Die Klägerin, ein Transportversicherer, macht Schadensersatzansprüche ihrer Versicherungsnehmerin, der Firma W., geltend wegen eines nach der Darstellung der Klägerin von der Beklagten nicht ordnungsgemäß durchgeführten Transports von mehreren Partien Paprikastreifen.
Dem Transport der von der Versicherungsnehmerin der Klägerin gekauften Ware von Istanbul nach Deutschland lagen CMR-Frachtbriefe zugrunde. Die Gemüsetransporte kamen in Wu. bei Hannover am 15. Oktober, 22. Oktober und 25. Oktober 1990 an. Bei Ankunft der Ware stellte der von der Firma W. eingeschaltete Gutachter R. fest, daß in den Kühltransportern nicht die in den Frachtbriefen geforderte Temperatur von minus 18 C erreicht war. Nach den Feststellungen des Sachverständigen war die Qualität des Gemüses stark gemindert. Der hierdurch nach Darstellung der Klägerin auf eine unzureichende Kühltemperatur während des Transports zurückzuführende Schaden der Firma W. ist Gegenstand der Klage.
Die Firma W. hatte über die Versicherungsmaklerin S. KG die Transportversicherung gezeichnet. Diese arbeitet mit der Klägerin aufgrund eines Vertrags vom 26. November 1971 ständig zusammen. Gemäß § 3 dieses Vertrags ist die S. KG unter anderem berechtigt, im Einvernehmen mit der Klägerin Versicherungsschäden auszugleichen und Regreß zu nehmen. Des weiteren heißt es darin, daß die Klägerin alle von S. abgegebenen Erklärungen gegen sich gelten lasse. Nach § 3 des Vertrages ist die S. KG bevollmächtigt, die Klägerin „in bezug auf den gesamten Geschäftsverkehr“ rechtsverbindlich zu vertreten.
Noch vor Ausgleich des Transportschadens trat die Firma W. mit Erklärungen vom 15. November und 19. November 1990 sämtliche Rechte aus den CMR-Verträgen an die S. KG ab. Anschließend ersetzte die S. KG den entstandenen Schaden, der Gegenstand der Klage ist. Mit Schreiben vom 25. Juli 1991, welchem unter anderem das Sachverständigengutachten beigefügt war, forderte die S. KG die Beklagte vergeblich auf, den gezahlten Schadensbetrag zu ersetzen.
Die Klägerin hat am 18. Oktober 1991 Klage eingereicht, mit der sie Ersatz des Wertverlusts der Ware, die von der Firma W. aufgewendeten Kühlhauskosten und die Erstattung der Gutachterkosten verlangt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und sich auf Verjährung berufen. Ferner hat sie behauptet, die Kühlaggregate seien in Ordnung und ständig in Betrieb gewesen; der Schaden könne nur darauf zurückzuführen sein, daß entweder minderwertige, nämlich bereits in der Türkei erwärmte Ware verladen worden sei oder daß die Türen der Fahrzeuge bei der vorgesehenen Entladung zum Teil mehr als drei Stunden bei hohen Außentemperaturen offengestanden hätten.
Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 62.331,42 DM nebst 5 % Zinsen hierauf seit dem 25. Juli 1991 zu zahlen.
Das Berufungsgericht hat die Klage wegen Verjährung der Schadensersatzansprüche gemäß Art. 32 Abs. 1 Satz 1 CMR abgewiesen.
Mit der Revision erstrebt die Klägerin, das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Die Beklagte war in der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten. Die Klägerin beantragt, durch Versäumnisurteil zu erkennen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
I. Über den Revisionsantrag ist durch Versäumnisurteil zu erkennen (§§ 331, 557 ZPO). Das vorliegende Urteil beruht allerdings nicht auf der Säumnis. Es wäre vielmehr nach dem der Revisionsentscheidung gemäß § 561 ZPO zugrundezulegenden Sach- und Streitstand inhaltlich ebenso ergangen, wenn die Beklagte nicht säumig gewesen wäre, sondern eine zweiseitige streitige mündliche Verhandlung stattgefunden hätte (vgl. BGHZ 37, 79, 81).
II. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die gemäß Art. 17 Abs. 1 CMR geltend gemachten Schadensersatzforderungen seien nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 CMR verjährt.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe nicht innerhalb der Jahresfrist in verjährungsunterbrechender Weise Klage erhoben. Auf den Lauf der dreijährigen Frist komme es nicht an, weil vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten der Beklagten oder ihrer Fahrer nicht ersichtlich sei. Die Verjährung sei zwar durch die schriftliche Reklamation der S. KG mit Schreiben vom 25. Juli 1991 gehemmt worden. Die S. KG sei zu diesem Zeitpunkt auch aufgrund der Abtretungserklärungen der Firma W. vom 15. und 19. November 1990 Anspruchsinhaberin gewesen. Die Hemmung der Verjährung habe aber mit Zugang der Klageerwiderung vom 15. Juni 1992 geendet. Zwar sei zu diesem Zeitpunkt die Klägerin noch nicht Anspruchsinhaberin und damit nicht berechtigt gewesen, durch Klageerhebung die Verjährung zu unterbrechen. Sie sei Anspruchsinhaberin vielmehr erst durch die im Laufe des Verfahrens von der S. KG abgegebene Erklärung vom 4. November 1993 geworden. Der mangelnden Berechtigung der Klägerin stehe nicht entgegen, daß ihr zum Zwecke der Klageerhebung die Unterlagen zu den Schadensfällen von der S. KG überlassen worden seien. Darin könne keine konkludente Abtretung der Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte gesehen werden. Die Parteien hätten sich nämlich bewußt sein müssen, daß ihr Verhalten solche konkludente rechtsgeschäftliche Erklärungen darstellen könnten. Hieran fehle es indessen. Die Klägerin habe sich nämlich zudem auf den gesetzlichen Forderungsübergang gemäß § 67 VVG berufen.
