Die Parteien streiten um die Abwicklung eines internationalen Kaufvertrags. Während die Klägerin den Kaufpreisrest geltend macht, begehrt die Beklagte zu 2) die Rückerstattung ihrer Anzahlungen gegen Rückgabe der gelieferten Waren.
Die Klagepartei, eine GmbH italienischen Rechts, ist auf dem Gebiet der repräsentativen Raumausstattung tätig. Die Beklagte zu 1) ist eine international tätige Autovermietungsfirma, die Beklagte zu 2) ist ihr Tochterunternehmen. Im Spätsommer 1998 entwickelte die Klägerin auf Bitte von Frau ..., der Prokuristin der Beklagten zu 1) und Geschäftsführerin der Beklagten zu 2) für die Filialen der Beklagten zu 1) einen aus Metall gefertigten globenförmigen Träger für einen Videomonitor, der auf einen kleineren bzw. größeren Gestell montiert, von einem Motor, ähnlich wie ein Ventilator, um die eigene Achse hin und her schwenkend bewegt wird („Globen“).
Eine Prototyp wurde am 30.10.98 bei den Beklagten in München vorgeführt und zur Erprobung zurückgelassen. Zugleich unterbreitete die Klägerin der Beklagten zu 2) ein nach der Bezugsmenge gestaffeltes Angebot für diese Globen. Am 15.12.98 wurden zunächst 20 große Globen zum Stückpreis von 4.500.000, Lire sowie 20 kleine Globen zum Stückpreis von 3.800.000, Lire bestellt. Diese Bestellung wurde von der Beklagten zu 2), am 18.3.1999 auf je 60 große und 60 kleine Globen erweitert. Insgesamt wurden 119, nämlich am 27.3.99 (19 große), am 21.4.99 (39 kleine), am 7.10.99 (40 große) und am 23.11.99 (21 kleine) geliefert. Die gesamte Kaufsumme samt Monitore beläuft sich auf 607.260.000, Lire, von denen die Beklagten 278.460.000, Lire bezahlt haben. Der offene Restkaufpreis ist von der Klägerin mit mehreren Schreiben, zuletzt im November 99 gemahnt (K 6 bis K 9) worden.
Nach den ersten Lieferungen reklamierte die Beklagte zu 1) am 18.5.99, 2.6.99, 16.9.99, 30.6.99, 13.7.99, 22.7. und 23.7.99 jeweils per Fax technische Probleme (Anl. B 3 bis B 10).
Es wurde behauptet, daß die Globen nach einigen Tage keine vollständige Hin- und Herbewegung durchführten bzw. sich überhaupt nicht bewegten. Sie äußerte in dem Schreiben vom 18.5.99 die Vermutung, daß ein Konstruktionsfehler vorliegen könne. Konkret wurden Defekte an Globen, die an die ... ausgeliefert waren, in Stuttgart und Nizza (B 4 bzw. B 5) in Paris, (B 6), in Frankfurt (B 7) sowie in Düsseldorf (B 8 und B 9) gemeldet. Nachdem die Parteien mehrere Einigungsversuche unternommen hatten, erklärte der Prozeßvertreter der Beklagten mit Schreiben vom 4.1.2000 die Wandlung hinsichtlich sämtlicher gelieferter Globen und forderte die Klägerin auf, diese wieder abzuholen und die geleisteten Anzahlungen zurückzuerstatten.
Die Klägerin macht geltend, daß die gelieferten Globen mangelfrei waren. Die Überprüfung eines beanstandeten Globus in Nizza hätte ergeben, daß, dieser funktionierte. Die Beklagten hätten völlig unsubstantiierte Rügen ausgesprochen. Die von ihr gelieferten Globen seien technisch einwandfrei konstruiert. Die Beklagten hätten zudem den Prototypen ausreichend lang erproben können. Änderungswünsche seien nicht geäußert worden.
Die zuerst gegen die Beklagte zu 1) erhobene Klage ist, nachdem deren Passivlegitimation gerügt worden war, für erledigt erklärt und zugleich Klage gegen die Beklagte zu 2) erhoben worden. Nachdem die Beklagte zu 1) ihre Passivlegitimation nicht mehr bestreitet, beantragt die Klägerin, die Beklagten zu 1) und zu 2) zu verurteilen, an die Klägerin DM 323.088, nebst 5 % Zinsen hieraus seit 7.12.99 sowie DM 7.532,08 Zinsen für die Zeit vom 22.4.99 bis 6.12.99 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.
