A. Im April 1994 erwarb der Gläubiger, der in Sarreguemines/Frankreich wohnt, von der Schuldnerin, einem Kraftfahrzeughändler in Saarbrücken, für 20.000 DM einen gebrauchten Traktor. Diesen Traktor veräußerte der Gläubiger im Juli 1994 für 100.000 FF an Monsieur W., der in Zollingen/Frankreich wohnt, weiter. Im Oktober 1994 beanstandete Monsieur W. gegenüber dem Gläubiger, dass das Getriebe des Traktors nicht mehr funktioniere. Der Gläubiger lehnte es ab, die Kosten für die Reparatur des Getriebes zu übernehmen. Daraufhin erhob Monsieur W. am 27.3.1995 beim Tribunal de Grande Instance de Saverne Klage gegen den Gläubiger. Er beanspruchte damit, den Gläubiger für die Mängel, mit denen der Traktor behaftet sei, für haftbar zu erklären und den Gläubiger zu verurteilen, den dadurch erlittenen Schaden wiedergutzumachen. In der Klageschrift wird unter anderem ausgeführt, dass die Reparaturkosten vorläufig auf 95.000 FF ohne Umsatzsteuer geschätzt würden. Im August 1995 beantragte Monsieur W. in dem Verfahren, das Gutachten eines Sachverständigen dazu einzuholen, mit welchen Mängeln der Traktor behaftet sei und welche Kosten aufgewandt werden müssten, um den Traktor instandzusetzen. Diesem Antrag entsprach das Gericht im Dezember 1995. Im Oktober 1996 legte der von dem Gericht beauftragte Sachverständige sein Gutachten vor; daraus ergab sich, dass nach Auffassung des Sachverständigen zur Behebung der Mängel des Traktors ein Betrag von 126.821,72 FF aufgewandt werden müsse.
Mit einem Schriftsatz vom 28.2.1997 reichte der Gläubiger bei dem Tribunal de Grande Instance de Saverne einen appel en intervention forcée ein. Damit machte der Gläubiger vorsorglich geltend, dass die Schuldnerin – für den Fall, dass er, der Gläubiger, auf den Antrag von Monsieur W. hin verurteilt werde – ihrerseits verurteilt werde, ihm wegen der Beträge, wegen denen er verurteilt werde, im Wege der appel en garantie Garantie zu leisten. Diesem Schriftsatz waren unter anderem die Klageschrift vom 27.3.1995 und der im August 1995 gestellte Antrag von Monsieur W. auf Einholung eines Sachverständigengutachtens beigefügt. Aus dem Schriftsatz vom 28.2.1997 ergab sich weiter, dass das Gutachten des Sachverständigen zwischenzeitlich vorlag und der Sachverständige Mängel an dem Getriebe des Traktors festgestellt hatte. Eine Abschrift der appel en intervention forcée einschließlich der dazu gehörenden Anlagen übergab der französische Gerichtsvollzieher im Hinblick darauf, dass die Schuldnerin ihren Sitz nicht in Frankreich hatte, nach den innerstaatlichen französischen Zustellungsvorschriften am 11.3.1997 an den Staatsanwalt beim Tribunal de Grande Instance de Saverne (remise au parquet). Noch am selben Tag wurden die Schriftstücke zum Zwecke der diplomatischen Zustellung an die Schuldnerin an den Präsidenten des Amtsgerichts Saarbrücken weitergeleitet; dieser übergab am 25.3.1997 die Schriftstücke einer Mitarbeiterin der Schuldnerin, Frau G., nachdem diese eine Empfangsvollmacht der Schuldnerin vorgelegt hatte.
Am 22.10.1997 fand bei dem Tribunal de Grande Instance de Saverne eine mündliche Verhandlung statt. Auf diese mündliche Verhandlung erging am 26.11.1997 ein Urteil. Danach wurde der Gläubiger verurteilt, an Monsieur W. 126.821,72 FF an Instandsetzungskosten zuzüglich der gesetzlichen Zinsen ab dem Datum des Urteils, weitere 2.000 FF als Schadensersatz wegen entgangener Nutzungen zuzüglich der gesetzlichen Zinsen ab dem Datum des Urteils sowie 6.000 FF als Ersatz für die Monsieur W. entstandenen Kosten zu zahlen. Das Urteil wurde – mit Ausnahme des Betrages von 6.000 FF – für vorläufig vollstreckbar erklärt. Desweiteren wurde der Gläubiger verurteilt, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Hinsichtlich der appel en garantie entschied das Gericht, dass die Schuldnerin dem Gläubiger die Beträge von 126.821,72 FF und 2.000 FF zuzüglich der gesetzlichen Zinsen ab dem Tag des Urteils sowie den Betrag von 6.000 FF und schließlich die Kosten und Gebühren der Hauptklage „zu gewährleisten“ habe. Darüber hinaus wurde die Schuldnerin verurteilt, an den Gläubiger 3.500 FF wegen der dem Gläubiger entstandenen weiteren Kosten zu zahlen. Auch insoweit wurde hinsichtlich der Beträge von 126.821,72 FF und von 2.000 FF die vorläufige Vollstreckbarkeit angeordnet. Schließlich wurde die Schuldnerin auch verurteilt, die Kosten und Gebühren der appel en garantie zu tragen. Auch das Urteil vom 26.11.1997 übergab der französische Gerichtsvollzieher im Hinblick darauf, dass die Schuldnerin ihren Sitz nicht in Frankreich hat, nach den innerstaatlichen französischen Zustellungsvorschriften am 12.3.1998 an den Staatsanwalt bei dem Tribunal de Grande Instance de Sarreguemines (remise au parquet). Im Anschluss daran wurde eine Ausfertigung des Urteils zum Zwecke der diplomatischen Zustellung an den Präsidenten des Amtsgerichts Saarbrücken weitergeleitet; dort wurde am 1.4.1998 einem Mitarbeiter der Schuldnerin, Herrn B., die Ausfertigung des Urteils ausgehändigt, nachdem dieser eine Empfangsvollmacht vorgelegt hatte.
