Die Klägerin macht mit der der Beklagten zu 1) am 28.11.1995 zugestellten Klage Schadensersatzansprüche wegen der Lieferung und mit der am 13.12.1996 erfolgten Klageerweiterung auf die Beklagte zu 2) Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Herstellung eines Rebwachses geltend.
Die Klägerin betreibt in Österreich eine Rebschule, die sich mit der Aufzucht und dem Handel von Schnittreben sowie der Rebveredelung befaßt.
Zum Zwecke der Veredelung benötigt sie ein spezielles Wachs, um das Aus-trocknen der Reben zu verhindern und um die Infektionsgefahr zu mindern. Mit Schreiben vom 31.01.1994 bestellte die Klägerin bei der Beklagten zu 1), die – neben weiteren Geschäftsbereichen – einen Handel mit Rebwachs betreibt, nach vorangegangener Anfrage vom 18.01.1994 und Angebot der Beklagten zu 1) vom 21.01.1994 5.000 kg schwarzes Rebwachs. Die Beklagte zu 1) lieferte ausweislich ihrer Rechnung vom 14.02.1994 (und Transportschein vom 08.03.1994) am 24.02.1994 im Anschluß hieran Rebwachs mit der Spezifikations-Nummer 17638 an die Klägerin. Dieses Wachs hatte die Beklagte zu 1) von einer dritten Händlerin, der..., bezogen, die das Wachs ihrerseits bei der Herstellerin, der Beklagten zu 2) bezogen hatte.
Die Klägerin verwendete das gelieferte Wachs zur Behandlung ihrer eigenen Reben. Daneben veräußerte sie sowohl Wachs als auch Reben, die mit dem Wachs behandelt worden waren an andere Rebschulen weiter, die wiederum ihrerseits eigene Reben mit dem Wachs behandelten und auch Kunden mit Reben belieferten, die durch das Wachs veredelt worden waren.
Mit der Behauptung, das von der Beklagten zu 1) gelieferte Wachs sei zum einen nicht das von ihr bestellte und zum anderen mangelhaft gewesen, begehrt die Klägerin zunächst von der Beklagten zu 1) Schadensersatz, nachdem sie mit Schreiben vom 16.06.1994 die Mangelhaftigkeit reklamiert und der Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 19.09.1995 vergeblich eine Zahlungsfrist bis zum 28.09.1995 gesetzt hatte.
Sie behauptet hierzu, sowohl bei ihr als auch bei ihren Kunden und deren Abnehmern habe das Wachs zu verheerenden Auswirkungen auf die Reben geführt Die Wachstumsschicht sei bei einem Teil der Reben irreversibel abgestorben, bei einem anderen Teil der Reben sei es zwar zum Austreiben des Rebauges gekommen, das aber sofort wieder vertrocknet sei. Soweit einige Reben zwar zunächst ausgetrieben hätten, seien bei diesen nach kurzer Zeit die Blätter verwelkt und der Trieb gänzlich abgestorben.
Unter Vorlage eines Gutachtens des Sachverständigen... vom 27.10.1994 sowie eines Gutachtens des Sachverständigen... vom 28.02.1995 führt die Klägerin aus, daß diese negativen Resultate eindeutig von dem von der Beklagten zu 1) gelieferten Wachs herrührten. Vor allem seien chemische Unterschiede zu den von der Beklagten zu 1) bereits vor dem Jahr 1994 gelieferten Produkten ersichtlich. Hierzu verweist die Klägerin auf ein Gutachten des... vom 14.11.1994.
Die Beklagte zu 1) habe ein anderes als das bestellte Rebwachs und damit ein Aliud geliefert. Die Bestellung vom 31.01.1994 sei im Licht der Bestellung der vorangegangenen Jahre zu sehen. Hierzu blieb unstrittig, daß zwischen den Parteien bereits seit längerer Zeit Geschäftsbeziehungen bestanden und die Klägerin bereits mit Schreiben vom 07.01.1993 eine Lieferung von „ca. 5.000 bis 6.000 kg Veredelungswachs schwarz wie Vorjahr“ anfragte. In dem vorangegangenen Jahr 1992 hat die Beklagte zu 1) ausweislich ihres Verkaufsprogrammes schwarzes Rebwachs mit der Spezifika-tionsnummer 17632 angeboten. Nachdem nunmehr schwarzes Rebwachs mit der Spezifikationsnummer 17638 geliefert worden war, führe bereits diese – nach Ansicht der Klägerin – Aliud-Lieferung zu einer wesentlichen Vertragsverletzung. Wegen der anderen Spezifikationsnummer sei der Beklagten zu 1) bekannt gewesen, daß es sich um ein unterschiedliches Produkt handele. Dies ergebe sich auch daraus, daß der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) im Sommer 1994 mitgeteilt habe, er habe einen Hinweis auf die Veränderung des Produktes nicht für erforderlich gehalten, da es sich um ein verbessertes Produkt handele.
Die Beklagte zu 1) hafte deshalb gemäß Artikel 45 CISG. Eine Entlastung komme nicht in Betracht, zumal diese die Schlechtlieferung durch die gebotene Überwachung und Prüfung hätte verhindern können. Stattdessen habe diese das Wachs gar keiner Prüfung unterzogen, dieses nicht einmal in Augenschein genommen. Unstrittig kam das Wachs in der Verpackung der Beklagten zu 2) bei der Klägerin an. Die Beklagte zu 1) sei jedoch im Hinblick auf die neue Wachssorte zur Untersuchung und gegebenenfalls zur Hinzuziehung eines sachverständigen Dritten verpflichtet gewesen. Auch in den Vorjahren habe die Beklagte zu 1) Änderungen an dem schwarzen Rebwachs mitgeteilt und hier stelle sich die Frage, warum dies nicht auch im Jahr 1994 geschehen sei. Erschwerend komme hinzu, daß das Wachs von der Beklagten zu 1) eigenmächtig verändert worden sei; diese habe das Wachs durch Übersendung eines Musters in Auftrag gegeben.
