Die Klägerin, bei der es sich um eine schwedische Möbelfirma handelt, macht gegen den Beklagten einen Kaufpreisanspruch aus ihrer Lieferung vom 06.01.1999 geltend.
Die Parteien standen in laufender Geschäftsbeziehung. Die Klägerin lieferte von ihr hergestellte Holzmöbel zerlegt an den Beklagten, der diese an Baumärkte weiterveräußerte. Der Beklagte rief bei der Klägerin jeweils Teillieferungen einzelner Möbelstücke ab und war gegenüber der Klägerin zur Vorleistung verpflichtet. Am 06.01.1999 lieferte die Klägerin dem Beklagten 122 Bücherregale des Modells … in Natur und 40 Vertikos des Modells …. Am 27.11.1998 hatte die Klägerin dem Beklagten für die am 06.01.1998 erfolgte Lieferung 26.964, DM in Rechnung gestellt. Die Rechnung war fällig innerhalb von 30 Tagen nach Zugang. Die Klägerin verlängerte die Zahlungsfrist schließlich bis 06.02.1999. Am 03.03.1999 übersandte der Beklagte der Klägerin eine Reklamationsliste, mit der er diverse Mängel der Lieferungen aus dem Zeitraum vom 01.01.1999 bis 01.03.1999 rügte.
Die Klägerin trägt vor, vor dem 03.03.1999 habe sie kein Rügeschreiben von Seiten des Beklagten erhalten. Die mit der streitgegenständlichen Lieferung an den Beklagten ausgelieferten Möbel seien mangelfrei gewesen.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 26.964, DM nebst 7,25 % Zinsen seit dem 06.02.1999 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er erwidert, die Klägerin habe schon im Jahre 1998 mangelbehaftete Möbel geliefert. In annähernd jeder Lieferung der Klägerin seien viele Möbel unvollständig, beschädigt oder fehlerhaft gefertigt gewesen. Daraufhin habe der Beklagte mit seinem Sohn …, bei dem es sich um einen Mitarbeiter des Beklagten handelt, und dem verantwortlichen Designer … in der Zeit vom 29.05. bis 31.05.1998 mit der Geschäftsleitung der Klägerin in Schweden gesprochen. Bei diesem Gespräch sei es um die bei den einzelnen Lieferungen aufgetretenen Mängel und die dem Beklagten hierdurch entstandenen Schäden gegangen. Dort sei zwischen den Parteien vereinbart worden, dass der Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht sowie ein Minderungsrecht sowohl gegen laufende als auch gegen jegliche zukünftige Forderungen aus Lieferungen geltend machen dürfe. Der Beklagte habe durch die mangelhaften Lieferungen führende Baumärkte als Abnehmer seiner Möbel verloren.
Darüber hinaus habe der Beklagte die Lieferung vom 06.01.1999 nur unter Vorbehalt angenommen. Mit Fax-Schreiben vom 10.01.1999 habe er die Mangelhaftigkeit der streitgegenständlichen Lieferung vom 06.01.1999 unverzüglich gerügt. Die mangelhaften Möbelstücke seien dem Beklagten von Seiten der Baumärkte jeweils zurückbelastet worden. Die jeweiligen Rückbelastungsanzeigen habe er der Klägerin unverzüglich übersandt. Auf Grund der Mangelhaftigkeit der Möbelstücke stehe ihm gegenüber der Klägerin überdies ein Minderungsrecht in Höhe von 16.890,32 DM zu, mit dem der Beklagte gegen die Kaufpreisforderung der Klägerin die Aufrechnung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien ergänzend Bezug genommen.
Mit Datum vom 15.12.1999 hat das Amtsgericht Schöneberg, Berlin auf den Antrag der Klägerin vom 08.12.1999 einen Mahnbescheid erlassen, gegen den der Beklagte am 06.01.2000 Widerspruch eingelegt hat.
