I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Kaufpreiszahlung in Höhe von 99.689,46 EUR abzüglich eines Betrages von 9.826,28 EUR für hergestellte und gelieferte Plastikflaschen in Anspruch. Die Beklagte macht im Wege der Hilfsaufrechnung Schadensersatzansprüche wegen verspäteter Lieferung in Höhe von 71.937,65 EUR geltend.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des am 30.04.2002 verkündeten Urteils des Landgerichts Stralsund verwiesen, der wie folgt zu ergänzen ist: Die A. Einkaufs GmbH & Co. KG (im folgenden A. S.) erteilte am 15.02.2001 den an die B. P,- und V. GmbH & Co. KG gerichteten Auftrag, 1.873 Paletten Flaschen „Gewürzketchup“ für den Zeitraum vom 21.05.2001 bis zum 25.05.2001 zu liefern. Mit Telefax vom 22.05.2001 an die R. G. P,- und V. GmbH & Co. KG (im folgenden R. G.) teilte A. S. mit, wie die bereits gelieferten 1.281 Paletten auf ihre einzelnen Niederlassungen aufgeteilt werden sollten. Mit Schreiben vom 06.06.2001 stellte A. S. der R. G. entgangenen Gewinn i. H. v. 90.843,65 DM wegen Mengenminderung von 304.640 Flaschen in Rechnung. Diesen Schaden leitete die R. G. mit Schreiben vom 11.06.2001 an die Beklagte weiter.
Mit Urteil vom 30.04.2002 verurteilte das Landgericht Stralsund die Beklagte, an die Klägerin 99.689,46 EUR nebst Zinsen abzüglich eines Betrages i. H. v. 9.826,28 EUR zu zahlen. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin habe gegen die Beklagte einen fälligen Kaufpreisanspruch gemäß den vertraglichen Vereinbarungen iVm Art. 53, 62 UN-Kaufrecht. Eine Aufhebung des Vertrages wegen verspätet erfolgter Lieferung habe die Beklagte nicht erklärt. Sie habe auch nicht schlüssig dargelegt, dass die von ihr im Wege der Hilfsaufrechnung geltend gemachten Schadensersatzansprüche durch die verspätete Lieferung der Klägerin gemäß Art. 45 Abs. 1 iVm Art. 74 bis 77 UN-Kaufrecht entstanden seien und aufgrund welcher vertraglichen Beziehungen der von A. S. gegenüber deren Vertragspartnern geltend gemachte Schaden auch einen solchen der Beklagten darstelle. Die Beklagte habe schließlich keinen Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihr durch die Nichtlieferung der Klägerin ab dem 23.05.2001 entstanden sei. Die Klägerin habe gemäß Art. 71 Abs. 1 b UN-Kaufrecht die Lieferung aussetzen dürfen, da die Beklagte ihre Zahlungsverpflichtungen verletzt habe. Der Klägerin ihrerseits seien keine wesentlichen Pflichtverletzungen vorzuwerfen, da der ursprünglich vereinbarte Liefertermin aufgrund der von der Beklagten veranlassten Änderung der Flaschen obsolet geworden sei und die Parteien keinen neuen Fertigstellungstermin vereinbart hätten.
Gegen das ihr am 08.05.2002 zugestellte Urteil des Landgerichts Stralsund legte die Beklagte mit am 06.06.2002 beim Oberlandesgericht Rostock eingegangenen Schriftsatz Berufung ein, die sie nach Bewilligung einer Fristverlängerung bis zum 08.08.2002 mit an diesem Tage eingereichten Schriftsatz begründete.
Die Beklagte trägt unter weitgehender Wiederholung ihrer erstinstanzlichen Darlegungen vor, ihre geltend gemachten Schadensersatzansprüche seien allein auf die verspätete Lieferung der Klägerin zurückzuführen.
Sie behauptet, mit Fax vom 22.05.2001 habe A. S. auf Grund der zögerlichen Lieferung die ursprünglich am 15.02.2001 vereinbarte Palettenanzahl von 1.873 auf 1.281 reduziert und diese anderweitig aufgeteilt.
Während die Beklagte im ersten Rechtszug vorgetragen hatte, der seinerzeitige Auftrag von A. S. vom 15.02.2001 sei gegenüber ihrer Vertriebsgesellschaft B. P,- und V. GmbH & Co. KG erteilt worden, behauptet sie mit der Berufung nunmehr, A. S. habe in dem Auftrag vom 15.02.2001 lediglich versehentlich in der Anschrift die B. P,- und V. GmbH & Co. KG aufgeführt, das Geschäft sei tatsächlich über die R. G. abgewickelt worden.
Schließlich behauptet die Beklagte, die Parteien des Rechtsstreits hätten den ursprünglich vereinbarten Liefertermin in der 19./20. KW auch nach Änderung der Flaschenhöhe beibehalten. Es sei Aufgabe der Klägerin gewesen zu überprüfen, ob der entsprechende Liefertermin auch bei den geänderten Angaben eingehalten werden konnte und bei Nichteinhaltung den geänderten Auftrag nicht anzunehmen. Die Klägerin habe sie in dem Glauben gelassen, dass die Möglichkeit bestehe, die vereinbarte Menge in der vorgesehenen Zeit zu liefern.
Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung des am 30.04.2002 verkündeten Urteils des Landgerichts Stralsund die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und führt vertiefend aus, A. S. habe zu keinem Zeitpunkt eine verspätete Lieferung, sondern allein das Ausbleiben der restlichen Ketchupflaschen beanstandet.
Selbst wenn die Firma R. G. Vertragspartnerin von A. S. gewesen sei, was bestritten werde, sei nicht klar, mit welcher Berechtigung die Beklagte eigene Ansprüche geltend mache.
Schließlich habe sie sofort, nachdem die Beklagte Änderungswünsche vorgebracht habe, auf die damit verbundenen zeitlichen Konsequenzen hingewiesen und erklärt, dass der ursprüngliche Liefertermin nicht werde eingehalten werden können. In dieser Situation habe es der Beklagten freigestanden, den erteilten Auftrag zu stornieren, was sie nicht getan habe.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung des restlichen Kaufpreises in Höhe von 99.689,46 EUR nebst Zinsen abzüglich der am 06.07.2001 gezahlten 9.826,28 EUR gem. Art. 53, 62 CISG (UN-Kaufrecht) zu. Der Kaufpreisanspruch ist nicht durch die hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen der Beklagten erloschen.
Es wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Stralsund im angefochtenen Urteil verwiesen, denen sich der Senat anschließt.
Die mit der Berufung erhobenen Einwände der Beklagten greifen nicht durch.
1. Die Beklagte legt nach wie vor nicht schlüssig dar, dass ihr durch die verzögerte Lieferung der Klägerin ein Schaden gemäß Art. 74, 45 Abs. 1 b CISG entstanden ist.
Die Beklagte hat mit einem Schadensersatzanspruch i. H. v. 90.843,65 DM (46.447,62 EUR) hilfsweise die Aufrechnung erklärt. Die Endabnehmerin A. S. stellte diesen Betrag der Firma R. G. wegen entgangenen Gewinns in Rechnung. Diese Forderung ist aber nicht auf die bis zum 22.05.2001 erfolgten Lieferungen der Klägerin zurückzuführen, sondern darauf, dass sie ab dem 23.05.2001 keine weiteren Lieferungen mehr vornahm. In dem Schreiben vom 06.06.2001 erklärte A. S. ausdrücklich, einen Schaden wegen einer Mengenminderung von 304.640 Flaschen geltend zu machen.
Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren erstmals behauptet, in einem Fax vom 22.05.2001 habe A. S. aufgrund der zögerlichen Lieferung die erwartete Menge Gewürzketschup reduziert und diese anderweitig aufgeteilt, ist dieser neue Tatsachenvortrag gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht zuzulassen. Das Landgericht Stralsund wies die Beklagte bereits in seinem Beschluss vom 29.01.2002 darauf hin, sie habe nicht dargelegt, dass der von A. S. geltend gemachte Schaden durch die nicht fristgemäße Lieferung verursacht worden sei. Die Beklagte trägt auch nicht vor, dass der verspätete Vortrag nicht auf ihrer Nachlässigkeit beruht.
Im Übrigen ist dem Inhalt des Faxes vom 22.05.2001 iVm dem Schreiben vom 06.06.2001 nicht zu entnehmen, dass A. S. wegen der verspäteten Lieferung zum 22.05.2001 von dem Kaufvertrag zurückgetreten ist und die weitere Erfüllung abgelehnt hat. Dort teilt A. S. lediglich mit, dass eine Umverteilung der bis zu diesem Zeitpunkt gelieferten Gewürzketschupflaschen erfolgen soll. Dies diente augenscheinlich dazu, die bislang gelieferten Flaschenmengen in einem angemessenen Verhältnis auf ihre einzelnen Niederlassungen zu verteilen. Eine weitere Anlieferung der restlichen Flaschen hat sie damit aber nicht ausgeschlossen.
2. Die Beklagte legt desweiteren nicht substantiiert dar, dass sie berechtigt ist, den Schaden von A. S. gegenüber der Klägerin geltend zu machen.
Erstinstanzlich hat die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 06.12.2001 noch erklärt, A. S. habe den Auftrag ihrer Vertriebsgesellschaft B. P,- und V. GmbH & Co. KG abgereicht. Demgegenüber trägt sie nunmehr im Berufungsverfahren neu vor, A. S. habe ihre Auftragserteilung lediglich aus Versehen an die B. P,- und V. GmbH & Co. KG gerichtet. Tatsächlich sei das Geschäft über die Firma R. G. abgewickelt worden. Diesen neuen Tatsachenvortrag darf der Senat nicht berücksichtigen, da die Zulassungsvoraussetzungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Das Landgericht Stralsund hat in seinem Beschluss vom 29.01.2002 bereits darauf hingewiesen, die Beklagte habe nicht schlüssig dargelegt, dass ihr selbst ein Schaden entstanden sei, nachdem die A. S. einer mit der Beklagten nicht identischen Firma einen Schaden in Rechnung gestellt habe. Die Beklagte erklärt nicht, dass ihr neuer Vortrag in der Berufungsinstanz nicht auf ihre Nachlässigkeit beruht.
