I. Der Schuldner ist durch seit dem 30.06.1988 rechtskräftiges Versäumnisurteil des Bezirksgerichts Diekirch/Luxemburg vom 29.03.1988 (Reg.Nr. ...) verurteilt worden, an die Gläubigerin monatliche Unterhaltszahlungen von 10.000 lfrs und zu Händen der Gläubigerin für die Kinder M., B. und W. monatliche Unterhaltszahlungen von je 5.000 lfrs, insgesamt 25.0000 lfrs monatlich, zu zahlen, zahlbar jeweils zum 1. eines jeden Monats und erstmals in dem Monat nach dem Tag, an dem das Urteil rechtskräftig geworden ist.
Durch das gleiche Urteil ist die Ehe des Schuldners mit der Gläubigerin aus der alleinigen Schuld des Schuldners geschieden worden, die Teilung und Auflösung der zwischen den Eheleuten bestehenden Gütergemeinschaft angeordnet, das Sorgerecht für die oben genannten Kinder der Gläubigerin beitragen und dem Schuldner ein Besuchsrecht bei diesen Kindern eingeräumt worden.
Außerdem ist der Schuldner durch das Urteil verurteilt worden, alle Kosten und Auslagen des Verfahrens zu tragen.
Eine beglaubigte Abschrift des Urteils hat der Gerichtsvollzieher (huissier) zum Zwecke der Zustellung (signification) am 25.04.1988 an der Haupttür des Bezirksgerichts in Diekirch angebracht und eine weitere Abschrift des Urteils und seiner Zustellung dem Staatsanwalt bei diesem Gericht übergeben, da der Schuldner unbekannten Aufenthalts sei. Einen Auszug seiner Zustellung hat der Gerichtsvollzieher außerdem am 28.04.1988 in der im Großherzogtum Luxemburg erscheinenden Tageszeitung „Luxemburger Wort“ veröffentlicht.
Die Gläubigerin hat mit Antrag vom 13.03.1989 beantragt, wegen der in dem Urteil angeordneten Unterhaltszahlungen sowie wegen Gerichtskosten in Höhe von 36.616 lfrs gemäß dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) vom 27.09.1968 in Verbindung mit dem Ausführungsgesetz vom 29.07.1972 (BGBl. I S. 1328) das Urteil mit der Vollstreckungsklausel zu versehen.
Der Vorsitzende der 7. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Trier hat durch Beschluß vom 17.03.1989 angeordnet, das Urteil mit einer auf den Unterhaltsanspruch und die Pflicht zur Kostentragung beschränkten Teil-Vollstreckungsklausel zu versehen. Die Kosten dieses Verfahrens hat er dem Schuldner auferlegt.
Eine beglaubigte Ablichtung des mit der Teil-Vollstreckungsklausel versehenen Urteils vom 29.03.1988 mit einer Übersetzung des Urteils ist dem Schuldner unter der Anschrift … am 01.04.1989 durch Niederlegung bei der Postanstalt ... zugestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 21.04.1989 an das Landgericht Trier, dort eingegangen am gleichen Tage, hat der Schuldner gegen den Beschluß des Landgerichts vom 17.03.1989 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig beantragt, ihm gegen die Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Der Schuldner macht geltend, er habe von dem in Luxemburg durchgeführten Verfahren erstmals durch eine Zahlungsaufforderung der Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin vom 06.04.1989 Kenntnis erlangt, die er am 11.04.1989 auf dem Postamt in Empfang genommen habe. Anschließend habe er vom Landgericht Trier noch einen Kostenfestsetzungsantrag der Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin zur Stellungnahme erhalten. Von dem in Luxemburg durchgeführten Verfahren sei er nicht benachrichtigt worden, obwohl seiner Frau seine Anschrift bekannt gewesen sei. Seine Frau habe noch im Jahre 1987 mit ihm Kontakt aufgenommen und ihn in seiner Wohnung in ... abgeholt, damit er ihrem Schwager bei dem Bau eines Hauses helfen könne. Anschließend habe sie ihn wieder zu seiner Wohnung zurückgebracht. Er sei zwar mit der Scheidung einverstanden, nicht aber mit den ihm auferlegten Unterhaltszahlungen, da er Sozialhilfeempfänger und nicht zahlungsfähig sei.
Diese Angaben versichert der Schuldner an Eides Statt.