Sie führt aus, daß die Globen mangelhaft konstruiert und für einen Dauerbetrieb – auszugehen sei von einer Mindestlaufzeit von 2 Jahren – völlig ungeeignet seien. Sie beanstandet ferner die Gerätentwicklung der Geräte. Die Mängel habe sie nicht nur schriftlich sondern mehrfach telefonisch angezeigt. Vom Vertrag sei sie durch telefonische Mitteilung eines Angestellten bereits im August 99 – vor den beiden letzten Lieferungen – zurückgetreten.
Die gelieferten Globen seien höchstens DM 150.000, wert. Widerklagend beantragt die Beklagte zu 2), die Klägerin zu verurteilen, an sie EUR 143.787,85 nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 25.1.2002 Zug um Zug gegen Rückgabe der gelieferten Globen zu bezahlen.
Die Klägerin beantragt ihrerseits, die Widerklage abzuweisen.
Sie macht geltend, daß die Beklagte die Aufhebung des Vertrags nicht verlangen könne, da keine wesentliche Vertragsverletzung vorliege. Darüberhinaus sei die Beklagte gar nicht in der Lage die Globen zurückzugeben.
Hinsichtlich der Einzelheiten des inzwischen umfangreichen Vortrags der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen ..., der im Auftrag des Gerichts einen Dauerversuch durchgeführt hat. Auf seine Protokolle vom 29.1.2.001 (Bl. 118/124) vom 25.2001 (Bl. 140/145) sowie seine Stellungnahmen vom 6.10.2001 (Bl. 168/172) sowie vom 28.10.2001 (Bl. 174/176) Bezug genommen. Die Kammer hat den Sachverständigen in der Sitzung vom 31.1.2002 angehört, auf das Protokoll wird verwiesen (Bl. 214/216).
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist zum Teil – in Höhe von EUR 75.273,74 – begründet, die Widerklage zulässig aber unbegründet.
Der Klageanspruch ergibt sich aus Art. 53, 62 CISG.
Das ... ist auf den vorliegenden Vertrag anzuwenden, da es sich um den Kauf von beweglichen Gegenständen zwischen Parteien handelt, die ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten des Übereinkommens haben, Art. 1 CISG. Das Übereinkommen gilt für die Bundesrepublik Deutschland im Verhältnis zu Italien seit 1.1.1991 (BGBl II 1990, 1477).
Auch soweit es sich um einen in der deutschen Terminologie – Werklieferungsvertrag handelt, ist das Übereinkommen anwendbar, da die Klägerin und nicht die Beklagte die zur Herstellung der Globen notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt hat, Art. 3 Abs, 1 CISG.
Aufgrund der Erklärung des Beklagtenvertreters in der Sitzung vom 31.1.2002 ist davon auszugehen, daß der Kaufvertrag zwischen der Klägerin einerseits und beiden Beklagten andererseits geschlossen wurde.
Insgesamt sind den Beklagten unstreitig zwischen 27.3. und 23.11.99 insgesamt 60 kleine und 59 große Globen zum vereinbarten gesamten Verkaufspreis von seinerzeit 607.260.000, Lire – bei dem offiziellen Umrechnungskurs von 1.936,27 nunmehr 313.623,62 EUR. Hierauf haben die Beklagten unstreitig Zahlungen in Höhe von insgesamt 278.460.000, Lire, entsprechend 143.812,59 EUR geleistet. Der verbleibende Restkaufpreis von 169.811,03 EUR steht der Klägerin jedoch nicht in voller Höhe zu, da sich die Beklagten auf eine Minderung gemäß Art. 50 CISG in Höhe von 94.087,07 EUR berufen können.
Im einzelnen:
Die gelieferten Globen waren nicht vertragsgemäß § 35 CISG, da der Motor sich für einen mehrjährigen Betrieb der Globen nicht eignete. Der Klägerin war bekannt, daß die Globen als repräsentative Ausstellungsobjekte in den Filialen der Beklagten zu 1), die sich in verschiedenen Ländern befinden, eingesetzt werden sollten, Art. 35 Abs. 2 b CISG. Der Klägerin war damit erkennbar, daß die Beklagte die hochwertigen und teuren Ausstattungsstücke nicht lediglich für eine kurze (mehrmonatige) Werbekampagne einsetzen sondern als dauerhaften Einrichtungsgegenstand anschaffen wollte. Ohne daß die Parteien hierüber eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen haben war damit eine mehrjährige störungsfreie Betriebsdauer der Globen impliziert. Im Hinblick auf die hohen Kosten für den Weitertransport zu den Filialen – die großen Globen wiegen samt Verpackung fast 290 kg – geht das Gericht von einer konkludent vereinbarten durchschnittlichen Betriebsdauer von drei Jahren aus.
