesses grundsätzlich keinen Unterlassungsanspruch einer Partei gegen das der Rechtsverteidigung dienende Vorbringen der anderen Partei. Ob dessen Vortrag wahr oder rechtserheblich ist, hat allein das jeweils befaßte Gericht zu entscheiden. Eine andere Sichtweise würde einen unzulässigen Übergriff in ein anderes Verfahren darstellen. Für einen dahingehenden Anspruch fehlt regelmäßig das Rechtsschutzinteresse (vgl. BGH ZIP 1987, 1081,1083; BGH VersR 1991, 435, 436; VersR 1992, 443; Palandt-Thomas, BGB, 56. Aufl., Einf. Vor § 823 Rn. 21). Das gilt auch für eine Klage auf Unterlassung von Vorbringen in einem zukünftigen Verfahren (vgl. BGH NJW 1977, 1681, 1682; VersR 1992, 443, 444). Den Beklagten zu 1) und 2) kann daher in einem noch zu führenden englischen Zwangsvollstreckungsverfahren ein bestimmtes Verteidigungsvorbringen nicht schlechthin untersagt werden. Zwar verweist der Kläger darauf, daß er den Beklagten nicht die jedermann zustehenden prozessualen Rechte absprechen wolle (Bl. 463 GA). Darauf würde eine Feststellung, daß die Beklagten zu 1) und 2) die Schiedseinrede nicht erheben dürfen, jedoch faktisch hinauslaufen. Allenfalls dann könnte er die Unterlassung der Schiedseinrede verlangen, wenn ihre Erhebung sittenwidrig wäre (§ 1004 BGB in Verbindung mit § 826 BGB). Davon kann aber nicht ausgegangen werden. Die Beklagten zu 1) und 2) würden mit der Schiedseinrede nur ihre schon im Erkenntnisverfahren dargelegte Rechtsansicht wiederholen, was ihnen nicht verwehrt werden kann. Allein das damit verfolgte Ziel, die Zwangsvollstreckung des Klägers abzuwehren oder zu verzögern, macht die Erhebung der. Einrede nicht sittenwidrig. Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß englische Gerichte die Schiedsabrede offenbar für wirksam halten. Dann kann es aber nicht als sittenwidrig angesehen werden, daß die Beklagten zu 1) und 2) diese ihnen günstig erscheinende Auffassung teilen und in einem englischen Zwangsvollstreckungsverfahren geltend machen, wenn auch unter dem Blickwinkel des Art. 34 Abs. 3 EuGVÜ ohne erkennbare Aussicht auf Erfolg.
3. Klageantrag zu 2 c/ Berufungsantrag zu 3)
Ebenfalls ohne Erfolg begehrt der Kläger die Feststellung, daß die Beklagten zu 1) und 2) verpflichtet sind, ihm jeden Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Anrufung des Schiedsgerichts L ... und/oder der Durchführung eines solchen Schiedsverfahrens entstanden ist oder noch entstehen wird. Ein Schadensersatzanspruch steht ihm insoweit nicht zu.
Die Beklagte zu 1) hat gegen den Kläger unter dem 28.6.1995 einen Schiedsantrag beim L eingereicht (vgl. Übersetzung in Hülle „Originalunterlagen“) und darin die Auffassung vertreten, daß die Schiedsvereinbarung der Parteien wirksam sei. Der Beklagte zu 2) ist dem Verfahren beigetreten (vgl. Bl. 376 GA). Aufgrund dieses Vorgehens kann dem Kläger indes kein Schadensersatz zuerkannt werden. Er hatte, auch wenn ihm durch das zu vollstreckende Urteil Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu 1) und 2) aus c.i.c. und § 826 BGB wegen des Verlustes der Einlage zugesprochen wurden, keinen Anspruch darauf, daß die Beklagten zu 1) und 2) die Anrufung des englischen Schiedsgerichts unterließen. Ohnedies kann entgegen der Ansicht des Klägers nicht festgestellt werden, daß die Beklagten durch ihr Vorgehen die nun zu vollstreckende Verurteilung bewußt mißachtet hätten. Bei Einreichung des Schiedsantrages im Juni/Juli 1995 lag noch nicht einmal die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Duisburg vom 12.9.1995 (Bl. 197 ff GA) vor. Hinzu kommt, daß das englische Schiedsgericht noch am 21.2.1995 in einem Parallelfall die Rechtsauffassung der Beklagten zu 1) und 2) zur Wirksamkeit der Schiedsabrede teilte, wodurch erst recht nachvollziehbar wird, daß diese den Weg des englischen Schiedsverfahrens einschlugen. Nach Abwägung aller Umstände kann die Anrufung des englischer Schiedsgerichts durch die Beklagten zu 1) und 2) daher weder als sittenwidrig noch als rechtswidrig angesehen werden.