I. Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft liberianischen Rechts mit Sitz in … Die Antragsgegnerin, eine nach deutschem Recht gegründete ... mit Sitz in Hamburg, ist Rechtsnachfolgerin der …
Die Antragstellerin hat gemäß Art. 31, 42 EuGVÜ, § 35 Abs. 1 Nr. 1 iVm § 3 ff. AVAG die Erteilung einer Teil-Vollstreckungsklausel für ein Urteil des Berufungsgerichts Rennes vom 26.10.1988 begehrt, durch das die Antragstellerin verurteilt wurde, an fünf verschiedene Kläger Beträge in Höhe von insgesamt 436.709,02 FF nebst gesetzlichen Zinsen zu zahlen. Daneben wurde die … verurteilt, der Antragstellerin „für die zu ihren Lasten ausgesprochenen Verurteilungen die Gewährleistung in der Hauptsumme und den Zinsen zu erbringen“ sowie gemäß Art. 700 des Nouveau Code de procédure civile einen Betrag von 6.000 FF für die Kosten zu zahlen.
Das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 5, hat das Urteil des Berufungsgerichts Rennes vom 26.10.1988 durch Beschluß vom 13.7.1989 gemäß Art. 31, 42 EuGVÜ, §§ 7, 8 Abs. 2 AVAG dahingehend für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar erklärt, daß die Antragsgegnerin an die Antragstellerin 436.709,02 FF nebst Zinsen sowie 6.000 FF zu zahlen hat. Das Landgericht hat ausgeführt, daß der französische „Garantie-Titel“ inhaltlich einen Zahlungsanspruch darstelle und daher wie ein solcher zu vollstrecken sei. Daneben sei aufgrund der von der Antragstellerin vorgelegten Urkunden an der Nämlichkeit/Rechtsnachfolgerschaft der … mit der Antragsgegnerin nicht zu zweifeln.
Auf die u.a. auf die mangelnde Rechts- und Parteifähigkeit der Antragstellerin, die nicht ordnungsgemäße Bevollmächtigung ihrer Verfahrensbevollmächtigten und die mangelnde Bestimmtheit der im französischen Titel zugesprochenen Zinsen gestützte Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts hat der erkennende Senat mit Beschluß vom 10.7.1990 den Beschluß des Landgerichts geändert und den Antrag der Antragstellerin auf Vollstreckbarerklärung des Urteils des Berufungsgerichts Rennes zurückgewiesen, da die Antragstellerin die Bevollmächtigung der für sie handelnden Prozeßbevollmächtigten nicht hinreichend nachgewiesen habe.
Auf die hiergegen von der Antragstellerin eingelegte Rechtsbeschwerde hob der Bundesgerichtshof den Beschluß des erkennenden Senats auf und verwies die Sache zur anderweitigen Entscheidung an den Senat zurück. Auf die Gründe des Beschlusses des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 16. Mai 1991 wird verwiesen. Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde wurde u.a. damit begründet, daß auf Grund neuen Vorbringens der Antragstellerin – im Rechtsbeschwerdeverfahren – feststehe, daß ihre erst- und zweitinstanzlichen Rechtsanwälte von ihr ordnungsgemäß bevollmächtigt worden seien (S. 6 unter 4. der Entscheidungsgründe). Der Bundesgerichtshof hat weiter ausgeführt, das Verfahren sei nicht zur Endentscheidung reif, weil die Entscheidung insbesondere von der Feststellung des französischen Rechts über die Art der Vollstreckbarkeit eines auf Garantie lautenden Urteils oder von der Feststellung der Befriedigung „der Kläger durch die Gläubigerin“ abhänge (S. 10 unter 6. der Gründe).
Zur Vollstreckungsfähigkeit eines auf Zahlung der „gesetzlichen Zinsen“ lautenden französischen Urteils hat der Bundesgerichtshof auf seinen Beschluß vom April 1990 WM 1990, 1122 = NJW 1990, 3084 verwiesen. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat er gemäß § 97 Abs. 2 ZPO der Antragstellerin auferlegt.