Daneben komme ein Anspruch aus unerlaubter Handlung bzw. aus § 1 Abs. 1 des Österreichischen Produkthaftungsgesetzes in Betracht.
Infolge des mangelhaften Rebwachses sei ihr ein Schaden- von 14.146.381,40 ATS entstanden. Hinsichtlich dieser behaupteten Schadenshöhe wird auf den Klageschrift nebst den zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen. Da sie von ihren Abnehmern auf Ersatz des durch das Rebwachs entstandenen Schadens in Anspruch genommen werde, sei der Schaden nur zum Teil absehbar. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß weitere Ausfälle hinzutreten, die ihre Ursache ebenfalls in der Lieferung des mangelhaften Wachses aus dem Jahr 1994 hätten.
Die Beklagte zu 2) sei als Herstellerin des fraglichen Wachses mit der Typenbezeichnung 17638 ebenfalls zum Schadensersatz verpflichtet. Diese habe gewußt, daß das Wachs zum Zwecke der Rebveredelung eingesetzt werde und hafte deshalb sowohl nach dem Österreichischen Produkthaftungsgesetz vom 21.01.1988 als auch wegen unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 1 BGB.
Nachdem die Klägerin mit Schriftsatz vom 13.12.1996 die Klage auf die Beklagte zu 2) – dieser zugestellt am 14.01.1997 – erweitert hatte, beantragt sie,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Deutsche Mark zu zahlen, der nach dem Umrechnungskurs am Tag der Zahlung ATS 6.349.840,‑ entspricht, die Beklagte zu 1) nebst Zinsen seit dem 29.09.1995, die Beklagte zu 2) nebst 5 % Zinsen ab Rechtshängigkeit,
hilfsweise ATS 6.349.840,‑ , von der Beklagten zu 1) nebst 5 % Zinsen seit dem 29.09.1995, von der Beklagten zu 2) nebst 5 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. die Beklagte zu 1) über den DM-Betrag hinaus, der nach dem Umrechnungstag am Tage der Zahlung ATS 6.349.840,‑ entspricht, zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Deutsche Mark zu zahlen, der nach dem Umrechnungskurs am Tage der Zahlung ATS 7.796.541,40 entspricht, nebst 5 % Zinsen seit dem 29.09.1995,
hilfsweise an die Klägerin weitere ATS 7.795.541,40 nebst 5 Zinsen seit dem 29.09.1995 zu zahlen;
3. festzustellen, daß die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin aus der Verwendung oder Veräußerung des ihr von der Beklagten im Jahre 1994 gelieferten Rebwachses schwarz entstanden ist und noch entstehen wird;
Die Beklagte zu 1) beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 2) rügt die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts.
Die Beklagte zu 1) trägt vor:
Bei den behaupteten Schäden handele es sich nicht um Wachs- sondern um Erfrierungsschäden. Die Kausalität zwischen etwaigen Schäden und dem gelieferten Wachs entfalle deshalb von vornherein. Darüber hinaus seien die behaupteten Schadensersatzansprüche von Anfang an ausgeschlossen. So seien zunächst ihre AGB zumindest stillschweigend in den Vertrag einbezogen gewesen, nachdem die Parteien schon länger in Geschäftsbeziehungen standen und die AGB auf der Rückseite der Rechnungen abgedruckt seien. Ziffer 15 der AGB der Beklagten zu 1) enthält dabei u.a. folgende Regelung:
„Der Käufer hat bei berechtigten Beanstandungen nur einen Anspruch auf Ersatz der fehlerhaften Teile oder, falls das ganze Werk fehlerhaft ist, auf Wandelung, sofern der Verkäufer nicht Ersatzlieferung in vollem Umfang zusagt. Alle weitergehenden Ansprüche insbesondere auf Minderung oder Schadensersatz aller Art sind ausgeschlossen.“
Desweiteren sei ihre Haftung gemäß Artikel 39 CISG ausgeschlossen, da die Klägerin gegen die sie treffende Obliegenheit zur unverzüglichen Mängelrüge verstoßen habe. Aus deren Schreiben vom 16.06.1994 ergebe sich, daß es bereits beim „Grünparaphieren“ (Verarbeitung des Wachses in der eigenen Rebschule) zu erheblichen Problemen wegen einer geänderten Konsistenz und eines zu niedrigen Schmelzpunktes gekommen sei. Dieses „Grünparaphieren“ erfolge jedoch bereits Mitte Mai. Da die Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt auch die behaupteten Mängel habe feststellen können, habe sie Insoweit auch gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen.
Letztlich könne sie sich gemäß Artikel 79 CISG entlasten. Soweit das Wachs von der... bezogen worden sei, sei diese Firma seit vielen Jahren als Fachfirma für Rebwachse bekannt. Diese habe auch stets den Eindruck vermittelt, sie würde die Wachse selbst herstellen. Erst im Rahmen eines bei dem Landgericht Stade unter 5 OH 14194 anhängigen Beweissicherungsverfahrens habe diese Firma mitgeteilt, daß die Beklagte zu 2) Produzent gewesen sei. Mit den von... konzipierten Wachsen habe es in den vergangenen Jahren auch nie Beanstandungen gegeben. Das fragliche Wachs habe sie auch nicht durch Übersendung eines Musters in Auftrag gegeben. Sie habe der Firma... zwar einmal eine Probe zur Verfügung gestellt, dies jedoch nur aus Gefälligkeit und auf Bitten der Firma hin, da diese ihr eigenes Wachs an Konkurrenzprodukten messen und überprüfen wollte. Sie habe auch keine Pro-duktbeobachtungspflicht. Für sie sei es von vornherein unmöglich, das Wachs einer Iabormäßigen Analyse zu unterziehen. Allein bei einer solchen hätten Mängel des Wachses festgestellt werden können.