Das Gericht hat Beweis erhoben auf Grund Beweisbeschlusses vom 29.08.2000 (Bl. 91 der Akten) in Verbindung mit ergänzenden Beweisbeschlüssen vom 19.12.2000 (Bl. 100 ff. der Akten) durch Vernehmung der Zeugen … und …. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2000 (Bl. 100 – 106 der Akten) verwiesen. Mit Hinweis des Gerichts an den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2000 wurde dieser aufgefordert, konkret darzulegen, wie sich der von ihm behauptete Minderungsbetrag im einzelnen zusammensetzt und darüber hinaus aufgefordert, substantiiert darzulegen, mit welchen Gegenforderungen er aufrechnen will. Dem Beklagten wurde Frist gesetzt zur Stellungnahme bis 31. Januar 2001, die auf Antrag des Beklagten zweimal, zuletzt bis 07.03.2001, verlängert wurde.
Das Gericht hat im Einverständnis der Parteien die Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Kaufpreiszahlung in Höhe der Klageforderung zu.
Das Gericht ist für den hier zu entscheidenden Rechtstreit gemäß Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ international zuständig, da der Beklagte seinen Wohnsitz in Deutschland hat. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises aus der streitgegenständlichen Lieferung gemäß Art. 53 CISG. Das UN-Kaufrecht (CISG) ist hier anwendbar, da sowohl Schweden als auch Deutschland Vertragsstaaten sind und die Kaufvertragsparteien in verschiedenen Staaten ihre Niederlassung haben (Art. 1 Abs. 1 a CISG).
Die Klägerin hat die Möbel an den Beklagten unstreitig geliefert. Dem Beklagten steht gegenüber der Zahlung des Kaufpreises aus dieser Lieferung kein Zurückbehaltungsrecht zu. Ein solches ist in Art. 71 CISG geregelt (Verschlechterungseinrede). Gemäß Art. 71 Abs. 1 CISG kann eine Partei die Erfüllung ihrer Pflichten aussetzen, wenn sich nach Vertragsabschluss herausstellt, dass die andere Partei einen wesentlichen Teil ihrer Pflichten nicht erfüllen wird. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind jedoch vorliegend nicht erfüllt. Denn zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Kaufpreises, nämlich am 27.12.1998, wusste der Beklagte noch gar nichts von den in der Lieferung vom 06.01.1999 auftretenden Mängeln. Bei der Verlängerung der Zahlungsfrist bis 06.02.1999 handelte es sich lediglich um eine Fristsetzung nach Fälligkeit des Kaufpreises, der bereits am 27.12.1998, nämlich 30 Tage nach Rechnungsstellung, fällig war. Was die Parteien demgegenüber im Mai 1998 in Bezug auf Mängel aus den vorangegangenen Jahren besprochen haben, lag vor Vertragsschluss und kann daher ebenfalls keine Einrede gemäß Art. 71 CISG begründen. Die Verschlechterungseinrede scheitert aber auch an einem anderen Grund. Denn gemäß Art. 71 Abs. 3 CISG hat die Partei, die die Erfüllung vor oder nach der Absendung der Ware aussetzt, dies der anderen Partei sofort anzuzeigen. Dieser Anzeigepflicht ist der Beklagte nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht nachgekommen. An dieser Stelle kommt es noch nicht darauf an, ob der Klägerin die Mängelrüge des Beklagten vom 10.01.1999 zugegangen ist oder nicht. Denn der Beklagte, der gegenüber der Klägerin vorleistungspflichtig war, hätte die Aussetzung der Erfüllung bereits unverzüglich nach Rechnungsstellung vom 27.11.1998 anzeigen müssen. Dass er dies vor dem 10.01.1999 getan hat, wird von dem Beklagten jedoch nicht behauptet.
