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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-1508
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Entscheidung DE-1508  



BGH (DE) 05.07.1989 - VIII ZR 123/88
Art. CISG

BGH (DE) 05.07.1989 - VIII ZR 123/88, unalex DE-1508




-  Entscheidungstext 

Die in Italien ansässige Klägerin stellt Holzbearbeitungsmaschinen her. Die Beklagte bestellte bei ihr elektrische Vorschubgeräte und Radialsägen, die sie teils in Europa, teils in die USA weiterverkaufte. Die für den europäischen Markt bestimmten Geräte waren auf eine Spannung von 380 V und eine Wechselstromfrequenz von 50 Hz, die für die USA bestimmten Geräte auf eine Spannung von 110/220/440 V und eine Wechselstromfrequenz von 60 Hz auszulegen.

Die für die USA vorgesehenen Maschinen lieferte die Klägerin der Beklagten in der Zeit vom 31. Juli bis 30. September 1985. Im Verlauf einer Besprechung Ende März 1986 in den Geschäftsräumen der Beklagten in M. berichtete der Geschäftsführer der Beklagten dem Inhaber der Klägerin über Reklamationen seines USA-Kunden wegen fehlerhafter Motoren in den von der Klägerin gelieferten Geräten; der weitere Verlauf dieser Unterredung ist streitig. In einem Fernschreiben vom 16. April 1986 rügte die Beklagte, daß ein in die USA gelieferter und von dort zurückgeholter Motor nicht ordnungsgemäß funktioniere. Auch die folgenden Fernschreiben der Beklagten an die Klägerin vom 29. April und 27. Mai 1986 befassen sich mit Mängeln der nach den USA gelieferten Geräte.

Mit der Klage macht die Klägerin eine rechnerisch unstreitige Restforderung für verkaufte und gelieferte Geräte in Höhe von 82.215.484 LIT nebst vorgerichtlichen Mahnkosten und Zinsen geltend. Zwei weitere bezahlte Lieferungen in die USA sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe in die für den Weiterverkauf in die USA bestellten Geräte Motoren eingebaut, die für die europäischen Stromnetzverhältnisse ausgelegt gewesen seien. Daher seien sämtliche Geräte in den USA gebrauchsuntauglich. Die Geräte hätten erst nach ihrer Ankunft ausgepackt und in Betrieb genommen werden können. Der Einbau der falschen Motoren sei äußerlich nicht erkennbar gewesen, weil an den Geräten Typenschilder mit den „richtigen“ Motordaten, d.h., denjenigen der USA-Version, angebracht gewesen seien. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Mängel habe sie diese telefonisch und fernschriftlich reklamiert.

Die Beklagte mindert die Kaufpreisforderungen für die USA-Lieferungen. Soweit diese Forderungen nicht Gegenstand des Rechtsstreits sind, weil die Beklagte sie bezahlt hat (Rechnungen Nr. 686/85 und 66/86 vom 31. Juli 1985 und 29. Januar 1986), rechnet sie gegen die Klagforderung mit entsprechenden Rückzahlungsansprüchen auf. Weiter rechnet sie mit Schadensersatzansprüchen auf. Dazu behauptet sie, aufgrund der fehlerhaften Lieferungen habe ihr amerikanischer Abnehmer aus einem Vertrag mit einem Volumen von 930.000 US-Dollar weniger als die Hälfte der Geräte abgenommen und den Vertrag im übrigen storniert. Dadurch sei ihr ein Gewinn von rund 70.000 US-Dollar entgangen. Hinzu kämen noch Transportkosten und anderes, so daß ihr Schaden rund 250.000 DM betrage.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

1. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit den Parteien das Einheitliche Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen (EKG) vom 17. Juli 1973 (BGBl I S. 856) angewendet und ausgeführt:

