Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Bezahlung gelieferter Schuhe und Kollektionsmuster und die Aufrechnung der Beklagten wegen Schadensersatzansprüchen.
Der Senat nimmt Bezug auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Landgerichts München II vom 20.2.2002, Seiten 3 bis 8 (= Bl. 54/59 der Akten).
Das streitige Vorbringen der Beklagten auf Seite 7, 2. Abs. (= Bl. 68 der Akten), ist dahin zu berichtigen, daß es statt 727.614,- DM richtig heißen muß 227.614,- DM.
Gegen das ihr am 1.3.2002 zugestellte Endurteil hat die Beklagte mit einem am 27.3.2002 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel mit einem am 2.5.2002 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Beklagte beantragt:
I. Das am 20.2.2002 verkündete Urteil des Landgerichts München II, Az.: 10 O 5423/01, wird aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin beantragt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Wegen des beidseitigen Vorbringens im Berufungsrechtszug nimmt der Senat Bezug auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze je samt Anlagen, nämlich diejenigen der Beklagten vom 2.5.2002 (Bl. 74 ff.) und 24.6.2002 (Bl. 95 ff.) sowie diejenigen der Klägerin vom 4.6.2002 (Bl. 83 ff.) und 1.7.2002 (Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 1.7.2002, Bl. 102 ff.).
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel der Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
I. Vorliegend ist angefochten ein Endurteil des Landgerichts München II, das auf die mündliche Verhandlung vom 16.1.2002 hin erging. Gemäß § 26 Ziff. 5 EGZPO nF findet daher auf das Berufungsverfahren die Zivilprozeßordnung in der ab 1.1.2002 gültigen Fassung Anwendung.
Für das Berufungsgericht ist der Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Landgerichts München II maßgebend. Der Prüfungsumfang des Berufungsgerichts bemisst sich nach §§ 529/531 ZPO nF. Es liegen weder konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen vor noch sind neue, berücksichtigungsfähige Tatsachen vorgetragen, noch sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entscheidungserheblich wären, im ersten Rechtszug zu Unrecht zurückgewiesen worden.
II. Der Senat nimmt vollumfänglich Bezug auf die zutreffenden Darlegungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Endurteils erster Instanz unter den Ziffern I. und III., Seite 8 bis 15 und Seite 17 f. des Endurteils (= Bl. 59/66 und Bl. 68 f. der Akten), ausgenommen die Ausführungen zur Fälligkeit der Rechnungen S. 13 des angefochtenen Endurteils (= Bl. 64 der Akten).
III. Das Erstgericht hat bei der Anwendung des CISG keine Rechtsfehler gemacht.
1. Gemäß Art. 3 Abs. 1 CISG waren die Vorschriften des CISG auf die vertraglichen Beziehungen der Parteien anwendbar.
2. Zu Recht ist das Erstgericht nicht von einem einzigen Sukzessivlieferungsvertrag ausgegangen. Es liegt zwischen den Parteien gerade kein Vertrag des Inhalts vor, daß immer gleiche Schuhe sukzessiv von der Klägerin an die Beklagte zu liefern sind, wie es Voraussetzung für einen Sukzessivlieferungsvertrag wäre. Vielmehr wurde von der Klägerin von Fall zu Fall nach Billigung der produzierten Muster eine Bestellung bei der Klägerin aufgegeben.
3. Die Beklagte war ohne Nachfristsetzung nicht zur Vertragsaufhebung hinsichtlich der noch nicht ausgelieferten Paar Schuhe berechtigt.
Bis zur Erklärung der Vertragsaufhebung mit Schreiben der Beklagten vom 30.3.2001 (K 14) hat die Beklagte der Klägerin keinerlei Nachfrist zur Erbringung der ausstehenden Lieferungen gesetzt. Dies hätte sie gemäß Art. 49 Abs. 1 lit. b) CISG tun müssen. Art. 47 Abs. 1 CISG ist zwar eine Kann-Vorschrift, jedoch ergibt sich aus der Verweisung in Art. 49 Abs. 2 lit. b) und auch aus Art. 47 Abs. 2 Satz 1 CISG, daß eine Nachfristsetzung unabdingbare Voraussetzung für die Geltendmachung von Rechten für den Verkäufer wegen Vertragsverletzungen des Verkäufers ist, nachdem eine Erklärung der Klägerin, sie werde keinesfalls mehr liefern, nicht vorliegt.