Der Beklagte kann sich auch nicht auf eine Aufhebung des Vertrages gemäß Art. 73 CISG berufen, da er eine solche Aufhebung zu keinen Zeitpunkt gegenüber der Klägerin erklärt hat. Dass es eine Abrede zwischen den Parteien im Mai 1998 dergestalt gegeben haben soll, dass der Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber sämtlichen zukünftigen Lieferungen der Klägerin ausüben könne, kann einen vertraglichen Anspruch des Beklagten auf Zurückbehaltung nicht begründen. Denn ungeachtet dessen, dass der Beklagte hierzu noch nicht einmal vorgetragen hat, für welchen Zeitraum dieses im Mai 1998 angeblich vereinbarte Zurückbehaltungsrecht gelten soll, hat er auch nicht dargelegt, in welcher Höhe ihm konkrete Zurückbehaltungs- bzw. Minderungsrechte aus vorangegangenen Lieferungen zustehen sollen.
Dem Beklagten steht ferner kein Minderungsrecht gemäß Art. 50 CISG zu. Gemäß Art. 50 CISG kann der Käufer unabhängig davon, ob der Kaufpreis bereits gezahlt worden ist oder nicht, den Preis verhältnismäßig zum tatsächlichen Wert der Ware herabsetzen. Hier kommt es jedoch nicht darauf an, ob die von dem Beklagten behaupteten Mängel bei der Lieferung vom 06.01.1999 tatsächlich bestanden und daher dem Grunde nach ein Recht zur Minderung bestand. Denn weil der Beklagte die Mangelhaftigkeit der Lieferung nicht rechtzeitig gemäß Art. 38, 39 CISG gerügt hat, hat er das Recht, sich auf eine Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, verloren.
Dem Käufer steht nach UN-Kaufrecht nach Lieferung der Ware eine Frist zu deren Untersuchung sowie zur Erhebung der Mängelrüge zur Verfügung. Untersuchen muss der Käufer die Ware innerhalb einer so kurzen Frist, wie es die Umstände erlauben. Bei der Bestimmung der Fristdauer sind die Umstände des Einzelfalls und die angemessenen Möglichkeiten der Parteien heranzuziehen (Schlechtriem, Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht, 3. Aufl., München 2000, Art. 38, Rn. 15). Nach Auffassung des erkennenden Gerichts war es dem Beklagten im Rahmen seines ordnungsgemäßen Geschäftsganges zumutbar, die Lieferung der Klägerin innerhalb eines Zeitraums von 10 Tagen auf Mängel zu untersuchen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil es nach dem eigenen Vortrag des Beklagten bereits vorher Probleme mit Mängeln gab, so dass eine unverzügliche Untersuchung hier besonders geboten war. Nach Ablauf dieser 10 Tage, d. h. ab 16.01.1999, stand dem Beklagten noch eine Frist zur Rüge der Mängel zur Verfügung, die das Gericht mit einem Monat als angemessen erachtet. Hinsichtlich der Frage, welche Frist „angemessen“ im Sinne des Art. 39 Abs. 1 CISG ist, werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Das erkennende Gericht sieht einen Zeitraum von einem Monat jedenfalls als ausreichend an, um dem Käufer die Rüge zu ermöglichen. Der Beklagte hätte demnach Mängel spätestens bis 16.02.1999 gegenüber der Klägerin rügen müssen. Das Rügeschreiben vom 03.03.1999, das die Klägerin unstreitig empfangen hat, kam daher zu spät.
Den dem Beklagten obliegenden Nachweis, dass der Klägerin das Fax vom 10.01.1999 zugegangen ist, hat der Beklagte nicht erbracht.
