Die Parteien sind Kaufleute. Die Beklagte im Februar 1996 bestellte für 30.215, FF bei der … Klägerin Hosen und Westen, welche an das Verlaufslager der Beklagten … geliefert werden sollten. Als die Lieferung Ende Februar 1996 bei der Beklagten eintraf, erhob diese Beanstandungen und sandte die Ware an die Klägerin zurück. Mit Schreiben vom 17.4.1996 (Anlage K 7, Blatt 16 der Akten) forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 24.4.1996 auf, zu einer Zusendung der Ware und der Zahlung des Kaufpreises Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 25.4.1996 (Anlage K 8, Blatt 17 der Akten) lehnte die Beklagte die Zahlung des Kaufpreises ab. Über die Bezahlung der Ware führten die Parteien einen Rechtsstreit, wobei sie vorprozessual die Zuständigkeit des Amtsgerichts Hamburg-Altona vereinbarten. Mit Urteil vom 7.12.1998 zum Az. 314a C 431/96 wies dieses Gericht die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin änderte das Landgericht Hamburg das amtsgerichtliche Urteil mit Urteil vom 22.10.1999 (Geschäfts-Nr: 420 S 1/99) ab und verurteilte die Beklagte, „an die Klägerin FF. 30.247,24 oder den Gegenwert in DM im Zeitpunkt der Zahlung nebst 5 % Zinsen seit dem 25. April 1996 zu zahlen Zug um Zug gegen Zurverfügungsstellung von 100 Hosen und 99 Westen durch den Gerichtsvollzieher“. In den Urteilsgründen führte das Landgericht aus, dass die Beklagte kein Recht gehabt habe, die Vertragsaufhebung zu verlangen. Die von ihr gerügten Fehler hätten nicht vorgelegen. Etwaige weitere Fehler der Ware habe die Beklagte nicht rechtzeitig gerügt. Nach dem anzuwendenden Einheitlichen Kaufrecht (Art. 39 I CISG) habe die Beklagte damit ihr Recht verloren, sich auf die (etwaige) Vertragsverletzung der Klägerin zu berufen.
Die Klägerin behauptet, sie sei nicht mehr im Stande, die Ware zu liefern, da die Firma …, bei welcher die Ware eingelagert gewesen sei, nicht mehr bestehe. Sie sei wegen Vermögensverfalls liquidiert worden, die Ware abhanden gekommen. Die Einlagerung bei dieser Firma habe die Klägerin nicht zu vertreten. Sie sei vielmehr durch die von der Beklagten beauftragten Spedition anläßlich der Rücksendung der Ware nach Paris vorgenommen worden, nachdem die Klägerin die Ware nicht angenommen habe.
Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der im Urteil des Landgerichts Hamburg vom 22.10.1999, Geschäfts-Nr.: 420 S 1/99 bezeichneten Hosen und Westen in Verzug befindet,
hilfsweise festzustellen, dass das Urteil des Landgerichts Hamburg … Az. 314 a C 431/96 AG Hamburg = 420 S 1/99 LG Hamburg unter Wegfall des Ausspruchs „Zug um Zug gegen Zurverfügungstellung von 100 Hosen und 99 Westen durch den Gerichtsvollzieher“ vollstreckbar ist.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin hätte sich nach der Rücksendung der Ware um die fortbestehende ordnungsgemäße Lagerung kümmern müssen, Diese Pflicht habe sie verletzt. Folglich sei der Verlust der Ware allein ihr anzulasten. Auch hätte sie den Verlust der Ware bereits im vorangegangenen Rechtsstreit vortragen können.
Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen. Das Gericht hat die Akte des Vorprozesses beigezogen (AG-Altona 314 a C 431/96 = LG Hamburg 320 S 1/99). Auf die daraus zitierten Urteile wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist zulässig.
1) Die Zuständigkeit dieses Gerichts ergibt sich aus der zwischen den Parteien getroffenen, nach § 38 ZPO wirksamen vorprozessualen Gerichsstandsvereinbarung, welche sich ihrem Sinn nach nicht nur auf den Vorprozess, sondern auf alle gerichtlichen Auseinandersetzungen wegen der fraglichen Lieferung und ihrer Bezahlung richtet.
2) Auch besteht ein rechtliches Interesse der Klägerin im Sinne des § 256 ZPO an der begehrten Feststellung. Ohne diese Feststellung wäre ihr eine Vollstreckung aus dem vorliegenden Urteil des Landgerichts in der Hauptsache nicht möglich. Eine Vollstreckung dieses Urteils setzt nach § 756 ZPO alternativ voraus, dass die Ware durch den Gerichtsvollzieher angeboten wird oder dass durch öffentliche Urkunden oder öffentlich beglaubigte Urkunden der Nachweis geführt wird, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist. Bei diesen Urkunden kann es sich auch um ein Urteil in anderer Sache handeln (Zöller-Stöber, ZPO, 20. Aufl. Rn. 10), in diesem Fall das hier angestrebte Urteil. Die Klägerin hat nachvollziehbar dargelegt, dass sie keine anderen, einfacheren Möglichkeiten hat, die für die Vollstreckung des Leistungsurteils erforderlichen Nachweise zu führen.
