Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Auszahlung der Hälfte des Guthabens, das bei einer griechischen Bank auf den Namen der Parteien angelegt war und das der Beklagte abgehoben hat.
Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute und beide griechische Staatsangehörige. Die Klägerin wohnt in D. in Griechenland, der Beklagte in Stuttgart.
Bei der Filiale D. der ...bank von Griechenland war ein Betrag von DM 417.756,61 als Fristeinlage mit einer Gültigkeit vom 06.05.1993 bis 08.11.1993 zu einem Zinssatz von 7 % auf den Namen beider Parteien unter der Konto-NR. ..., Kartei-Nr. ... angelegt. Auf dieses Konto sollten auch die Zinsen übertragen werden. Auf dem Sparbrief vom 04.05.1993 heißt es weiter: „Ebenfalls bitte ich, daß das vorgenannte Konto gemeinschaftlich sein soll gemäß dem Gesetz 5638/32 gemäß der Rechtsverordnung 951/71 und den diesbezüglichen Beschlüssen der Organe der Währungspolitik (...)“. Oben rechts trägt der Sparbrief einen Stempel mit folgendem Inhalt: „Erneuerung einer fristgebundenen Einlage. Der vorliegende Schuldschein hebt jeden vorhergehenden mit der gleichen Konto-Nr. auf.“ Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Urkunde wird auf die Ablichtung des griechischen Originals (BI. 4) bzw. die deutsche Übersetzung des Klägervertreters (BI. 25 f) Bezug genommen.
Beide Parteien haben in unterschiedlichem Umfang von diesem Konto Geld abgehoben. Der Beklagte hob am 08.08.1994 das gesamte restliche Guthaben in Höhe von noch DM 377.168 ab und löste das Konto auf.
Die Klägerin verlangte mit Anwaltsschreiben vom 11.10.1994 unter Fristsetzung auf 25.10.1994 zunächst die Zahlung von DM 208.878,30 (BI. 6).
Die Klägerin ist der Auffassung, daß der Beklagte ihr die Hälfte des abgehobenen Guthabens zahlen müsse, weil die Parteien – auch nach griechischem Recht – als an der Einlage gemeinsam Berechtigte im Innenverhältnis Anspruch auf gleiche Anteile hätten. Eine abweichende Vereinbarung dahingehend, daß der Betrag im Innenverhältnis alleine dem Beklagten zustehen solle, sei zu keinem Zeitpunkt getroffen worden. Sie verlangt jetzt noch die Zahlung von DM 188.584,‑ DM nebst 4 % Zinsen über dem Diskontsatz der Deutschen B-bank – unter Hinweis auf einen Beschluß des griechischen Ministerrats vom 22.03.1990 (BI. 7/21).
Der Geltendmachung des Betrages stehe nicht entgegen, daß die Klägerin zunächst beim Gericht in D. am 09.08.1994 einen Arrestantrag eingereicht habe, zumal dieser nicht wirksam zugestellt und wieder zurückgenommen worden sei.
Die Klägerin hat im Termin vom 31.05.1995 (BI. 61) unter Klagrücknahme im übrigen beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 188.584,‑ nebst Zinsen in Höhe von 4 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen B-bank seit 26.10.1994 zu bezahlen.
Der Beklagte ist im Termin vom 31.05.1995 nicht aufgetreten. Die Kammer hat antragsgemäß ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten erlassen (BI. 62 f), das dem Beklagten am 21.06.1995 zugestellt wurde und gegen das er mit Schriftsatz vom 29.06.1995, eingegangen an diesem Tag per Telefax, Einspruch eingelegt hat (BI. 67).
Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte meint, das Gericht habe sich für unzuständig zu erklären, weil die Klägerin gegen den Beklagten mit dem gleichen Streitgegenstand eine Klage in Griechenland anhängig gemacht habe. Die Anhängigkeit des Verfügungsprozesses wirke nach griechischem Recht auch im Verhältnis zum Hauptsacheverfahren. Der Antragsteller sei danach verpflichtet, binnen 30 Tagen nach Zustellung des Beschlusses über den Erlaß der einstweiligen Verfügung an den Gegner die Hauptsacheklage zu erheben. Der Beklagte stelle unstreitig, daß der Antrag der Klägerin in Griechenland wirksam zugestellt sei, die Rücknahme des Antrags sei aber unwirksam, weil sie an den Beklagte mangels Wohnsitz in Griechenland nicht wirksam habe zugestellt werden können.
Der Beklagte trägt vor, die Klägerin habe dadurch, daß sie auf dem Beleg über die Fristeinlage als zweite Berechtigte aufgeführt sei keinen Anspruch auf Auszahlung des hälftigen Guthabens erworben. Die auf dem Konto angesparten Beträge seien ausschließlich vom Beklagten erwirtschaftet worden, weshalb die Parteien vereinbart hätten, daß die Klägerin nur dann einen Anspruch haben sollte, wenn der Beklagte verunglücken oder handlungsunfähig werden sollte, weshalb sie als Berechtigte im Sparbrief angeführt worden sei. Dies sei im Beisein der Töchter vereinbart worden.
Zunächst hatte der Beklagte im Termin vom 08.03.1995 angegeben, daß er das angelegte Geld durch seine Arbeit in Deutschland verdient und seit 1978 allmählich auf Konten wie dem streitgegenständlichen in Griechenland angespart habe. Nunmehr trägt der Beklagte vor, die genannte Vereinbarung sei am 02.05.1993 in D. im Beisein der beiden Töchter getroffen worden. Es sei vereinbart worden, daß das Geld ausschließlich dem Beklagten zustehen solle, nachdem es sich nicht um die Aufstockung der Geldanlagen seit 1978, sondern um die einmalige Ablöse für ein vom Beklagten veräußertes Lokal gehandelt habe. Lediglich im Todesfall des Beklagten habe die Klägerin berechtigt sein sollen, über den Geldbetrag zu verfügen.
Der Beklagte trägt weiter vor, das Konto habe er aufgelöst und das Geld zu gleichen Teilen den Töchtern gegeben, nachdem er festgestellt habe, daß die Klägerin mit dem von ihr zuvor vom Konto abgehobenen Geld andere Männer auf ihre Kosten einlade.
Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Versäumnisurteil vom 31.05.1995 ist auch auf den form- und fristgerecht eingeigten Einspruch des Beklagten hin aufrechtzuerhalten (§ 343 ZPO), denn die Klage ist zulässig und begründet.
I. Das Gericht ist international zuständig nach Art. 1 und 2 EuGVÜ. Gem. Art. 2 EuGVÜ ist die Klage grundsätzlich vor dem Gericht des Staates zu erheben, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat. Das EuGVÜ ist anwendbar. Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 EuGVÜ, wonach das Übereinkommen nicht auf eheliche Güterstände anzuwenden ist, steht nicht entgegen, denn es handelt sich um eine rein vermögensrechtliche Streitigkeit, die ihre Grundlage nicht in der Ehe der Parteien hat (hierzu vgl. Hausmann, FamRZ 1980,418,423 f).
Das Gericht ist auch nicht durch eine anderweitige Anhängigkeit der Sache, d.h. durch die Anstrengung des Arrestverfahrens gegen den Beklagten in Griechenland, an der Entscheidung gehindert (Art. 21 EuGVÜ). Dieses Verfahren ist zum einen schon nicht wirksam rechtshängig geworden. Der Beklagte trägt selbst vor, daß die Rücknahme des Antrags im Februar 1995 in D., Griechenland nicht wirksam zugestellt worden sei, weil der Beklagte dort keinen ständigen Wohnsitz hat. Er betont, daß er zu keinem Zeitpunkt seinen Wohnsitz dort hatte, vielmehr ständig in der Ostendstr. in Stuttgart gemeldet war und ist. Der Beklagte kann aber unter diesen Umständen nicht unstreitig stellen, daß die Zustellung des Arrestantrags selber am selben Ort wirksam erfolgt sei.