Für das vorliegende Beschwerdeverfahren bedarf es neben der vom BGH angesprochenen Frage weiterhin der Aufklärung, ob der Schuldtitel nach französischem Recht gegen die Antragsgegnerin als Rechtsnachfolgerin der ... vollstreckbar ist (§ 6 Abs. 1 AVAG).
Die Antragsgegnerin mimt, daß eine titelübertragende Klausel nach französischem Recht nicht möglich und zulässig sei und jedenfalls die Voraussetzungen für eine Vollstreckung gegen sie als Rechtsnachfolgerin der … nicht vorlägen.
Die Antragsgegnerin bestreitet mit Nichtwissen, daß die Antragstellerin ihre Verpflichtung gegenüber den Klägern des französischen Verfahrens erfüllt habe. Falls die Versicherung der Antragstellerin den Betrag bezahlt habe, fehle der Antragstellerin die Aktivlegitimation, da die Regreßansprüche nach englischem Versicherungsrecht ebenso wie nach der Versicherungspolice dann auf die Versicherung übergegangen seien.
Weiter rügt die Antragsgegnerin, daß die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des französischen Titels an Art. 34 Abs. 2, 27 Nr. 1 EuGVÜ scheitere, da die Nichtbeachtung der zwischen der Antragstellerin und der … getroffenen Schiedsabrede durch die französischen Gerichte einen Verstoß gegen den deutschen ordre public darstelle. Daneben hätten die französischen Gerichte keine internationale Zuständigkeit besessen. Die Entscheidung und Schriftsätze einschließlich der Klage selbst seien der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin im übrigen nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, da die Zustellung in allen Fällen an die französische Agentin der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin erfolgt sei, die nicht zustellungsbevollmächtigt gewesen sei.
Die Antragsgegnerin beantragt gemäß § 24 Abs. 2 AVAG, der Antragstellerin die Zwangsvollstreckung bis zum Ablauf der Rechtsbeschwerdefrist (§ 17 AVAG) oder bis zur Entscheidung über diese Beschwerde nicht oder nur gegen Sicherheitsleistung über Maßregeln zur Sicherheit hinaus zu gestatten. Sie trägt vor, daß sie keine realistische Möglichkeit habe, den Vollstreckungserlös von der Antragstellerin, die in … residiere, zurückzuerhalten, woraus ihr ein nicht zu ersetzender Nachteil entstünde.
Die Antragstellerin trägt vor, daß die Versicherung der Antragstellerin, die britische Gesellschaft U..., an die Kläger des französischen Verfahrens den Klagbetrag in Höhe von FF 436.709,02 einschließlich der zwischenzeitlich angefallenen Zinsen gezahlt habe (Anl. K 10, K 17 – K 20). Gemäß der von ihr vorgelegten „legal opinion“ (Anl. K 22) habe die Zahlung durch die Versicherung weder kraft Vereinbarung noch Kraft Gesetzes einen Forderungsübergang der Regreßansprüche auf die Versicherung bewirkt.
Weiter ist die Antragstellerin der Ansicht, daß die Antragsgegnerin gemäß dem nach französischem IPR anwendbaren deutschen Gesellschaftsrecht in die Verbindlichkeiten der ... eingetreten und daher als ihr Rechtsnachfolger hafte.
Mit Beschluß vom 16.8.1991 hat der erkennende Senat gemäß dem Europäischen Übereinkommen vom 7.6.1968 bei der zuständigen zentralen Stelle in Frankreich Auskunft über die noch offenen Fragen zum französischen Recht eingeholt.
II. Die gemäß Art. 37 EuGVÜ, §§ 11, 12 Abs. 1 AVAG zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 5, vom 13.7.1989 ist unbegründet. Das Landgericht hat das Urteil des Berufungsgerichtshofes Rennes vom 26.10.1988 zu Recht für vollstreckbar erklärt.