Wie die Begutachtung des Sachverständigen ... ergeben hat, hat die Klägerin einen billigen Kollektormotor verwendet, der weder für einen langlebigen Betrieb noch für einen Service ausgelegt war. Für den vorgesehenen reversierenden. Betrieb mit erheblicher Belastung während der Drehrichtungsumschaltung hätten elektronisch kommutierte Gleichstrommotoren oder Wechselstrommotoren mit Kurzschlußläufer Verwendung finden müssen (Bl. 144). Die Motoren hätten darüber hinaus mit einer Kugellagerung versehen werden müssen.
Obwohl die Motoren der den Dauerversuch unterzogenen Globen die originalverpackt dem Sachverständigen zur Verfügung standen, eine Betriebsdauer von 2.730 Stunden störungsfrei überstanden haben, ist von einem Mangel auszugehen. Der Sachverständige hat bei seiner Anhörung nachvollziehbar dargelegt, daß die verwendeten Motoren eine maximale Lebensdauer von 5.000 Stunden hätten. Dies entspricht einer täglichen Gesamtbetriebsdauer – als Autovermieter muß die Beklagte zu 1) ihre Filialen sieben Tage in der Woche offen halten – von wenig mehr als einem Jahr. Auch wenn man berücksichtigt, daß die von dem Sachverständigen angegebene maximale Betriebsdauer eine Schätzung ist, die nach oben und unten abweichen kann, genügen die verwendeten Motoren den vorgesehenen Betriebsanforderungen und der vorgesehenen Betriebsdauer in keiner Weise. Darüberhinaus handelt es sich bei der Einheit von Motor, Getriebe und Schneckenrad um eine – wovon sich erkennende Richter aufgrund des Augenscheins am 31.1.2002 selbst überzeugen konnte – schlicht wirkende, langläufig ausgedrückt eher „windige“ Konstruktion, die im auffälligen Gegensatz zu der aufwendigen und guten Verarbeitung des sonst hochwertigen Produkts steht.
Die Beklagten können sich auf diesen Mangel berufen, da sie ihn in angemessener Frist gemäß Art. 38 nach dem Zeitpunkt, in dem sie ihn festgestellt haben, anzeigten. Aus dem Umstand, daß den Beklagten von Ende Oktober bis zu ihrer Bestellung Mitte Dezember 1998 in München ein Prototyp zur Verfügung stand, kann nicht geschlossen werden, daß sie hierbei den Konstruktionsmangel des Motors hätten feststellen müssen. Zum einen ging es vorrangig um das Design der Globen, darüberhinaus war ein Dauerbetrieb in Art einer technischer Abnahme nicht vorgesehen. Der vorhandene Antrieb war zudem geeignet, gelegentliche Demonstrationen während 6 Wochen unbeschadet zu überstehen.
Bereits in dem ersten Fax eines Angestellten der Beklagten zu 1) vom 18.5.1999 sind technische Probleme mit den Globen der ersten Lieferung vom 27.3.99 angezeigt worden und dort bereits ein Konstruktionsmangel vermutet worden. Die Beklagte zu 1) hat in den folgenden Monaten bis Ende Juli immer wieder Defekte, die die Drehbewegung betrafen, angezeigt. Sie war nicht verpflichtet, diesen von ihr als Systemfehler bezeichneten Mangel gebetsmühlenartig nach den weiteren Lieferungen von Globen im Oktober und November 1999 zu wiederholen. Zumal sie schon im ersten Fax vom 18.5.99 wie auch am 23.7.99 die Einstellung der Zahlungen angekündigt hatte, sofern die Klägerin sich um das Problem nicht kümmern würde. Die Klägerin hat – was auch in der Sitzung vom 31.1.2002 aufgrund der Äußerungen ihres Vertreters, ... , deutlich wurde – sich nicht ausreichend mit den technischen Problemen auseinandergesetzt.
Die Beklagten können sich darüberhinaus auch auf die fehlende Betriebssicherheit, die der Sachverständige in seinem Protokoll vom 25.5.2001 festgestellt hatte, berufen, da sie diesen Mangel – der ihr damit erstmals bekannt wurde – mit Schriftsatz vom 25.6.2001 rechtzeitig rügten, Art. 39 CISG. Es besteht keine Verpflichtung eines Käufers, ein Gerät auf die elektrische Betriebssicherheit zu untersuchen. Mit elementaren Mängeln wie das Fehlen der Erdung des Schutzleiters oder einer Zugentlastung braucht nicht gerechnet werden.
Die Beklagten können sich hingegen nicht auf die – auch von dem erkennenden Richter als störend empfundene – Geräuschentwicklung als Fehler berufen. Sie hatte nämlich Gelegenheit, vor ihrer Bestellung einen Prototypen zu testen. Durch die nachfolgende Bestellung hat sie die auch bei einem kurzen Probebetrieb erkennbare Geräuschentwicklung damit als vertragsgerecht akzeptiert (vgl. Rechtsgedanke des Art. 35 Abs. 2 c) CISG).