Der behauptete Schaden werde bestritten. Insbesondere könne die Klägerin keinen Ersatz für Dritt- und Viertschäden beanspruchen. Deliktische Ansprüche seien neben dem CISG nicht anwendbar und auch die Feststellungsklage sei unzulässig.
Die Beklagte zu 2) hat sich bisher zur Sache nicht eingelassen und lediglich die örtliche Zuständigkeit gerügt.
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen....Auf dessen Gutachten vom 04.10.1995 sowie dessen mündlicher Erläuterung im Termin vom 27.02.1997 und auf die Schriftsätze der Parteien nebst den zu den Akten gereichten Anlagen wird ergänzend Bezug genommen.
Die Akten des selbständigen Beweisverfahrens des Landgerichts Stade 5 OH 14194 waren beigezogen.
Entscheidungsgründe
Die Klage gegen die Beklagte zu 1) ist unbegründet. Insoweit ist der Rechtsstreit zur Entscheidung reif und war deshalb durch Teilurteil zu entscheiden (§ 301 Abs. 1 ZPO). Bezüglich der Beklagten zu 2) hält sich das angerufene Gericht für örtlich unzuständig, worauf durch gesonderten Beschluß, auf den Bezug genommen wird, hinzuweisen war.
Der behauptete Schadensersatzanspruch steht der Klägerin bereits dem Grunde nach weder gemäß Artikel 45 Abs. 1, b in Verbindung mit Artikel 74 – 77 CISG noch aufgrund deliktischer Anspruchsgrundlagen zu.
Soweit der Schadensersatzanspruch nach Artikel 45, 74 – 77 CISG in Frage steht, finden diese Vorschriften gemäß Artikel 1 Abs. 1 CISG zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) Anwendung. Sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch Österreich sind Vertragsstaaten.
Dabei steht dem Anspruch zunächst nicht entgegen, daß die Klägerin den behaupteten Mangel nicht ordnungsgemäß im Sinne von Artikel 39 CISG gerügt hätte. Der Anspruch steht zwar unter der Voraussetzung rechtzeitiger Mängelrüge seitens des Käufers (vgl. Staudinger/Magnus, UN-Kaufrecht/CISG, Artikel 45, Rn. 32). Diese Voraussetzung liegt jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) vor. Die Klägerin hat bereits mit Schreiben vom 16.06.1994 Reklamationen hinsichtlich des gelieferten Rebwachses vorgetragen. Dieses Schreiben entspricht den Voraussetzungen des Artikel 39 Abs. 1 CISG und ist insbesondere rechtzeitig im Sinne dieser Vorschrift. Die Klägerin beschreibt die aufgetretene behauptete Vertragswidrigkeit nicht lediglich pauschal, sondern spezifiziert unter Bezugnahme auf die vermutete Schadensursache, nämlich der Behandlung mit dem fraglichen Wachs. Etwas anderes behauptet hierzu auch die Beklagte zu 1) nicht. Darüber hinaus ist die Anzeige des behaupteten Mangels binnen der gemäß Artikel 39 Abs. Abs. 1 CISG geltenden angemessenen Frist erfolgt. Hierfür genügt, daß die Klägerin die Mängelanzeige innerhalb dieser Frist – nämlich am 16.06.1994 – abgeschickt hat (StaudingerlMagnus aaO, Artikel 39, Rn. 50). Es handelte sich um verborgene Mängel, die auch bei ordnungsgemäßer Untersuchung bei Lieferung nicht erkannt werden konnten. Allein daraus, daß das Rebwachs mit einer anderen Spezifikationsnummer ausgezeichnet war, konnte die Klägerin nicht erkennen, daß es sich um fehlerhaftes Wachs handelte. Nach ihrer – insoweit unbestrittenen – Schadensschilderung behandelte die Klägerin die Reben in der Zeit von März bis Mai 1994. Zwar kam es bei diesem „Paraphieren für die Rebschule“ bereits zu erheblichen Problemen, wie sie in ihrem Schreiben vom 16.06.1994 einräumt. Selbst die Beklagte zu 1) behauptet aber nicht, daß bereits zu diesem Zeitpunkt konkret Schäden an den Reben eingetreten seien, aufgrund derer für die Klägerin die Mangelhaftigkeit des Wachses erkennbar gewesen wäre. Diese Schäden sind erst nach Beendigung der Setzsaison, also Anfang Juni aufgetreten und wurden erst zu diesem Zeitpunkt festgestellt bzw. von den weiteren Käufern mitgeteilt. Eine dann noch verbleibende etwa zweiwöchige Frist bis zur Mängelanzeige ist nach Artikel 39 Abs. 1 CISG noch angemessen (vgl. Staudinger/Magnus, aaO, Artikel 39, Rn. 49).
