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Zusammenfassung der Entscheidung Die Antragstellerin erwirkte gegen den Antragsgegner ein Urteil eines Gerichts in Verona (IT) in dem letzterer zur Zahlung einer Geldsumme verurteilt wurde. Der Antragsgegner wurde in dem Verfahren zunächst von einem italienischen Rechtsanwalt vertreten, der das Mandat jedoch nachträglich niederlegte. Erst danach sei der Antragsgegner als „nicht erschienen" behandelt worden. Die Zustellung des das Verfahren einleitenden Schriftstückes war unter den Parteien umstritten. Die Antragstellerin beantragte, das Urteil für das Gebiet der BRD mit der Vollstreckungsklausel zu versehen. Dem kam das angerufene Landgericht nach. Gegen diesen Beschluss wandte sich der Antragsgegner mit der Beschwerde.
Das OLG Karlsruhe (DE) führt aus, dass das Urteil für vollstreckbar zu erklären sei. Anerkennungshindernisse bestünden nicht, da sich der Antragsgegner in dem Verfahren eingelassen habe. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die Zustellung ordnungsgemäß war oder nicht. Daher sei auch der Nachweis der ordnungsgemäßen Zustellung nach Art. 46 Abs. 2 EuGVÜ entbehrlich. Der Antragsgegner habe die Klageschrift erhalten und selbst einen Anwalt mit seiner Vertretung beauftragt. Ihm wurde dadurch rechtliches Gehör gewährt.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht das Urteil des Landgerichts Verona (Tribunale civile e penale di Verona) vom 11.2.1988 zur Zwangsvollstreckung zugelassen und die Erteilung der deutschen Vollstreckungsklausel angeordnet. Das Landgericht hat den Nachweis der Zustellung der das Verfahren einleitenden Schriftstücke gemäß Art. 46 Nr. 2 EuGVÜ (EG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.9.1968 BGBl. II 1972, 774) nicht für erforderlich angesehen, da der Antragsgegner im italienischen Verfahren zunächst durch einen Rechtsanwalt vertreten war und dieser erst nachträglich das Mandat niedergelegt hat. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde. Zur Begründung trägt er vor, die ordnungsmäßige Zustellung sei Grundvoraussetzung für die Anerkennung des italienischen Urteils. Im Versäumnisverfahren sei die Einhaltung dieses Grundsatzes unerläßlich, weil das rechtliche Gehör besonderes Gewicht habe. Aus der von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren vorgelegten Zustellungsurkunde vom 18.7.1983 ergebe sich, daß die Klageschrift mit Terminsladung an eine „Frau … als Vermieterin des Empfängers“ zugestellt worden sei. Der Antragsgegner, der an der angegebenen Anschrift … wohnhaft sei, kenne eine Frau H. nicht. Sie sei auch nicht Vermieterin. Das Haus gehöre seit langem der Ehefrau des Antragsgegners, mit der es allein bewohnt werde.
Der Antragsgegner beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Urteils des Landgerichts Verona vom 11.2.1988 zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Landgerichts für zutreffend und weist darauf hin, daß selbst dann, wenn Zustellungsmängel vorgelegen hätten, diese gemäß Art. 164 Abs. 2 C.P.C. (Codice di procedura civile) geheilt seien. Der Antragsgegner habe einen italienischen Anwalt mit seiner Vertretung beauftragt und sei von diesem in der mündlichen Verhandlung auch tatsächlich vertreten worden. Der Anwalt habe das Mandat erst in der mündlichen Verhandlung vom 5.2.1986 niederlegt. Erst danach sei der Antragsgegner als „nicht erschienen“ behandelt worden, da ein anderer Anwalt nicht aufgetreten sei.
Die Beschwerde ist gemäß § 11 Abs. 1 AVAG (Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge in Zivil- und Handelssachen vom 30.5.1988, BGBl. I, 1988 S. 662 ff.) zulässig, jedoch nicht begründet.
