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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-1121
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-1121  



AG Stendal (DE) 12.10.1999 - 3 C 1022/98
Art. 39, 49, 78 CISG – unalexMängelrügen –unalexDie Rügeobliegenheit des Käufers –unalexDauer der Rügefrist –unalexVertragsaufhebung –unalexZinsen

AG Stendal (DE) 12.10.1999 - 3 C 1022/98, unalex DE-1121



Die Wandelungseinrede nach Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG kann nur einem Kaufpreisanspruch entgegengehalten werden, der aus demselben Kaufvertrag stammt wie das Material, bezüglich dem eine Vertragsverletzung geltend gemacht wird.

Geht es um eine Rüge wegen Mängeln an geliefertem Granitstein, erscheint eine Frist von 60 Tagen im Rahmen des Art. 39 Abs. 1 CISG als angemessen.

Die Höhe des Zinsanspruchs nach Art. 78 CISG richtet sich nach dem anwendbaren nationalen Recht, welches nach den Kollisionsnormen des Forumstaats zu bestimmen ist.


-  Entscheidungstext 

Die Parteien streiten um die Restkaufpreiszahlung für die Lieferung von Naturstein.

Die Klägerin ist ein italienisches Unternehmen, dass die Verarbeitung und den Vertrieb von Natursteinen zum Unternehmensgegenstand hat.

Der Beklagte hatte bei der Klägerin Granitgestein bestellt, der im Herbst 1996 geliefert wurde. Nachdem sich herausstellte, dass einige der gelieferten Platten des Materials „verde maritaca levigato“ Risse aufwiesen, wurde die Klägerin unstreitig vom Beklagten über die Mangelhaftigkeit der Ware informiert. Auf einer am 28.10.1996 stattgefundenen Messe in Verona, bei der die Klägerin von Frau … der Schwester des Präsidenten des Unternehmens, vertreten wurde, einigten sich die Parteien über eine kostenfreie Ersatzlieferung.

Mit der Lieferung weiteren Gesteins am 29.10.1996 wurden auch die kostenfreien Ersatzplatten dem Beklagten zugesandt. Für die Lieferung am 29.10.1996 stellt die Klägerin dem Beklagten einen Betrag von 20.697,31 DM in Rechnung. Dabei wurden für die Ersatzlieferung keine Kosten berechnet. Der Beklagte zahlte auf diese Rechnung einen Betrag von 12.697,31 DM.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe das am 29.10.1996 gelieferte Material nicht beanstandet und die Ware rügelos übernommen.

Hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Verzugszinsen meint die Klägerin, sei der Verzug gemäß § 59 UN-Kaufrecht automatisch mit Erreichen des vereinbarten Zahlungsziels, das entsprechend den branchenüblichen Gepflogenheiten 60 Tage nach Rechnungsdatum erreicht werde eingetreten. Besondere Förmlichkeiten wie Mahnungen, seien dafür nicht erforderlich gewesen. Die Höhe der Verzugszinsen richte sich mangels internationaler Regelung nach nationalem Recht. Nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB sei die vertragstypische Leistung die Vornahme der Lieferung gewesen, welche nach Art. 31 a UN-Kaufrecht in der Übergabe der Ware an den ersten Frachtführer zu sehen sei. Es sei deshalb italienisches Recht anzuwenden, welches gesetzliche Verzugszinsen von 5 % vorsehe.

Die Klägerin ist darüber hinaus der Auffassung, die mit Erwiderung auf die Klage vom Beklagten ausgesprochene Wandelungserklärung lege außerhalb der Frist nach Art. 49 Abs. 2 lit. b) Alt. 1) CISG und sei deshalb unwirksam.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 8.000,  DM nebst 5 % Zinsen seit dem 30.12.1996 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, Klagabweisung.

Der Beklagte behauptet, der im Herbst 1996 zunächst gelieferte Granit, für den dann am 29.10.1996 die Ersatzlieferung erfolgt sei, habe für ihn sichtbar Risse aufgewiesen, die sein Sohn, …, telefonisch bei Frau … gerügt habe. Dabei habe es sich um Platten der Größe 2,80 m X 1,25 m gehandelt. Er habe dann versucht, das Material, was auf dem ersten Blick keine Risse aufwies – das sei 60 % des gelieferten Gesteins gewesen -, einzubauen. Dabei sei jedoch festgestellt worden, dass auch das restliche Material teilweise rissig war.

Auch die Ersatzlieferung vom 29.10.1996 sei mit Rissen versehen gewesen, so dass sie nicht habe verwendet werden können. Die Mangelhaftigkeit der Ersatzlieferung sei durch seinen Sohn ebenfalls sofort gegenüber Frau … beanstandet worden, und man habe sich darauf geeinigt, dass das verwertbare Material bezahlt werde, der Rest jedoch nicht.