Entgegen der weiter von der Beklagten zu 1) vertretenen Auffassung ist der Anspruch auch nicht wegen Nr. 15 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Bi. 51 der Akten) ausgeschlossen. Eine verspätete Mängelrüge im Sinne dieser Allgemeinen Geschäftsbedingung macht selbst die Beklagte zu 1) nicht geltend. Soweit sie sich darauf beruft, daß nach dieser Regelung Schadensersatzansprüche aller Art ausgeschlossen sind und lediglich ein Recht auf Wandlung eingeräumt wird, ist diese Vorschrift wegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam. Dahinstehen kann dabei, ob die Klausel im Sinne von Artikel 14 CISG Vertraginhalt geworden ist. Selbst eine wirksame Einbeziehung unterstellt, würde die Klausel einer Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG nicht – standhalten. Auch wenn für die Frage der Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Rückgriff auf das vom Internationalen Privatrecht berufene nationale Recht von der herrschenden Meinung überwiegend abgelehnt wird (vgl. Staudinger/Magnus, aaO, Artikel 14, Rn. 40 mwN), so richtet sich jedenfalls deren inhaltliche Kontrolle nach dem anwendbaren nationalen Recht (Staudinger/Magnus, aaO, Artikel 14, Rn. 42). Dies ergibt sich daraus, daß in Artikel 4, S. 2 CISG klargestellt wird, daß bestimmte Rechtsmaterien nicht erfaßt werden, die an sich mit den Kaufgeschäften stets oder doch häufig verbunden sind. So regelt das CISG insbesondere weder die Gültigkeit des Vertrages oder von Gebräuchen. In den Rahmen des Artikel 4 S. 2 a) CISG fällt dabei auch die Frage, ob und inwieweit Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen zu beachten sind (Staudinger/Magnus, Artikel 4, Rn. 18 und 24). Dieser Themenbereich, den das CISG bewußt offenläßt, ist nach dessen Artikel 7 Abs. 2 nach dem nationalen Recht, und zwar nach demjenigen nationalen Vertragsrecht, das nach dem IPR des angerufenen Gerichts – hier also des EGBGBs – zum Zuge kommt, zu entscheiden (Detzer/Thamm, BB 1992, 2369 ff., 2370; Schwenzer, NJW 1,990, 602 ff., 603; StaudingerlMagnus, Artikel 7, Rn. 38 ff.). Nach Artikel 28 Abs. 1 und Abs. 2 EGBGB unterliegt die Kontrolle der inhaltlichen Angemessenheit dem deutschen Recht. Hinsichtlich der Frage, ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Inhaltskontrolle standhalten, haben die Parteien kein „gültiges Recht“ im Sinne on Artikel 27 EGBGB bestimmt. Deshalb unterliegt die Frage dem Recht des Staates, mit dem der Vertrag die engsten Verbindungen aufweist (Artikel 28 Abs. 1, S. 1 EGBGB).
Nach der – vorliegend nicht widerlegten – Vermutung in Absatz 2 dieser Vorschrift weist der Vertrag die engsten Verbindungen mit dem Staat auf, mit dem die Partei, die die vertragscharakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichem Aufenthalt oder ihre (Haupt-)Verwaltung hat. Die vertragscharakteristische Leistung – die Lieferung des Rebwachses – hat hier die Beklagte zu 1) zu erbringen, die in Deutschland ansässig Ist. Deshalb ist insoweit deutsches Recht anzuwenden.
Nach diesem finden zwar wegen § 24 S. 1 Nr. 1 AGBG die §§ 11 und 10 AGBG keine Anwendung, da beide Parteien Kaufleute sind und der Vertrag zum Betrieb ihrer Handelsgewerbe gehört. Jedoch ist die fragliche Klausel wegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam. Auch bei der Inhaltskontrolle nach dem nationalen Recht des § 9 AGBG ist der Maßstab der Angemessenheit am Einheitsrecht und dem international üblichen auszurichten. Insoweit würde die Klausel – ihre wirksame Einbeziehung unterstellt – einer Inhaltskontrolle nicht standhalten. Zwar können die Parteien wegen Artikel 6 CISG Rechte des Käufers abändern; vom Modell des CISG darf jedoch nicht grundlegend abgewichen werden (Staudinger/Magnus, Artikel 4, Rn. 26 und Artikel 45, Rn. 45). Eine solche Abweichung liegt hier jedoch vor. Die Klausel räumt lediglich einen Anspruch auf Wandlung ein und schließt alte weitergehenden Ansprüche auf Minderung oder Schadensersatz aus. Nach Artikel 45 CISG kann aber bei Nichterfüllung einer Vertragspflicht grundsätzlich Schadensersatz verlangt werden und dies neben weiteren Rechtsbehelfen (vgl. Abs. 2 dieser Vorschrift). Von dieser Regelung weicht die AGB-Regelung grundlegend ab, da Schadensersatz im Sinne einer umfassenden Freizeichnung generell und für jede Art der Fahrlässigkeit ausgeschlossen sein soll. Ein solcher umfassender Haftungsausschluß, der insbesondere mangels Einschränkung auch die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ausschließt, ist mit Treu und Glauben und der Wahrung des guten Glaubens im internationalen Handel (Artikel 7 Abs. 1 CISG) nicht zu vereinbaren (vgl. StaudingerlMagnus, Artikel 45, Rn. 46).
Weiterhin steht fest, daß die Beklagte zu 1) ihre Verkäuferpflicht, nämlich eine Ware zu liefern, die im Zeitpunkt des Gefahrübergangs (Artikel 35 CISG) nicht mit Sachmängeln im Sinne des Artikel 35 CISG behaftet ist, vorliegend verletzt hat.
Ein Ausschluß der Haftung nach Artikel 35 Abs. 3 CISG scheidet hierbei aus. Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin die Vertragswidrigkeit der Ware bei Vertragsschluß kannte oder kennen mußte, liegen nicht vor.