Mit einem am 25.5.1999 beim Landgericht Saarbrücken eingegangenen Schriftsatz beantragte der Gläubiger, das Urteil des Tribunal de Grande Instance de Saverne vom 26.11.1997 in Deutschland für vollstreckbar zu erklären, soweit die Schuldnerin damit verurteilt worden sei, an ihn 126.821,72 FF sowie 2.000 FF zuzüglich Zinsen aus diesen Beträgen, und zwar in Höhe von 3,87 % für die Zeit vom 26.11. bis zum 31.12.1997, in Höhe von 3,36 % für die Zeit vom 1.1. bis zum 26.1.1998, in Höhe von 8.36 % für die Zeit vom 27.1. bis zum 31.12.1998 und in Höhe von 8,47 % für die Zeit ab dem 1.1.1999 zu zahlen, und soweit die Schuldnerin damit weiter verurteilt worden sei, an ihn 6.000 FF und 3.500 FF zu zahlen. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 14.9.1999 hat das Landgericht dem Antrag des Gläubigers entsprochen. Dagegen wendet sich die Schuldnerin mit ihrer Beschwerde. Sie macht geltend, ihr seien weder der appel en intervention forcée vom 28.2.1997 noch das Urteil vom 26.11.1997 ordnungsgemäß zugestellt worden. Aus diesem Grund habe sie zwischenzeitlich auch französische Rechtsanwälte mit der Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens in Frankreich beauftragt. Jedenfalls verstoße das französische Urteil aber gegen den deutschen ordre public, denn nach deutschem Recht, das von dem Gericht in Frankreich eigentlich hätte angewandt werden müssen, wäre ihre Verurteilung nicht und vor allem nicht in der erfolgten Höhe in Betracht gekommen; Gewährleistungsansprüche seien vertraglich ausgeschlossen gewesen, etwaige Gewährleistungsansprüche wären zudem verjährt, desweiteren hätten bei einer Entscheidung nach deutschem Recht auch die Grundsätze der Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) beachtet werden müssen. Letztlich stehe ihr gegen den Gläubiger auch ein Anspruch nach § 826 BGB zu, mit dem sie aufrechne.
Der Senat hat zu dem französischen Recht der appel en garantie ein Sachverständigengutachten eingeholt, das von Prof. Dr. C. W. dem Inhaber des Lehrstuhls für französisches Privatrecht am Centre Juridique Franco-Allemand der Universität des Saarlandes, erstellt wurde.
B. Die Beschwerde der Schuldnerin ist nicht begründet. Das Urteil des Tribunal de Grande Instance de Saverne vom 26.11.1997 war entsprechend dem Antrag des Gläubigers in Deutschland für vollstreckbar zu erklären.
1. Der Gläubiger hat die Urkunden, die nach den Artikeln 46 und 47 des hier maßgeblichen Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft für die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) vom 27.9.1968 (BGBl I 1972, S. 774) dem Antrag beizufügen sind, vorgelegt. Er hat im Anschluss an den Aufklärungsbeschluss des Senats vom 29.3.2000 das Original des Urteils des Tribunal de Grande Instance de Saverne vom 26.11.1997 zu den Akten gereicht (Art. 46 Nr. 1 EuGVÜ). Bereits beim Landgericht hatte der Gläubiger das Original der Urkunde des französischen Gerichtsvollziehers vom 11.3.1997 vorgelegt, aus der sich ergibt, dass der Schuldnerin das das Verfahren gegen sie einleitende Schriftstück, nämlich der appel en intervention forcée vom 28.2.1997, im Wege der remise au parquet durch Übergabe an den Staatsanwalt bei dem Tribunal de Grande Instance de Saverne zugestellt wurde (Art. 46 Nr. 2 EuGVÜ); dass es auf diese Art der Zustellung im Wege der remise au parquet hier allein ankommt, wird weiter unten noch näher zu erläutern sein. Vorgelegt hat der Gläubiger weiter die Urkunde, aus der sich ergibt, dass die Entscheidung nach französischem Recht vollstreckbar ist und dass sie der Schuldnerin auch zugestellt wurde (Art. 47 Nr. 1 EuGVÜ). Auf dem von dem Gläubiger vorgelegten Urteil des Tribunal de Grande Instance de Saverne vom 26.11.1997 befindet sich eine Vollstreckungsklausel des französischen Gerichts. Diese Vollstreckungsklausel wird man zwar dahin verstehen müssen, dass sie sich lediglich auf den Teil des Urteilstenors bezieht, der in dem Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt wurde. Ausgenommen von der vorläufigen Vollstreckbarkeit waren die Kostenbeträge, die der Schuldnerin nach § 700 des Nouveau Code de Procédure Civile auferlegt wurden. Wegen dieser Beträge durfte daher erst ab der Rechtskraft des Urteils die Zwangsvollstreckung betrieben werden. Der Gläubiger hat jedoch auch urkundlich belegt, dass das Urteil zwischenzeitlich rechtskräftig geworden ist. Zugestellt wurde der Schuldnerin das Urteil, wie sich aus der von dem Gläubiger im Anschluss an den Aufklärungsbeschluss des Senats vom 29.3.2000 vorgelegten Zustellungsurkunde des französischen Gerichtsvollziehers ergibt, am 12.3.1998, und zwar ebenfalls durch remise au parquet. Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens vor dem Senat hat der Gläubiger eine Abschrift einer Entscheidung der Cour d'Appel de Colmar vom 12.10.2000 vorgelegt, aus der sich ergibt, dass die Cour d'Appel de Colmar die von der Schuldnerin eingelegte Berufung für unzulässig erklärt hat, weil die Schuldnerin die Frist zur Einlegung der Berufung versäumt habe. Damit ist ausreichend urkundlich belegt (zu den Anforderungen insoweit etwa Schlosser, EuGVÜ, 1996, Rn. 1 ff. zu Art. 47 EuGVÜ), dass das Urteil des Tribunal de Grande Instance de Saverne rechtskräftig und damit in vollem Umfang, also auch wegen der Beträge nach Art. 700 Nouveau Code de Procédure Civile, vollstreckbar geworden ist. Dass sie gegen die Entscheidung der Cour d'Appel de Colmar noch ein weiteres Rechtsmittel eingelegt habe, hat die Schuldnerin nicht geltend gemacht; sie hat vielmehr selbst auf eine Mitteilung ihrer französischen Rechtsanwältin verweisen, wonach in der Angelegenheit sämtliche Rechtsmittel ausgeschöpft seien.