Im übrigen folgt entgegen der Auffassung des Beklagten aus § 715 Nr. 5 der griechischen ZPO (Übersetzung im Klägerschriftsatz vom 10.05.1995, B1. 52 f) nicht, daß mit der Einreichung dieses Antrags auch eine Hauptsacheklage anhängig wird. Dort ist nur geregelt, daß der Gläubiger binnen 30 Tagen nach Zustellung der Pfändungsanordnung Hauptsacheklage beim selben Gericht erheben muß, andernfalls die Arrestmaßnahme unwirksam ist. Die Klagerhebung vor dem erkennenden Gericht ist dadurch nicht gehindert.
Die Klage ist zulässig.
II. Sie ist im jetzt noch geltend gemachten Umfang der Verurteilung im Versäumnisurteil auch begründet.
Der Klägerin steht die Hälfte des vom Beklagten abgehobenen Guthabens zu.
Nach Art. 28 Abs. 1, 32 EGBGB findet auf das streitige Rechtsverhältnis der Parteien, deren gegenseitige Pflichten ihren Grund in der Vereinbarung der Parteien mit der Bank haben, seine Auslegung und die Beurteilung der Beweislast griechisches Recht Anwendung. Es weist eine engere Verbindung zum Recht des griechischen Staates als zum deutschen Recht auf, denn es betrifft die interne Berechtigung an einer Geldanlage in Griechenland, die ihrerseits griechischem Recht unterliegt, beide Parteien sind griechische Staatsangehörige, die Klägerin wohnt dort. Der Wohnsitz des Beklagten in Deutschland spielt demgegenüber keine entscheidende Rolle, insbesondere Art. 28 Abs. 2 EGBGB findet hier keine Anwendung.
Die Klägerin ist als Berechtigte gegenüber der ...bank neben dem Beklagten im Sparbrief bzw. in der Bescheinigung über die Fristeinlage vom 04.05.1993 eingetragen. Die Parteien waren deshalb im Verhältnis zur Bank gleichberechtigte Gläubiger. Dies folgt außerdem auch aus dem ausdrücklichen Hinweis in dieser Urkunde, wonach es sich um ein gemeinschaftlichen Konto im Sinne des Gesetzes 5638/92 handeln soll.
Nach Art. 493 des griechischen Zivilgesetzbuchs (Übersetzung im Schriftsatz vom 21.02.1995, BI. 20) sind mehrere Gläubiger grundsätzlich im Innenverhältnis zu gleichen Anteilen berechtigt, so daß bei der Abhebung durch einen Gläubiger der andere die Zahlung des entsprechenden Anteils am Guthaben verlangen kann, auch und gerade bei Anlagen im Sinne des Gesetzes 5368/32; etwas anderes gilt nach Art. 493 ZGB nur dann, wenn sich aus der Rechtsbeziehung der Gläubiger untereinander etwas anderes ergibt – für diese Ausnahme trägt der sich hierauf berufende Gläubiger die Darlegungs- und Beweislast, hier also der Beklagte (zu dieser – § 430 BGB vergleichbaren – Rechtslage, die auch der Beklagte nicht anzweifelt, vgl. die vom Klägervertreter vorgelegte Entscheidung des Areopag Nr. 530/1988, BI. 30 ff).