Vertragswidrig sind dabei zunächst nach Artikel 35 Abs. 1 CISG die von den Anforderungen des Vertrages abweichenden Waren. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Abweichung auf einem Qualitätsmangel, einem Mengenfehler oder einer Aliud-Lieferung beruht. Anders als das deutsche BGB bzw. HGB differenziert das UN-Kaufrecht nicht nach diesen Kriterien (BGH NJW 1996, 2364, 2365; Piltz, NJW 1996, 2768, 2771; Staudinger/Magnus, Artikel 35, Rn. 9). Dabei kommt zwar vorliegend eine Falschlieferung wegen der im Vergleich zu den Vorjahren abweichenden Spezifikationsnummer nicht in Betracht. Dies würde bei dem hier vorliegenden Gattungskauf voraussetzen, daß eine andere als die gekaufte bzw. verkaufte Ware geliefert wurde. Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Mit der Anfrage vom 18.01.1994, Angebot der Beklagten vom 21.01.1994 und der Bestellung der Klägerin vom 31.01.1994 wurde „Rebwachs schwarz“ geordert und solches wurde auch geliefert. In der Vergangenheit hatte dieses zwar eine andere Spezifikationsnummer, jedoch ist es üblich, daß dieses Wachs weiterentwickelt wird und entsprechend andere Nummern enthält. Die Nummer hat nur firmeninterne Bedeutung, ist aber kein Qualitätsmerkmal, das bei Bestellung mit angegeben werden muß. Jedenfalls hat die Klägerin weder mit der Anfrage noch mit ihrer Bestellung eindeutig zu erkennen gegeben, daß sie Wachs mit der Nummer wie in den Vorjahren bestellen wollte. Der Wortlaut der Bestellung ergibt vielmehr, daß sie schwarzes, derzeit im Angebot der Beklagten enthaltenes Wachs bestellen wollte und solches wurde grundsätzlich auch geliefert. Wegen der Üblichkeit der Weiterentwicklung des Wachses haben sich zwischen den Parteien auch keine Gepflogenheiten oder Gebräuche entwickelt, an die die Beklagte zu 1) gemäß Artikel 9 CISG gebunden wäre. Etwas anderes könnte allenfalls dann geltend, wenn bereits in der Vergangenheit sich schon öfters die Wachsnummer geändert hätte und die Beklagte zu 1), dann stets die Klägerin auf die geänderte Nummer und die unter Umständen geänderte Zusammensetzung des Wachses hingewiesen hätte. Eine Gepflogenheit im Sinne des Artikel 9 CISG setzt nämlich eine gewisse Häufigkeit und Dauer eines Verhaltens voraus, so daß es berechtigt erscheint, wenn eine Partei auf ein solches Verhalten als üblich vertraut (vgl. Staudinger(Magnus, Artikel 9, Rn. 13). Auch diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Selbst nach dem Vortrag der Klägerin ist in der Vergangenheit lediglich einmal eine Änderung mit einem entsprechenden Hinweis erfolgt. Eine gewisse Dauer und Häufigkeit im o.g. Sinne kann deshalb nicht fest-gestellt werden. Weiter ist ein Handelsbrauch dahin, daß der Lieferant solchen Rebwachses den Besteller stets auf eine geänderte Zusammensetzung hinzuweisen hätte, nicht ersichtlich, so daß es soweit auch dahinstehen kann, ob die Parteien die Gültigkeit von Gebräuchen (Handelsbrauch) im übrigen vereinbart haben.
Ein Mangel im Sinne von Artikel 35 Abs. 2 a) CISG liegt vor, da das Wachs für die Zwecke, für die es gewöhnlich gebraucht wird, untauglich ist. Dies steht nach dem Gutachten des Sachverständigen... vom 04.10.1996 in Verbindung mit der mündlichen Erläuterung des Gutachtens vom 27.02.1997 zur Überzeugung der Kammer fest.
Dabei war zwar die Klägerin, die vorliegend die Ware rügelos angenommen hatte, dafür beweispflichtig, daß diese bei ihrer tatsächlichen Übergabe vertragswidrig war (StaudingerlMagnus, Artikel 35, Rn. 55; Artikel 36, Rn. 24 f.; BGH NJW 1995, 2099,‑Piltz NJW 1996, 2771). Auch im Anwendungsbereich des CISG gilt nämlich der Grundsatz, daß jede Partei für die tatsächlichen Voraussetzungen der ihr günstigen Norm beweispflichtig ist (StaudingerlMagnus, Artikel 4, Rn. 63 ff.; 67). Erst dann, wenn ein solcher Mangel feststeht und anschließend streitig ist, ob dieser Mangel bereits bei Gefahrübergang bestand, obliegt es dem Verkäufer, den Beweis zu führen, daß die Ware bei Gefahrübergang fehlerfrei war (Staudinger/Magnus, Artikel 70, Rn. 18 und o.g. Fundstellen). Auch steht zugunsten der Klägerin nicht bereits der Beweis des ersten Anscheins. Hierfür müßte ein typischer Geschehensablauf, also ein Sachverhalt feststehen, bei dem nach der Lebenserfahrung auf das Hervorrufen einer bestimmten Folge oder auf die Verursachung durch ein bestimmtes Verhalten geschlossen werden kann (Zöller/Stephan, ZPO, 17. Aufl., § 286, Rn. 16). Diese Voraussetzung liegt gerade nicht vor, nachdem strittig war, ob das gelieferte Wachs verunreinigt oder die behaupteten Schäden auf anderen Ursachen, die die Beklagte zu 1) behauptete, beruhten.
Dieser Beweis ist der Klägerin vorliegend jedoch gelungen. Der Sachverständige, dessen Sachkunde zur Beurteilung der Schadensursachen für die Kammer außer Zweifel steht, und die auch von den Parteien nicht bestritten wurde, kommt nach Durchführung des Feldversuches sowohl in seinem schriftlichen Gutachten vom 04.10.1995 als auch bei dessen mündlicher Erläuterung im Termin vom 27.02.1997 zu dem Ergebnis, daß kein Zweifel an dem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem im Jahre 1994 gelieferten Rebwachs und den aufgetretenen Schäden im Jungfeld bestehen. Andere Schadensursachen und Anwendungsfehler hat er ausgeschlossen. Der Sachverständige hat dabei nachvollziehbar die Vorgehensweise bei dem Feldversuch und die einzelnen Untersuchungsschritte erläutert, die zu diesem Ergebnis führten. Er hat die Unterschiede hinsichtlich Schmelzpunkt sowie Schwefel-, Kohlenwasserstoff- und Ölgehalt zwischen dem hier fraglichen Rebwachs mit der Spezifikationsnummer 17638 und den in die Untersuchungen miteinbezogenen anderen Wachsen dargestellt. Wenngleich er die konkrete Schadensursache nicht bestimmt angeben konnte, weil mit hoher Wahrscheinlichkeit ein (weiterer) Schadstoff im Wachs vorliegt, dessen Bestimmung einen sehr hohen Einsatz chemischer und biologischer Analysen über mehrere Jahre hinweg erfordern würde, so hat er doch ausgeführt, daß aufgrund der von ihm beschriebenen Versuche und Analysen keine Zweifel an dem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Rebwachs Typ 17638 und den eingetretenen Schäden besteht. Insoweit steht das Gutachten auch im Einklang mit den Ausführungen des Sachverständigen... in dessen gegenüber dem Landgericht Stade zu dem dortigen selbständigen Beweisverfahren 5 OH 141,174 erstatteten Gutachten vom 28.02. 1995. Auch dieser Sachverständige hat dargelegt, daß das Wachs Nr. 17638 in das Innere der Rebknospe gelaufen ist und den Vege-tationskegel durch Verätzungen zum Absterben gebracht hat. Nach den weiteren ergänzenden Darlegungen des Sachverständigen... ändert sich an diesem Ergebnis auch nichts deshalb, weil in dem Versuch teilweise Rohmaterial der Klägerin verwendet wurde, das zum Teil bereits sehr lange Triebe zeigte, die abgeschnitten werden mußten. Der Sachverständige hat hierzu dargelegt, daß dieses Material in Ordnung war, wie sich daran zeigte, daß die Reben zunächst alle ausgetrieben hatten.
