Die Parteien streiten um die Erfüllung eines Kaufvertrages. Die Klägerin vertreibt Glasbehälter für industrielle Zwecke, die nach Anforderung ihrer Kunden in verschiedenen Qualitäten mit unterschiedlichen Eigenschaften hergesellt werden. Diesen Eigenschaften wird in der maßgebenden Produktbeschreibung des Herstellers jeweils eine bestimmter Handelsname zugeordnet. So bietet die … sog. Borosilicatglas der hydrolytischen Klasse 1 unter den Bezeichnungen …, … und … an, wobei sich die einzelnen Sorten im wesentlichen durch ihren linearen Ausdehnungskoeffizienten unterscheiden (Bl. 79 der Akten). Dieser Koeffizient beträgt in der höchsten Qualitätsstufe, die im Verkehr auch als … (= …) bekannt ist, 3,3 und steigt sodann stufenweise 4,1 (…), 4,9 (…) auf 6,6 (…).
Durch Schreiben vom 21. Juli 1992 (Bl. 8-9 der Akten) bat die Beklagte um Erteilung eines Angebots über die Lieferung von Reagenzgläsern nebst Stopfen, wobei sie den höchstzulässigen linearen Ausdehnungskoeffizienten zunächst auf 5,5 bezifferte, sich ergänzend allerdings auch nach den Preisen einer Ausführung in … erkundigt. Daraufhin übermittelt die – damals noch als … firmierende – Klägerin am 24. Juli 1992 (Bl. 83-84 der Akten) eine entsprechende Offerte, die den Glastyp nur als „…“ kennzeichnete und darauf verwies, daß er im übrigen den Bedingungen der vorhergehenden Anfrage genüge. Zugleich wurde nur der Preis für eine Sorte benannt. Unter dem 26. August 1992 (Bl. 10-11 der Akten) bestellte die Beklagte im folgenden insgesamt 220.000 der gewünschten Behälter, deren Material sie zum einen als … beschrieb, denen sie mit der beigefügten technischen Spezifikation (Bl. 12 der Akten) jedoch zum anderen wiederum einen linearen Ausdehnungskoeffizienten von höchstens auf 5,5 zuordnete. Durch Schreiben vom 7. September 1992 (Bl. 109 der Akten) bat die Klägerin deshalb um schriftliche Bestätigung, daß nicht …, sondern … mit den im übrigen gewünschten Eigenschaften zu liefern sei. Nach weiteren Verhandlungen übersandte die Klägerin unter dem 21 September 1992 (Bl. 111-112 der Akten) eine zwischenzeitlich erstellte Konstruktionszeichnung zur Genehmigung durch den Endabnehmer. Von dieser Genehmigung gab die Beklagte ihrer Partnerin schließlich am 29. September 1992 (Bl. 85 der Akten) Kenntnis, wobei dem gewünschten Material in einer beigefügten Skizze nunmehr ein linearer Ausdehnungskoeffizient von höchstens 3,3 zuordnet war. Daraufhin kündigte die Klägerin zunächst den Produktionsbeginn an (Bl. 87-88 der Akten), fordert indes durch Schreiben vom 30. September 1992 (Bl. 113 der Akten) unter Hinweis auf das damit erneut angesprochene … noch einmal die bereits früher erbetene Bestätigung.
Nachdem ihr diese Bestätigung am 1. Oktober 1992 zugegangen war (Bl. 13 der Akten), lieferte die Klägerin das Gut am 16. November 1992 in der Qualität … aus. Zugleich stellt sie der Beklagten den vereinbarten Kaufpreis mit DM 123.380,‑ DM in Rechnung (Bl. 14 der Akten), ohne im folgenden irgendwelche Zahlungen zu können.
Angesichts der abschließenden Bestätigung am 1. Oktober 1992, so macht die Klägerin geltend, könne um so weniger fraglich sein, daß sie ordnungsgemäß geliefert habe, als ihr Verkaufsleiter den zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten nicht nur im Gefolge des Angebots am 24. Juli 1992 sondern auch nach Eingang der Bestellung vom 26. August 1992 ausdrücklich darauf hingewiesen habe, daß man die gewünschten Gläser in der Qualitätsstufe … nicht anbieten könne (Beweis: Vernehmung des Zeugen …).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Klagevorbringens wird auf den Schriftsatz vom 4. Mai 1994 (Bl. 100-108 der Akten) verwiesen.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zur Zahlung von DM 123,380,‑ nebst 12,5 % Zinsen seit dem 8. April 1993 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Da sie das vorgehende Angebot der Klägerin am 22. August 1992 uneingeschränkt angenommen habe, so macht die Beklagte geltend, sei bereits an diesem Tage ein bindender Kaufvertrag zustande gekommen, auf Grund dessen die Qualitätsstufe … habe geliefert werden müssen. Dies sei indes, wie von ihr unverzüglich beanstandet (Beweis: Vernehmung des Zeugen …), tatsächlich nicht geschehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf den Schriftsatz vom 11. März 1994 nebst Ergänzung vom 15. Juni 1994 (Bl. 70-78; 121-124 dA.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet: Gemäß Art. 53 des UN-Übereinkommens über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (CISG) kann die Klägerin von der beklagten alsbaldige Zahlung des streitbefangenen Kaufpreises verlangen.