Der Beklagten stünden wegen der behaupteten Fehler der für den amerikanischen Markt bestimmten Geräte keine Ansprüche aus Gewährleistung oder auf Schadensersatz zu. Sie habe die angeblichen Mängel nicht wirksam angezeigt. Nach Art. 39 Abs. 1 EKG sei die Beklagte gehalten gewesen, eine Vertragswidrigkeit der Waren innerhalb kurzer Zeit nach Feststellung des Mangels anzuzeigen, selbst wenn die Geräte erst am Bestimmungsort untersucht und der Einbau der falschen Motoren wegen der vertragsgemäße Motoren vortäuschenden Typenschilder nicht auf Anhieb hätte entdeckt werden können. Nach Art. 39 Abs. 2 EKG habe die Beklagte bei der Anzeige den Mangel genau bezeichnen und die Klägerin zugleich auffordern müssen, die Sache zu untersuchen oder durch einen Beauftragten untersuchen zu lassen. Dies sei nicht geschehen. Ferner habe die Beklagte die behaupteten Mängel nicht fristgerecht und inhaltlich ausreichend konkret gerügt. Da die Beklagte selbst vorgetragen habe, daß die Motoren alsbald nach ihrer Ingebrauchnahme durchgebrannt seien, hätte sich ihr trotz der denkbaren Möglichkeit einer Fehlbehandlung der Geräte durch die Kunden das Vorliegen eines Fehlers aufdrängen müssen. Die Klägerin sei auch nicht durch Art. 40 EKG gehindert, sich auf den Rechtsverlust der Beklagten zu berufen. Ihre Behauptung, die Klägerin habe aus Arglist falsche Typenschilder angebracht, habe die Beklagte nicht bewiesen. Sie habe auch nicht konkret dargetan, daß es sich dabei über eine „fahrlässige Schlamperei“ hinaus um grobe Fahrlässigkeit gehandelt habe. Allerdings treffe den Verkäufer, insbesondere wenn er zugleich Hersteller sei, eine eigene Untersuchungspflicht. Diese sei zwar verletzt, wenn ein elektrisches Gerät ein Typenschild mit nicht zum Motor passenden Angaben enthalte. Das Anbringen eines falschen Typenschildes ginge aber über eine normale Fahrlässigkeit nicht hinaus.

2. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

a) Zutreffend legt das Oberlandesgericht seiner Entscheidung das Einheitliche Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen zugrunde. Zwar hat Italien das Haager Kaufrechtsübereinkommen zum 31. Dezember 1987 gekündigt (vgl. Bekanntmachung des Bundesministers des Auswärtigen vom 25. März 1987 (BGBl. II S. 231)) und ist damit nicht mehr Vertragsstaat im Sinne von Art. 1 Abs. 1, 102 EKG. Nach allgemein anerkanntem Rechtssatz des intertemporalen Schuldrechts, der auch für das EKG gilt (vgl. Dölle/Herber, Kommentar zum Einheitlichen Kaufrecht, 1976, Art. 102 bis 104 Rn. 8), unterstehen jedoch Schuldverhältnisse hinsichtlich Inhalt und Wirkung grundsätzlich dem Recht, das zur Zeit der Verwirklichung ihres Entstehungstatbestandes galt (BGHZ 10, 391, 394; 44, 192, 194; MünchKomm/Heinrichs, 1983, Art. 170 EGBGB Rn. 3 mwN). Da die Kaufverträge zwischen den Parteien jedenfalls vor dem 31. Dezember 1987 abgeschlossen wurden und Italien damals noch Vertragsstaat war, ist das EKG hier anzuwenden.

b) Die Beklagte wendet sich gegen den Zahlungsanspruch zum einen damit, daß sie „von ihrem Minderungsrecht Gebrauch macht“. Die Beklagte macht damit gemäß Art. 41 Abs. 1c, 46 EKG die Herabsetzung des Kaufpreises für diejenigen Geräte geltend, die für die USA bestimmt waren (Rechnungen K 2 bis K 4). Soweit sie mit dieser Begründung auch die Zahlung des Kaufpreises für die für den europäischen Markt bestellten (fehlerfreien) Geräte (Rechnungen K 1, K 5 bis K 7) verweigert, handelt es sich um einen zur Aufrechnung gestellten Rückzahlungsanspruch. Dieser ist auf Erstattung des wegen der späteren Herabsetzung überzahlten Kaufpreises für die in die USA gelieferten Maschinen gemäß den Rechnungen Nr. 686/85 und 66/86 gerichtet und hat seine Grundlage in der entsprechenden Anwendung der Art. 78 Abs. 2, 81 Abs. 1 EKG (vgl. Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Art. 46 Rn. 4; Staub/ Koller, GK-HGB, 4. Aufl. 1985, Rn. 429 vor § 373 HGB). Ferner erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch, der ihr gemäß Art. 41 Abs. 2, 82 EKG zustehen kann.

c) Voraussetzung für die Kaufpreisherabsetzung und den Schadensersatzanspruch ist eine Vertragswidrigkeit der Leistung der Klägerin. Die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe die für die USA bestimmten Geräte auftragswidrig mit Motoren ausgestattet, die nur den europäischen Stromanschlußverhältnissen entsprächen, so daß die Maschinen in den USA gebrauchsuntauglich seien, erfüllt den Tatbestand der Vertragswidrigkeit nach Art. 33 Abs. 1e und f EKG. Das Berufungsgericht unterstellt, daß die Behauptung der Beklagten richtig sei, davon ist daher auch im Revisionsrechtszug auszugehen.

d) Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat die Beklagte etwaige Rechte gemäß Art. 39 Abs. 1 EKG jedenfalls wegen nicht rechtzeitiger und nicht ordnungsgemäßer Anzeige der Vertragswidrigkeit verloren. Ob das zutrifft, braucht nicht entschieden zu werden, denn selbst wenn dies der Fall wäre, könnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben, weil die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin sei die Berufung auf die Art. 38 und 39 EKG nicht gemäß Art. 40 EKG verwehrt, der rechtlichen Überprüfung nicht standhält.

