Die Beklagte, Inhaberin eines Schuheinzelhandelsunternehmens, hat bei der Klägerin, eine Schuhfabrik mit Sitz in Italien, wirksam mit Auftragsurkunde vom 19.09.1992 143 Paar diverse Schuhartikel bestellt. Diese wurden der Beklagten auch am 16.02.1993 ausgeliefert.
Bei Vertragsschluß war bezüglich der Zahlungskonditionen vereinbart worden, daß die Zahlung binnen 10 Tagen ab Rechnungsdatum 3 % Skonto oder binnen 60 Tagen nach Rechnungsdatum netto Rechnungsbetrag zu erfolgen hat.
Die Klägerin hat ihre Lieferung an die Beklagte mit Rechnung vom 05.02.1993 in Höhe des Gesamtpreises von LIT 8.411.000 fakturiert. Die Beklagte zahlte jedoch nicht und wurde daraufhin erstmals von der Klägerin mit Schreiben vom 07.04.1993 abgemahnt. Auf diese Abmahnung erfolgte auch keine Zahlung, so daß die Klägerin erneut eine Abmahnung, diesmal mit Fristsetzung zum 13.05.1993, schickte. Infolge dieser Abmahnung hat die Beklagte der Klägerin einen Scheck, ausgestellt am 29.04.1993, und unter Abzug eines Betrages von LIT 2.886.000 für von der Beklagten als mangelhaft gerügten Schuhe, geschickt. Bei den von der Beklagten gerügten Schuhen handelt es sich um die Schuhe mit der Artikel-Nr. 43008 und 33304. Der von der Beklagten an die Klägerin geschickte Scheck ist dieser jedoch erst am 18.05.1993 zugegangen.
Die Klägerin behauptet, die Schuhe für die die Beklagte Zahlung verweigert, seien weder mangelhaft noch habe die Beklagte wirksam gewandelt. Des weiteren schulde die Beklagte der Klägerin Zinsen für den Zeitraum 60 Tage nach Rechnungsdatum seit dem 06.04.1993, sowie Zinsen für die Restkaufpreisforderung seit 19.05.1993.Weiterhin behauptet sie, ihr stünde ein Aufwendungsersatz für die Einschaltung eines Prozeßbevollmächtigten zu, der die vorgerichtliche Forderungsbeitreibung erledigte.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie LIT 2886.000 nebst 16,5 % Zinsen aus LIT 8.411.000 für die die Zeit vom 06.04.1993 – 19.05.1993 und aus LIT 2.886.000 seit 20.05.1993 sowie 312,‑ DM nebst 16,5 % Zinsen seit 14.05.1993 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, die Schuhe Artikel-Nr. 33304 und 43008 seien mangelhaft und unverkäuflich. Bei Artikel-Nr. 33304 säße das Schmuckelement schief auf dem Vorderteil des Schuhes und bei Artikel- Nr. 43008 sei der hintere Stegriemen innen und außen zu lang, wodurch der Schuh stark beulen würde. Außerdem sei die Sohlenverklebung schlecht und die Naht am Fersenriemen sei zu knapp gesteppt. Weiter behauptet sie, daß ihr Versuch den Artikel-Nr. 43008 in den Verkauf zu nehmen nicht ein Verzicht auf ein Wandlungsrecht sei, sondern nur der Beweis für die Unverkäuflichkeit dieses Schuhes.
Die Klägerin behauptet, die Beklagte könne ihrem Kaufpreisanspruch bezüglich der Artikel-Nr. 43008 nur dann wirksam entgegentreten, wenn sie – die Beklagte – berechtigterweise eine teilweise Vertragsaufhebung gemäß Art. 49 CISG geltend gemacht und erklärt hätte.
Bezüglich des Artikels-Nr. 33304 sei der Klägerin kein wesentlicher Vertragsverstoß im Sinne des Art. 25 CISG anzulasten, so daß auch hier keine Vertragsaufhebung seitens der Beklagten stattgefunden hat, die eine Kürzung der Rechnung rechtfertigen würde.
Entscheidungsgründe
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den von ihr geltend gemachten Restkaufpreis und damit auch nicht auf die geforderten Zinsen und den weitergehenden Schadensersatz.