Das Landgericht hat dem Antrag mit Recht stattgegeben. Bei dem Urteil des Landgerichts Verona handelt es sich um eine Entscheidung in Zivil- und Handelssachen. Gemäß Art. 31 EuGVÜ werden die in einem Vertragsstaat ergangenen Entscheidungen in einem anderen Vertragsstaat vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag eines Berechtigten mit der Vollstreckungsklausel versehen worden sind. Die Antragstellerin hat die in Art. 46 und 47 EuGVÜ für die Betreibung der Zwangsvollstreckung erforderlichen Urkunden vorgelegt. Mit dem Landgericht hält der Senat den Nachweis der Zustellung des den Rechtsstreit einleitenden Schriftstücks (Art. 46 Abs. 2 EuGVÜ) im vorliegenden Fall nicht für erforderlich, da der Antragsgegner im Verfahren vor dem Landgericht Verona durch einen Anwalt vertreten worden ist und es sich bei dem Urteil vom 11.2.1988 nicht um ein Versäumnisurteil handelt. Im übrigen kann gemäß Art. 48 Abs. 1 EuGVÜ von einer Vorlage der in Art. 46 Nr. 2 EuGVÜ genannten Urkunden abgesehen werden, wenn das Gericht eine weitere Klärung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall bedarf es keiner Klärung der Frage, ob die vorgenommene Ersatzzustellung der Klage an eine Frau H. wirksam ist und es sich bei der Empfängerin tatsächlich um die Vermieterin des Antragsgegners handelt. Auch wenn die Klageschrift, die das Verfahren vor dem Landgericht Verona einleitete, nicht wirksam zugestellt worden sein sollte, ist dieser Zustellungsmangel geheilt, da der Antragsgegner die Klageschrift erhalten und selbst einen Anwalt mit seiner Vertretung vor dem Landgericht Verona beauftragt hat. Dieser Anwalt ist auch für den Antragsgegner im Verfahren vor dem Landgericht Verona aufgetreten und hat dessen Interessen wahrgenommen. Das Landgericht Verona hat eine Beweisaufnahme durchgeführt und die Zeugen … vernommen. Wie in dem Urteil (S. 4) ausgeführt wird, wurde „nach Durchführung der Beweisaufnahme durch Anhörung der Zeugen in der Verhandlung vom 5.2.1988 zur Beschlußfassung geschritten“. Erst anläßlich dieser Verhandlung hatte der Anwalt des Antragsgegners das Mandat niedergelegt (vgl. S. 2 des Urteils). Dem Antragsgegner wurde somit im Verfahren vor dem Landgericht Verona rechtliches Gehör gewährt. Das Landgericht Verona hat sich mit den Einwendungen, die im Urteil im einzelnen aufgeführt werden, auch auseinandergesetzt.
Die Entscheidung des BGH vom 20.9.1990 (IX ZB 1/88) steht der vom Senat vertretenen Auffassung nicht entgegen, da die Entscheidung des BGH einen Fall betrifft, in welchem sich der Beklagte auf das Verfahren nicht eingelassen hat. Auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 3.7.1990 (Rechtssache C 305/88) ist nicht geeignet, die Rechtsansicht des Antragsgegners zu stützen, da auch in jenem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nur entschieden wurde, daß in einem Verfahren, auf das sich der Beklagte nicht eingelassen hat, bei nicht ordnungsgemäßer Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks eine im Versäumnisverfahren ergangene Entscheidung nicht anerkannt werden dürfe. Vorliegend hatte sich der Antragsgegner jedoch im Verfahren vor dem Landgericht Verona durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen und seine Einwendungen vorgebracht.
Auf die übrigen Einwendungen des Beschwerdeführers gegen den Inhalt der italienischen Entscheidung kommt es im vorliegenden Verfahren nicht an, da die ausländische Entscheidung keinesfalls auf ihre Gesetzmäßigkeit nachgeprüft werden darf (Art. 34 Abs. 3 EuGVÜ).
Gemäß § 13 AVAG kann der Schuldner mit der Beschwerde, die sich gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus einer Entscheidung richtet, auch Einwendungen gegen den Anspruch selbst geltend machen, jedoch nur insoweit, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Erlaß der Entscheidung entstanden sind.
Derartige Einwendungen werden in der Beschwerde jedoch nicht geltend gemacht. Es werden vielmehr die Argumente wiederholt, die vom Antragsgegner durch seinen Anwalt bereits in dem Verfahren vor dem Landgericht Verona vorgebracht worden sind.
Auch soweit von dem Gericht in Verona gemäß Art. 1224 des italienischen Bürgerlichen Gesetzbuches dem Kläger ein Verzugsschaden in Höhe von 30 % der Urteilssumme zuerkannt worden ist im Hinblick auf die seit der Fälligkeit der Forderung „verminderte Kaufkraft des Geldes sowie unter Berücksichtigung der Unternehmereigenschaft“ des Klägers, ist eine Überprüfung der Entscheidung auf ihre Gesetzmäßigkeit gemäß Art. 34 Abs. 3 EuGVÜ ausgeschlossen. Im übrigen ist auch nach deutschem Recht der Verzugsschaden zu ersetzen. Der Verzugsschaden kann auch in einem Entwertungsschaden bestehen (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 48. Aufl., Anm. 2 c aa zu § 286). Auch besteht nach deutschem Recht Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns (BGH Betrieb 56, 110).
Der Beschwerde war daher der Erfolg zu versagen.