Nach Art. 40 EKG kann sich der Verkäufer auf die Art. 38 und 39 nicht berufen, wenn die Vertragswidrigkeit auf Tatsachen beruht, die er gekannt hat oder über die er nicht in Unkenntnis hat sein können und die er nicht offenbart hat. Mit der Formulierung „über die er nicht in Unkenntnis hat sein können“ in Art. 40 EKG wird zum Ausdruck gebracht, daß die Unkenntnis des Verkäufers auf grober Fahrlässigkeit beruhen muß (allg. Meinung, z.B. Dölle/Stumpf, Art. 40 EKG Rn. 2; Staub/Koller, Rn. 414; OLG München NJW 1978, 499, 500; OLG Köln MDR 1980, 1023).

Dem Verkäufer schadet aber grob fahrlässige Unkenntnis nur hinsichtlich derjenigen Tatsachen, auf denen die Vertragswidrigkeit beruht. Dies sind der Mangel selbst sowie die ihn verursachenden Umstände. Das hat das Berufungsgericht verkannt. Es befaßt sich allein mit der Frage, ob die Anbringung „falscher“ Typenschilder grob fahrlässig war. Diese Erwägungen treffen aber, wie die Revision zu Recht beanstandet, nicht den entscheidungserheblichen Punkt.

Daß die Typenschilder auf den für die USA bestimmten Geräten nicht mit den Stromanschlußdaten der Motoren übereinstimmten, stellt nicht die Vertragswidrigkeit dar. Dieser Umstand erschwerte allerdings ihre Entdeckung. Von der Bestellung wichen nach der Behauptung der Beklagten dagegen die eingebauten Motoren ab. Die entscheidende Frage stellt sich also dahin, ob der Klägerin infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, daß in die von der Beklagten bestellten Elektrogeräte, soweit sie für den US-Markt bestimmt und daher in die USA zu versenden waren, nach der Behauptung der Beklagten Motoren der elektrotechnischen „Europa-Version“ eingebaut wurden, die für die Stromverhältnisse in den USA ungeeignet waren. Hierbei ist von Bedeutung, daß die Klägerin nicht nur Verkäuferin, sondern auch Herstellerin der Elektrogeräte war. Wenn sie wirklich – wie von der Beklagten behauptet – in fünf größere Partien von elektrischen Geräten, deren Lieferung sich über mehrere Monate erstreckte, ständig die falschen Motoren einbaute, die die Geräte für die vorgesehene und der Klägerin bekannte Verwendung in Übersee gebrauchsuntauglich machten, dann spricht mangels näherer Feststellungen über die Ursachen dieses Fehlverhaltens zunächst einmal viel dafür, daß es nur durch Außerachtlassung auch der einfachsten Sorgfalt zu erklären ist, wenn so gravierende und langandauernde Vertragsverletzungen im Betrieb der Klägerin nicht bemerkt wurden. Abschließend läßt sich die Frage der grob fahrlässigen Unkenntnis der Klägerin iSv § 40 EKG aber erst beantworten, wenn festgestellt ist, ob in die für den US-Markt bestimmten Geräte aus den Bestellungen der Beklagten tatsächlich die falschen und ungeeigneten Motoren der Europa-Version eingebaut wurden. Wird dies so festgestellt, dann ist es Sache der Klägerin, in deren Bereich sich die Vertragswidrigkeit ereigneten und die daher allein die erforderliche Kenntnis haben kann, darzutun, wie es zu dem Einbau der falschen Motoren gekommen ist und weshalb ein derart gewichtiger Fehler in ihrem Betrieb über einen längeren Zeitraum hinweg unbemerkt bleiben konnte. Dabei kann u.a. von Bedeutung sein, ob in ihrem Betrieb eine Endkontrolle der herausgehenden Ware stattfindet und wie diese gegebenenfalls gestaltet ist.

Diese bislang unterbliebenen Feststellungen müssen – gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien – nachgeholt werden. Da schon aus diesem Grund die Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache erforderlich ist und eine endgültige Entscheidung des Senats zugunsten der Beklagten (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) keinesfalls in Betracht kommt, bedarf es keiner Prüfung der übrigen Revisionsangriffe, die sich dagegen richten, daß das Berufungsgericht die Mängelanzeigen der Beklagten als verspätet und nicht ordnungsgemäß (Art. 38, 39 EKG) angesehen hat. Sollte es hierauf nach der anderweiten Verhandlung noch ankommen, so hat das Berufungsgericht Gelegenheit, den dahingehenden Sachvortrag der Parteien unter Berücksichtigung ihrer ergänzenden Ausführungen in der Revisionsinstanz erneut zu würdigen.





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