Der Zeuge … konnte sich nicht daran erinnern, ob am 10.01.1999 ein Schreiben dieses Inhalts an die Klägerin abgesandt wurde. Die Zeugin … konnte zwar bestätigen, dass sie das Schreiben am 10.01.1999 an die Klägerin abgesandt hat. Hierdurch hat der Beklagte jedoch noch nicht den Zugang des Fax-Schreibens bei der Klägerin bewiesen. Bei Fax-Schreiben rechtfertigt auch die bewiesene Absendung nicht einmal einen Anscheinsbeweis für ihren Zugang (BGH, NJW 1995, Seite 665 ff., 666). Da durch den OK-Vermerk des Sendeberichts nur die Herstellung der Verbindung zwischen dem Sende- und dem Empfangsgerät angezeigt wird, nicht aber die gelungene Übermittlung der Daten bestätigt wird, hat auch dieser Vermerk keinerlei Aussagewert für den Zugang (BGH, NJW 1995, Seite 665 ff., 667).
Der spätere Vortrag des Beklagten, Herr … habe das Rügeschreiben vom 10.01.1999 erhalten und es unverzüglich mit dem Zeugen … erörtert und die hierzu angebotene Vernehmung des Zeugen … sind als verspätet im Sinne des § 296 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Der Beklagte hat diesen Vortrag erst mit Schriftsatz vom 07. März 2001 vorgebracht, nachdem die Beweisaufnahme bereits abgeschlossen war. Auf den Hinweis des Gerichts wurde dem Beklagten bis 31. Januar 2001 lediglich Aufschlüsselung und Substantiierung des Minderungs- und Aufrechnungsbetrages anheimgestellt. Die hierzu gesetzte Frist hat das Gericht sogar noch zweimal, zuletzt bis 07. März 2001, verlängert. Neuen Vortrag bezüglich des umstrittenen Zugangs des Fax-Schreibens, bei dem es nicht um die Höhe der Aufrechnung, sondern um den Grund der Aufrechnung (rechtzeitige Mängelrüge) geht, hätte der Beklagte spätestens im Termin zur mündlichen. Verhandlung am 19.12.2000 vorbringen müssen. Dieser Vortrag und die angebotene Vernehmung des Zeugen … wäre auch nur dann nicht verspätet gewesen, wenn der Beklagte den Zeugen … zum Termin sistiert hätte. Dadurch, dass dem Beklagten nach dem Termin nochmals Gelegenheit zur Aufschlüsselung seiner Aufrechnungsforderung gegeben und schließlich im schriftlichen Verfahren entschieden wurde, darf der Beklagte jedoch nicht besser und die Klägerin nicht schlechter gestellt werden, als wenn gleich ein Verkündungstermin anberaumt worden wäre.
Da der Beklagte die rechtzeitige Mängelrüge nicht beweisen konnte, kann es dahinstehen, ob diese inhaltlich den Anforderungen des Art. 39 CISG entsprach.
Da eine rechtzeitige Mängelrüge nicht erwiesen ist, geht auch die Aufrechnung des Beklagten ins Leere. Eine Aufrechnung des Beklagten mit Gegenforderungen ist zwar in diesem Verfahren entgegen der Ansicht der Klägerin zulässig. Art. 6 Nr. 3 EuGVÜ gilt nur für eine Klage des Beklagten auf gesonderte Verurteilung (Widerklage), hingegen nicht für den Fall, dass ein Beklagter eine Forderung gegenüber dem Kläger als bloßes Verteidigungsmittel (Aufrechnung) geltend macht (EuGH, NJW 1996, Seite 42 f.). Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob das Gericht für die Aufrechnungsforderung international zuständig ist. Vielmehr sind die gleichen Grundsätze anwendbar wie in dem Fall, dass der Beklagte in einem Drittstaat wohnt (Schlosser, EuGVÜ, München 1996, Seite 37). Die Aufrechnung des Beklagten ist demgemäß möglich, wenn die Aufrechnungsforderung gemäß § 33 ZPO wegen Konnexität mit der eingeklagten Forderung auch im Wege der Widerklage geltend gemacht werden könnte (Schlosser, aaO). Da die von dem Beklagten behauptete Forderung mit der Klageforderung im sachlichen Zusammenhang steht, ist die Aufrechnung hier zulässig. Sie geht jedoch aus den oben ausgeführten Gründen ins Leere.