(1) Dabei darf eingangs offenbleiben, ob die Parteien ihre Beziehung einverständlich dem deutschen Recht unterstellt haben; denn sollte es hierzu nicht gekommen sein, bestimmen sich die beiderseitigen Rechte und Pflichten nach dem Recht des Staates, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, ansässig ist, Art. 28 I, II EGBGB. Bei Abwicklung eines Kaufvertrages ist maßgebend deshalb der Sitz des Verkäufers (Plandt, BGB, 53. Aufl. Art. 28 EGBGB Rn. 8), der hier gleichfalls zur Anwendung des Rechts der Bundesrepublik Deutschland führt.
Die Bundesrepublik Deutschland ist ebenso wie Italien derzeit Vertragsstaat des vorgenannten Übereinkommens (v. Caemmerer-Schlechtriem, Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht, 1. Aufl., Art. 1 Rn. 17), dessen Regeln mithin für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits maßgebend sind, Art. 1 I, 3 II CISG. Danach ist es zwischen den Parteien indes zum Abschluß eines wirksamen Kaufvertrages gekommen, Art. 23 CISG, dessen Aufhebung der Beklagten nach dem Ereignis der mündlichen nicht gestattet war.
(2) Gemäß Art. 18 I CISG kommt ein Vertrag im internationalen Handel durch die uneingeschränkte Annahme eines korrespondierenden Angebots zustande (v. Caemmerer-Schlechtriem aaO, Art. 19, Rn. 10 ff), wie sie hier in den Schreiben vom 30. September und 1. Oktober 1992 zu finden ist; denn erst mit den hierbei abgegebenen Erklärungen waren aus Sicht der Parteien alle maßgebenden Punkte abschließend und übereinstimmend geregelt.
Soweit die Beklagte demgegenüber die Ansicht vertritt, bereits auf Grund ihrer Bestellung vom 26. August 1992 habe man eine hinreichende Einigung erzielt, verkennt sie, daß diese Bestellung inhaltlich gerade nicht dem vorgehenden Angebot vom 24. Juli 1992 entsprach. Dieses Angebot bezog sich nämlich unzweideutig auf die in der Anfrage vom 21. Juli 1992 benannte Eigenschaft, mithin auch auf den dort genannten linearen Ausdehnungskoeffizienten von höchstens 5,5. Einen derartigen Ausdehnungskoeffizienten besaß das – schließlich gelieferte – Material …, während es sich bei dem nunmehr benannten … mit einem Ausdehnungskoeffizienten von 3,3 um einen abweichende Qualitätsstufe handelte. Dessen war sich erkennbar die Beklagte bewußt, deren Anfrage deshalb in erster Linie auf die zunächst genau beschriebene Glassorte mit einem Ausdehnungskoeffizienten von höchstens 5,5 abzielte und nur alternativ eine Preisangabe auch für die höherwertige Version erbat. Bereits im Hinblick auf die damit selbst bestimmte Rangfolge konnte ein verständiger Empfänger in der Lage der Beklagten um so weniger annehmen, die Klägerin habe ausschließlich die in nur zweiter Linie angesprochenen Ausführungen anbieten wollen, als der Anfrage zuwider von vornherein kein Alternativpreis benannt war.
Stellte das Schreiben vom 26. August 1992, das angesichts der gleichzeitigen übersandten anderweitigen Spezifikation im übrigen nicht eindeutig war, indes höhere Qualitätsanforderungen, enthielt es eine wesentliche Abweichung i.S. Art. 19 II CISG, deretwegen es als Ablehnung, verbunden mit ein neuen Angebot gewertet werden mußte, Art. 19 I CISG. Auf dieses erneute Angebot ist wiederum die Klägerin selbst dann nicht zustimmend eingegangen, wenn die von ihr behaupteten telephonischen Hinweise unterlieben sein sollten; denn jedenfalls mit dem Schreiben vom 7. September 1992 war eindeutig klargestellt, daß eine Lieferung der gewünschten Reagenzgläser in der Qualität … keineswegs in Betracht kam. Da die Beklagte diese Qualitätsforderung gleichwohl bei Übersendung der genehmigten Zeichnung am 29. September 1992 neuerlich aufnahm, fehlte es zunächst an einer wirksamen Einigung, die demgemäß von der Klägerin noch einmal unter dem 20. September 1992 angemahnt und – wie das Schreiben der Beklagten vom folgenden Tage unmißverständlich belegt – in ihrem Sinn auch tatsächlich erzielt worden ist; denn danach war man sich erkennbar zweifelsfrei einig, daß allein die von der Klägerin ausgewählte Glassorte – keinesfalls dagegen … – geliefert werden sollte.
(3) Da letzteres unstreitig geschehen ist, war die Beklagte sowohl zur Zahlung des Kaufpreises als auch zum Ausgleich verzögerungsbedingter Nachteile verpflichtet, Art. 78, 74 CISG. Zu diesen Nachteilen gehören grundsätzlich auch die Kosten einer fortdauernden Inanspruchnahme von Bankkrediten (v. Caemmerer-Schlechtriem aaO, Art. 74 Rn. 39). Der tatsächliche Anfall solcher Kosten ist allerdings zwischen den Parteien streitig, ohne daß die Klägerin ihn in hinreichender Weise belegt hätte. Damit durfte ihr nur ein Anspruch auf Zinsen i.H. von 5 % zugebilligt werden (v. Caemmerer-Schlechtriem aaO, Art. 78 Rn. 6).