Die Gläubigerin hält die Beschwerde für verfristet und beantragt im übrigen, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. A. Die Beschwerde ist an sich statthaft, fristgerecht eingelegt und somit zulässig. Einer Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag bedarf es nicht.
Die Beschwerde ist gemäß Art. 36 Abs. 1, 37 EuGVÜ – in der Fassung des ersten Beitrittsübereinkommens vom 09.10.1978 (BGBl. II 1983, 803), da das Urteil des Bezirksgerichts ... nach dessen Inkrafttreten am 01.11.1986 ergangen ist (Art. 34 Abs. 2 Beitrittsübereinkommen) – an sich statthaft.
Die Beschwerdefrist beträgt gemäß Art. 36 Abs. 1 EuGVÜ, § 11 Abs. 2 Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz (AVAG) vom 30.05.1988 (BGBl. I S. 662) einen Monat. Das am 08.06.1988 in Kraft getretene Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz vom 30.05.1988, nicht das vom Landgericht herangezogene Ausführungsgesetz vom 29.07.1972, ist vorliegend gemäß § 58 Abs. 2 AVAG maßgebend, da das vorliegende Verfahren mit Antrag vom 13.03.1989 eingeleitet wurde.
Die einmonatige Beschwerdefrist ist gewahrt, da das mit der Teil-Vollstreckungsklausel versehene Versäumnisurteil des Bezirksgericht … dem Beschwerdeführer am 01.04.1989 zugestellt wurde und seine Beschwerde vom 21.04.1989 am gleichen Tage bei dem Landgericht Trier eingegangen ist (§ 12 Abs. 2 AVAG).
B. Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
1. Dem Antrag der Gläubigerin, das Urteil des Bezirksgerichts … vom 29.03.1988 zu den dort angeordneten Unterhaltszahlungen gemäß dem EuGVÜ mit der Vollstreckungsklausel zu versehen, steht nicht entgegen, daß die Gläubigerin die Vollstreckbarkeitserklärung des Urteils nach dem Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 02.10.1973 (BGBl. II 1986 S. 826) betreiben könnte, das für die Bundesrepublik Deutschland im Verhältnis zu dem Großherzogtum Luxemburg seit dem 01.04.1987 in Kraft ist (Bekanntmachung vom 25.03.1987, BGBl. II S. 220). Gemäß Art. 57 Abs. 1 EuGVÜ lassen zwar dessen Regelungen das genannte Haager Übereinkommen unberührt. Dieses hat grundsätzlich Vorrang vor den Bestimmungen des EuGVÜ (vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 2. Aufl. 1987, Rn. 3 zu Art. 57 EuGVÜ). Das genannte Haager Übereinkommen läßt jedoch dem Gläubiger die Wahl, nach welcher Konvention er vorgehen will, woran Art. 57 EuGVÜ nichts ändert (vgl. Kropholler, aaO, Rn. 4 zu Art. 57.EuGVÜ mit Nachweisen). Hier hat die Gläubigerin die Teil-Vollstreckbarkeitserklärung nach den Regelungen des EuGVÜ gewählt.
2. Gemäß Art. 34 Abs. 2 und 3 EuGVÜ kann der Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel nur aus einem der in den Art. 7 und 28 EuGVÜ angeführten Gründe abgelehnt werden, während die ausländische Entscheidung in der Sache selbst nicht nachgeprüft werden darf. Auch das Fehlen der erforderlichen Urkunden (Art. 33 Abs. 3, 46 ff EuGVÜ) ist ein Ablehnungsgrund. Ob Ablehnungsgründe nach den genannten Vorschriften vorliegen, ist von Amts wegen zu prüfen (vgl. Kropholler, aaO, Rn. 7 zu Art. 34 EuGVÜ). Handelt es sich – wie hier – um eine im Versäumnisverfahren ergangene Entscheidung, so hat die Partei, welche die Zwangsvollstreckung betreiben will, gemäß Art. 46 Nr. 2 EuGVÜ die Urkunde oder eine beglaubigte Abschrift der Urkunde vorzulegen, aus der sich ergibt, daß das den Rechtsstreit einleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück der säumigen Partei zugestellt worden ist. Ist dieses Schriftstück der säumigen Partei nicht ordnungsgemäß und nicht so rechtzeitig zugestellt worden, daß sie sich verteidigen konnte, darf die Versäumnisentscheidung gemäß Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ nicht zur Vollstreckung zugelassen werden. Die Vorschrift des Art. 46 Nr. 2 EuGVÜ hat hier zwar die Gläubigerin – wie auch das Landgericht – bei ihrem Antrag vom 13.03.1989 außer acht gelassen, so daß das Landgericht zunächst gemäß Art. 48 EuGVÜ hätte vorgehen müssen, bevor es das Versäumnisurteil des Bezirksgerichts … mit der Teil-Vollstreckungsklausel versah. Die fehlende Urkunde kann jedoch noch in der Rechtsmittelinstanz beigebracht werden (vgl. Kropholler aaO, Rn. 1 a.E. zu Art. 48; Rn. 9 zu Art. 33 EuGVÜ mit Nachweisen). Das ist auf Aufforderung des Senats geschehen.