Der Anspruch scheitert aber daran, daß sich die Beklagte zu 1) nach Artikel 79 Abs. 1 CISG entlasten kann.
Dabei beurteilt sich die Entlastungsmöglichkeit der Beklagten zu 1) nach Absatz 1 der genannten Vorschrift. Zwar steht auch in Frage, ob die Nichterfüllung durch die Beklagte zu 2) als Herstellerin oder durch eine weitere Zwischenlieferantin zu vertreten sein könnte, weshalb daran zu denken wäre, daß sich die Beklagte zu 1) auch hinsichtlich einer Haftung für Dritte (Artikel 79 Abs. 2 CISG) entlasten müßte. Absatz 2 dieser Vorschrift erfaßt aber lediglich solche selbständigen Dritte bzw. Subunternehmer, die der Schuldner damit betraut hat, für ihn in eigener Verantwortung den Vertrag zu erfüllen (Staudinger/Magnus, Artikel 79, Rn. 37 – 40). Daran fehlt es hier. Die Beklagte zu 2) oder weitere Dritte sollten den Vertrag nicht als Subunternehmer der Beklagten zu 1) erfüllen, sondern waren nach insoweit Übereinstimmender Darlegung der Klägerin und der Beklagten zu 1) Hersteller bzw. Lieferant und damit Zulieferer. Für Zulieferer aber kann sich der Schuldner nach Artikel 79 Abs. 1 CISG entlasten (Staudinger/Magnus, Artikel 79, Rdnr, 40; Piltz, internationales Kaufrecht, 1993, Rn. 231; Kranz, Die Schadensersatzpflicht nach den Haager Einheitlichen Kaufgesetzen und dem Wiener UN-Kaufrecht, 1988, s. 203; von CaemmererlSchlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN -Kaufrecht, 2. Aufl., Artikel 79, Rn. 38).
Die Entlastung nach Artikel 79 Abs. 1 CISG kommt dabei auch bei Lieferung vertragswidriger Ware in Betracht, wenn Gründe die Vertragserfüllung verhindern, die dem Schuldner weder objektiv anzulasten noch, als vertragliches Risiko zugewiesen sind. Dazu muß der Schuldner zwar nachweisen, daß ein Hinderungsgrund außerhalb seines Einflußbereichs Ursache der Nichterfüllung war, der Hinderungsgrund bei Vertragsschluß nicht in Betracht gezogen werden mußte und der Hinderungsgrund oder seine Folgen von einem vernünftigen Schuldner weder vermieden noch überwunden werden konnten (vgl. etwa Staudinger/Magnus, Artikel 79, Rn. 7 und 15). Diese Voraussetzungen liegen indessen vor.
Hinderungsgrund war vorliegend die bereits oben festgestellte vertragswidrige Beschaffenheit des Rebwachses. Eine solche brauchte die Beklagte zu 1) bei Vertragsschluß nicht in Rechnung zu stellen. Im Rahmen ihrer Geschäftsbeziehungen mit der Klägerin oder der Beklagten zu 2) bzw. einer weiteren Zwischenhändlerin hatte sie aus der Vergangenheit keinen Anlaß, daran zu zweifeln, daß auch das nunmehr bezogene und weitergelieferte Wachs mangelfrei und zum vorgesehenen Vertragszweck geeignet ist. Hierzu hat die Beklagte zu 1) unwidersprochen vorgetragen, daß es bei den bezogenen Wachsen bis zum jetzigen Schadensfall nie zu Beanstandungen gekommen ist.