1. Der französische Vollstreckungstitel ist für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gegen die Antragsgegnerin als Rechtsnachfolgerin der ... für vollstreckbar zu erklären, da die Voraussetzungen für eine solche Vollstreckung nach französischem Recht gegeben sind.
a) Entsprechend einem gefestigten Grundsatz des internationalen Zivilprozeßrechts bestimmt § 6 Abs. 1 AVAG, daß für Inhalt und Umfang des Vollstreckungsanspruches aus einem ausländischen Vollstreckungstitel das Recht des Urteilsstaates, hier das französische Recht, maßgebend ist (vgl. Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Band II (1971), S. 227 mwN zu den entsprechenden Vorschriften in anderen Ausführungsgesetzen zu bilateralen Verträgen). Der Eintritt einer Bedingung oder die Rechtsnachfolge auf der Gläubiger- oder Schuldnerseite ist somit nach französischem Recht zu beurteilen, wobei sämtliche vom französischen Recht aufgestellten Voraussetzungen und Erfordernisse erfüllt sein müssen (Geimer/Schütze, aaO).
b) Im Gegensatz zum deutschen Recht kennt das französische Recht keine dem § 727 ZPO entsprechende prozessuale Vorschrift, die sich mit der Vollstreckbarkeit von Titeln gegen die Rechtsnachfolger der in einem Titel genannten Parteien befaßt. Dieses Fehlen einer Regelung auf der Ebene des Prozeßrechts bedeutet indes nicht, daß im französischen Recht keine Vollstreckung für oder gegen Rechtsnachfolger stattfinden kann. Das Bedürfnis einer titelübertragenden Vollstreckung wird funktional auf der Ebene des materiellen Rechts gelöst und erklärt sich rechtsvergleichend aus der unterschiedlichen Rolle der Vollstreckungsklausel im deutschen und französischen Prozeßrecht.
aa) Die Bedeutung der Vollstreckungsklausel im französischen Recht ist gering. Sie dient nur als formale Bescheinigung grundsätzlicher Vollstreckungsfähigkeit und hat nur die Funktion, den Einsatz hoheitlicher Gewalt zur Verwirklichung der im Titel festgestellten Rechte zu ermöglichen. Durch die französische Vollstreckungsklausel wird letztlich nur die grundsätzliche Titelqualität der Urkunde im vollstreckungsrechtlichen Sinne dokumentiert, während die Prüfung der konkreten Zulässigkeit der Vollstreckung (Vollstreckungsreife), insbesondere der Rechtskraft oder vorläufiger Vollstreckbarkeit eines Urteils (Art. 501 Nouveau Code de procédure civile), erst dem „huissier de justice“, mithin dem Gerichtsvollzieher, obliegt (vgl. dazu im einzelnen Woopen, Zwangsvollstreckung und Arrest in Forderungen nach französischem Recht unter besonderer Berücksichtigung der Vollstreckung in Bankkonten (Diss. Köln 1989), S. 37 ff.).
Auch das französische Schrifttum hat bei Überlegungen zur Reform des Prozeßrechts – anläßlich der Inkraftsetzung des französischen Rechts in Elsaß-Lothringen nach der Rückgewinnung dieser départements durch Frankreich im Rahmen der Versailler Verträge – ausdrücklich betont, daß es keinen Grund gäbe, das komplizierte System der §§ 724 – 734 ZPO in das französische Recht zu übernehmen, in welchem ein Vollstreckungstitel von jedem Rechtsnachfolger des Gläubigers oder des Schuldners benutzt werden könne, sofern die Rechtsnachfolge nachgewiesen und dem Schuldner die Vollstreckung acht Tage im voraus angezeigt werde (vgl. hierzu Chéron, Variétés de quelques institutions allemandes de procédure maintenues en vigeur par le projet d'introduction des Lois francaises, Revue trimestrielle de droit civil 1923, 669, 695 f.).