Unstreitig hat die Beklagte ihre Rügeobliegenheit gemäß Art. 39 I des hier Anwendung findenden CISG (Art. 1 CISG) (CISG ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf), frist- und ordnungsgemäß eingereicht.
Gemäß Art. 49 I a, 25 ff., 35 I, 11 CISG hat die Beklagte sodann wirksam die Aufhebung des Vertrages bezüglich der Schuhe mit der Artikel-Nr. 43008 und 33304 erklärt, denn die Mangelhaftigkeit dieser Ware stellt eine wesentliche Vertragsverletzung im Sinne dieser Vorschriften dar.
Die von der Beklagten vorgerichtlich und mit Schriftsatz vom 22.02.1993 detailliert geschilderten Mängel der gelieferten Schuhe hat die Klägerin nicht substantiiert bestritten. Die schlichte Erklärung, die Ware sei nicht mangelhaft gewesen, reicht für ein rechtserhebliches substantiiertes Bestreiten hier nicht aus. Zwar ist die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig für das Vorhandensein der gerügten Mängel, dies entbindet jedoch die Klägerin nicht davon, auf die detailliiert vorgetragenen einzelnen Mängel einzugehen. Gerade die exakte Schilderung der diversen Mängel der jeweiligen Warenexemplare führt nämlich zu der Verpflichtung der Gegenpartei, hierzu angemessen Stellung zu nehmen. Eine Beweiserhebung erübrigt sich daher.
Die vorgerichtliche Erklärung der Beklagten, die Schuhe Artikel-Nr. 43008 nunmehr in den Verkauf zu nehmen, ändert hieran nichts, denn eine Anerkennung der Ware als vertragsgemäß ist hierin nicht zu sehen. Das Angebot der Rückgabe der streitgegenständlichen Schuhe Artikel-Nr. 43008 und 33304 mit Schreiben der Beklagten vom 08.03.1993 stellt eine wirksame Aufhebungserklärung des Vertrages gemäß Art. 26 CISG dar. Dieses Rechts zur Aufhebungserklärung wäre die Beklagte nur verlustig gegangen, wenn sie zu diesem Zeitpunkt und vor Entdeckung der Vertragswidrigkeit bereits Schuhe der Art.-Nr. 43008 verkauft hätte (Art. 82 I, II c CISG). Der von der Beklagten später mit Schreiben vom 26.04.1993 angekündigte Verkaufsversuch bzgl. der in Rede stehenden Schuhe kann nur als Versuch gewertet werden, die negativen Folgen für beide Seiten zu mildern, zumal die Beklagte gemäß Art. 84 II CISG eventuelle Erlöse an die Klägerin hätte herausgeben müssen. Die Beklagte ist nach eigenem Bekunden zur Rückgabe der streitigen Schuhe nach wie vor in der Lage und bereit. Über Art und Weise und Kosten der Rückgabe mögen die Parteien sich einigen.
Ein Zinsanspruch der Klägerin hinsichtlich des Kaufpreises für die Schuhe Art-Nr. 43008 und 33304 besteht schon nach dem oben Gesagten nicht.
Auch der Zinsanspruch auf die gesamte restliche Kaufpreisforderung seit dem 19.05.1993 steht der Klägerin nicht zu, denn gemäß Art. 79 I CISG braucht die Beklagte für die verspätete Zahlung nicht einzustehen, da von ihr vernünftigerweise nicht erwartet werden konnte, für fehlerbehaftete Ware, die die Klägerin nicht zurücknehmen wollte, sofort zu zahlen, ohne eine Einigung hierüber getroffen zu haben bzw. die Verkäuflichkeit der Ware trotz bestimmter, dem Bekunden der Beklagten nach vorhandener Mängel getestet zu haben. Diesen Grund für die verspätete Zahlung hat die Beklagte der Klägerin auch mitgeteilt (Art. 79 IV CISG).
Der auf Art. 74 CISG gestützte Schadensersatzanspruch auf Ersatz der Kosten für die vorgerichtliche Inanspruchnahme des Prozeßbevollmächtigten zur Durchsetzung der Forderung steht der Klägerin mangels vorliegender Vertragsverletzung durch die Beklagte ebenfalls nicht zu.