Der Hinderungsgrund liegt auch außerhalb des Einflußbereichs der Beklagten zu 1) und konnte von dieser weder vermieden noch überwunden werden, Bei der Beurteilung dieser Voraussetzungen verkennt die Kammer nicht, daß bei der im CISG normierten verschuldensunabhängigen Garantiehaftung des Verkäufers an die Entlastung hohe Voraussetzungen zu stellen sind (Piltz, aaO, Rn. 223; StaudingerlMagnus, Artikel 79, Rn. 4). Die weitreichende Einstandspflicht des UN-Kaufrechts beruht aber darauf, daß die für die Erbringung der Leistung maßgeblichen Faktoren von der jeweiligen Partei beeinflußt werden können. Anders ist es hingegen, wenn für eine Partei nicht beherrschbare Umstände aufkommen. In diesen Fällen ist es nicht ohne weiteres gerechtfertigt, die gehinderte Partei in gleichem Umfang für die infolge äußerer Umstände nicht ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Pflichten zur Verantwortung zu ziehen. Artikel 79 CISG erhebt die mangelnde Beherrschbarkeit eines Risikos zum allgemeinen Entlastungsprinzip (von Caemmerer/Schlechtriem, a.a,O., Artikel 79, Rn. 6). Ob ein solcher äußerer, außerhalb des Einflußbereiches des Schuldners liegender Umstand vorliegt, ist aus Sicht des typischen Verantwortungsbereichs des Schuldners zu beurteilen. Gerade an einen solchen Verantwortungsbereich knüpft die Entlastungsmöglichkeit nach Artikel 79 Abs. 1 CISG an (Piltz, aaO, Rn. 227). In den Verantwortungsbereich der Beklagten zu 1) fiel vorliegend ausweislich der Anfrage der Klägerin vom 18.01.1994, dem Angebot der Beklagten zu 1) vom 21.01.1994 und der auf diesem Angebot beruhenden Bestellung der Klägerin vom 31.01.1994 die Lieferung von „5.000 kg Rebwachs schwarz“, das sich die Beklagte zu 1) unstreitig von einem dritten Händler beschaffen mußte. Hinsichtlich dieses Gattungskaufes traf die Beklagte zu 1) damit zwar zunächst ein Beschaffungsrisiko. Dieses Risiko schließt grundsätzlich aber nicht auch eine Garantie dafür ein, daß sich der Verkäufer selbst mangelfreie Ware beschaffen und liefern wird (von CaemmererlSchtechtriem, aaO, Artikel 79, Rn. 47). Zum Beschaffungsrisiko gehört insoweit, was der Verkäufer regelmäßig beherrschen kann. Unter den Verhältnissen des Handels können zwar die von einer Erfüllungsverweigerung oder von einem Leistungsverzug eines Zulieferanten ausgehenden Hindernisse überwunden werden. Ungleich schwieriger und deshalb nicht mehr vom Beschaffungsrisiko umfaßter Einstandsbereich ist es, sicherzustellen, daß die von dritter Seite bezogene Ware stets einwandfrei beschaffen ist. Dabei hat sich der Verkäufer sicherlich vertraglich verpflichtet, Ware in vertragsgemäßer Beschaffenheit zu liefern. Dem CISG läßt sich aber nicht entnehmen, daß der bloße Verkäufer ohne entsprechende Zusage den mangelfreien Zustand der Ware schlechthin und vorbehaltlos garantiert. Vielmehr steht jene Verpflichtung eben unter dem Vorbehalt des Artikel 79 CISG. Dieser Vorbehalt muß nach dem Grundgedanken der mangelnden Beherrschbarkeit von Hinderungsgründen den Besonderheiten der jeweiligen Verpflichtung angepaßt werden. Hiernach ist anzunehmen, daß der Verkäufer für verdeckte Mängel der von dritter Seite bezogenen Ware mangels Beherrschbarkeit nicht einstehen muß, wenn der Mangel auch bei Anwendung der Untersuchungsmethoden, die einer vernünftigen Partei in der Lage des Verkäufers zugemutet werden können, nicht zu entdecken war (vgl. von Caemmerer/Schlechtriem, aaO, Artikel 79, Rn. 47; Staudinger-Magnus, aaO, Art. 79, Rn. 2 b). So liegt der Sachverhalt hier.
Ursache für die letztlich eingetretenen Schäden sind verdeckte Mängel des Wachses, wobei die eigentliche Ursache des Mangels derzeit noch nicht einmal feststeht. Unstreitig blieb zwar, daß die Beklagte zu 1) die Ware vor Weiterlieferung an die Klägerin überhaupt nicht untersuchte. Selbst bei Erfüllung der der Beklagten zu 1) grundsätzlich obliegenden Untersuchungspflicht hätte der letztlich zu Tage getretene Mangel des Rebwachses aber nicht erkannt werden können. Das Unterlassen der Untersuchungspflicht ist damit nicht kausal geworden. Bei einer Untersuchung hätte die Beklagte zu 1) beim Anfassen des Wachses möglicherweise – nämlich nur bei hohen Außentemperaturen -einen Unterschied in der Griffigkeit im Vergleich zu den Wachsen der Vorjahre feststellen -können. Dabei bleibt aber schon zweifelhaft, ob die Beklagte zu 1) einen solchen Unterschied tatsächlich hätte feststellen können. Der Sachverständige... hat bei seiner Erläuterung im Termin vom 27.02.1997 beschrieben, daß es schwierig ist, diese Unterschiede festzustellen, wenn der unmittelbare Vergleich zu den Wachsen der Vorjahre fehlt. Außerdem ist die Feststellung unterschiedlicher Konsistenz bei Außentemperaturen um die 20 Grad C erschwert, erst bei hohen Außentemperaturen bis 30 Grad C oder mehr mag sich dies ändern, so der Sachverständige. Selbst wenn aber die Beklagte zu 1) einen solchen Unterschied bemerkt und deshalb noch eine Schmelzpunktbestimmung durchgeführt hätte, wäre die Mangelhaftigkeit nicht erkennbar gewesen. Zum einen liegt der Schmelzpunkt nur um 1 Grad C unter dem des Wachses 1993 (Typ 17632), zum anderer bedingt der geringere Schmelzpunkt des gelieferten Wachses nach den Darlegungen des Sachverständigen nicht die eingetretenen Schäden, denn auch das im Jahr 1993 hatte einen vergleichbar niedrigen Schmelzpunkt und bei der Verwendung dieses Wachses sind entsprechende Schäden nicht aufgetreten. Im Gegenteil hat der hier festgestellte Schmelzpunkt von 57 Grad C nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen den Vorteil, daß die Triebspitzen und Blätter der Reben nicht geschädigt werden und die Reben nach kurzer Zeit weiterwachsen.
Ob der Beklagten zu 1) über die vorgeschriebenen Untersuchungsmethoden hinaus weitere Untersuchungen – etwa die vom Sachverständigen beschriebenen Untersuchungen zur Bestimmung des Schwefelgehalts oder zur Bestimmung des freigesetzten Öls – zumutbar gewesen wären,‑ ist ange-sichts des damit verbundenen Zeit- und Geräteeinsatzes zweifelhaft, bedarf aber vorliegend deshalb keiner Entscheidung, weil auch mit diesen
Untersuchungen die Mangelhaftigkeit des Wachses nicht hatte festgestellt werden können. Hierzu hat der Sachverständige festgestellt, daß weder der freigesetzte hohe Ölgehalt und – wahrscheinlich auch nicht der Schwefel – schadensursächlich sind.