2. Gründe, die Entscheidung des Tribunal de Grande Instance de Saverne nicht anzuerkennen, liegen nicht vor.
a. Der Schuldnerin, die sich auf das Verfahren bei dem Tribunal de Grande Instance de Saverne nicht eingelassen hat, ist das das Verfahren einleitende Schriftstück ordnungsgemäß und so rechtzeitig zugestellt worden, dass sie sich verteidigen konnte (Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ).
aa. Eingeleitet wurde das Verfahren gegen die Schuldnerin durch den appel en intervention forcée vom 28.2.1997. Erst dadurch wurde die Schuldnerin in das Verfahren vor dem Tribunal de Grande Instance de Saverne einbezogen. Auf dieses Schriftstück kommt es daher im Rahmen von Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ an. Auf welche Weise das verfahrenseinleitende Schriftstück nach Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ dem Empfänger wirksam zugestellt werden kann, bestimmt sich nach dem Recht des Staates, in dem das Ausgangsverfahren stattfindet und dessen Gericht die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstückes zu veranlassen hat (dazu BGH, IPrax 1993, 324, und Schlosser, aaO, Rn. 11 zu den Art. 27 – 29 EuGVÜ, sowie Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 5. Aufl. 1996, Rn. 30 zu Art. 27 EuGVÜ, jeweils mwN). Maßgebend dafür ist also das französische Recht, und zwar nicht nur die von Frankreich geschlossenen Staatsverträge, wie etwa das Haager Zustellungsübereinkommen, sondern auch das französische innerstaatliche autonome Recht, also auch das französische Zivilprozessrecht (auch dazu Schlosser und Kropholler, aaO). Nach französischem Zivilprozessrecht kann einem im Ausland wohnenden Verfahrensbeteiligten ein Schriftstück auch im Wege der remise au parquet zugestellt werden. Das bedeutet, dass das Schriftstück dem zuständigen Staatsanwalt in Frankreich übergeben wird, dessen Aufgabe es dann ist, das Schriftstück dem im Ausland lebenden Verfahrensbeteiligten (etwa nach dem Haager Zustellungsübereinkommen) zu übermitteln. Wirksam erfolgt ist die Zustellung dabei aber – und darin besteht die Besonderheit der remise au parquet – bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem das Schriftstück dem Staatsanwalt übergeben wird; ob und zu welchem Zeitpunkt der im Ausland lebende Verfahrensbeteiligte das Schriftstück tatsächlich später erhält, ist für die Frage der wirksamen Zustellung nicht von Bedeutung. Es handelt sich dabei um eine fiktive Zustellung, wie sie auch das deutsche Recht unter anderen Voraussetzungen (§§ 175, 203 ZPO), kennt (dazu auch BGH NJW 1999, 1187 mwN). Die Wirksamkeit der Zustellung im Wege der remise au parquet hängt auch nicht davon ab, dass dem Schriftstück, das dem französischen Staatsanwalt übergeben wird, eine Übersetzung des Schriftstücks in die Sprache des im Ausland lebenden Verfahrensbeteiligten beigefügt ist, denn es handelt sich nach dem maßgeblichen französischen Recht um eine Zustellung im Inland (in Frankreich); auf eine solche Zustellung ist das Haager Zustellungsübereinkommen, wie sich aus dessen Art. 1 Abs. 1 ergibt, nicht anwendbar, und damit auch nicht die Vorschriften, die regeln, wann einem zuzustellenden Schriftstück eine Übersetzung beizufügen ist (zu all dem: Schlosser; aaO, Rn. 14 zu den Art. 27 – 29 EuGVÜ und Rn. 1 ff. zu Art. 1 HZÜ; Kropholler, aaO, Rn. 30 f zu Art. 27 EuGVÜ; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 1997, Rn. 113 f zu Art. 27 EuGVÜ; OLG Düsseldorf, MDR 1985, 242, 243; OLG Oldenburg, IPrax 1992, 169; dazu zuletzt auch die Entscheidung des Senats vom 14.12.1999 in dem Verfahren 5 W 209/99-43-). Das verfahrenseinleitende Schriftstück war der Schuldnerin daher bereits mit der Übergabe an den Staatsanwalt bei dem Tribunal de Grande Instance de Saverne wirksam nach den französischen Vorschriften und damit ordnungsgemäß im Sinne von Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ zugestellt worden, auch wenn die nachfolgende Zustellung auf diplomatischem Weg nicht den dafür maßgeblichen Vorschriften des Haager Zustellungsübereinkommens entsprochen haben sollte.