Der Beklagte hat nicht hinreichend schlüssig und nachvollziehbar dargetan, daß und mit welchem Inhalt eine von dieser Gesetzeslage abweichende Vereinbarung unter den Parteien getroffen worden sein soll. Der bloße Vortrag, die Parteien seien sich einig gewesen, daß das Geld dem Beklagten alleine zustehen und die Klägerin nur in Notfällen oder im Falle des Todes des Beklagten darüber verfügen können sollte, ist nicht ausreichend. Erforderlich ist ein detaillierter, widerspruchsfreier Vortrag zu Anlaß, Umständen und Inhalt einer solchen Vereinbarung. Nachdem der Beklagte von der Kammer hierauf hingewiesen wurde, ließ er zwar vortragen, die Vereinbarung sei am 02.05.1993 in D. in der Wohnung einer der Töchter getroffen worden, also zwei Tage vor der Anlage des streitgegenständlichen Betrages. Der Grund für diese Vereinbarung sei der Umstand, daß es sich bei der Anlage nicht um die Verlängerung und Aufstockung früherer Festanlagen, sondern um die Anlage eines Betrages gehandelt habe, den er als Ablöse für eine vom Beklagten veräußerte Gaststätte erhalten habe. Dieses Vorbringen steht aber nicht nur im Widerspruch zu den eigenen Angaben des Beklagten im Termin vom 08.03.1995, seit 1978 sei sein Arbeitslohn aus Deutschland auf diese Weise angespart und die Anlagen jeweils weiterverlängert worden bis zur Anlage vom 04.05.1993 (Protokoll vom 08.03.1995, Bl. 28 f). Sie läßt sich auch nicht damit vereinbaren, daß sich unstreitig auf der Urkunde vom 04.05.1993 ein Stempel befindet, der vermerkt, daß es sich um die Verlängerung einer früheren Anlage handelt und daß schon zuvor Konten mit derselben Nummer geführt wurden, die durch die Neuanlage ungültig werden. Der Beklagte wurde deshalb mit Verfügung vom 04.07.1995 (BI. 70) darauf hingewiesen, daß dieser Widerspruch in seinem Vortrag klärungsbedürftig ist – ohne Erfolg. Unter diesen Umständen ist der Beklagtenvortrag unschlüssig, eine Beweisaufnahme durch Vernehmung der vom Beklagten benannten Töchter zum Inhalt der Vereinbarung kommt deshalb nicht in Betracht.
Im übrigen spricht auch der Umstand, daß unstreitig auch die Klägerin vor dem 08.08.1993 Abhebungen vom Konto vornehmen konnte – der Beklagtenvortrag zum Grund der Auflösung des Kontos läßt erkennen, daß er sich an der Verwendung des Geldes durch die Klägerin störte, nicht daran, daß sie überhaupt Geld abhob -, gegen eine vereinbarte Alleinberechtigung des Beklagten an den angelegten Geldern. Er deutet vielmehr darauf hin, daß die Parteien sich bis dahin einig waren, daß sie beide nach Bedarf für ihren Lebensunterhalt oder sonstigen Bedarf abheben durften, ohne daß es darauf noch entscheidend ankommt. Auch wenn die Parteien etwa bislang so verfahren haben sollten, dass jeder unterschiedliche Beträge abheben konnte, so wäre dadurch eine Ausgleichspflicht bei einer späteren erheblichen Abhebung – hier des gesamten Restbetrages – nicht ausgeschlossen (zu § 430 BGB vgl. etwa BGH NJW 1990, 705, OLG Zweibrücken NJW 1991, 1835).
Der Beklagte hat nach alldem der Klägerin die Hälfte des abgehobenen Betrages, nämlich DM 188.584,‑ zu erstatten. Aufgrund des Schreibens vom 11.10.1994 (BI. 6), das eine Zahlungsaufforderung mit Klagandrohung und also eine Mahnung enthält, befindet sich der Beklagte spätestens seit Ablauf der dort gesetzten Frist in Verzug, also seit 26.10.1994. Gem. Art. 345 des griechischen ZGB (BI. 20) in Verbindung mit dem von der Klägerin angeführten Beschluß des Ministerrates vom 22.03.1990 (BI. 7, Übersetzung BI. 21) sind für die Verzugszinsen jedenfalls 4 % über dem Diskontsatz der Z-bank, in deren Währung die Schuld ausgedrückt ist, hier also der Deutschen B-bank, anzusetzen (dort lit. a).
Das Versäumnisurteil der Kammer ist somit zu Recht ergangen und in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.