Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Bezahlung der Rechnung vom 08.11.1988 über 13.062,01 DM über die Lieferung von 1.800 grillfertigen Hähnchen (AS. 11) in Anspruch. Die Beklagte macht geltend, die Ware nicht erhalten zu haben.
Auf dem Lieferschein vom 04.11.1988 (AS. 61) sind zwei Stempelabdrucke der Beklagten. Der eine lautet: „Ware unter Vorbehalt, insbesondere dem der Vollzähligkeit, Unversehrtheit und des Gewichts angenommen“; es folgen Firma und Anschrift der Beklagten; handschriftlich ist „08.11.1988“ eingetragen; eine Unterschrift fehlt. Der andere, ebenfalls nicht unterschriebene enthält Firma und Anschrift der Beklagten und sodann „Paletten und Stützmaterial im Tausch zurück“.
Die Klägerin behauptet, die Ware sei bei der Beklagten abgeladen worden. Sie beruft sich auf die Grundsätze des Versendungskaufs.
Sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 13.062,01 DM und 9 % Zinsen hieraus ab 01.05.1989 zu bezahlen.
Die Beklagte bittet um Klagabweisung.
Sie behauptet, die Ware nicht erhalten zu haben. Lieferanten, so erläutert sie den Vorbehaltsstempel, hätten sich auf ihrem Betriebsgelände zunächst mit dem Lieferschein ins Lagerbüro zu begeben, wo der Stempelabdruck angebracht werde. Unterschrieben werde er vom Lagermeister erst, wenn der Lieferant mit dem Ausladen an die Reihe gekommen sei. Weil die Unterschrift fehle, sei die Ware auch nicht abgeladen worden.
Die Einzelheiten des Vortrags der Parteien ergeben sich aus den Schriftsätzen und den Sitzungsniederschriften.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist bis auf einen Teil des Zinsanspruchs gerechtfertigt.
Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin den Kaufpreis für die 1.800 Hähnchen in Höhe von 13.062,01 DM zu bezahlen. Das folgt aus Art. 53 des Wiener UN-Übereinkommens über Verträge über den Internationalen Warenkauf vom 11.04.1988 (BGBl 1989 II 588 – im folgenden: UN-Üb). Das UN-Üb ist maßgeblich, weil es für Frankreich ab 01.01.1988 in Kraft getreten ist und gemäß Art. 28 Abs. 2 EGBGB französisches Recht zur Anwendung kommt. Nach Art. 1 Abs. 1 b UN-Üb ist dieses Übereinkommen auf Kaufverträge über Waren zwischen Parteien anzuwenden, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, wenn die Regeln des Internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaats führen.
Die Beklagte kann dem Zahlungsanspruch nicht entgegensetzen, sie habe die Ware nicht erhalten.
Die Klägerin war nur zur Übergabe an den ersten Beförderer zwecks Übermittlung an die Beklagte verpflichtet (Art. 31 a UN-Üb). Das hat sie unstreitig getan. Tatsächlich ist die Ware auch, wenn auch nach der Behauptung der Beklagten nur vorübergehend, bis auf das Betriebsgelände der Beklagten gelangt, wie der Abdruck des Vorbehaltsstempels beweist. Ob die obengenannte Regel auch bei Beförderung durch Fahrzeuge des Verkäufers gilt, kann offenbleiben: Die Klägerin hat unstreitig (§ 138 Abs. 3 ZPO) eine Spedition beauftragt (Seite 2 des Schriftsatzes vom 15.08.1991 – AS. 59).
Mit der Übergabe ging die Gefahr auf die Beklagte über (Art. 67 Abs. 1 UN-Üb). Der Untergang der Ware, wozu auch der Verlust zählt, befreit die Beklagte nicht von der Zahlungspflicht (Art. 66 UN-Üb).
Dieses alles gälte freilich nicht, wenn die Klägerin die Hähnchen an einem bestimmten Ort, zum Beispiel der Niederlassung der Beklagten, zu übergeben gehabt hätte (Art. 31, 67 Abs. 1 UN-Üb). Dann läge dort der Erfüllungsort; die Ware wäre vom Verkäufer auf seine Kosten und seine Gefahr dahin zu bringen. So aber liegt der Fall hier nicht. Die Parteien haben keine Vereinbarung über den Erfüllungsort vorgetragen. Sie liegt auch nicht in der Abrede der Lieferung „frei Haus“ (Rechnung vom 08.11.1988 – AS. 11). Denn dies betrifft in der Regel allein die Pflicht zur Tragung der Beförderungskosten. Damit verbleibt es bei der dem Art. 31 UN-Üb zugrundeliegenden Regel, daß Erfüllungsort für die Pflicht zur Lieferung der Ware der Sitz des Verkäufers ist.
Der Zinsanspruch folgt aus Art. 78 UN-Üb. Höhere Zinsen als 5 % sind nicht bewiesen; die Klägerin hat trotz Bestreitens der Beklagten keinen Beweis angetreten.