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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-1199
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-1199  



OLG Bremen (DE) 19.05.1994 - 2 U 146/93
Art. 5 Nr. 1, EuGVÜ – unalexErfüllungsort bei anderen Verträgen als Kauf- oder Dienstverträgen –unalexMaßgebliche Verpflichtung –unalexGrundregel: Abstellen auf die konkret streitige Verpflichtung –unalexFür die Ermittlung des Erfüllungsorts maßgebliches Recht –unalexForm der Gerichtsstandsvereinbarung –unalexSchriftform –unalexAllgemeine Geschäftsbedingungen –unalexAusdrücklicher Hinweis –unalexMaterielle Wirksamkeitsvoraussetzungen –unalexWillenseinigung der Parteien

OLG Bremen (DE) 19.05.1994 - 2 U 146/93, unalex DE-1199


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de - Kommentar zur VO(EG) 44/2001 und zum Übereinkommen von Lugano (2 cit.) erweiternde - Kommentar zur VO(EG) 44/2001 und zum Übereinkommen von Lugano (2 cit.)



Enthalten die AGB einer Vertragspartei sowohl einen Hinweis auf die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp) als auch eine Gerichtsstandsklausel, so verdrängt letztere als speziellere Regelung die Gerichtsstandsklausel in § 65 ADSp. Dies gilt auch dann, wenn die AGB nicht wirksam in den von den Parteien abgeschlossenen Vertrag einbezogen worden sind.

Maßgebend für den Gerichtsstand nach  Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ ist der Erfüllungsort derjenigen Verpflichtung, die den Gegenstand der Klage bildet.

Die Bestimmung des Erfüllungsorts i.S.v. Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ ist nach dem Recht vorzunehmen, das nach den Kollisionsnormen des angerufenen Gerichts auf den streitigen Vertrag anwendbar ist.

Für eine Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 17 EuGVÜ gegenüber einem ausländischen Kaufmann reicht ein marginal angebrachter, klein gedruckter Hinweis in deutscher Sprache nicht aus, wenn die geschäftliche Korrespondenz nicht in deutscher Sprache geführt wurde.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

Die französische Beklagte hat die deutsche Klägerin mit der Abwicklung der Verzollung von Waren beauftragt, die nach Deutschland importiert werden sollten. Die Rechnungen der Klägerin verwiesen sowohl auf ihre eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) als auch auf die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp). Die AGB der Klägerin bestimmten als Erfüllungsort und Gerichtsstand ihren Sitz. Die ADsp enthielten eine Gerichtsstandsklausel zugunsten der deutschen Gerichte. Die Klägerin hat gegen die Beklagte vor einem deutschen Gericht Klage erhoben.

Das Oberlandesgericht Bremen (DE) verneint die internationale Zuständigkeit  der deutschen Gerichte. Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 17 EuGVÜ liege hier nicht vor. Die in den AGB der Klägerin enthaltene Gerichtsstandsklausel sei nicht wirksam in den von den Parteien abgeschlossenen Vertrag einbezogen worden. Die Voraussetzungen, unter denen innerhalb laufender Geschäftsbeziehungen die AGB eines Vertragspartners auch ohne einen vor jedem Vertragsabschluss erfolgten besonderen Hinweis hierauf Geltung erlangten, seien vorliegend nicht erfüllt. Außerdem entfalte auch die in den ADSp enthaltene Gerichtsstandsklausel keine Wirksamkeit, da ihr die in den AGB der Klägerin enthaltene speziellere Klausel vorgehe. Die Tatsache, dass diese AGB nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden seien, ändere daran nichts. Darüber hinaus begründe auch Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ keinen Gerichtsstand in Deutschland. Maßgebend für die Anwendung dieser Vorschrift sei der Erfüllungsort derjenigen Verpflichtung, die den Gegenstand der Klage bilde. Die Bestimmung des Erfüllungsorts sei nach dem Recht vorzunehmen, das nach den Kollisionsnormen des angerufenen Gerichts auf den streitigen Vertrag anwendbar sei. Nach dem hier anwendbaren deutschen Recht (§ 269 BGB) sei kein Erfüllungsort i.S.v. Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ in Deutschland begründet.

 JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission

-  Entscheidungstext 

Die statthafte und in zulässiger Weise eingelegte und begründete Berufung der Beklagten gegen das Zwischenurteil des Landgerichts Bremen vom 02.11.1993, mit dem das Landgericht die Klage für zulässig erklärt hat, ist begründet, weil ein die Zuständigkeit des Landgerichts Bremen begründender Gerichtsstand für die Klagforderung nicht gegeben ist.

Nach Art. 53 Abs. 1 Satz 1 iVm Art. 2 EuGVÜ ist für die vorliegende Klage der Gerichtsstand am Sitz der Beklagten in Paris begründet. Ein anderer, daneben von der Klägerin zu wählender Gerichtsstand in Bremerhaven ergibt sich weder aus einer zwischen den Parteien wirksam zustande gekommenen Gerichtsstandsvereinbarung noch aufgrund wirksam getroffener Vereinbarungen oder gesetzlicher Vorschriften über den für die behauptete Verbindlichkeit der Beklagten maßgeblichen Erfüllungsort.

Eine schriftliche oder schriftlich bestätigte oder in einer den internationalen Handelsbräuchen entsprechenden Form zustande gekommene Gerichtsstandsvereinbarung (Artikel 17 EuGVÜ) haben die Parteien nicht geschlossen. Auch ohne die Einhaltung einer solchen Form kann eine Partei jedoch nach Artikel 5 Nr. 1 EuGVÜ in einem anderen Vertragsstaat als dem, in dem sie ihren Sitz/Wohnsitz hat, verklagt werden, wenn die geltend gemachten vertraglichen Ansprüche in einem anderen Vertragsstaat zu erfüllen sind (EuGH WM 1980, 720 = NJW 1980, 1218; BGH NJW 1985, 560 = VersR 1985, 56).

Die Bestimmung des vertraglichen Erfüllungsorts ist nach dem materiellen Recht vorzunehmen, das das IPR des Staates bestimmt, dessen Gericht zuerst angerufen worden ist (EuGH NJW 1977, 491; BGH NJW 1988, 1466; Zöller/Geimer, 18. Aufl. 1993, Artikel 5 EuGVÜ Rn. 1; MüKo/Gottwald, ZPO, 1992, Artikel 5 EuGVÜ Rn. 12, 13). Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, daß der Vertrag, aus dem die Klägerin Ansprüche geltend macht, nach deutschem materiellem Recht zu beurteilen ist. Das steht in Übereinstimmung mit Artikel 28 Abs. 2 EGBGB, weil die für den Vertrag charakteristische Leistung (Zollabfertigung) in Deutschland zu erbringen war.

Maßgeblich ist nach Artikel 5 Nr. 1 EuGVÜ der für die konkrete streitige Verpflichtung (Hauptverpflichtung) maßgebliche Erfüllungsort, der den Gegenstand der Klage bildet (EuGH NJW 1977, 490 mit Anmerkung Geimer; Geimer Artikel 5 EuGVÜ Rn. 2; Gottwald aaO Rn. 7). Die in der Literatur vertretene Lehre vom einheitlichen Vertragsgerichtsstand, wonach Erfüllungsort nur der Ort sei, an dem die das ganze Vertragsverhältnis prägende, charakteristische Leistung zu erbringen ist, begünstigt einseitig eine Vertragspartei zu Lasten der anderen und ist deshalb abzulehnen (Geimer aaO; Gottwald aaO; jeweils mwNw.).

