Die Beklagte kaufte von der italienischen Herstellerin Manifattura B „M“ in D (Brescia/ Italien) große Mengen an Socken. Die Bestellungen erfolgten über einen Vertreter der Herstellerin, mit dem sich die Beklagte über einen Dolmetscher verständigte. Die Herstellerin erteilte unter dem 30.08.1991, 04.09.1991, 09.09.1991 und 30.09.1991 ihre Rechnungen in italienischer Sprache.
Am 02.09.1991, 05.09.1991, 10.09.1991 und 09.10.1991 trat die Herstellerin ihre Kaufpreisforderungen an die Bank mit dem Namen der Klägerin und dem Ortszusatz „Gussago-Mandolossa“ ab. Mit Schreiben unter dem gleichen Datum teilte die so bezeichnete Bank der Beklagten die Abtretungen mit. Dazu bediente sie sich formularmäßig erstellter Texte, die in englischer und in französischer Sprache verfaßt waren. Sie gingen der Beklagten durch Einschreiben mit Rückschein am 11.09.1991, 17.09.1991, 20.09.1991 und 18.10.1991 zu.
Jeweils nach Erhalt der Abtretungsanzeigen bezahlte die Beklagte die Rechnungen vor ihren Fälligkeitsterminen mit Schecks. Dabei leistete sie an die Herstellerin. über deren Vermögen wurde am 11.03.1992 das Konkursverfahren eröffnet. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Bezahlung der Kaufpreisforderungen. Sie ist der Auffassung, sie sei Inhaberin der Förderungen infolge der Abtretungen geworden.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 69.264,- DM und 16.520.000 italienische Lira nebst 14 % Zinsen aus 24.265,20 DM seit dem 01.12.1991, 14 % aus 13.200,- DM seit dem 05.12.1991, 14 % aus 31.798,80 DM seit dem 10.12.1991 und 14 % aus 16.520.000 italienische Lira seit dem 10.01.1992 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bestreitet die Berechtigung der Klägerin, Forderungen der Zweigstelle Gussago-Mandolossa einzuklagen.
Darüber hinaus hält sie die Abtretung für unwirksam, weil die Zustellung an den Schuldner nicht durch einen Gerichtsvollzieher erfolgt sei. Schließlich meint sie, mit befreiender Wirkung an die Herstellerin gezahlt zu haben, weil die Abtretungsanzeigen für sie unbeachtlich gewesen seien, da sie in einem nicht leicht verständlichen fremdsprachigen Text abgefasst gewesen seien.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und ihrer Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bezahlung der ihr abgetretenen Kaufpreisforderungen gegen die Beklagte. Die Forderungen sind durch die schuldbefreienden Zahlungen der Beklagten an die Herstellerin erloschen. Denn die Abtretungsanzeigen der Klägerin waren unwirksam.
Die Klägerin hat durch das überreichen der vollständigen Abtretungsvereinbarungen zwischen der Bank ihres Namens und der Herstellerin den Abschluß eines Abtretungsvertrages In allen Einzelheiten dargelegt. Demgegenüber ist das pauschale Bestreiten durch die Beklagte unsubstantiiert.
Es ist unerheblich., dass die Abtretungsvereinbarungen mit der Zweigstelle in Gussago-Mandolossa zustande kamen. Abtretungsempfängerin war die Bank mit dem Namen der Klägerin, die eine Aktiengesellschaft ist. Für eine rechtliche Selbständigkeit der Zweigstelle ist nichts ersichtlich. Nach dem überreichten Auszug aus der Satzung ist jede Filiale und damit auch die, die als Klägerin dieses Verfahrens auftritt, berechtigt, zivilrechtliche Ansprüche der Bank durchzusetzen.
Die Abtretungen sind aber nicht gegenüber der Beklagten wirksam geworden, weil sie ihr nicht in der richtigen Sprache angezeigt wurden. Welche Sprache zu verwenden war, läßt sich 69– soweit ersichtlich – aus keinem Gesetz entnehmen. Art. 33 EGBGB verweist in seinem Abs. 2 für das Verhältnis zwischen dem neuen Gläubiger – der Klägerin – und dem Schuldner – der Beklagten – und für die Voraussetzungen, unter denen die Übertragung der Forderung dem Schuldner – der Beklagten – entgegengehalten werden kann, sowie für die befreiende Wirkung einer Leistung durch den Schuldner– die Beklagte – auf das Recht, dem die übertragene Forderung unterliegt. Die übertragenen Forderungen sind Kaufpreisforderungen. Sie unterliegen im internationalen Warenkauf zwischen Deutschland und Italien dem UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf. Das Übereinkommen enthält keine Regelung über die Abtretung und auch keine Regelung über die Sprache, die für Erklärungen rechtsgeschäftlicher Art zu verwenden ist. Da das übereinkommen die Abtretung nicht regelt, kann das deutsche oder das italienische Zivilrecht ergänzend heranzuziehen sein. Weder das deutsche BGB noch das deutsche HGB noch. das italienische Zivilgesetzbuch geben eine Bestimmung über die anzuwendende Sprache.