Aus Art. 15 des Haager Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15.11.1965 (BGBl. II 1977, S. 1452; Bekanntmachung vom 23.6.1980, BGBl. II, S. 907) HZÜ ergibt sich nichts anderes (dazu bereits die Entscheidung des Senats vom 14.12.1999 in dem Verfahren 5 W 209/99-53). Nach dieser Vorschrift – sie gilt, anders als das Haager Zustellungsübereinkommen im übrigen auch und gerade für Zustellungen im Wege der remise au parquet (dazu etwa Schlosser, aaO, Rn. 1 zu Art. 15 HZÜ, und Kropholler, aaO, Rn. 6 zu Art. 20 EuGVÜ, sowie Geimer/Schütze, aaO, Rn. 24 zu Art. 20 EuGVÜ, jeweils mwN) – hat allerdings der Richter des Staates, in dem das Ausgangsverfahren stattfindet, das Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen so lange auszusetzen, bis dem im Ausland wohnenden Verfahrensbeteiligten das verfahrenseinleitende Schriftstück auch nach dem Haager Zustellungsübereinkommen wirksam zugestellt worden ist. Diese Vorschrift wendet sich an den Richter, der im Ausgangsverfahren tätig wird. Er ist gehalten, unter bestimmten Voraussetzungen sein Verfahren auszusetzen. Erfolgt eine solche Aussetzung des Verfahrens entgegen Art. 15 HZÜ nicht, ändert das aber nichts an der Wirksamkeit der Zustellung im Wege der remise au parquet (auch dazu Schlosser, Kropholler und Geimer/Schütze, jeweils aaO). Ob der Richter des Ausgangsverfahrens Art. 15 HZÜ beachtet hat, ist daher im Verfahren zur Erteilung der deutschen Vollstreckungsklausel nicht von Bedeutung (Schlosser, aaO, Rn. 2 zu Art. 15 HZÜ). Der im Ausland lebende Verfahrensbeteiligte wird durch diese Regelung – sie beruht auf einem Kompromiss zwischen den Vertragsstaaten des Übereinkommens, deren Recht die Zustellung im Wege der remise au parquet vorsieht, und den Vertragsstaaten, die diese Art der Zustellung nicht kennen (dazu Geimer/Schütze, aaO, Rn. 26 und 27 zu Art. 20 EuGVÜ) – den Gefahren der remise au parquet nicht schutzlos ausgesetzt. Zum einen nämlich kann der im Ausland lebende Verfahrensbeteiligte, der von dem verfahrenseinleitenden Schriftstück ohne sein Verschulden nicht so rechtzeitig Kenntnis erlangt hat, dass er sich in dem Verfahren hätte verteidigen können, nach Art. 16 HZÜ unter bestimmten dort genannten Voraussetzungen im Ausgangsverfahren Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beanspruchen (dazu auch BGH, NJW 1992, 1701, 1702). Vor allem aber – und das erscheint auch dem Senat entscheidend (auch dazu bereits Schlosser, aaO, Rn. 2 zu Art. 15 HZÜ) – darf die im Ausland ergangene Entscheidung nach Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ in einem anderen Vertragsstaat nur dann anerkannt werden, wenn dem im Ausland lebenden Verfahrensbeteiligten das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht nur ordnungsgemäß und damit wirksam, sondern auch so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich dagegen verteidigen konnte.
bb. Letzteres setzt voraus, dass der Verfahrensbeteiligte von dem verfahrenseinleitenden Schriftstück auch tatsächlich rechtzeitig Kenntnis nehmen konnte, auf den Zeitpunkt der bloß fiktiven Zustellung kommt es hier nicht an (dazu BGH, IPrax 1993, 324, und Schlosser, aaO, Rn. 14, 17 ff. zu den Art. 27 – 29 EuGVÜ, und Kropholler, aaO, Rn. 35 zu Art. 27 EuGVÜ, sowie Geimer/Schütze, aaO, Rn. 118 f zu Art. 28 EuGVÜ; außerdem OLG Düsseldorf, MDR 1985, 242, 243, und die Entscheidung des Senats vom 25.5.1999 in dem Verfahren 5 W 63/99-20-). Die Schuldnerin hat hier von dem verfahrenseinleitenden Schriftstück tatsächlich so rechtzeitig Kenntnis erlangt, dass sie sich ohne weiteres in dem Verfahren hätte verteidigen können. Nachdem dem Staatsanwalt bei dem Tribunal de Grande Instance de Saverne der appel en intervention forcée vom 28.2.1997 mit den dazu gehörenden Anlagen von dem französischen Gerichtsvollzieher übergeben worden war, hat er zum Zwecke der Zustellung auf diplomatischem Weg die Schriftstücke an den Präsidenten des Amtsgerichts Saarbrücken übersandt. Dieser hat die Schriftstücke, wie sich aus den von dem Senat beigezogenen Akten des Amtsgerichts Saarbrücken mit dem Aktenzeichen 1 AR 181/97 ergibt, am 25.3.1997 an eine Mitarbeiterin der Schuldnerin, Frau G., ausgehändigt; die Mitarbeiterin der Schuldnerin hatte dabei eine von der Schuldnerin ausgestellte Empfangsvollmacht vorgelegt. Das Urteil des Tribunal de Grande Instance de Saverne vom 26.11.1997 erging auf die mündliche Verhandlung vom 22.10.1997. Die Schuldnerin hatte also mehr als ein halbes Jahr Zeit, um die ihr übermittelten Schriftstücke, falls diese lediglich in französischer Sprache abgefasst und noch nicht übersetzt gewesen sein sollten, übersetzen zu lassen und in Frankreich einen Rechtsanwalt zu beauftragen, der sie in dem Verfahren hätte vertreten können. Die Schuldnerin hatte daher Gelegenheit, in dem Ausgangsverfahren vor dem französischen Gericht etwaige Einwände gegen den von dem Gläubiger geltend gemachten und gegen sie gerichteten Anspruch vorzubringen.