bb) Die Problematik der Titelumschreibung wird im französischen Recht nach den oben genannten Grundsätzen somit im Zusammenhang mit den allgemeinen zivilrechtlichen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung behandelt. So muß sich der Gläubiger dem Schuldner gegenüber in besonderer Weise legitimieren („pouvoir de saisir“), wenn er als Rechtsnachfolger des ursprünglichen Gläubigers vollstrecken will (vgl. Woopen, aaO, S. 28). Für die Rechtsnachfolge auf der Schuldnerseite gelten entsprechende Grundsätze, soweit die Vollstreckungsfähigkeit gegen den Rechtsnachfolger nicht, wie etwa im Erbrecht (vgl. Art. 877 f. Code civil), ausdrücklich geregelt ist (vgl. Woopen, aaO, S. 40 mwN; Vincent, Voies d'exécution (Paris 1981) Nr. 18: „De même que la saisie ne peut être pratiquée que par le créancier, elle ne peut, en principe, être poursuivie que contre le débiteur, soit le débiteur originaire, soit celui qui l'est devenue à sa place en qualité d'ayant cause universel, ou à titre universel“). In diesem Sinne kann auch die Auskunft des französischen Justizministeriums vom 2. April 1992 (Bl. 150 bis 155 der Akten) verstanden werden (vgl. S. 2, 5. Abs. der Übersetzung, wobei das französische Gutachten unzutreffenderweise von einer Rechtsnachfolge einer Gesellschaft französischen Rechts ausgeht).
cc) Die Frage, ob sich die Antragsgegnerin zivilrechtlich als Rechtsnachfolgerin der ... legitimieren kann, richtet sich aus französischer Sicht nach deutschem Recht, da es sich sowohl bei der Antragsgegnerin als auch bei der ... um deutsche Gesellschaften mit Sitz in Deutschland handelt und das in einem solchen Fall mit Auslandsberührung anwendbare französische Internationale Privatrecht auf das deutsche Internationale Privatrecht verweist, das die Verweisung annimmt.
(1) Das französische internationale Gesellschaftsrecht geht für die Bestimmung des Gesellschaftsstatus gemäß Art. 3 des Gesetzes vorm 24.7.1966, dem seit 1978 Art. 1837 Code civil entspricht, ebenso wie die deutsche Rechtsprechung, von der Sitztheorie aus (vgl. Pohlmann, Das französische Internationale Gesellschaftsrecht (Berlin 1988), S. 48 mwN zur allseitigen Anwendung der einseitig formulierten Kollisionsnorm; Jadaud/Plaisant, Droit du commerce international (Paris 1991), S. 34 f.; Staudinger/Großfeld, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Berlin 1980), internationales Gesellschaftsrecht Rn. 118 ff.; zum deutschen Recht vgl. Kropholler, Internationales Privatrecht (Tübingen 1990), S. 458). Das auf eine juristische Personen anwendbare Recht (Gesellschaftsstatut) ist danach das Recht an ihrem tatsächlichen Verwaltungssitz (vgl. Pohlmann, aaO, S. 54). Da sowohl die Antragsgegnerin als auch ehemals die … ihren Sitz in der Bundesrepublik haben, bestimmt das deutsche Recht das Gesellschaftsstatut.
(2) Wie im deutschen Internationalen Privatrecht bestimmt das Gesellschaftsstatut im französischen IPR, nach welchen Regeln eine Gesellschaft entsteht, lebt und wieder untergeht (vgl. zur Auflösung, Abwicklung und Aufteilung von Gesellschaften im einzelnen Pohlmann, aaO, S. 143 ff.; Jadaud/Plaisant, aaO, S. 50 f.). So unterliegt auch die Gesamtrechtsnachfolge einer deutschen Gesellschaft mit Sitz in Deutschland dem auf sie anwendbaren deutschen Gesellschaftsrecht (vgl. zur Behandlung des Übergangs aller Aktiva und Passiva einer Gesellschaft nach französischem IPR auch Loussouarn/Bredin, Droit du commerce international (Paris 1969), S. 468).
c) Die Antragstellerin hat durch Handelsregisterauszüge (Anl. K 2 und K 3) bzw. einer notariellen Handelsregisteranmeldung (K 4) den Nachweis erbracht, daß die Antragsgegnerin nach dem Ausscheiden der einzigen Komplementärin der ... als einzige Kommanditistin der … und somit als letzte Gesellschafterin verblieben ist, was nach deutschem Recht das Erlöschen der ... und den Übergang ihres Vermögens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Antragsgegnerin zur Folge hat (vgl. dazu BGHZ 48, 203, 206; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht (Köln u.a. 1991), §§ 11 V 3 a; 44 II 2; 53 V 1).
Gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 AVAG kann der Nachweis der Rechtsnachfolge der Antragsgegnerin in bezug auf die … durch Urkunden erbracht werden (vgl. Wolff in Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts, Band III/2 (Tübingen 1984), Rn. 289; Müller in: Bülow/Böckstiegel/Geimer/Schütze, Der internationale Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Band 1, Loseblattsammlung, 14. Ergänzungslieferung (Stand Juli 1991), Nr. 606, S. 243 f.)
Nach alldem ist der französische Titel gegen die Antragsgegnerin als Rechtsnachfolgerin der im Urteil genannten ... nach französischem Recht vollstreckbar.
2. Der französische Titel kann für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland als Zahlungsurteil für vollstreckbar erklärt werden, da die nach französischem Recht bestehenden Bedingungen für die Vollstreckung aus einem Garantieurteil (§ 6 Abs. 1 AVAG) vorliegend erfüllt sind.
Der Senat ist der Auffassung. daß ein französisches Garantieurteil wie ein Zahlungsanspruch, und zwar des Garantieberechtigten (''garanti“) gegenüber dem Garantieverpflichteten („garant“), zu vollstrecken ist, soweit das Haupturteil selbst einen Zahlungsanspruch tituliert. Der Senat folgt damit der Auffassung des Max-Planck-Instituts, das ein von der Antragstellerin als Anl. K 5 vorgelegtes – unveröffentlichtes – Gutachten vom 26.4.1988 zu derselben Frage, namentlich zu der Art der Vollstreckbarkeit eines französischen Garantieurteils in der Bundesrepublik Deutschland, in einer anderen Sache erstattet hat (vgl. dort S. 7 f.). Diese Ansicht teilt auch das französische Justizministerium in seiner Auskunft zu der ihm vorgelegten Frage Nr. 2 (vgl. S. 3, Abs. 3 der Übersetzung, Bl. 155 der Akten) und wird auch durch die von der Antragsgegnerin vorgelegte Rechtsauskunft französischer Rechtsanwälte (Anl. B 4) bestätigt.
Ob darüber hinaus die Zahlungsvollstreckung gegenüber dem Garantieverpflichteten davon abhängt, daß der obsiegende Kläger des Hauptprozesses freiwillig oder im Wege der Vollstreckung vom Garantieberechtigten befriedigt worden ist, kann offen bleiben.
Die Zahlung an die Hauptkläger des französischen Verfahrens hat nämlich die Antragstellerin durch Vorlage von Zahlungsunterlagen nachgewiesen (Anl. K 10; K 17 – K 20). Aus diesen Nachweisen geht hervor, daß die Versicherung der Antragstellerin, die britische Gesellschaft U..., den von der Antragstellerin geschuldeten Betrag an die Kläger des französischen Verfahrens gezahlt hat.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin geht der Senat nicht davon aus, daß die Zahlung durch die Versicherung einen Übergang der Regreßforderungen auf die Versicherung zur Folge gehabt hat. Ein solcher Forderungsübergang ergibt sich weder aus der Versicherungspolice noch gemäß dem auf das Versicherungsverhältnis zwischen der Antragstellerin und der Versicherung anwendbaren englischen Recht. Der Senat stützt sich insoweit auf die von der Antragstellerin als K 22 vorgelegte detaillierte Auskunft eines englischen Rechtsanwalts, welche er im Wege des im Rahmen von § 293 ZPO zulässigen Freibeweises (§ 286 ZPO) würdigt (vgl. Thomas/Putzo, Vorbem vor § 284, Rn. 6). In dieser Auskunft wird im einzelnen ausgeführt, daß die im englischen Recht geltende „doctrine of subrogation“ keinen automatischen Übergang von Regreßansprüchen auf den Versicherer im Falle der Zahlung durch diesen vorsieht. Im Gegensatz zum „Civil Law“ kennt das „Common Law“ gerade keine cessio legis der Ansprüche des Zahlungsempfängers/Versicherungsnehmers gegen den Dritten auf den Versicherer (vgl. dazu auch Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung auf dem Gebiet des Privatrechts, Band II (Tübingen 1984), § 15 IV). Die Aktivlegitimation der Antragstellerin ist durch die Zahlung der Versicherung an die Kläger des französischen Verfahrens damit nicht entfallen.