In der Rechtsprechung ist – soweit ersichtlich – über diese Frage noch nicht entschieden worden. Allerdings liegt eine Entscheidung vor zu der Frage, in welcher Sprache allgemeine Geschäftsbedingungen, durch die eine Gerichtsstandsvereinbarung herbeigeführt werden soll, im internationalen Rechtsverkehr abgefaßt sein müssen (OLG Düsseldorf DB 1973, 2390, 2391). In diesem Urteil wird maßgebend auf den Gesichtspunkt der Verhandlungssprache abgestellt. Im vorliegenden Fall ist die Verhandlungssprache italienisch. Einer anderen Sprache bedienten sich die Beklagte und ihr Lieferant, die italienische Herstellerin, nicht. Mit der Klägerin kam es nicht zu Verhandlungen auf Seiten der Beklagten. Die Abtretungsanzeigen aber sind nicht in italienischer Sprache verfaßt.
In einer anderen Entscheidung über die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird wiederum der Gesichtspunkt der Verhandlungssprache erwähnt und auch das (schutzwürdige) Interesse des Ausländers genannt, wonach ein Hinweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen für ihn verständlich sein müsse (OLG Hamm NJW 1983, 523, 524). Für die Klägerin, die ihre Abtretung durchsetzen wollte, war die Beklagte Ausländerin. Danach hätte die Klägerin sich für die Abtretungsanzeigen der deutschen Sprache bedienen müssen.
Ein Grundsatz, daß jeder, der sich am internationalen Warenkauf beteiligt, Erklärungen gegen sich gelten lassen muß, die in einer der Welthandelssprachen Englisch oder Französisch abgefaßt sind, wird – soweit ersichtlich – weder in der Rechtsprechung noch im. Schrifttum vertreten. Die Klägerin, die sich auf einen solchen Grundsatz beruft, führt keine Belege an.
Im deutschen Schrifttum wird allerdings die Auffassung vertreten, daß man von einem Kaufmann, der die fremde Sprache nicht versteht, verlangen dürfe, daß er sich mit Hilfe sprachkundiger Dritter Kenntnis vom Inhalt der Erklärung verschaffe, wenn die Sprache nicht außergewöhnlich sei, z. B. eine gängige Handelssprache sei (Dölle, Einheitskaufrecht, Rn. 43 zu Art. 15). Dieser Auffassung wird aber keine Begründung beigegeben.
Die Kommentarstelle, die die Klägerin zu Art. 1335 des Italienischen Zivilgesetzbuchs mitteilt, läßt nicht ersehen, daß das italienische Recht eine Fremdsprache für rechtsgeschäftliche Erklärungen zulasse, weil der Empfänger verpflichtet sei, sie zu übersetzen. Die Kommentatoren verlangen, daß der Empfänger bei der konkreten Würdigung der Erklärung die im Verkehr übliche Sorgfalt walten lassen müsse. Dazu gehört aber nicht das Einholen einer Übersetzung. Die Kommentatoren fahren nämlich fort, daß das Walten lassen der im Verkehr üblichen Sorgfalt nicht die direkte Mitarbeit des Empfängers beinhalte. Gefordert wird nur die Fähigkeit, die Erklärung wahrzunehmen und das Wahrgenommene zu erfassen.
Daran fehlt es aber, weil die Beklagte weder der englischen noch der französischen Sprache mächtig ist. Da dies unstreitig ist, braucht die Beklagte es auch nicht zu belegen.
Aus der Kommentarstelle ist nicht zu ersehen, daß Sprachunkenntnis ein Verschulden darstellen könne.
Nach allem ist nur ein Zurückgreifen auf allgemeine Erwägungen möglich. Danach ist vor allem zu berücksichtigen, daß sich die Klägerin mit dem Verlangen, daß die Beklagte nunmehr an sie zahle, sich in ein bestehendes Vertragsverhältnis, das zwischen der Beklagten und ihrer Herstellerin bestand, gleichsam hineindrängte. Deshalb mußte sie sich der Sprache bedienen, derer sich die Beklagte im Verkehr mit ihrer Herstellerin bedient hatte. Das war Italienisch. Ferner ist zu bedenken, daß sich die Klägerin mit ihrem Zahlungsverlangen an eine Person wandte, die aus der Sicht der Klägerin im Ausland wohnte. Aus der Sicht der Beklagten war die Klägerin 154 – für diese erkennbar – eine unbekannte Person. Danach war es geboten, daß sich die Klägerin in deutscher Sprache an die Beklagte hätte wenden müssen. Es entspricht auch der Billigkeit, daß derjenige, der von einem anderen eine Leistung verlangt, sich dem anderen gegenüber verständlich macht.
Dagegen erscheint es als unbillig, jemandem, auch wenn er Kaufmann ist, zuzumuten, ein unerwartet zugesandtes Schriftstück, das in einer fremden Sprache abgefasst ist, auf seine Kosten übersetzen zu lassen.
Welche Erwägung als maßgebend für die Entscheidung des Rechtsstreits anzusehen ist, kann offen bleiben. Denn die Abtretungsanzeigen der Klägerin sind weder in der italienischen noch in der deutschen Sprache verfaßt worden.