a) Hier ist – wie die von der Gläubigerin im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen ergeben – das Verfahren vor dem Bezirksgericht … mehrstufig durchgeführt worden. Bevor schließlich am 25.02.1988 eine „Wiedervorladung zur Scheidung“ (Réassignation en divorce) erging, auf die am 29.03.1988 das Urteil erlassen wurde, waren unter dem Datum des 26.02.1987 zwei Ladungen zu zwei Terminen am 17.03.1987, zu einem Sühnetermin und zu einem Termin, in dem über einstweilige Anordnungen entschieden werden sollte, ergangen. Die letztgenannte „Ladung zu einem vorläufigen Beschluß“ (Assignation en référé) vom 26.02.1987 ist als das das Verfahren einleitende Schriftstück im Sinne von Art. 46 Nr. 2 EuGVÜ anzusehen. Als verfahrenseinleitendes Schriftstück im Sinne dieser Vorschrift ist die vom Recht des Urteilsstaates vorgesehene Urkunde anzusehen, durch die der Beklagte erstmals offiziell von dem gegen ihn eingeleiteten Verfahren Kenntnis erhält, sei es durch Zustellung von Amts wegen oder durch Zustellung im Parteivertrieb (vgl. Linke in RIW 1986, 409, 410; Kropholler aaO Rn. 23 zu Art. 27 EuGVÜ; EuGH, Urteil vom 16.06.1981 – Rs 166/80 – in IPRax 1982, 14, 19). Die genannte Ladung vom 26.02.1987 führt bereits an, daß von dem Beschwerdeführer für die jetzige Gläubigerin eine monatliche Unterhaltsrente von 10.000 lfrs und für die Kinder M., B. und W. monatliche Unterhaltszahlungen von je 6.000 lfrs gefordert werden, enthält also schon einen dahingehenden Antrag. Durch dieses Schriftstück sollte der Beschwerdeführer also erstmals davon unterrichtet werden, daß er auf Unterhaltszahlungen in Anspruch genommen wird.
b) Ob die Ladung und Antragsschrift vom 26.02.1987 dem Beschwerdeführer ordnungsgemäß zugestellt worden ist, hat auch der Richter des Vollstreckungsstaates zu prüfen, und zwar nach dem Recht des Urteilsstaates, also hier nach dem Verfahrensrecht des Großherzogtums Luxemburg, was nach ganz herrschender Meinung ebenfalls von Amts wegen zu geschehen hat (vgl. Linke aaO; Kropholler aaO Rn. 36 zu Art. 27 EuGVÜ). Die doppelte Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Zustellung des das Verfahren einleitenden Schriftstücks durch den Richter des Urteilsstaates und den Richter des Vollstreckungsstaates soll sicherstellen, daß dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, rechtliches Gehör gewährt wurde. Dabei gehört zum Recht des Urteilsstaates, das der Richter des Vollstreckungsstaates zu beachten hat, nicht nur das Prozeßrecht des Urteilsstaates, sondern zum Recht des Urteilsstaates gehören auch die mit anderen Staaten getroffenen internationalen Übereinkommen, die der Richter des Urteilsstaates ebenfalls einzuhalten hat.