Nach alldem sind die Voraussetzungen in bezug auf die Vollstreckungsfähigkeit des französischen Garantieurteils gemäß § 6 Abs. 1 AVAG erfüllt.
3. Auch mit ihren weiteren Rügen kann die Antragsgegnerin nicht gehört werden.
a) Ein Verstoß gegen den deutschen ordre public wegen einer eventuellen Nichtbeachtung der Schiedsabrede durch die französischen Gerichte scheitert bereits daran, daß die Gerichte des Anerkennungsstaates die Versagung der Anerkennung staatlicher Entscheidungen aus den anderen Vertragsstaaten des Übereinkommens nur auf die in Art. 27 und 28 EuGVÜ abschließend aufgeführten Versagungsgründe stützen können. Eine Überprüfung der Entscheidung des erststaatlichen Gerichts in bezug auf den Anwendungsbereich des EuGVÜ – hier Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 EuGVÜ – ist darin aber nicht vorgesehen und kann auch nicht aus Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ hergeleitet werden (vgl. auch Art. 28 Abs. 3, 2. Teilsatz EuGVÜ). Denn nach der h.M. in Rechtsprechung und Literatur, den der Senat folgt, ist es mit dem System des EuGVÜ nicht vereinbar, den Einwand der Vereinbarung eines Schiedsgerichts als Grund für die Versagung der Anerkennung oder Vollstreckung zuzulassen (vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht (Heidelberg 1991), Art. 1, Rn. 39 mwN; Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Band I (München 1984), § 5 V 2).
b) Auch die Rüge der fehlenden internationalen Zuständigkeit der französischen Gerichte hat gemäß Art. 28 Abs. 3 EuGVÜ keinen Erfolg. Eine solche Nachprüfung der Zuständigkeit kommt nur im Falle der in Art. 28 Abs. 1 EuGVÜ geregelten Ausnahmen, namentlich bei Versicherungs- und Verbrauchersachen, bei Verletzung ausschließlicher Zuständigkeiten oder bei Anerkennungsabkommen mit Drittstaaten in Betracht, die hier sämtlich nicht vorliegen.
c) Schließlich scheitert die Anerkennung des französischen Urteils wegen der geltend gemachten fehlerhaften Zustellung weder an Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ in bezug auf das verfahrenseinleitende Schriftstück noch an Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ hinsichtlich der weiteren Schriftsätze und Entscheidungen des Gerichts (zum Verhältnis von Art. 27 Nr. 1 und Nr. 2 EuGVÜ vgl. Kropholler, aaO, Art. 27, Rn. 17).
Der französische Titel stellt kein Versäumnisurteil dar; vielmehr geht aus dem Urteil hervor, daß die … im Verfahren vor den französischen Gerichten Verteidigungsmittel vorgebracht und in allen Stadien des Verfahrens rechtliches Gehör erhalten hat (vgl. Anl. K 1, deutsche Übersetzung). Damit liegt weder eine Verletzung des rechtlichen Gehörs bei der Verfahrenseinleitung noch im weiteren Verlauf des Verfahrens vor. Selbst wenn die Zustellung an die französische Agentin der … nicht ordnungsgemäß gewesen wäre, kann ein Verstoß gegen Art. 27 Nrn. 1 und 2 EuGVÜ nicht gegeben sein, da sich die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin auf das Verfahren eingelassen und umfassend rechtliches Gehör erhalten hat (vgl. zur Nichtgewährung rechtlichen Gehörs als Anerkennungsversagungsgrund nach Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ vgl. auch BGH, Beschl. vom 21.3.1990, NJW 1990, 2201 = RIW 1990, 575 = IPRax 1992, 33, 5. Anm. Geimer = IPRspr. 1990 Nr. 207). Die Antragsgegnerin hat nicht vorgetragen, daß ihre französische Agentin ohne Kenntnis der Antragsgegnerin im französischen Verfahren aufgetreten sei und im Namen der Antragsgegnerin Prozeßhandlungen vorgenommen und sie deshalb nie von dem in Frankreich gegen sie geführten Verfahren Kenntnis erhalten habe.
Nach allem steht der Anerkennung und Vollstreckung des französischen Titels keiner der in Art. 27 und 28 EuGVÜ abschließend aufgeführten Versagungsgründe entgegen.