cc. Welchen konkreten Inhalt das verfahrenseinleitende Schriftstück im Sinne von Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ haben muss, ist nicht ausdrücklich geregelt. Der Bundesgerichtshof (NJW 1991, 2312) hat eine darauf gerichtete Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Der Europäische Gerichtshof (IPrax 1994, 37) brauchte diese Frage, weil es darauf nach seiner Entscheidung nicht mehr ankam, nicht zu beantworten; er hat aber immerhin angedeutet, mit dem verfahrenseinleitenden Schriftstück müsse über die „Elemente des Rechtsstreits“ in Kenntnis gesetzt werden. Das wird in der rechtswissenschaftlichen Literatur dahin verstanden, dass sich aus dem verfahrenseinleitenden Schriftstück die wesentlichen Klagegründe ergeben müssen, eine genaue Bezifferung des eingeklagten Anspruchs aber noch nicht erforderlich sei; es genüge, wenn der Beklagte aufgrund des Schriftstücks abschätzen könne, in welcher Höhe er in Anspruch genommen werde (dazu etwa Kropholler, aaO, Rn. 25 zu Art. 27 EuGVÜ; ähnlich Schlosser, aaO, Rn. 10 zu den Art. 27 – 29 EuGVÜ, und Heß, IPrax 1994, 10, 16, sowie Stürner/Bormann, JZ 2000, 81,86, jeweils mwN). In einer neueren Entscheidung, die zwar nicht zu Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ ergangen ist, aber zu der gleichlautenden Vorschrift des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO, betont der Bundesgerichtshof (BGHZ 141, 286), es genüge, wenn der Beklagte aufgrund der Angaben in dem einleitenden Schriftstück die Entscheidung sachgerecht treffen könne, ob er sich auf das Verfahren einlassen soll oder nicht. Auch wenn Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ wie alle anderen Vorschriften des Übereinkommens vertragsautonom auszulegen ist, hat der Senat keine Bedenken, der zuletzt angeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes – zumindest im Grundsatz – auch bei der Auslegung des Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ zu folgen (davon ausgehend wohl auch Stürner/Bormann, JZ 2000, 81, 85 f.). Beide Normen, Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ und § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO, haben den selben Regelungszweck, nämlich zu gewährleisten, dass der Beklagte in dem Ausgangsverfahren rechtliches Gehör erhält, wobei es im Rahmen beider Vorschriften, wenn sich der Beklagte auf das Verfahren nicht einlässt, ausschließlich darauf ankommt, ob ihm bei der Einleitung des Verfahrens ausreichend rechtliches Gehör gewährt wurde.
Aufgrund des ihr zugestellten verfahrenseinleitenden Schriftstücks konnte die Schuldnerin die Entscheidung, ob sie sich auf das Verfahren einlassen soll oder nicht, sachgerecht treffen. Dem appel en intervention forcée vom 28.2.1997 war als Anlage die Klageschrift (assignation) beigefügt, die Monsieur W. unter dem Datum des 25.3.1995 gegen den Gläubiger eingereicht hatte. Daraus ergab sich, dass der Gläubiger von Monsieur W. auf Ersatz der Kosten für die Instandsetzung des Traktors in Anspruch genommen wurde, wobei diese Kosten von Monsieur W. auf 95.000 FF (ohne Umsatzsteuer) geschätzt wurden. Aus dem appel en intervention forcée ergab sich weiter, dass der Gläubiger wegen der Beträge, zu deren Zahlung an Monsieur W. er verurteilt werden sollte, die Schuldnerin in Regress nimmt, und zwar unter Hinweis darauf, dass die Mängel des Traktors bereits bei seinem Erwerb des Traktors von der Schuldnerin vorgelegen haben müssten. Aufgrund dieses Sachverhalts war klar, dass die Schuldnerin bei einer Verurteilung, wie sie von dem Gläubiger angestrebt wurde, Regressansprüche von mindestens 95.000 FF befürchten musste. Das genügte, um sachgerecht entscheiden zu können, ob eine Beteiligung an dem Verfahren in Frankreich erfolgen soll oder nicht. Dass die Schuldnerin zugleich mit dem appel en intervention forcée vom 28.2.1997 auch die Klageschrift (assignation) vom 27.3.1995 erhalten hat, hat sie nicht bestritten, auch nicht nach dem Hinweis des Senats vom 2.3.2001, mit dem der Senat bereits die Auffassung vertreten hat, dass es der Schuldnerin aufgrund dieses Schriftstücks möglich gewesen sein dürfte, die Entscheidung, ob sie sich an dem Verfahren beteiligen will, sachgerecht zu treffen.
b. Die Anerkennung der Entscheidung des Tribunal de Grande Instance de Saverne widerspricht auch nicht dem deutschen ordre public (Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ).
aa. Die Schuldnerin beanstandet, dass sie zu dem Termin vor dem Tribunal de Grande Instance de Saverne vom 22.10.1997, auf den hin das Urteil ergangen ist, nicht geladen wurde. Dass das nicht geschehen ist, verstößt nicht gegen den deutschen (verfahrensrechtlichen) ordre public. Dieser gewährleistet im Hinblick auf den in Art. 103 Abs. 1 GG verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör, dass der Beklagte, der im Ausland in Anspruch genommen wird, Gelegenheit erhält, sich an dem Verfahren im Ausland zu beteiligen. Nimmt der Beklagte diese Gelegenheit nicht wahr, so geht das zu seinen Lasten. Die Schuldnerin wurde gleichzeitig mit der Zustellung der appel en intervention forcée vom 28.2.1997 von dem Tribunal de Grande Instance de Saverne aufgefordert, innerhalb von zwei Monaten einen Anwalt zu beauftragen, der sie vor dem Gericht vertritt. Das genügte (dazu BGHZ 141, 286 mwN).