Auch wenn die Klägerin sonach bis zur Abtretungserklärung am 4. November 1993 nicht Anspruchsinhaberin gewesen sei, habe doch durch Erklärung ihr gegenüber die Hemmungswirkung beendet werden können. Da die Klägerin auch über die Schadensunterlagen verfügt habe, sei es entgegen dem Wortlaut des Art. 32 Abs. 2 CMR nicht erforderlich gewesen, daß die Beklagte die mit dem Reklamationsschreiben vom 25. Juli 1991 überlassenen Belege zurücksandte. Hierauf zu beharren, bedeute reine Förmelei. Dabei werde nicht verkannt, daß die Ablehnung eigentlich gegenüber der S. KG als damaliger Anspruchsinhaberin habe erklärt werden müssen. Der Klägerin sei es indessen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich hierauf zu berufen. Die Klägerin habe sich nämlich während des gesamten Rechtsstreits als Anspruchsberechtigte bezeichnet, was indessen unrichtig sei. Wenn die verwickelte Geschäftspraxis der Klägerin dazu führe, daß noch nicht einmal sie selbst die Rechtslage voll durchschaue, dann dürfe sich das nicht zu Lasten des Schädigers auswirken, der auf die entsprechenden Erklärungen des Versicherers vertraue. Andernfalls hätten es die Versicherer in der Hand, die von ihnen selbst herbeigeführte, kaum durchschaubare Abwicklungspraxis jeweils zu ihren Gunsten wirken zu lassen.
Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern.
2. a) Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann dahinstehen, ob es zulässig ist, entgegen dem klaren Wortlaut des Art. 32 Abs. 2 CMR, das Gebot der Zurücksendung der der Reklamation beigefügten Belege als „bloße Förmelei“ zu bezeichnen, auf welche im Streitfall verzichtet werden könne. Dem Wortlaut der Regeln der CMR, einem internationalen Übereinkommen, kommt im Interesse einer einheitlichen Anwendung durch die beteiligten Vertragsstaaten eine erhöhte Bedeutung zu (vgl. BGHZ 84, 339, 343; Herber/Piper, CMR, Vor Art. 1 Rn. 12). Von einer Rückgabe der übersandten Belege könnte als überflüssig allenfalls dann abgesehen werden, wenn der Anspruchsberechtigte im Besitz der Originalunterlagen geblieben wäre und mit dem Reklamationsschreiben nur deren Kopien übersandt gehabt hätte (vgl. Thume/Fremuth, Kommentar zur CMR, Art. 32 Rn. 79; Koller, Transportrecht, 3. Aufl., CMR Art. 32 Rn. 15; Herber/Piper, aaO, Art. 32 Rn. 46 mwN). Dahingehende Feststellungen hat das Berufungsgericht indessen nicht getroffen.
Es bedarf zudem keiner näheren Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Berufungsgerichts, wonach auch die Zurückweisung der Reklamation gegenüber einem Dritten, der weder anspruchsberechtigt ist noch die Reklamation ausgesprochen hatte, rechtliche Wirkung gegenüber dem wahren Anspruchsinhaber soll entfalten können.
b) Eine dahingehende rechtliche Beurteilung ist durch den Streitfall deshalb nicht veranlaßt, weil die Klägerin im Zeitpunkt der Klageerhebung Berechtigte im Sinne des § 209 Abs. 1 BGB war und damit bezüglich der Schadensersatzansprüche aus der zweiten und dritten Lieferung die einjährige Verjährungsfrist des Art. 32 Abs. 1 CMR unterbrochen wurde und darüber hinaus – was für den Schadensersatzanspruch aus der am 15. Oktober 1990 angelieferten Ware rechtlich von Bedeutung ist – die Verjährung durch die Reklamation der S. KG vom 25. Juli 1991 gehemmt war (§ 205 BGB, Art. 32 Abs. 2 CMR). Von der Hemmung der Verjährung ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Das ist rechtsfehlerfrei. Die S. KG war zur schriftlichen Reklamation berechtigt. Ihre Berechtigung konnte sie daraus ableiten, daß sie entweder zu jenem Zeitpunkt selbst Inhaberin der von der Versicherungsnehmerin am 15. und 19. November 1990 abgetretenen Ansprüche war oder aber, sofern die Ansprüche schon zu jenem Zeitpunkt der Klägerin zugestanden haben sollten (vgl. nachstehend), aufgrund ihrer mit Vertrag vom 26. November 1971 eingeräumten Ermächtigung zugunsten der anspruchsberechtigten Klägerin zur Reklamation bevollmächtigt war.
