Die Klägerin stellt u. a. geschliffene Edelstahlbleche für die Weiterverarbeitung her. Die Beklagte vertreibt Oberflächenschutzfolien zum vorübergehenden Oberflächenschutz auch geschliffener Edelstahlbleche; die Folien haben selbstklebend zu sein und müssen sich so wieder ablösen lassen, daß sie beim Ablösen den gesamten Kleber mitnehmen.
Die Klägerin kaufte bei der Beklagten 7.000 qm einer näher beschriebenen Oberflächenschutzfolie. Die Folie wurde spätestens am 31. März 1995 der Klägerin ausgeliefert. Mit Telefax vom 21. April 1995 schrieb die Klägerin an die Beklagte:
„…Wie bereits telefonisch besprochen haben wir eine große Reklamation von einem Kunden bezüglich Ihrer Folie bekommen. Der Kunde reklamiert bei uns, daß nach Abziehen der Folie der gesamte Kleberückstand (wie ein Klebefilm) auf der geschliffenen Oberfläche haften bleibt. Der Kunde wünscht nun einen Besuchstermin unsererseits zwecks Abklärung der Reinigungsmethoden bzw. des Kostenaufwandes. ...“
Die Klägerin behauptet, sie habe ihrem Abnehmer Fa. … für die Reinigung von 586 Edelstahltafeln von Klebstoffrückständen ATS 492.240,- erstattet. Darüber, in welcher Höhe sich die Klägerin deswegen an der Beklagten schadlos halten könne, wurde längerer Schriftwechsel geführt, der mit Telefaxschreiben der Beklagten vom 9. Februar 1996 und solchem der Klägerin vom 12. Februar 1996 (AS 113 – 117) endet.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ATS 492.240,- nebst 12 % Zinsen hieraus seit dem 2. Dezember 1995 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich auf Verletzung der Rügeobliegenheit der Klägerin nach § 377 HGB und für die Geltung deutschen Rechts auf ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ansprüche ihrer Abnehmer seien nach diesen allgemeinen Geschäftsbedingungen im übrigen auf den Fall von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit und auf unmittelbare Sachschäden beschränkt. Die Forderung sei verjährt. An Reinigungskosten könnten allenfalls 20 Minuten pro Tafel bei einem Stundensatz für eine Hilfskraft von ATS 180 angesetzt werden.
Die Einzelheiten des Vortrages der Parteien sind ihren Schriftsätzen und Schriftsatzanlagen zu entnehmen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Zunächst sind der Klägerin ATS 35.160 zuzusprechen. Wegen des weiteren Klagbegehrens ist noch Beweisaufnahme erforderlich.
1. Der Klaganspruch ist dem Grunde nach gerechtfertigt gemäß Art. 45 Abs. 1, Buchst. b iVm Art. 35 und 74 CISG.
2. UN-Kaufrecht findet Anwendung gem. Art. 1 CISG. Die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Österreich sind Vertragsstaaten. Die Beklagte hat darüber hinaus in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen deutsches Recht berufen. Deutsches Recht ist für Kaufverträge über Waren zwischen Parteien, die ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf haben, das CISG.
3. Die von der Beklagten der Klägerin gelieferten Folien waren nicht vertragsgemäß. Ihre Qualität entsprach nicht den Anforderungen des Vertrages, da nach Ablösen der Folie Klebemittelrückstände auf den durch die Folie geschützten Metallteilen zurückblieben.
4. Die Beklagte schuldet der Klägerin Ersatz des Verlustes, der der Klägerin durch die Vertragsverletzung der Beklagten entstanden ist (Art. 74 CISG). Zum Schadensersatz iS des Art. 74 CISG gehören auch Folgeschäden, die dadurch zustandekommen, daß die Vertragsverletzung den Gläubiger Dritten gegenüber haftbar macht (vgl. v. Caemmerer Schlechtriem, Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht CISG 2. Aufl. Art. 74 Rn. 20 und Rn. 42). Daß die Klägerin ihrem Abnehmer dem Grunde nach für die bei dem Abnehmer der Klägerin angefallenen Reinigungskosten haftet, ist unstreitig; streitig ist die Höhe.