bb. Zu dem Zeitpunkt, als der appel en intervention forcée am 28.2.1997 von den Rechtsanwälten des Gläubigers in Frankreich verfasst wurde, lag das Gutachten des in dem Verfahren beauftragten Sachverständigen, Monsieur G., das dieser unter dem Datum des 10.10.1996 erstellt hatte, bereits vor. Der Sachverständige gelangt in dem Gutachten, wie sich aus dem späteren Urteil des Tribunal de Grande Instance de Saverne ergibt, zu dem Ergebnis, dass sich die Kosten der Instandsetzung des Traktors auf 126.821,72 FF beliefen. Dieses Gutachten scheint der Schuldnerin nicht zugleich mit dem appel en intervention forcée vom 28.2.1997 übermittelt worden zu sein. Auch dadurch ist der deutsche verfahrensrechtliche ordre public aber nicht verletzt. Letzteres ist nur dann der Fall, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts aufgrund eines Verfahrens ergangen ist, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, dass es nicht mehr als in einem geordneten, rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann (BGH, NJW 1990, 2201 mwN). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Dabei kann offen bleiben, ob der Schuldnerin – ginge es um eine Streitverkündung nach deutschem Recht, einem der appel en garantie ähnlichen Verfahren – auch ein bereits bei der Streitverkündung vorliegendes Gutachten mit dem Streitverkündungsschriftsatz zugänglich gemacht werden müsste. Ist das hier nicht geschehen, so würde eine gleichwohl erfolgende Anerkennung des ausländischen Urteils nämlich den Anspruch der Schuldnerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht verletzen. Denn in dem appel en intervention forcée vom 28.2.1997 war immerhin erwähnt, dass das Gutachten bereits vorlag und der Sachverständige darin zu dem Ergebnis gekommen war, dass das Getriebe des Traktors Mängel aufweise, die auf eine frühere nicht sachgerecht erfolgte Reparatur zurückzuführen seien. Zwar wird in der appel en intervention forcée nicht außerdem noch angeführt, dass der Sachverständige die Instandsetzungskosten in dem Gutachten mit 126.821,72 FF beziffert hatte. Dass der Schuldnerin diese Information mit dem verfahrenseinleitenden Schriftstück und auch in der Folge im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht auch noch zugänglich gemacht wurde, stellt aber keinen so schwerwiegenden Mangel des Verfahrens dar, dass deswegen aus Gründen des deutschen verfahrensrechtlichen ordre public die Anerkennung des französischen Urteils zu versagen wäre. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es in erster Linie Sache der Parteien ist, durch aktive Teilnahme am Verfahren auf die Vermeidung sie benachteiligender Fehler des Gerichts hinzuwirken (BGH, NJW 1990, 2201). Die Schuldnerin hätte aufgrund des Inhalts des verfahrenseinleitenden Schriftstücks ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, sich über einen französischen Anwalt an das Gericht zu wenden, damit ihr auch das Gutachten zugänglich gemacht wird. Davon hat die Schuldnerin abgesehen, obwohl sie aufgrund des Inhalts der appel en intervention forcée dazu Anlass gehabt hätte.
cc. Monsieur W. hatte in der Klageschrift (assignation) vom 25.3.1995 noch keinen bezifferten Antrag gestellt. Demgemäß enthielt der appel en intervention forcée vom 28.2.1997, was die damit angestrebte Verurteilung der Schuldnerin angeht, ebenfalls keinen bezifferten Antrag. Dass bezifferte Anträge noch nicht in der Klageschrift gestellt werden, sondern erst nach der Durchführung einer Beweisaufnahme, etwa nach Einholung eines Sachverständigengutachtens, ist nach einer Reihe von Prozessordnungen ausländischer Staaten üblich. Das ist grundsätzlich unbedenklich, auch wenn ein bezifferter Antrag erst im weiteren Verlauf des Verfahrens, also auch nach Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstückes, gestellt wird und der danach geforderte Betrag höher ist, als dies in dem verfahrenseinleitenden Schriftstück angedeutet worden war, und wenn dann eine Verurteilung entsprechend diesem Antrag erfolgt (dazu BGHZ 141, 286). Ob das auch dann gilt, wenn der Betrag, zu dem der Beklagte schließlich verurteilt wird, ein Mehrfaches des Schadensbetrages ist, der in dem verfahrenseinleitenden Schriftstück geschätzt wurde – der Bundesgerichtshof hielt es in der zuletzt angeführten Entscheidung (BGHZ 141, 286) unter dem Gesichtspunkt des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO für unbedenklich, dass in der Klageschrift Schadensersatz in Höhe von „mehr als 50.000 US$“ verlangt wurde und im Verlauf des Verfahrens eine Verurteilung zu einem Betrag von 1.280.057,30 US$ erfolgte (kritisch dazu Stürner/Bormann, JZ 2000, 81, 86) oder ob dies zumindest unter dem Gesichtspunkt des verfahrensrechtlichen ordre public bedenklich sein könnte, braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn in der Klageschrift (assignation) von Monsieur W. war der Schadensbetrag immerhin mit 95.000 FF (ohne Umsatzsteuer) geschätzt worden. Der Betrag, zu dem der Gläubiger dann verurteilt wurde und für den die Schuldnerin nach dem Urteil zu garantieren hat, liegt mit 126.821,72 FF nicht soviel höher, dass dies unter dem Gesichtspunkt des verfahrensrechtlichen ordre public, speziell im Hinblick auf den Anspruch der Schuldnerin auf rechtliches Gehör, problematisch sein könnte. Dass ein Sachverständiger in einem Gutachten auch zu einem etwas höheren Schadensbetrag gelangen könnte, als dies in der Klageschrift geschätzt wurde, musste die Schuldnerin ohne weiteres in Betracht ziehen. Wenn sie sich gleichwohl entschlossen hat, sich an dem Verfahren nicht zu beteiligen, so war das ihr Risiko.