c) Diese Prüfung ergibt, daß dem Beschwerdeführer die Ladung und Antragsschrift vom 26.02.1987 ordnungsgemäß im Sinne von Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ zugestellt wurde. Zwar steht jetzt aufgrund der von der Gläubigerin auf Aufforderung des Senats zu den Akten gereichten Unterlagen sowie aufgrund der vom Senat beigezogenen Akten 4 AR 16/87 und 4 AR 17/87 AG Bernkastel-Kues und 93 Ea 112/87 und 93 Ea 113/87 LG Trier fest, daß die an die Anschrift ... gerichtete Ladung vom 26.02.1987 den Beschwerdeführer nicht erreicht hat und er von ihr auch nicht Kenntnis nehmen konnte. Das Bezirksgericht … hat jedoch dann diese Ladung zulässigerweise unter dem Datum des 17.04.1987 im Wege einer ordnungsgemäßen öffentlichen Zustellung zu einem Termin vom 05.05.1987 wiederholt, so daß der Beschwerdeführer von dieser Ladung Kenntnis nehmen konnte. Daß er von dieser wiederholten Ladung tatsächlich Kenntnis genommen hat, ist nicht erforderlich (vgl. EuGH aaO). Auch öffentliche Zustellungen sind ordnungsgemäß, sofern das Recht des Urteilsstaates zum Verfahren der öffentlichen Zustellung beachtet wurde (vgl. Kropholler, aaO Rn. 29 zu Art. 27 EuGVÜ).
aa) Die an die Anschrift ... gerichtete Ladung und Antragsschrift vom 26.02.1987 – diese Anschrift war dem luxemburgischen Bevollmächtigten der Gläubigerin auf eine Anfrage vom 09.02.1987 mit Schreiben der Verbandsgemeindeverwaltung vom 20.02.1987 mitgeteilt worden – konnte auf den von der Staatsanwaltschaft … gemäß Art. 2 des Haager Übereinkommens über den Zivilprozeß vom 01.03.1954 (BGBl. 1958 II, S. 577) an den Landgerichtspräsidenten in Trier gerichteten Zustellungsantrag dem Beschwerdeführer nicht zugestellt werden, da der vom Amtsgericht Bernkastel-Kues mit der Durchführung der Zustellung beauftragte Obergerichtsvollzieher … unter dem 11.03.1987 an der genannten Anschrift festgestellt hat, daß der Beschwerdeführer inzwischen aus dem Haus ... ausgezogen war und der Verbandsgemeindeverwaltung seine neue Anschrift nicht bekannt war. Nach der dem Senat von der Verbandsgemeindeverwaltung erteilten Auskunft vom 14.11.1989 hat er sich erst am 21.03.1989 unter seiner neuen Anschrift „…“ umgemeldet. Dieser Zustellungsantrag der Staatsanwaltschaft ist dann dieser mit Schreiben des Landgerichtspräsidenten in Trier vom 13.03.1987 und dem Zeugnis des Amtsgerichts Bernkastel-Kues vom 12.03.1987 über die Undurchführbarkeit der Zustellung (Art. IV Protokoll zum EuGVÜ) unerledigt zurückgesandt worden. In dem Zeugnis war vermerkt, daß der Verbandsgemeindeverwaltung die neue Anschrift nicht bekannt ist. Damit steht fest, daß diese Zustellung den Beschwerdeführer damals nicht erreicht hat und er von ihr auch nicht Kenntnis nehmen konnte.