5. Die Klägerin hat die Vertragswidrigkeit der Folien der Beklagten innerhalb einer angemessenen Frist nach Lieferung angezeigt und dabei die Art der Vertragswidrigkeit bezeichnet. Die bis zur Rüge der Klägerin verstrichene Zeit beträgt 21 Tage. Diese ist angemessen. Wie lange die von dem Käufer nach Art. 39 CISG zu beobachtende Frist zu bemessen ist, läßt sich nicht allgemein sagen. Sie läuft ab dem Zeitpunkt der Untersuchung der Ware oder, wenn die Ware nicht untersucht wurde, ab dem Zeitpunkt, zu dem sie hätte untersucht sein können. Diese – wie auch immer – zu bestimmende Untersuchungsfrist ist im vorliegenden Fall von dem Zeitraum von 21 Tagen zunächst abzuziehen. Art. 39 CISG legt sich deshalb nicht auf eine bestimmte Frist fest, weil diese einer Vielzahl nationaler Rechte, auch dem deutschen Recht, fremd ist; nur Italien kennt eine zeitlich genau bestimmte Rügefrist von 8 Tagen (vgl. v. Caammerer Schlechtriem, Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht CISG 2. Aufl. Art, 39 Rn. 4).Darüber hinaus gibt es käuferfreundliche und strengere Rechtsordnungen (aaO), so daß angenommen werden kann, daß die … „angemessene“ Frist das Ergebnis eines Kompromisses gewesen ist; immerhin aber ist die angemessene Frist käuferfreundlicher als die kurze Frist des früheren Art. 39 des einheitlichen Kaufgesetzes. Vor diesem Hintergrund ist eine knappe Bemessung der Frist, wie sie in der Rechtsprechung der deutschen Gerichte tendenziell festzustellen ist, nicht angängig. Die Kammer hält deshalb mit Schwenzer (aaO Rn. 17) einen groben Mittelwert von einem Monat für richtig. Dieser ist nach Maßgabe des Einzelfalles auch zu unterschreiten.
Durch einen Zeitablauf von 21 Tagen ist die Beklagte nicht behindert worden, Maßnahmen zur Überprüfung des Mangels und zur Wahrung ihrer Rechte zu treffen. Sie hat nach der Mängelrüge der Klägerin in der Zeit bis zum 3. Mai 1995 die Gelegenheit genommen, den Abnehmer der Klägerin aufzusuchen und sich von der Richtigkeit des äußeren Befundes eines auf der Edelstahloberfläche haften bleibenden Klebers zu überzeugen (vgl. Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 3. Mai 1995 K 4). Die Folie war zwar zum Verbrauch bestimmt, jedoch in dem Sinne, daß sie auf eine glatte Metalloberfläche nur einmal aufgetragen werden konnte, so daß andererseits der Zustand einer auf eine glatte Metalloberfläche aufgetragenen Folie über längere Zeit konservierbar war. Es war deshalb auch keine besondere Eile geboten, anders etwa als bei verderblichen Gütern oder bei Betriebsstoffen, die durch ihre Verarbeitung untergehen. Eine Frist von 21 Tagen, vermindert um eine – wie auch immer – zu bestimmende Untersuchungsfrist, erscheint der Kammer deshalb angemessen.
6. Der eingeklagte Schadensersatzanspruch ist auch nicht durch die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ausgeschlossen. Ob sie wirksam vereinbart sind, kann dahinstehen. Sie lauten:
„…In allen Fällen ... ist unsere Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit sowie auf unmittelbare Personen- und Sachschäden beschränkt. Dies gilt nicht, wenn und soweit unser Betriebshaftpflichtversicherer die Deckung des Schadens schriftlich bestätigt.“
Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, daß diese Bestimmung schon deshalb unwirksam ist, weil die Beklagte damit auch die Haftung für die Erfüllung von Kardinalpflichten beschränkt.
