Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft des französischen Rechts mit Sitz in Paris, verlangt von dem Beklagten, der in Gerlingen eine Einzelhandelsfirma (Verkauf von Damen- und Herrenoberbekleidung) betreibt, die Bezahlung einer Warenlieferung.
Am 21.03.1989 bestellte der Beklagte bei der Klägerin Damenoberbekleidung zum Preis von 13.248,- französische Francs. Auf der Bestellung war vermerkt: „Livraison: 1-15/07/89 FIXE.O.N.“
Nach den auf der Bestellung abgedruckten Lieferbedingungen ist eine Reklamation nur beachtlich, wenn sie innerhalb von 8 Tagen erfolgt (Blatt 33 der Akten).
Die Klägerin übergab die Ware am 17.07.1989 dem Spediteur. Am 19.07.1989 erreichte sie das Geschäft des Beklagten in Düsseldorf.
Mit Schreiben vom 20.10.1989 informierte der Beklagte den Kläger darüber, daß er von der Lieferung noch nichts verkauft habe, da vor allem die Oberweite sehr eng ausfalle. Die Ware würde nur mit einem Preisnachlaß von 30 % übernommen, man könne nachweisen, daß sie zu spät geliefert wurde.
Die Klägerin nimmt seit dem 01.10.1989 ständig Bankkredit in Anspruch, der die Klagesumme übersteigt, und zahlt dafür ständig wenigstens 9 % Zinsen.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 13.248,- (französische Francs) nebst 9 % Zinsen hieraus seit dem 01.10.1989 zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er behauptet, man habe die Lieferung mit dem Repräsentanten der Klägerin auf den Zeitraum vom 01. bis 15.07.1989 als „fix“ verabredet, damit die Ware bei der Firma des Beklagten in Düsseldorf am Montag, dem 17. Juli zur Verfügung stehe und für die neue Fensterdekoration der laufenden Woche eingesetzt werden könne.
Die hochmodische und teure Ware habe zu Beginn der Sommersaison angeboten und ausgestellt werden müssen, da sie sonst „erledigt“ sei. Auf die Konsequenzen einer verspäteten Auslieferung sei bei den Verhandlungen ausdrücklich aufmerksam gemacht worden. Am 29.08.1989 habe er der Klägerin mitgeteilt, daß die Ware erst am 17.07.1989 der Spedition übergeben worden sei, obwohl als Auslieferungstermin der 15.07.1989 vereinbart worden sei. Die Klägerin möge mitteilen, ob die Ware auf Kommissionsbasis in Deutschland bleiben oder zurückgeschickt werden solle.
Die Klägerin bestreitet, daß es für einen Modebetrieb in einer deutschen Großstadt im Juli/August eine besondere Verkaufssaison gibt. Ein absolutes Fixgeschäft liege nicht vor. Die mit wenigen Tagen Verspätung eingetroffene Ware sei für den Beklagten nicht unbrauchbar. Der Beklagte habe die Ware auch in der Verkauf genommen.
Ein Schreiben des Beklagten vom 23.08.1989 habe sie (die Klägerin) nicht erhalten.
Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die Schriftsätze und ihre Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Der Hauptanspruch ergibt sich aus Art. 53, 59 des Wiener UN-Übereinkommens über Verträge über den internationalen Warenverkauf vom 11.04.1980 (CISG).
Der Zinsanspruch ist der Höhe nach nicht bestritten und folgt aus Art. 61 Abs. I lit. b iVm Art. 74 CISG.
Die CISG findet auf das vorliegende Vertragsverhältnis Anwendung.
Da der Vertrag die engsten Beziehungen zu dem Staat aufweist, in dem die Verkäuferin ihren Sitz hat, ist gemäß Art. 28 Abs. I, Abs. II Satz 1 EGBGB französisches Recht auf ihn anzuwenden. Eine Rückverweisung auf deutsches Recht gibt es nicht. Sie wäre auch unbeachtlich (vgl. Art. 35 Abs. I EGBGB).