Maßgebend für die Bestimmung des Erfüllungsorts ist danach § 269 BGB. Danach ist, sofern ein Leistungsort weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses zu entnehmen ist, die Leistung am Ort des Wohnsitzes des jeweiligen Schuldners vorzunehmen. Der Leistungsort ist auch bei gegenseitigen Verträgen grundsätzlich für jede einzelne Verpflichtung besonders zu bestimmen; aus den Abreden der Parteien oder der Natur des Schuldverhältnisses kann sich aber ein einheitlicher Leistungsort ergeben (Palandt/Heinrichs 53. Aufl. 1994, § 269 BGB Rn. 7 mwNw.). Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort kann auch stillschweigend getroffen werden. Einseitige Erklärungen nach Vertragsschluß, insbesondere Vermerke auf Rechnungen, genügen hierfür nicht, können aber bei ständiger Geschäftsverbindung zwischen Kaufleuten Vertragsinhalt werden (Heinrichs aaO Rn. 8 m. Nw.).

Nach Auffassung des Senats hat die Klägerin – entgegen der Annahme des Landgerichts – die Voraussetzungen, unter denen innerhalb einer laufenden Geschäftsbeziehung die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Vertragspartners auch ohne einen vor jedem Vertragsabschluß erfolgten besonderen Hinweis hierauf Geltung erlangen, nicht schlüssig dargelegt, da sie nicht vorgetragen hat, seit wann und wie oft sie mit der Beklagten vor dem hier abgewickelten Geschäft gleichartige Verträge abgeschlossen hat und ob und in welcher Weise sie dabei jeweils darauf hingewiesen hat, daß für die Durchführung aller ihr erteilten Aufträge die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen gelten sollten bzw. Erfüllungsort und Gerichtsstand für Streitigkeiten aus mit ihr abgeschlossenen Rechtsgeschäften München sein sollte. Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an, weil die Klägerin, wie aus den von ihr vorgelegten, der Beklagten erteilten Rechnungen hervorgeht, in ihren Geschäftspapieren stets zugleich sowohl auf die Geltung der ADSp als auch darauf hingewiesen hat, daß Erfüllungsort und Gerichtsstand München sei. Durch diese formularmäßigen Hinweis auf ihren Geschäftspapieren hat die Klägerin zu erkennen gegeben, daß für alle Rechtstreitigkeiten aus von ihr abgeschlossenen Verträgen der Erfüllungsort und Gerichtsstand ihrer Hauptniederlassung (München) gelten sollte. Daraus ergibt sich, daß nach dem Willen der Klägerin § 65 ADSp, insbesondere dessen Buchstabe b, gerade nicht für diese Verträge gelten sollte, denn die von der Klägerin mit der Angabe des Erfüllungsorts und Gerichtsstandes München angestrebte Regelung ist gegenüber den nur insgesamt in Bezug genommenen, ebenfalls eine Gerichtsstandregelung enthaltenden ADSp die speziellere u. schließt damit die Geltung von § 65 ADSp aus, weil sie nicht erkennen läßt, daß sie zusätzlich zu der dort getroffenen Gerichtsstandsregelung gelten soll (a.A. OLG Saarbrücken TranspR 1984, 75). Unerheblich ist, ob diese von der Klägerin gewollte Gerichtsstandsregelung im Einzelfall wirksam vereinbart worden ist, da nach dem zum Ausdruck gebrachten Willen der Klägerin die Geltung Von § 65 ADSp (Gerichtsstand der Niederlassung, an die der Auftrag gerichtet ist) generell ausgeschlossen ist und nicht etwa im Einzelfall hilfsweise gelten soll.