7. Der Klaganspruch ist auch nicht verjährt. Für die Verjährung gilt gem. § 3 des Vertragsgesetzes zum UN-Kaufrecht die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 477 BGB nach Anzeige des Mangels. Die Verjährungsfrist wäre sonach am 21. Oktober 1995 abgelaufen, wenn sie nicht unterbrochen oder gehemmt wurde. Sie wurde mehrfach durch Anerkenntnis iSd § 208 BGB unterbrochen. Zwar hat die Beklagte noch unter dem 24. Mai 1995 erklärt „eine Übernahme der Reklamation ... abzulehnen“. Bereits unter dem 8. Juni 1995 hat sich die Beklagte jedoch mit dem Umfang der Kosten für die Reinigung der Metalltafeln auseinandergesetzt und am 23. Juni 1995 die Klägerin aufgefordert, durch den Abnehmer der Klägerin eine Baustelle zu benennen, auf der man die wirklich angefallenen Reinigungskosten ermitteln könne. Die weitere Korrespondenz verhält sich nur noch zur Höhe der Reinigungskosten (vgl. Schreiben der Beklagten vom 31. Juli 1995 und des von der Beklagten beauftragten Wiener Rechtsanwalts Dr. … vom 18. Januar 1996 sowie Schreiben der Beklagten vom 9. Februar 1996). Unter dem 9. Februar 1996 wird das bisherige Verhalten der Beklagten als „hinsichtlich der entstandenen Kosten nicht unkooperativ“ bezeichnet, was, unabhängig von dem Inhalt der vorangegangenen Schreiben, nochmals verdeutlicht, daß die Beklagte eine ablehnende Haltung nur noch gegenüber der Höhe der Reinigungskosten hatte. Damit hat die Beklagte zu den zitierten Terminen den Anspruch dem Grunde nach anerkannt.
Zur Unterbrechung der Verjährung nach § 208 BGB reicht aber ein Anerkenntnis oder ein diesem gleichstehendes Verhalten aus, das den Anspruch in seinem Grund zum Gegenstand hat (vgl. etwa BGH Urt. v. 22. Januar 1974 – VI ZR 26/73 – VersR 1974, 571: „... die Forderungen Ihres Mandanten übersteigen weitaus unsere Vorstellungen in dieser Sache. Wir haben Ihnen bereits telefonisch gesagt, zu welcher äußersten Leistung wir bereit sind....“ Urt. v. 12. Juli 1960 – VI ZR 163/69 – VersR 1961, 31; Urt. v. 16. Februar 1984 – III ZR 208/82 – VersR 1984, 441). Wie in dem von dem Bundesgerichtshof im Urteil vom 22. Januar 1974 entschiedenen Fall, hat auch die Beklagte hier sich zu der von ihr für angemessen gehaltenen Reinigungszeit geäußert. Im Schreiben vom 31. Juli 1975 heißt es: „... Nach unserer Auffassung dürften für 586 Bleche ca. 300 Liter Beize aufzuwenden sein; wenn wir von einem Literpreis von DM 25,- ausgehen, dürfte für dieses Reinigungsmaterial ein Betrag von DM 7.500,- angefallen sein. Für das Einsprühen und spätere Abspülen mit Wasser dürfte ein Zeitaufwand von 20 Minuten pro Blech ebenfalls realistisch sein, was einem Zeitraum von insgesamt 200 Stunden entspricht. Berechnet man für diese einen Lohnkostenansatz von DM 40,00/Stunde und für das Wasser zum Absprühen ca. DM 1.000,00, so ist unserer Meinung nach der Kostenanfall mit DM 16.000,- vollauf gedeckt. Für den Ausgleich dieser Kosten möchten wir in Vorschlag bringen, Ihnen im 2. Halbjahr eine Menge von ca. 30.000 qm Schutzfolie zu liefern, jedoch ausgerüstet mit dem Kautschukkleber, der aus früheren Lieferungen von weißer Folie bekannt ist ...“.
8. Im Prozeß hat sich die Beklagte lediglich zu den Aufwendungen für Reinigungskräfte geäußert. Sie hat eine Zeit von 20 Minuten pro Blech angesetzt und für den Stundenlohn einer Hilfskraft 180 ATS. Bei 586 Blechen ergibt sich der Betrag von ATS 35.160. Zur Zahlung dieses Betrages ist die Beklagte zunächst zu verurteilen.
Im übrigen wird die Kammer zur Höhe der Reinigungskosten Beweis erheben.