Der Restkaufpreisanspruch der Klägerin ist nicht durch eine Vertragsaufhebung seitens der Beklagten beseitigt worden. Nach Überzeugung der Kammer liegt nämlich keine wesentliche Vertragsverletzung im Sinne der Art. 49 Abs. 1 a, 25 CISG vor. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß nach der Konzeption des CISG die mit einer Vertragsaufhebung verbundene Rückabwicklung eines Kaufvertrags, die – wie im vorliegenden Fall exemplarisch deutlich wird – im internation Rechtsverkehr besonders beschwerlich ist, nur die ultima ratio sein soll.
Bei der Frage, ob den Beklagten aufgrund der Lieferung von Globen mit minderwertigen, für einen mehrjährigen Betrieb nicht geeigneten Motoren im wesentlichen das entgangen ist, was sie nach dem Vertrag hatten erwarten dürfen, Art. 25 CISG, ist zu berücksichtigen, daß dieser Mangel durch Austausch der Motoren prinzipiell behebbar ist. Darüberhinaus ist die Drehfunktion der Globen im Vergleich zu ihrer Funktion als repräsentatives Showobjekt, mit dem – auch ohne Drehbewegung – Werbevideos vorgeführt werden können, nachrangig. Die Schwenkbewegung der Globen verstärkt lediglich den Werbe- und Showeffekt, er ist kein zentraler Faktor. Auch ohne Schwenkbewegung stellen die Globen, wie sich der erkennende Richter aufgrund des Augenscheins am 31.1.2002 überzeugen konnte, durchaus repräsentative und funktionsfähige Ausstattungs- und Ausstellungsstücke dar. Die Beklagten haben somit im Kern das erhalten, was sie wollten: hochwertige Designerobjekte, die zu ihrem modernen Markenimage passen. Hat der Käufer Verwendung für die mangelhafte Ware liegt keine wesentliche Vertragsverletzung vor (Staudinger-Magnus Rn. 14 zu Art. 49 CISG).
Dem Gericht erscheint eine Minderung in Höhe von 30 % des Kaufpreises angemessen. Da es sich nicht um eine Massenware handelt ist, davon auszugehen, daß der zwischen den Parteien frei vereinbarte Kaufpreis dem Wert der vertragsgemäßen Ware entspricht. Somit werden in der in Art. 50 CISG vorgesehenen Formel: Wert der gelieferten Ware x Vertragspreis: Wert der mangelfreien Ware wegen der Wertidentität = herabgesetzer Preis von Vertragspreis und Wert der mangelfreie Ware diese Größen aus der Gleichung gekürzt, so daß der um 30 % gekürzte Vertragspreis dem geminderten Preis entspricht. Damit schuldeten die Beklagten statt 607.260.000, Lire nur 425.082.000, Lire, das sind EUR 219.536,55. Da sie hiervon bereits 278.460.000, Lire, das sind EUR 143.812,59 bezahlt haben, verbleibt ein geminderter Restkaufpreisanspruch der Klägerin von 146.622.000, Lire, nunmehr 75.723,74 EUR.
Die Widerklage war abzuweisen, da die Beklagte zu 2) wie ausgeführt kein Recht zur Vertragsaufhebung hatte.
Der Kaufpreis ist gemäß Art. 78 CISG seit Fälligkeit zu verzinsen, wegen der Skontoklausel jeweils 10 Tage nach der jeweiligen Lieferung. Die Höhe der Zinsen beträgt 5 %, dem gesetzlichen Zinssatz nach dem insoweit anwendbaren italienischen Recht, der derzeit den kaufmännischen Fälligkeitszinsen gemäß § 353 Satz 1 BGB entspricht. Da die Beklagten nur einen geminderten Kaufpreis schulden, war der von der Klägerin für die Zeit bis 7.12.99 berechnete, als Hauptsache geltend gemachte Zinsbetrag entsprechend auf EUR 1.069,96 zu ermäßigen: nämlich 5 % Zinsen aus den für die erste Lieferung nicht bezahlten Kaufpreisanteil von 66.380.000, Lire für 220 Tage und aus den nicht bezahlten Rest für die zweite Lieferung in Höhe von 26.000.000, Lire für 20 Tage, Zinsbeträge von 1.033,17 bzw. 36,79 EUR.
Für die Zeit ab 7.12.999 war die restliche Kaufpreisforderung von EUR 75.723,74 wie beantragt mit 5 % zu verzinsen.