bb) Damit waren aber die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung gemäß Art. 69 Ziff. 8 Code de procedure civile (CPC) des Großherzogtums Luxemburg gegeben. Dort ist bestimmt, daß dann, wenn der Wohnsitz nicht bekannt ist, das zuzustellende Schriftstück an der Haupttür des Sitzungssaals des Gerichts ausgehängt wird, in dem verhandelt wird, und eine zweite Kopie dem Staatsanwalt zu übergeben ist, der das Original abzeichnet. So ist hier ausweislich der von der Gläubigerin zu den Akten gereichten Unterlagen dann verfahren worden. Unter dem Datum des 17.04.1987 ist erneut eine „Ladung zu einem vorläufigen Beschluß“ (Assignation en référé) mit gleichem Inhalt, jedoch mit dem Vermerk „vorher wohnhaft in …, augenblicklich wohnungslos noch bekannten Aufenthalts“ ergangen, die ausweislich der Urkunde durch den Gerichtsvollzieher … in Kopie an die Haupttür des Bezirksgerichts … angebracht wurde. Außerdem wurde eine Kopie der Zustellung dem Staatsanwaltsvertreter … übergeben, der das Original beglaubigt hat. Schließlich wurde ein gleichlautender Auszug der Zustellung ausweislich der Urkunde des Gerichtsvollziehers und der Rechnung der Zeitung „Luxemburger Wort“ vom 30.04.1987 am 21.04.1987 in dieser Zeitung veröffentlicht. Die Zustellung an die Staatsanwaltschaft soll zwar nach luxemburgischen Prozeßrecht die Ausnahme und nur zulässig sein, wenn der wirkliche Wohnsitz nicht ausfindig gemacht werden konnte (vgl. Anm. 6 zu Art. 69 CPC, veröffentlicht vom Ministerium der Justiz des Großherzogtums Luxemburg). So war es aber hier, nachdem durch das Zeugnis des Amtsgerichts Bernkastel-Kues vom 12.03.1987 bescheinigt worden war, daß der Beschwerdeführer damals aus seiner bisherigen Wohnung ausgezogen war und der Verbandsgemeinde die neue Anschrift – noch – nicht bekannt war. Nicht erwartet werden konnte, daß seitens des Bezirksgerichts und des dortigen Gerichtsvollziehers später nochmals eine Wohnungsanfrage an die Verbandsgemeindeverwaltung gerichtet wurde. Damit steht im Ergebnis fest, daß dem Beschwerdeführer das das Verfahren einleitende Schriftstück ordnungsgemäß im Sinne von Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, und zwar im Wege einer zulässigen öffentlichen Zustellung, zugestellt wurde.
cc) Die Zustellung ist auch rechtzeitig im Sinne von Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ erfolgt.
Ob eine Zustellung im Sinne dieser Vorschrift rechtzeitig war, hängt allein von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles ab. Nicht ausschlaggebend ist, ob der Richter des Urteilsstaates das dortige einschlägige Prozeßrecht insoweit beachtet hat, noch ist das Fristenrecht des Vollstreckungsstaates maßgebend. Grundsätzlich kommt jeder Umstand in Betracht, der für die Frage von Bedeutung ist, ob der Beklagte sich verteidigen konnte. Auch außergewöhnliche Tatsachen oder Umstände, die erst nach der an sich ordnungsgemäßen Zustellung eingetreten sind, können berücksichtigt werden, so auch der Umstand, daß der Kläger nach der Zustellung von einer neuen Anschrift des Beklagten Kenntnis erhalten, aber keine weiteren Schritte unternommen hat (vgl. EuGH, Urteil vom 11.06.1985 – Rs 49/84 in RIW 1985, 967; Kropholler aaO Rn. 35 zu Art. 27 EuGVÜ). Hier lagen zwischen der Zustellung vom 17.04.1987 und dem auf den 05.05.1987 anberaumten Termin mehr als zwei Wochen. Dieser Zeitraum ist als ausreichend anzusehen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Ladung u.a. zur Regelung von Unterhaltszahlungen für die Gläubigerin und die drei minderjährigen Kinder der Parteien erfolgte und daß der Schuldner nach erfolgter Trennung der Parteien damit rechnen mußte, daß er auf Unterhalt in Anspruch genommen wurde. Auch liegt der Sitz des luxemburgischen Bezirksgerichts von ... dem früheren und jetzigen Wohnort des Schuldners, nicht weit entfernt und ist von dort ohne besondere Schwierigkeiten zu erreichen. In Anbetracht dieser Umstände kann die Rechtzeitigkeit der Ladung auch nicht im Hinblick darauf verneint werden, daß sie nach dem maßgeblichen luxemburgischen Prozeßrecht im Wege der öffentlichen Zustellung erfolgte. Der Umstand, daß die Gläubigerin, wie der Schuldner an Eides Statt versichert hat, dann noch im Laufe des Jahres 1987 dessen neue Anschrift in … ausfindig gemacht hat, hindert nicht, die Zustellung als rechtzeitig erfolgt anzusehen. Der Beschwerdeführer behauptet selbst nicht, daß die Gläubigerin vor dem Termin vom 05.05.1987, zu welchem die Ladung vom 17.04.1987 erfolgt ist, zu ihm Kontakt aufgenommen und bei dieser Gelegenheit seine neue Anschrift erfahren habe. Die erst nachträglich erlangte Kenntnis konnte auf die Zustellung des das Verfahren einleitenden Schriftstücks, auf die abzustellen ist, keinen Einfluß mehr nehmen.