c) Der Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin sei im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht Inhaberin der geltend gemachten Ansprüche gewesen, kann nicht beigetreten werden.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß ein Forderungsübergang gemäß § 67 VVG im Streitfall deshalb nicht in Betracht kommt, weil die Versicherungsnehmerin ihre Ansprüche aus dem Schadensereignis vor der Versicherungsleistung an die S. KG mit Erklärungen vom 15. und 19. November 1990 abgetreten hatte. Es fehlte damit im Zeitpunkt der Versicherungsleistung ein Anspruch des Versicherungsnehmers, der von der gesetzlichen Zession des § 67 Abs. 1 VVG hätte erfaßt werden können.
Für die Entscheidung des Streitfalls kann dahinstehen, ob die Anspruchsberechtigung der Klägerin nicht bereits über die Abtretungen vom 15. und 19. November 1990 begründet wurde. Eine solche Erwägung hätte insbesondere deshalb nahegelegen, weil nach dem Vertragsverhältnis der S. KG mit der Klägerin vom 26. November 1971 letztere alle von der S. KG abgegebenen Erklärungen im Rahmen der Schadensregulierung „für sich gelten“ läßt (§ 3 des Vertrags). Von dieser rechtsgeschäftlichen Ermächtigung zum Vertreterhandeln könnte auch die von der S. KG im Rahmen des Abtretungsvertrags mit der geschädigten Firma W. abgegebene Erklärung (§ 398 BGB) erfaßt sein.
Jedenfalls kann dem Berufungsgericht mit der Revision nicht darin beigetreten werden, die Übergabe der die Schadensfälle betreffenden Unterlagen seitens der S. KG an die Klägerin zum Zwecke der Klageerhebung enthalte keine konkludente Abtretung der der S. KG zustehenden Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte. Die Überlassung der Schadensunterlagen an den Versicherer zum Zwecke der Prozeßführung, der letztlich für den Ausgleich des Schadens gegenüber dem Geschädigten verantwortlich ist und geleistet hat, hat allein den Sinn, diesen in den Stand zu setzen, die Ansprüche erfolgreich geltend zu machen. Dazu gehört nach der Vorstellung und dem Willen wirtschaftlich denkender Parteien erfahrungsgemäß auch, daß dem Versicherer alle vorhandenen Ansprüche gegen den Schädiger abgetreten werden. Einer ausdrücklichen Erklärung bedarf es hierzu nicht. Es ist vielmehr von einem konkludenten rechtsgeschäftlichen Verhalten auszugehen. Die abweichende Beurteilung des Berufungsgerichts überspannt demgegenüber die Anforderungen an eine konkludente Abtretung. Für deren Annahme ist rechtlich unerheblich, ob die klagende Partei die Zession rechtlich zutreffend einordnet. Der Umstand, daß die Klägerin sich auf eine cessio legis gemäß § 67 VVG berufen hatte, kann im Streitfall nicht dahin gewertet werden, daß ihr bei der Entgegennahme der Unterlagen zur Geltendmachung der streitigen Ansprüche der rechtsgeschäftliche Wille gefehlt habe, die darin liegende rechtsgeschäftliche Abtretungserklärung der S. KG anzunehmen. Für die Annahme einer stillschweigenden Abtretung kann in einem Fall wie dem vorliegenden genügen, daß der Abtretungserfolg den Zwecken und Absichten der Beteiligten entspricht, gegebenenfalls sogar ohne daß die Beteiligten insoweit ausdrückliche Absprachen getroffen haben (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.1985 – VII ZR 305/84, NJW 1986, 977).
3. Die von der Beklagten gemäß Art. 32 Abs. 1 Satz 1 CMR erhobene Einrede der Verjährung greift sonach aus Rechtsgründen nicht durch. Es erübrigt sich deshalb, auf die Rügen der Revision einzugehen, mit welchen diese sich dagegen wendet, daß das Berufungsgericht ein grob fahrlässiges Verhalten – als ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden – der Beklagten nicht für gegeben erachtet und folglich die Anwendung der dreijährigen Verjährungsfrist des Art. 32 Abs. 1 Satz 2 CMR verneint hat.
III. Das angefochtene Urteil kann keinen Bestand haben. Der vom Berufungsgericht festgestellte Sachverhalt (§ 561 ZPO), von welchem auch bei der Versäumnisentscheidung im Revisionsverfahren auszugehen ist (BGHZ 37, 79, 94; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 566 Rn. 14), rechtfertigt keine abschließende Entscheidung. Das Berufungsgericht hat sich mit dem Vortrag der Beklagten, sie sei für den eingetretenen Schaden nicht verantwortlich, nicht auseinandergesetzt. Die Sache ist sonach zu weiteren Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).