dd. Die Schuldnerin wendet schließlich ein, dass das Tribunal de Grande Instance de Saverne im Verhältnis zwischen ihr und dem Gläubiger zu Unrecht französisches Recht angewendet und, davon ausgehend, zu der Einschätzung gelangt sei, dass sie, die Schuldnerin, als gewerblich tätige Verkäuferin für die Mängel des Traktors einzustehen habe; nach deutschem Recht wäre, so die Schuldnerin weiter, eine Verurteilung nicht in Betracht gekommen schon gar nicht in der Höhe wie sie erfolgt sei – die Gewährleistung sei vertraglich ausgeschlossen gewesen, eine Mängelrüge sei ebenso wenig erfolgt wie eine Aufforderung zur Nachbesserung und schließlich wären etwaige Gewährleistungsansprüche nach deutschem Recht auch verjährt, außerdem wären die Grundsätze der Schadensminderungspflicht zu beachten gewesen. Mit diesen Einwänden kann die Schuldnerin in dem Verfahren zur Erteilung der deutschen Vollstreckungsklausel grundsätzlich nicht gehört werden, denn nach Art. 29 EuGVÜ darf die Entscheidung des ausländischen Gerichts in der Sache selbst keinesfalls nachgeprüft werden. Um eine solche Überprüfung der Entscheidung des französischen Gerichts in der Sache würde es sich handeln, wenn der Senat der Frage nachgehen würde, ob das Gericht bei zutreffender Anwendung des französischen internationalen Privatrechts hätte davon ausgehen dürfen, dass französisches materielles Recht auch auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Gläubiger und der Schuldnerin anwendbar ist. Daraus folgt weiter, dass grundsätzlich auch nicht geprüft werden darf, wie im Falle einer (möglicherweise gebotenen) Anwendung deutschen materiellen Rechts hätte entschieden werden müssen.
Eine Schranke stellt auch insoweit lediglich Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ dar. Dessen Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Der deutsche materiellrechtliche ordre public ist nicht bereits dann verletzt, wenn ein deutsches Gericht aufgrund zwingenden deutschen materiellen Rechts zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen als das Gericht im Ausland (BGHZ 123, 268 mit umfangreichen w.N.; dazu auch Schlosser, aaO, Rn. 2 zu den Art. 27 – 29 EuGVÜ, ebenfalls mwN). Ein solcher Verstoß gegen den deutschen materiellrechtlichen ordre public kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn das Ergebnis der Rechtsanwendung des ausländischen Gerichts den davon Betroffenen in seinen Grundrechten verletzt (BGHZ 140, 395). Das hat der Bundesgerichtshof (BGHZ 140, 395) unter dem Gesichtspunkt der Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) für den Fall in Betracht gezogen, dass der Schuldner durch eine (unzutreffende) Entscheidung eines ausländischen Gerichts derart betroffen wird, dass er über Jahre hinaus am Rande des wirtschaftlichen Existenzminimums leben muss. Dass etwas Derartiges hier in Betracht kommen könnte, hat die Schuldnerin nicht behauptet; es ist auch nicht ersichtlich. Jenseits der Grenze eines Eingriffs in verfassungsrechtlich geschützte Rechte des Schuldners ist es für die Anerkennung der Entscheidung eines ausländischen Gerichts nicht von Bedeutung, ob die Entscheidung des ausländischen Gerichts auf einer zutreffenden Rechtsanwendung beruht oder nicht. Auch dabei ist zu berücksichtigen, dass es in erster Linie Sache der Partei ist, durch aktive Teilnahme an dem Verfahren im Ausland darauf hinzuwirken, dass das ausländische Gericht auch alle von der Partei für erheblich gehaltenen Gesichtspunkte in Betracht ziehen kann (dazu BGH, NJW 1990, 2201, und außerdem Geimer, IPrax 1998, 175, 176). Hätte sich die Schuldnerin an dem Verfahren vor dem Tribunal de Grande Instance de Saverne beteiligt, hätte sie beispielsweise auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss hinweisen und so erreichen können, dass das Gericht diesen Gesichtspunkt bei seiner Entscheidung bedenkt.
ee. Allerdings würde die Anerkennung des Urteils des Tribunal de Grande Instance de Saverne gegen den deutschen ordre public verstoßen, wenn der Gläubiger in dem Verfahren vor diesem Gericht vorsätzlich falsch vorgetragen und dadurch ein stattgebendes Urteil des französischen Gerichts erschlichen hätte (BGHZ 141, 286). Dass das der Fall ist, ergibt sich aus dem Vortrag der Schuldnerin – diese hätte das darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 141, 286) – aber nicht; dafür ist aus den Unterlagen, die dem Senat vorliegen und die den Ablauf des Verfahrens vor dem französischen Gericht darstellen, auch nichts zu entnehmen. Der Gläubiger hatte danach vor dem Tribunal de Grande Instance de Saverne vorgetragen, dass er den Traktor im April 1994 von der Schuldnerin, einem gewerblich tätigen Kraftfahrzeughändler, erworben habe; weiter hatte er geltend gemacht, dass ein Schaden an dem Getriebe des Traktors vorliege, der auf einer nicht fachgerechten Reparatur beruhe, die durchgeführt worden sein müsse, bevor er den Traktor von der Schuldnerin erworben habe. Auch der zuletzt angeführte Sachvortrag des Gläubigers wurde von dem Sachverständigen in dem Verfahren überprüft und bestätigt. Konkrete Einwände dagegen hat die Schuldnerin auch in dem Verfahren vor dem Senat nicht geltend gemacht. Sie beruft sich vielmehr in erster Linie vor allem auf den mit dem Gläubiger vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschluss. Dass der Gläubiger dem französischen Gericht die Information, dass ein solcher Gewährleistungsausschluss vertraglich vereinbart wurde, vorenthalten habe, macht die Schuldnerin nicht geltend. Dafür spricht auch nichts. Im Gegenteil, dem französischen Gericht lag auch die von der Schuldnerin am 27.4.1994 ausgestellte Rechnung über den Erwerb des Traktors durch den Gläubiger vor. Nach dem eigenen Vortrag der Schuldnerin ergab sich der vereinbarte Gewährleistungsausschluss aus dieser Rechnung.