Nach französischem Recht ist für internationale Kaufverträge seit dem 01. Januar 1988 das UN-Übereinkommen (CISG) anzuwenden, wenn Verträge nach internationalem Privatrecht dem französischen Recht unterliegen (Art. 1 lit. b CISG). Frankreich war der CISG bereits 1982 beigetreten und hat von der Möglichkeit eines Vorbehalts hinsichtlich der Anwendung des Art. 1 Abs. I lit. b zu erklären, keinen Gebraucht gemacht (Herber in RIW 1987, 340; Hutter, die Haftung des Verkäufers für Nichtlieferung bzw. Lieferung vertragswidriger Ware nach dem Wiener UNCITRAL-Übereinkommen, Regensburg 1988 Seite 5,6; Holthausen in RIW 90, 101 und 89, 513 ff.).
Der Beklagte ist nicht wirksam vom Vertrag zurückgetreten.
Die CISG regelt auch das Recht der Leistungsstörungen, insbesondere die Rechtsfolgen verspäteter Lieferung. Das gilt ebenso für Verträge, die nach deutschem Recht als Fixgeschäft im Sinn von 376 HGB zu bewerten wären.
Die Nichteinhaltung eines fest zugesagten bestimmten Liefertermins kann eine wesentliche Vertragsverletzung im Sinn von Art. 25 CISG sein (vgl. von Krämer-Schlechtriem CISG Kommentar, Art. 25 Rn. 18; Art. 49 Rn. 23, 24; Holthausen in RIW 1990, 101, 105, 106).
Bei einer wesentlichen Vertragsverletzung kann der Käufer die Aufhebung des Vertrages erklären (Art. 49 Abs. I lit. a).
Gemäß Art. 49 Abs. II lit. a CISG verliert der Käufer aber sein Recht, die Aufhebung des Vertrages zu erklären, wenn er im Falle der verspäteten Lieferung die Aufhebung nicht innerhalb einer angemessenen Frist erklärt, nachdem er erfahren hat, daß die Lieferung erfolgt ist. Diese Regelung gilt auch für sogenannte Fixgeschäfte (Krämer-Schlechtriem aaO Art. 49 Rn. 40 ff.)
Ihre Anwendung auf den vorliegenden Fall steht Art. 32 Abs. II EGBGB nicht entgegen.
Auch nach deutschem Recht hat der Käufer (zumindest aus Treu und Glauben) die Pflicht, seine Rechte alsbald geltend zu machen. Mit dem Wesen des Fixgeschäfts verträgt sich nur die Erklärung alsbaldigen Rücktritts nach Ablauf der festbestimmten Zeit (so Reichsgericht in Das Recht Band 34 Seite 365; 366).
Durch die Überschreitung des festzugesagten Liefertermins um 2 Tage (entscheidend war die Übergabe an den Spediteur) hat die Klägerin keine wesentliche Vertragsverletzung im Sinne von Art. 25 CISG begangen. Die Ware wurde durch die Verspätung nicht weniger Wert; dadurch, daß sie erst 2 Tage später den Kunden des Geschäfts angeboten werden konnte, wurden die Belange des Beklagten nur unwesentlich beeinträchtigt.
Der Vortrag des Beklagten, die Ware sei wegen der Verspätung „erledigt“ gewesen, ist unsubstantiiert, nicht durch Tatsachen belegt und deswegen unbeachtlich.
Unabhängig davon hätte der Beklagte sein Recht, den Vertrag aufzuheben, verloren.
Er hat die Ware angenommen und die Vertragsaufhebung nicht innerhalb angemessener Frist erklärt. Nach seinem eigenen Vortrag hat er erst am 29.08.1989 – also 6 Wochen nach Lieferung – die Verspätung reklamiert und eine Vertragsaufhebung (konkludent) erklärt.
In Anbetracht der im Vertrag vereinbarten Frist für die Reklamation (8 Tage) und der Tatsache, daß es sich um modische Sommerkleidung handelte, bei der nach Angaben des Beklagten schon eine Überschreitung der Lieferfrist um nur 2 Tage die Verkaufschancen erheblich schmälerte, hat der Beklagte die angemessene Frist des Art. 49 Abs. II lit. a CISG deutlich überschritten. Das lange Zuwarten mußte die Chancen des Verkäufers, die Ware anderweitig abzusetzen, erheblich schmählen.