II. Die Klage ist auch begründet.
1) In materieller Hinsicht regelt sich das Rechtsverhältnis der Parteien nach dem Wiener UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11.4.1980 (BGBl. 1989 II, 588 ff). Nach Art. 62 dieses Übereinkommens war die Beklagte als Käufer verpflichtet, die Ware abzunehmen. Diese Verpflichtung hat die Beklagte verletzt. Aus den Gründen des landgerichtlichen Urteils, die das Verhältnis zwischen den Parteien jedenfalls insoweit rechtskräftig regeln, ergibt sich, dass die Beklagte zu Beanstandungen der Ware nicht berechtigt war. Soweit die Ware gerügt wurde, war sie objektiv nicht mangelhaft. Soweit Mängel vorhanden gewesen sein mögen, wurden sie nicht gerügt. Wie das Landgericht insoweit bindend ausführte, hat die Beklagte nach Art. 39 I der Übereinkunft, das Recht verloren, sich auf die Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen. Da eine Berechtigung, die Abnahme der Ware zu verweigern, demnach nicht bestand, kann die Verletzung der Abnahmeverpflichtung ohne weiteres festgestellt werden. Die fortbestehende Abnahmepflicht hat die Beklagte ein zweites Mal dadurch verletzt, dass sie auf das Schreiben der Klägerin vom 17.4.1996 (Anlage K 7) die Zahlung der Ware verweigerte und damit zum Ausdruck brachte, dass sie die Zug um Zug gegen Zahlung angebotene Ware auch nicht abnehmen würde.
2) Die Feststellung, dass die Beklagte ihre vertragliche Abnahmepflicht verletzt hat, schließt die nach.§ 756 ZPO zu treffende Feststellung, dass sie im Verzug der Annahme der Ware ist, mit ein. Der im BGB geregelte Annahmeverzug des Käufers ist in der Begrifflichkeit des UN-Übereinkommens über den internationalen Warenkauf nicht enthalten und kann daher im materiellen Rechtsverhältnis der Parteien keine Rolle spielen. Der in § 756 ZPO verwandte Term „Verzug der Annahme“ ist aber nicht deckungsgleich mit dem entsprechenden Begriff des BGB. Sein Inhalt ist vielmehr aufgrund der Wertungen zu bestimmen, die.§ 756 ZPO zugrundeliegen. Soweit eine Zug um Zug Verurteilung nicht nach deutschem Recht, sondern nach einem anderen Recht, etwa dem des internationalen Warenkaufs erfolgt ist, umfasst der „Verzug der Annahme“ im Sinne des § 756 ZPO auch vergleichbare Verletzungen von Pflichten oder Obliegenheiten aus dem anwendbaren materiellen Recht. Entscheidend ist, dass die entsprechende Pflichtverletzung aus dem jeweiligen Recht ein Verhalten zum Gegenstand hat, bei welchem der Käufer entgegen den getroffenen Vereinbarungen die ihm angebotene Ware nicht entgegengenommen hat. Ein solches Verhalten bildet auch den Kern der hier festgestellten Pflichtverletzung nach Art. 62 des Übereinkommens. Liegt ein solches Verhalten vor, soll nach dem Zweck des § 756 ZPO eine Vollstreckung auch ohne erneutes Angebot der Ware möglich sein. Damit dieses Ziel auch in der Praxis durchgesetzt werden kann und für den mit einer Vollstreckung beauftragten Gerichtsvollzieher keine Unklarheiten entstehen, kann in solchen Fällen festgestellt werden, dass der Schuldner „im Verzug der Annahme im Sinne des § 756 I ZPO“ ist.
3) Die Rechtskraft des landgerichtlichen Urteils steht der hier getroffenen Feststellung nicht entgegen. Die Frage, ob die Beklagte im Verzuge der Annahme war, war im Vorprozess nicht streitgegenständlich. Auch hatte die Klägerin im Vorprozess von Anfang an nicht die unbedingte Verurteilung der Beklagten, sondern lediglich die Verurteilung „Zug um Zug“ beantragt. Da das Landgericht nach § 308 I ZPO an den Antrag der Partei gebunden war, durfte es die Beklagte nicht zu einer unbedingten Leistung verurteilen. Umgekehrt bedeutet das, dass das Landgericht nicht über die Frage zu entscheiden hatte, ob die Voraussetzungen für eine unbedingte Verurteilung bzw. für eine Feststellung des Verzuges der Annahme vorlagen. Dies kann – ohne Eingriff in die rechtskräftige Substanz des landgerichtlichen Urteils – in einem weiteren Urteil, diesem hier, geschehen. Es ist ohnehin anerkannt, dass der Annahmeverzug schon vor Urteilserlass eingetreten sein kann, ohne dass dies im Urteil erwähnt zu sein braucht (Zöller-Stöber, § 756 Rn. 10).
4) Soweit die Beklagte der Klägerin ihrerseits Verletzungen von Obhutspflichten bezüglich der Ware vorwirft, hat das auf die hier getroffene Feststellung keinen Einfluss. Unabhängig davon, ob die Klägerin (besser) auf die nach Paris zurückgesandte Ware hätte aufpassen müssen, lässt sich die Verletzung der Abnahmepflicht durch die Beklagte, um die es in diesem Rechtsstreit geht, nicht wegdiskutieren. Das Festhalten an der Vollstreckungsabsicht trotz Verlustes der Ware ist auch nicht offensichtlich treuwidrig. Jedenfalls sind dem Gericht keine Gesichtspunkte aus dem Warenkauf-Übereinkommen erkennbar, die entsprechende Einwände begründen könnten. Insbesondere ist es in Anbetracht von Art. 7. I des Übereinkommens äußerst problematisch, Generalklauseln aus einem nationalen Recht ergänzend auf das Übereinkommen anzuwenden, weil dadurch die ausdrücklich angestrebte einheitliche Anwendung vereitelt würde.
Konkrete Gegenansprüche aufgrund der möglichen Pflichtverletzung der Klägerin wurden in diesem Rechtstreit nicht erhoben. Solche Ansprüche wären ggf. im Wege der Vollstreckungsgegenklage gegen das Urteil aus dem Vorprozess geltend zu machen. Nur im Hinblick darauf hatte das Gericht den Parteien den Abschluss eines Vergleichs empfohlen, von dem die Klägerin dann zurückgetreten ist.