Der Beklagte erklärt die Wandelung hilfsweise die Minderung.

In dem nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 05.10.1999, der nach Schluß der mündlichen Verhandlung bei Gericht einging, behauptet der Kläger nunmehr, die gesamte der Rechnung vom 29.10.1996 zugrundeliegende Lieferung sei mangelhaft, nämlich insgesamt mit Rissen behaftet gewesen. Dieses sei gegenüber der … telefonisch durch … gerügt worden.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Protokolle zu den mündlichen Verhandlungen am 08.06.1999 und 21.09.1999 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat im vollen Umfang Erfolg. Sie ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit der deutschen. Gerichte ist gemäß Art. 2 EuGÜbK (Europäisches Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen) gegeben. Danach sind die Gerichte des Staates international zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, soweit es sich bei dem betreffenden Staat um einen Vertragsstaat handelt, was vorliegend bei der Bundesrepublik Deutschland als Wohnsitz des Beklagten der Fall ist.

Das Amtsgericht Stendal ist örtlich gemäß § 12 ZPO zuständig, denn hinsichtlich des Prozeßgerichts ist nationales Recht anzuwenden.

Die Klage ist darüber hinaus begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung für die Gesteinslieferung vom 29.10.1996 aus Art. 53 CISG (UN-Übereinkommen über Verträge über den Internationalen Warenkauf). Die Regelungen des CISG gehen denen des Art. 28 EGBGB vor, so dass in erster Linie das UN-Kaufrecht anzuwenden ist.

Der Anwendungsbereich des CISG ist im vorliegenden Fall eröffnet. Das ist gemäß Art. 1 lit. a) CISG der Fall, wenn es sich um Streitigkeiten aus Kaufverträgen zwischen Parteien handelt, die ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten haben. Da die Klägerin ihre Niederlassung in Italien, der Beklagte seinen Wohnsitz in Deutschland hat, beide Länder Vertragsstaaten des UN-Übereinkommens sind und sich um Ansprüche aus dem Warenkauf gestritten wird.

Unstreitig wurde zwischen den Parteien ein Kaufvertrag über das am 29.10.1996 gelieferte und mit Datum vom selben Tag in Rechnung gestellte Gestein abgeschlossen. Die Pflicht zur Kaufpreiszahlung ist fällig geworden. Gemäß Art. 58 Abs. 1 CISG wird diese soweit nichts anderes bestimmt wurde, fällig, sobald der Verkäufer dem Käufer entweder die Ware oder die Dokumente, die zur Verfügung darüber berechtigen, nach dem Vertrag und diesem Übereinkommen zur Verfügung stellt. Gemäß § 58 Abs. 2 CISG ist dem Käufer aber eine angemessene Frist zur Überprüfung der Ware einzuräumen. Nach Art. 30 CISG besteht die Pflicht des Verkäufers darin, die Ware zu liefern, die sie betreffenden Dokumente zu übergeben und das Eigentum an der Ware zu übertragen. Soweit im Kaufvertrag nicht die Lieferung an einem bestimmten Ort zu erfolgen hat, hat der Verkäufer seine Leistungspflicht gemäß Art. 31 lit. a) CISG erfüllt, wenn er die Ware an den ersten Beförderer übergibt. Das bedeutet für den vorliegenden Fall, sobald der Kläger seine Ware an den ersten Frachtführer zum Transport nach Deutschland übergeben hatte, hat er seinen Teil des Kaufvertrages erfüllt. Unter Anrechnung einer angemessenen Prüfungszeit für den Beklagten von 60 Tagen nach Rechnungsdatum – insoweit ist die Angabe des Klägers als angemessen anzusehen – ist damit die Kaufpreisforderung fällig.

Der Beklagte kann dem Anspruch nicht die Wandelungseinrede wegen Mangelhaftigkeit der Kaufsache gemäß Art. 49 Abs. 1 lit. a) CISG entgegenhalten. Seine Wandelungseinrede bezieht sich nicht auf das Material, für das der Kläger die Kaufpreiszahlung fordert. Denn dieser stützt sich nach seinem bisherigen Vorbringen auf die in der Lieferung vom 29.10.1996 enthaltene kostenlose Ersatzlieferung für ein schon früher zugesandtes mangelhaftes Material. Daß das mit Datum vom 29.10.1996 berechnete Material mit Ausnahme der kostenlosen Ersatzlieferung ebenfalls mangelhaft gewesen sei, hat der Beklagte bisher nicht vorgetragen. Damit macht der Beklagte eine Wandelungseinrede gegen einen Kaufpreisanspruch geltend, der eine andere als die als mangelhaft gerügte Ware betrifft. Da eine Wandelung zur Umwandelung des Kaufvertrages in ein Rückgewährschuldverhältnis führt und dies nur im Rahmen des Kaufvertrages möglich ist, in dessen Rahmen auch die Lieferung der mangelhaften Sache erfolgte, kann die Wandelungseinrede vorliegend nicht durchgreifen. Die Ersatzlieferung war kostenlos.