Selbst wenn A. S. den Vertrag mit der Firma R. G. schloss, hat die Beklagte jedenfalls nicht ausreichend dargelegt, aufgrund welcher vertraglichen Vereinbarung sie diesen Schaden der Firma R. G. ersetzt hat. Es reicht nicht aus, dass die Beklagte Kommanditistin der R. G. ist und einen Gesellschaftsanteil von 50 % hält, da es sich um zwei rechtlich selbstständige juristische Personen handelt.
3. Der Beklagten stehen keine Schadensersatzansprüche aufgrund des ab dem 23.05.2001 erfolgten Lieferstopps der Klägerin zu.
Die Klägerin durfte gemäß Art. 71 Abs. 1 b CISG die Erfüllung ihrer Pflichten aussetzen, da sie aufgrund des Verhaltens der Beklagten davon ausgehen durfte, diese werde ihren Zahlungsverpflichtungen auch in der Zukunft nicht nachkommen. Es wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen der Landgerichts Stralsund in seinem Urteil vom 30.04.2002 Bezug genommen.
Die Beklagte war hingegen nicht berechtigt, ihre Zahlungsverpflichtungen gemäß Art. 71 Abs. 1 CISG auszusetzen, da die Klägerin nicht gegen Art. 33 CISG verstoßen hatte.
Nach dieser Vorschrift hat der Verkäufer, wenn ein Zeitpunkt im Vertrag bestimmt ist, die Ware zu diesem Zeitpunkt zu liefern, in allen anderen Fällen innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsabschluss.
a) Entgegen der Auffassung der Beklagten vereinbarten die Parteien keinen verbindlichen Liefertermin.
Ursprünglicher Liefertermin war die 19./20. KW.
Zeitlich nach dieser Festlegung widerrief die Beklagte am 16.03.2001 die Freigabe der Produktion und gab eine veränderte Flaschenform in Auftrag. Hierin liegt ein neues Angebot der Beklagten bzw. ein Angebot auf Änderung des ursprünglichen Vertrages. Die Klägerin nahm dieses Angebot gemäß ihrem Fax vom 23.03.2001 grundsätzlich an, jedoch nicht zu den ursprünglichen Vertragsbedingungen, insbesondere nicht zum ursprünglichen Fertigstellungstermin.
Die Klägerin machte vielmehr deutlich, dass wegen der veränderten Flaschenform und den damit zusammenhängenden Umbauarbeiten und Tests über die Liefertermine laufend gesprochen werden müsse und Probleme auftreten könnten. Sie liess durch ihre fortwährenden aktuellen Berichte über die Liefersituation die Beklagte gerade nicht in dem Glauben, dass die Lieferungen auch nach der Veränderung der Flaschenform bis zur 19./20. KW abgeschlossen würden.
Gleichzeitig gab sie zu erkennen, dass ihr aufgestellter Zeitplan nur bei optimalem Verlauf einzuhalten sei, nämlich wenn die Werkzeuge nach einem Test in Ordnung seien und sofort in Produktion gehen könnten. Mit Fax vom 12.04.2001 informierte die Klägerin die Beklagte über die aktuelle Liefersituation, insbesondere darüber, dass sie die Produktion erst mit Verspätung aufgrund der durch die Veränderung der Flaschenhöhe bedingten Tests habe einleiten können. Mit E-Mail vom 19.04.2001 unterrichtete die Klägerin die Beklagte schließlich davon, dass sie mit einem Ende der Produktion aufgrund der Umbauarbeiten erst zur KW 22/23 rechne.
b) Die Klägerin lieferte die Flaschen gemäß Art. 33 CISG inner- halb einer angemessenen Frist nach Vertragsabschluss.
Was angemessen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Hierbei dürfen bei der Bestimmung der Lieferfrist zugunsten jeder Partei nur solche Umstände berücksichtigt werden, die auch der Gegenpartei bei Vertragsabschluss bekannt oder für sie erkennbar waren (von Caemmerer/Schlechtriem – Hofer, Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht-CISG –, 2. Aufl., Art. 33 Rn. 16). Angesichts der Gesamtumstände ist eine Verschiebung des ursprünglich vereinbarten Fertigstellungstermins um ca. drei Wochen bis zur 23. KW angemessen, da dies auf die durch die Beklagte erst nachträglich angegebene veränderte Flaschenform zurückzuführen ist. Dies bedeutete einen Mehraufwand der Klägerin, was auch – insbesondere aufgrund der laufenden Mitteilungen der Klägerin über die aktuelle Liefersituation – für die Beklagte erkennbar war.
4. Der Zinsanspruch folgt aus Art. 78 CISG, Art. 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EGBGB, § 5 des dänischen Gesetzes über Zinsen bei verspäteter Bezahlung vom 01.09.1986.