Die schädigende Wirkung des Wachses hätte die Beklagte zu 1) deshalb allenfalls anhand eines Feldversuches, wie er auch vom Sachverständigen angelegt wurde, oder aufgrund von chemischen Analysen und biologischen Tests, die nach den Ausführungen des Sachverständigen mehrere Jahre in Anspruch nehmen würden feststellen können. Untersuchungspflichten in diesem Ausmaß, die mit entsprechendem Zeit-, Material- und Kostenaufwand einhergehen, können aber allenfalls den Hersteller treffen, nicht auch den bloßen Zwischenhändler, dem gerade keine Produktbeobachtungs-pflicht obliegt, Damit war der Mangel von einer vernünftigen Partei in der Lage der Beklagten zu 1) als Verkäuferin nicht zu entdecken.
Daß die Beklagte zu 1) über ihre Eigenschaft als bloße Zwischenhändlerin hinaus auch Herstellerin des fraglichen Rebwachses war, kann nicht festgestellt werden. Hierfür fehlt insbesondere entsprechender Vortrag der Klägerin. Soweit diese hierzu lediglich behauptet, das fragliche Wachs sei aufgrund eines von der Beklagten zu 1) vorgegebenen Musters bezogenworden, so wird damit nicht behauptet, diese sei zugleich Herstellerin. Insbesondere fehlt Vortrag der Klägerin dazu, die Beklagte zu 1) habe Grundstoffe bzw. ein Teilprodukt hergestellt.
Der Grundsatz, daß der Verkäufer für verdeckte Mängel der von dritter Seite bezogenen Ware mangels Beherrschbarkeit nicht einstehen muß, steht zwar unter dem Vorbehalt, daß die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Eine solche andere Vereinbarung liegt aber nach den bereits in Bezug genommenen Schreiben der Parteien vom 21.01.1994 und 31.01.1994 nicht vor. Weder im Angebot der Beklagten zu 1) noch in der Annahme der Klägerin ist von einer weitergehenden Gewährleistung oder davon die Rede, daß die Beklagte zu 1) Wachs liefern sollte, das aufgrund eines von ihr vorgegebenen Musters hergestellt worden ist. Selbst wenn die Beklagte zu 1) das Wachs aufgrund eines Musters von der Firma bezogen hätte, wäre ein gerade diesem Muster entsprechendes Wachs nicht Vertragsgegenstand im Rahmen der Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien geworden. Die Vernehmung des Zeugen am war deshalb entbehrlich.
Damit scheidet zunächst der Anspruch aus Artikel 45, 74 bis 77 CISG aus. Aber auch andere – insbesondere deliktische – Anspruchsgrundlagen stehen der Klägerin nicht zur Seite.
Dabei vertritt die Kammer zunächst im Anschluß an Piltz (aaO, Rn. 128) die Auffassung, daß das CISG, das eine Haftung für Schäden durch fehlerhafte Ware vorsieht, die Anwendbarkeit des nationalen Deliktrechts ausschließt. Das nationale Deliktrecht regelt denselben Sachverhalt, den auch das CISG erfaßt. Im Interesse der Einheitlichkeit hat die Konvention Vorrang und dessen Anwendbarkeit hängt nicht von der Qualifikation eines Sachverhalts als Delikt oder als Vertragsverletzung ab (vgl. hierzu die Nachweise bei Staudinger/Magnus, Artikel 5, Rn. 12).
Selbst wenn hierzu eine andere Auffassung vertreten würde (hierzu: StaudingerlMagnus, Artikel 5, Rn. 13 und 14 sowie Herber MDR 1.993, 105 f. für die Anwendbarkeit des Produkthaftungsgesetzes) scheidet ein Anspruch aus § 823 BGB bzw. § 1 Produkthaftungsgesetz aus. Aus den o.g., zur Entlastung der Beklagten zu 1) führenden Gründen im Sinne von Artikel Nr. 79 Abs. 1 CISG scheidet ein Verschulden dieser im Sinne von § 823 BGB an den eingetretenen Schäden aus. Darüber hinaus kann
nicht festgestellt werden, daß die Beklagte zu 1) Hersteller des fraglichen Wachses im Sinne von § 4 Produkthaftungsgesetz ist. Hierfür fehlt insbesondere entsprechender Vortrag der Klägerin. Sie behauptet hierzu lediglich, das fragliche Wachs sei aufgrund eines von der Beklagten zu 1) vorgegebenen Musters bezogen worden und legt deshalb nicht dar, die Beklagte zu 1) sei zugleich Herstellern. Hierzu kann auf vorstehende Ausführungen verwiesen werden. Auch einer Haftung der Beklagten zu 1) nach § 4 Abs. 3 Produkthaftungsgesetz scheidet aus, da der Hersteller – nach Behauptung der Klägerin die Beklagte zu 2) – festgestellt werden kann.
Letztlich kommt auch ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) aus § 1 des österreichischen Produkthaftungsgesetzes nicht in Betracht. Unabhängig davon, ob diese Vorschrift im Verhältnis dieser Parteien anwendbar ist, setzt ein entsprechender Anspruch ebenfalls voraus, daß die Beklagte zu 1) Herstellerin des Wachses ist und daran fehlt es nach den vorgenannten Gründen ebenfalls. Die Beklagte zu 1) hat auch nicht als inländische (= österreichische) Unternehmerin das Wachs in den Geltungsbereich des österreichischen Produkthaftungsgesetzes eingeführt.
Damit bliebt die gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage bereits dem Grunde nach unbegründet und war insoweit abzuweisen. Hinsichtlich der Beklagten zu 2) hält sich die Kammer für örtlich unzuständig und verweist auf den gleichzeitig verkündeten Hinweisbeschluß.