Der Schriftsatz vom 05.10.1999 war nach Schluß der mündlichen Verhandlung eingegangen und somit gemäß § 296 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Auch wenn er berücksichtigt würde, ergebe sich weder eine andere rechtliche Beurteilung noch wäre eine Beweisaufnahme erforderlich. Dies gilt insbesondere für die streitige Behauptung des Beklagten, er habe nicht nur die kostenlose Ersatzlieferung, sondern die gesamte Lieferung, die Gegenstand der Rechnung vom 29.10.1996 ist, wegen – immer noch – vorhandener Risse telefonisch bei Frau … gerügt. Es ist nicht substantiiert vorgetragen, dass diese – dem Umfang nach streitige – Rüge innerhalb der 60 Tage Prüfzeit gemäß Art. 39 Abs. 1 CISG erfolgte. Der Vortrag des Beklagten ist nicht hinreichend substantiiert, obwohl die Klägerin die Rüge hinsichtlich der in der Rechnung vom 29.10.1996 berechneten – weiteren – Materiallieferung bestritt.

Das gleiche gilt für die Geltendmachung eines Minderungsanspruchs nach Art. 50 CISG, so dass auch diese Einrede nicht eingreift. Auch eine Aufrechnung mit einem Minderungsanspruch ist abzulehnen. Zum einen fehlt es an einer Aufrechnungserklärung seitens des Beklagten. Zum anderen stellt der Minderungsanspruch einen Gewährleistungsanspruch dar und kann deshalb nur im betreffenden Schuldverhältnis geltend gemacht werden, denn sonst wäre dem Gewährleistungszweck nicht gedient. Darüber hinaus stellt er auch keine der Geldzahlungsforderung gleichartige Forderung dar. Der Kaufpreisanspruch greift deshalb in vollem Umfang durch.

Die Klägerin hat weiterhin einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen seit dem 10.12.1996 aus Art. 78 CISG wegen Verzuges mit der Kaufpreiszahlung. Die Norm legt die Voraussetzungen für den Verzugszinsanspruch abschließend fest, d. h. der Anspruch unterliegt – außer dem Fälligkeitserfordernis – keinen weiteren als den dort genannten Voraussetzungen (Staudinger, BGB-Komm. Art. 78 CISG Rn. 11). Da, wie festgestellt wurde, die Kaufpreiszahlung fällig ist, und sich der Beklagte durch Nichtzahlung in Säumnis befindet, ist der Anspruch dem Grunde nach gegeben.

Auch der Höhe nach ist der Zinsforderung im vollem Umfang stattzugeben. Nach ganz überwiegender Meinung bestimmt sich die Höhe nach dem anzuwendenden nationalen Recht. Welches Recht anzuwenden ist, ergibt sich aus Art. 28 EGBGB, der gemäß Art. 32 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB auch auf die Zinsforderungen anzuwenden ist, und der wegen fehlender Regelung im UN-Kaufrecht nun zum Tragen kommt. Gemäß Art. 28 Abs. 1 EGBGB findet das Recht des Staates Anwendung, mit dem der Vertrag die engste Bindung aufweist. Gemäß Art. 28 Abs. 2 S. 1 EGBGB wird vermutet, dass die engste Bindung zu dem Staat besteht, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihre Hauptverwaltung hat. Die charakteristische Leistung ist diejenige Leistung, welche dem betreffenden Vertragstyp seine Eigenart verleiht und seine Unterscheidung zu anderen Vertragstypen ermöglicht (Heinrichs in Palandt BGB, 38. Aufl., Art. 28 Rn. 3). Da vorliegend die charakteristische Leistung beim Kaufvertrag die Lieferung der bestellten Ware, die Übergabe der Dokumente und die Übertragung des Eigentums war, und damit die Klägerin die charakteristische Leistung erbrachte, ist italienisches Recht anzuwenden. Nach Art. 1284 CC beträgt der Zinssatz seit 1990 10 % (Staudinger, BGB-Komm. Art. 78 CISG).

Da die Verzugszinsen ab Fälligkeit der Kaufpreiszahlung zu entrichten sind, und diese wegen Einräumung einer angemessenen Prüfungszeit mit 60 Tagen ab Rechnungsdatum anzusetzen ist, die Rechnung vom 29.10.1996 stammt, und Verzugszinsen erst ab den 30.12.1996 gefordert werden, sind diese auch ab diesem Zeitpunkt zu entrichten.





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