Wie sich außerdem aus einem Vergleich zwischen Art. 49 Abs. 1 lit. a) und Art. 49 Abs. 1 lit. b) CISG ergibt, liegt in einer Nachlieferung oder in einer verspäteten Lieferung gerade keine wesentliche Vertragsverletzung im Sinne des Art. 25 CISG. Ansonsten wäre nicht eine Regelung wie in Art. 49 Abs. 1 lit. b) CISG erforderlich und getroffen worden. Außerdem fehlt jeglicher Sachvortrag der Beklagten zu einem Fixgeschäft.
4. Der Senat geht – insoweit in Abweichung von der Rechtsansicht des Erstgerichts – von einem zwischen den Parteien zumindest konkludent vereinbarten Zahlungsziel von 10 Tagen nach Rechnungsdatum aus. Alle streitgegenständlichen Rechnungen tragen diesen Vermerk zur Bezahlung. Seitens der Beklagten fehlt jeglicher Sachvortrag dazu, daß sie sich wegen etwaiger anderweitiger Vereinbarungen dagegen verwahrt hätte.
Auf einen Handelsbrauch „60 Tage Zahlungsziel“, wie von der Beklagten behauptet, kam es daher nicht an.
Wegen Nichtzahlung der Rechnungen durch die Beklagte kam es daher zu Liefereinstellungen seitens der Klägerin, was auch in deren Schreiben an die Beklagte vom 19.3.2001 und 23.3.2001 (K 12 und K 13) zum Ausdruck kommt. Wegen der Nichtzahlung durch die Beklagte hatte die Klägerin somit ein Recht zur Liefereinstellung.
5. Zu den Rechnungen Nr. 156 und 132 ist das Erstgericht zu Recht von verspäteter Rüge seitens der Beklagten am 15.5.2001 und 6.6.2001 ausgegangen, zumal diese Rechnungen vom 6.11.2000 bzw. 18.4.2001 datieren, und es sich um die Frühjahrs-/Sommerware 2001 handelte. Im übrigen liegt schlüssiger und überzeugender Sachvortrag der Klägerin dahingehend vor, daß sie ganze Paare geliefert habe, wenngleich geteilt und an unterschiedliche Adressaten. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, die hälftigen Paare jeweils zusammenzubringen.
Außerdem fehlen jegliche Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 40 CISG.
6. Der Beklagten stehen keinerlei Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin zu.
a) Schadensersatzansprüche der Beklagten sind wegen deren Zahlungsverzugs bereits gemäß Art. 80 CISG ausgeschlossen.
b) Darüber hinaus besteht kein Schadensersatzanspruch gemäß Art. 76 CISG, weil es an einer Berechtigung der Beklagten zur Vertragsaufhebung mangelt, wie bereits dargelegt.
c) Auch ein Schadensersatzanspruch gemäß Art. 74 CISG steht der Beklagten nicht zu, weil insoweit ein ausreichend substantiierter Schaden seitens der Beklagten nicht vorgetragen wurde. Trotz des diesbezüglichen Hinweises des Erstgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Endurteils zu diesem Punkt hat die Beklagte im Berufungsrechtszug lediglich ihren unsubstantiierten Sachvortrag hierzu aus der ersten Instanz wiederholt. Die Vernehmung der dazu benannten Zeugin S… käme einer unzulässigen Ausforschung gleich.
7. Auf die Vernehmung der von der Beklagten zu der angeblichen Lieferzusage der Klägerin am 15.3.2001 in Düsseldorf auf der Messe benannten 4 Zeugen kam es nicht mehr an, weil die Beklagte ohne Nachfristsetzung nicht zur Aufhebung der Verträge berechtigt war, wie bereits dargelegt.