Ein – bis zum Schluß der Berufungsverhandlung nicht gestellter – Haupt- oder Hilfsantrag der Klägerin auf Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht München wäre unbegründet, weil der Gerichtsstand München zwischen den Parteien ebenfalls nicht wirksam vereinbart worden ist; daher sieht der Senat davon ab, der Klägerin Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag zum Bestehen laufender Geschäftsbeziehungen weiter zu substantiieren. Auch wenn unterstellt wird, daß diese vor dem hier in Rede stehenden Vertragsabschluß bestanden haben und die Klägerin regelmäßig auf den von ihr im Geschäftsverkehr mit der Beklagten verwendeten Geschäftspapieren in der aus den vorgelegten Rechnungen ersichtlichen Weise darauf hingewiesen hat, daß Gerichtsstand und Erfüllungsort München sein sollte, wäre München als Gerichtsstand zwischen den Parteien nicht wirksam vereinbart worden. Für eine solche Gerichtsstandsvereinbarung reicht gegenüber einem ausländischen Kaufmann ein marginal angebrachter, klein gedruckter Hinweis in deutscher Sprache nicht aus, da der Verwender nicht erwarten kann, daß ein ausländischer Vertragspartner formularmäßige Erklärungen an versteckter Stelle in schlecht lesbarer Schrift und in fremder Sprache zur Kenntnis nimmt und inhaltlich versteht; das gilt zumindest dann, wenn die geschäftliche Korrespondenz, wie hier, nicht in deutscher Sprache geführt wird (vgl. OLG Bremen RIW 1978, 747, 749).

Schließlich ist für das Vertragsverhältnis der Parteien ein Gerichtsstand in Bremerhaven auch nicht gemäß §§ 269 Abs. 1, 29 Abs. 1 ZPO deshalb begründet, weil die Klägerin die vertragscharakteristische Leistung in Bremerhaven erbracht hat und sich aus der Natur des Vertragsverhältnisses ein einheitlicher Erfüllungsort auch für die von der Beklagten nach dem Vertrag zu erbringenden Leistungen ergäbe. Hiergegen spricht bei internationalen Verträgen schon der Umstand, daß nicht generell angenommen werden kann, ein Vertragspartner müsse einen daraus entstehenden Rechtsstreit nur deshalb im Ausland führen, weil der andere Vertragsteil die für den Vertrag charakteristische Leistung zu erbringen hatte. Zwar mag gleichwohl im Einzelfall auch bei internationalen Verträgen ein einheitlicher Erfüllungsort am Sitz des für die vertragscharakteristische Leistung zuständigen Gerichts wegen dessen besonderer Sachnähe angenommen werden können, wie sie sich insbesondere aus einer besseren Beurteilungsmöglichkeit hinsichtlich des entscheidungserheblichen Sachverhalts ergeben kann. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Wie sich aus den von der Kläger in vorgelegten Unterlagen über die Verzollung der von der Beklagten importierten Partie ergibt (vgl. Anlagen K 2, K 2 a, K 6), hat die Klägerin für die Beklagte die Abwicklung der Verzollung einer Einfuhr aus einem nicht der EG angehörenden Drittland durchgeführt. Derartige Verzollungen wurden zum Zeitpunkt der Auftragsausführung am 31.12.1991 in den EG-Ländern einheitlich nach der Ratsverordnung Nr. 717/91 vom 21.03.1991 (Einheitspapier VO) vorgenommen; materiell hatte die Verzollung nach dem in Artikel 9 EWGV vorgesehenen, mit der Ratsverordnung Nr. 2658/87 vom 23.07.1987 (VO KN) eingeführten, für die EG-Mitgliedsstaaten verbindlichen Gemeinsamen Zolltarif zu erfolgen. Für die Verzollung galten daher materiell- und verfahrensrechtlich einheitliche, sowohl in Deutschland als auch in Frankreich gültige Vorschriften. Diese bestimmten maßgeblich auch die praktische Durchführung der Verzollung; die nach wie vor unterschiedliche Organisation der nationalen Zollbehörden ist demgegenüber von untergeordneter Bedeutung. Ein einheitlicher, auch für die Leistungsverpflichtung der Beklagten maßgeblicher Erfüllungsort aufgrund besonderer Sachnähe eines deutschen Gerichts ist danach nicht anzuerkennen.

Da somit nach deutschem materiellen Recht ein Gerichtsstand in Bremen zwischen den Parteien weder wirksam vereinbart noch aufgrund eines wirksam vereinbarten Erfüllungsorts gegeben ist, ist die hier erhobene Klage unzulässig.





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