-
Zusammenfassung der Entscheidung Die Antragstellerin beantragte, die britische Exequaturentscheidung, mit der ein in Großbritannien ergangener Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt worden war, auch für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar erklären zu lassen. Das LG Hamburg (DE) wies den Antrag zurück; hiergegen wandte sich die Antragstellerin.
Das OLG Hamburg (DE) führt aus, dass die britische Exequaturentscheidung für das Gebiet der BRD für vollstreckbar zu erklären sei. Die Antragstellerin habe vorgetragen, dass für sie ein Rechtschutzbedürfnis daran bestand, zunächst in England einen Vollstreckungstitel in Bezug auf die Prozesszinsen zu erlangen. Gegen die Vollstreckbarkeitserklärung einer solchen ausländischen Exequaturentscheidung bestünden keine grundsätzlichen Bedenken. Das Urteil, um welches es hier gehe, enthalte nicht lediglich eine formale Bestätigung oder Vollstreckbarentscheidung des Schiedsspruches, sondern eine selbständige Verurteilung zur Zahlung von Hauptsumme und Zinsen. Dass die Antragstellerin auch Zinseszinsen verlange, verstoße nicht gegen den inländischen ordre public. Zwar versage § 289 S. 1 BGB die Verzinsung von Verzugszinsen, andererseits jedoch sehe das bis zum 31.12.1986 geltende deutsch-britische Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen ausdrücklich vor, dass von ihrem Erlass an die ausgeurteilten Beträge zu dem Zinssatz zu verzinsen seien, der sich aus der Entscheidung selbst oder einer ihr beigefügten Bescheinigung des Gerichts ergäbe. Dagegen könne kein ordre public-Vorbehalt geltend gemacht werden. Es sei nicht ersichtlich, dass sich daran etwas ändern sollte, seit das EuGVÜ auch im Verhältnis zum Vereinigten Königreich gelte.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
1. Die Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß Art. 40 des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 ((EuGVÜ) und §§ 11 ff. des Ausführungsgesetzes vom 29. Juli 1972 (AVAG) zulässig. Das EuGVÜ ist hier anzuwenden, da es ab 1. Januar 1987 an die Stelle des Deutsch-britischen Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommens vom 14. Juli 1960 getreten ist.
2. Das Rechtsmittel hat – soweit es nach teilweiser Erledigung des Verfahrens durch Zahlung eingelegt worden ist – auch Erfolg. Entgegen der Auffassung des Landgerichts besteht ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin an einer Teil-Vollstreckbarerklärung des im Beschlußtenor bezeichneten englischen Titels (Anl. 1), obwohl es sich bei diesem Titel um eine britische Exequaturentscheidung hinsichtlich eines englischen Schiedsspruches handelt (Appeal Award No. 2776 of the Board of Appeal of the Grain and Feed Trade Association (GAFTA) vom 6. Juli 1983).
Die Antragstellerin hat überzeugend dargelegt, daß für sie ein Rechtsschutzbedürfnis daran bestand, zunächst in England einen Vollstreckungstitel in bezug auf die ihr nach Art. 20 der Arbitration Act 1950 zustehenden Prozeßzinsen ab Datum des Erlasses von Schiedssprüchen zu erlangen: Dazu bedurfte es der Erwirkung einer Exequaturentscheidung in England, wie die Antragstellerin durch. die schriftliche Erklärung der Londoner Solicitors Middleton Potts vom 9. August 1991 (Anl. 8) glaubhaft gemacht haben. Nach dieser Erklärung gibt es in England offenbar keinen einfacheren bzw. kostensparenderen Weg zur Durchsetzung der berechtigten Zinsansprüche.
Gegen die hiesige Vollstreckbarerklärung einer solchen ausländischen Exequaturentscheidung (sog. Doppelexequatur) bestehen nach Ansicht des Senats keine grundsätzlichen Bedenken. Zwar hat das Reichsgericht ausgesprochen, daß nach nationalem deutschen Recht eine Klage auf Zulassung der Zwangsvollstreckung aus einem ausländischen Urteil, das seinerseits einen Schiedsspruch für vollstreckbar erkläre, nicht möglich sei (vgl. RGZ 5, 397, 400; 30, 368 ff.). Dieser Auffassung ist ein großer Teil der Literatur gefolgt (vgl. u.a. Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht, Rn. 2307, 2313). Demgegenüber hat jedoch der Bundesgerichtshof anders entschieden (vgl. RIW 1984, 557 = IPRAX 1985, 157). Dem schließt sich der Senat an (vgl auch Schlosser, IPRAX 1985, 142). Die vorn Bundesgerichtshof genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer „Doppelexequatur“-Entscheidung liegen auch hier vor: Das englische Urteil, um das es hier geht, enthält nicht lediglich eine formale Bestätigung oder Vollstreckungsentscheidung des GAFTA-Schiedsspruches, sondern eine selbständige Verurteilung zur Zahlung von Hauptsumme und Zinsen (einschl. gesetzlicher Prozesszinsen ab Erlaß des Schiedsspruches).
3. Das Urteil des High Court of Justice vom 10. Januar 1989 enthält ausdrücklich auch die Verurteilung der Antragsgegnerin zur Zahlung von gesetzlichen Prozesszinsen ab dem Datum des Urteilsspruches bis zum Zeitpunkt der Zahlung. Auf die entsprechende Bestätigung des Masters of the Queens Bench Division und das Problem einer entsprechenden Ausfüllung des englischen Titels in der Vollstreckbarkeitserklärung braucht daher nicht eingegangen zu werden.
4. Auch der Höhe nach bestehen gegen den Antrag der Antragstellerin keine durchgreifenden Bedenken mehr. Sie hat auf die Nachfragen des Senats (vgl. Verfügung vom 1. Juli 1991 zu Ziff. 2 und Verfügung vom 23. September 1991) ihre Berechnungsweise erläutert (vgl. Schriftsätze vom 13. August und 7. Oktober 1991). Die Antragsgegnerin hat dagegen rechnerisch keine Einwendungen mehr erhoben. Der Senat hält die Berechnungen der Antragstellerin für richtig.
Allerdings verlangt die Antragstellerin, wie ihr durchaus bewußt ist, aufgrund des englischen Vollstreckungstitels auch Zinseszinsen für den Zeitraum ab 10. Januar 1989. Das verstößt aber nicht gegen den inländischen ordre public (vgl. Art. 27 Nr. 1, 34 Abs. 2 EuGVÜ). Zwar versagt § 289 Satz 1 BGB die Verzinsung von Verzugszinsen. Andererseits jedoch – und das hält der Senat für maßgeblich – sah das bis zum 31. Dezember 1986 geltende Deutsch-britische Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen vom 14. Juli 1960 in Art. IX Abs. 3 Satz 1 ausdrücklich vor, daß in der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar zu erklärende Urteile für die Zeit von ihrem Erlaß an hinsichtlich der ausgeurteilten Beträge zu dem Zinssatz zu verzinsen sein, der sich aus der Entscheidung selbst oder aus einer ihr beigefügten Bescheinigung des Gerichts (Master) ergibt. Diese auf Section 17 der Judgements Act 1838 fußende Regelung umfaßte Zinseszinsen und konnte nicht unter Berufung auf den ordre public abgeht werden. Es ist nichts dafür ersichtlich, daß sich daran etwas ändern sollte, seit das EuGVÜ auch im Verhältnis zu Großbritannien gilt (vgl. Senat, Beschluß vom 8. November 1988 – 6 W 73/88).