3. Das Urteil des Tribunal de Grande Instance de Saverne vom 26.11.1997 ist seinem Wortlaut nach, soweit es sich gegen die Schuldnerin richtet, darauf gerichtet, dass die Schuldnerin dem Gläubiger die in dem Urteil genannten Beträge, die der Gläubiger an Monsieur W. zu zahlen hat, „zu gewährleisten“ hat („à garantir“). Ob das bedeutet, dass der Gläubiger von der Schuldnerin nach französischem Recht auch dann Zahlung beanspruchen kann, wenn er die Ansprüche seines Gläubigers – das ist hier Monsieur W. – noch nicht oder noch nicht vollständig befriedigt hat, oder ob ihm dann lediglich ein Freistellungsanspruch oder ein Anspruch anderer Art zusteht, hatte das Oberlandesgericht Hamburg (IPrax 1995, 391, 393) in einem ähnlich gelagerten Fall offen gelassen (allgemein zu der appel en garantie nach französischem Recht, die in ihren Wirkungen wesentlich weiter geht als die Streitverkündung nach deutschem Recht, etwa Geimer, NJW 1970, 387, und Geimer, ZZP 85 (1972), 196, sowie Mauser, Iprax 1995, 362, jeweils mwN). Der Senat hat dazu ein Gutachten eines Sachverständigen eingeholt. Der von dem Senat beauftragte Sachverständige, Prof. Dr. C. W., Inhaber des Lehrstuhls für französisches Privatrecht am Centre Juridique Franco-Allemand der Universität des Saarlandes, hat in seinem Gutachten dazu ausgeführt, dass diese Frage im französischen Recht zwar nicht ausdrücklich geregelt sei, sich aber aus der Rechtsprechung der Cour de Cassation zweifelsfrei schließen lasse, dass der garant (das ist hier die Schuldnerin) von dem garanti (das ist hier der Gläubiger) unabhängig davon, ob letzterer seinerseits die Forderung gegenüber dem Hauptgläubiger (Monsieur W.) bereits erfüllt hat, auf Zahlung in Anspruch genommen werden könne. Die Ausführungen des Sachverständigen dazu hält der Senat für überzeugend. Die Schuldnerin hat dagegen auch keine Einwände vorgebracht.
4. Das Urteil des Tribunal de Grande Instance de Saverne ist daher, dem Antrag des Gläubigers entsprechend, in Deutschland vollstreckbar. Das gilt nicht nur für die titulierten Hauptforderungen (Instandsetzungskosten und Nutzungsausfall), sondern auch – im Hinblick darauf, dass das Urteil zwischenzeitlich, wie weiter oben bereits dargelegt wurde, rechtskräftig ist – für sämtliche in dem Urteil bezifferte Kosten. Es gilt schließlich auch für die Zinsen, auch wenn die Höhe des Zinssatzes in dem Urteil nicht konkret bezeichnet wird, sondern statt dessen auf den gesetzlichen Zinssatz verwiesen wird. Die Höhe der geschuldeten gesetzlichen Zinsen wird in französischen Urteilen nicht konkret bezeichnet. Sie ergibt sich aus den französischen gesetzlichen Vorschriften in Verbindung mit den Verlautbarungen der Bank von Frankreich; diese sind bei einer Zwangsvollstreckung in Frankreich Grundlage der Vollstreckung durch den französischen Gerichtsvollzieher. Unter Rückgriff auf diese Vorschriften und Verlautbarungen kann im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der deutschen Vollstreckungsklausel der französische Titel ebenfalls konkretisiert werden (dazu BGH, NJW 1990, 2084, und OLG Hamm, NJW-RR 1995, 189, 190, sowie zuletzt den Beschluss des Senats vom 14.12.1999 in dem Verfahren 5 W 209/99-53). Die Höhe des gesetzlichen Zinssatzes für die fraglichen Zeiträume hat der Gläubiger dargelegt.
5. Die Schuldnerin hat erklärt, sie rechne gegen die dem Gläubiger von dem französischen Gericht zuerkannten Ansprüche mit einem ihr zustehenden eigenen Anspruch gegen den Gläubiger nach § 826 BGB auf. Das führe dazu, dass im Ergebnis die Ansprüche des Gläubigers in Deutschland nicht für vollstreckbar erklärt werden könnten. Ob eine solche Aufrechnung im Hinblick auf § 13 des Gesetzes zur Ausführung zwischenstaatlicher Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge in Zivil- und Handelssachen vom 30.5.1988 (BGBl. I, S. 662) AVAG möglich wäre, kann offen bleiben. Denn der Schuldnerin steht der geltend gemachte Gegenanspruch aus § 826 BGB nicht zu. Die Schuldnerin scheint diesen Anspruch daraus herzuleiten, dass sie das Urteil des französischen Gerichts nach Grund und Höhe für grob unrichtig hält. Das ist ein Einwand, mit dem sich der Senat bereits weiter oben im Zusammenhang mit der Auffassung der Schuldnerin, eine Anerkennung des Urteils des französischen Gerichts widerspreche dem deutschen ordre public, beschäftigt hat. Die dort angestellten Erwägungen sind die gleichen wie diejenigen, die bei der Prüfung eines Anspruchs aus § 826 BGB anzustellen wären (dazu Schlosser, aaO, Rn. 5 zu den Art. 27 – 29 EuGVÜ mwN und Grunsky, Iprax 1987, 219, 220 f.). Mit anderen Worten, aus den gleichen Gründen, aus denen der deutsche ordre public nicht verletzt ist, scheidet auch ein Anspruch der Schuldnerin nach § 826 BGB, der im Ergebnis eine Anerkennung des französischen Urteils in Deutschland hindern würde, aus.