Die Klägerin schloss am 06.06.2000 mit der gleichfalls in Zofingen (Schweiz) ansässigen R. AG einen Kauf- und Übernahmevertrag ab, durch den sie einen Teil des Geschäftsbetriebs der R. AG sowie Forderungen der R. AG gegen verschiedene Gläubiger (zusammengestellt in einer dem Vertrag beigefügten Liste) per 31.08.2000 erwarb. In der besagten Liste ist auch die Beklagte als Schuldnerin der R. AG mit einem Saldo von 210.969,28 DM aufgeführt.
Zwischen der Fa. R. und der Beklagten hatte eine längere Geschäftsbeziehung bestanden. Die Beklagte entwirft und vertreibt Herren- und Damenoberbekleidung unter dem Markennamen „W.“. Gemäß sogenanntem Lizenzvertrag vom 22.06.1994 regelten die Beklagte und die R. AG nähere Einzelheiten einer Zusammenarbeit. Diese betraf u. a. die Herstellung der Herrenkollektion „W.“ durch die R. AG auf der Grundlage von Entwürfen und Mustern der Beklagten. Den Vertrieb der Kollektion in bestimmten Ländern übernahm die R. AG; insoweit stand der Beklagten eine sogenannte „Royalty-Gebühr“ von 5 % des Nettoumsatzes zu. Für andere Länder übernahm die Beklagte den Vertrieb gegen eine Provision von 16 % auf den Nettoumsatz ihrer eigenen Verkaufsleistungen. In Nr. 14 des Lizenzvertrages heißt es:
Für sämtliche Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Auslegung und Ausführung des vorliegenden Vertrages ist ausschließlich deutsches Recht anzuwenden.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarungen wird auf den von der Beklagten als Anlage 2 vorgelegten Lizenzvertrag verwiesen.
Nach Darstellung der Beklagten stimmte sie die aus dem Vertrag resultierenden wechselseitigen Forderungen (Kaufpreisforderungen der R. AG nach Lieferung hergestellter Textilwaren; Provisionsforderungen der Beklagten) immer wieder mit der R. AG ab, zuletzt zum 31.10.1997 gem. Schreiben vom 06.11.1997 (Anlage 5 der Beklagten). In diesem Schreiben hielt die Fa. R. „zur Kontenabstimmung per 31.10.1997“ einen Saldo von 210.078,32 DM zugunsten der Beklagten fest und bat um Bestätigung durch die Beklagte; dem kam diese durch Rückfax vom 06.11.1997 nach. In der Folgezeit traten Differenzen zwischen der Beklagten und der R. AG über wechselseitige Forderungen auf. Diese Differenzen waren bis zum Kauf- und Übernahmevertrag vom 06.06.2000 nicht ausgeräumt.
Nach Abschluss dieses Vertrages stellte sich die Klägerin gegenüber der Beklagten auf den Standpunkt, durch den Vertrag eine Vielzahl von Forderungen der R. AG erworben zu haben. Sie bezifferte diese Forderungen schließlich mit insgesamt 132.786,66 DM (= 67.892,74 EUR), herrührend aus einer Reihe von Lieferrechnungen, beginnend mit dem 04.02.1998 und endend mit dem 22.05.2000, abzüglich einer Reihe von Gutschriften. Wegen der Forderungen im Einzelnen wird auf die tabellarische Aufstellung Seite 2 – 5 der Klage verwiesen. Die Beklagte glich die erhobene Forderung nicht aus; ihre Geschäftsbeziehung zur R. AG ist beendet.
Die Klägerin trägt vor: Sämtliche aus den in Bezug genommenen Rechnungen ersichtlichen Textilien habe die R. an die Beklagte geliefert. Abzüglich der Gutschriften verbleibe die erhobene Forderung.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 67.892,74 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszins seit dem 15.06.2000 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie zieht die Berechtigung einzelner Lieferrechnungen in Zweifel und vertritt im Übrigen die Auffassung: Zwischen ihr und der R. AG habe ein Kontokorrentverhältnis bestanden. Die Klägerin habe demgemäß bei den erhobenen Forderungen aus abgetretenem Recht der R. AG an den letzten anerkannten Saldo (210.078,32 DM per 31.10.1997) anzuknüpfen. Schon deshalb, weil dieser Saldo die jetzt erhobene Forderung übersteige, könne die Klage keinen Erfolg haben. Hilfsweise rechnet die Beklagte mit Ansprüchen auf vorenthaltene Provisionen sowie mit einer Forderung auf Handelsvertreterausgleich auf, wobei sie vor endgültiger Bezifferung zunächst die Erteilung eines Buchauszugs verlangt.
Die Klägerin bestreitet demgegenüber eine Kontokorrentabrede mit der R. AG; ferner bestreitet sie, dass eine Forderung der Beklagten gegen die R. AG gemäß Saldenabstimmung per 31.10.1997 noch bestehe. Im Übrigen meint sie, dass es darauf auch nicht ankomme, weil sie Verbindlichkeiten der R. AG nicht übernommen habe. Vorsorglich erhebt sie die Einrede der Verjährung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin bereits deshalb nicht zu, weil sie sich den von der R. AG per 31.10.1997 anerkannten Saldo zugunsten der Beklagten entgegenhalten lassen muss; dieser Saldo aber übersteigt die hier geltend gemachten Forderungen. Auf die Berechtigung der einzelnen Forderungen aus Lieferungen der R. AG kommt es demgemäß ebenso wenig an wie auf die weiter erhobenen Gegenansprüche. Im Einzelnen:
I. Die Rechtsbeziehungen der Beklagten zur R. AG richten sich insgesamt nach deutschem Recht. Die ausdrückliche Wahl des deutschen Rechts im Lizenzvertrag betrifft zwar zunächst nur die dort unmittelbar erfassten Bereiche. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass dadurch – konkludent – auch eine Rechtswahl für die auf der Basis des Lizenzvertrages zustande gekommenen Einzelgeschäfte, zu denen die Lieferung hergestellter Textilien zählt, getroffen worden ist. Insoweit ist ergänzend anzuführen, dass die R. AG ihre Lieferforderungen gegenüber der Beklagten in DM fakturiert hat. Da sowohl Deutschland als auch die Schweiz Vertragsstaaten des CISG sind, gilt für die Kaufpreisforderungen aus Liefergeschäften der R. AG an die Beklagte das CISG (als Bestandteil des deutschen Rechts).
II. Wegen der wechselseitigen Forderungen der R. AG und der Beklagten (Kaufpreisansprüche der R. AG nach Art. 53, 61 CISG einerseits, Provisionsforderungen der Beklagten anderseits) hat ein Kontokorrentverhältnis bestanden. Da das CISG darüber Normen nicht enthält, gelten die allgemeinen Grundsätze des deutschen Rechts für Kontokorrentverhältnisse, insbesondere §§ 355 ff. HGB. Eine Kontokorrentabrede zwischen der R. AG und der Beklagten ist jedenfalls stillschweigend zustande gekommen. Anhand der mit dem Schriftsatz der Beklagten vom 04.08.2003 vorgelegten Unterlagen, denen die Klägerin nichts entgegengesetzt hat, steht fest, dass die Parteien immer wieder ihre wechselseitigen Forderungen saldiert haben; demgemäß war die Saldenabstimmung per 31.10.1997 kein Einzelfall. Wenn Parteien wie hier über mehrere Jahre hinweg Saldierungen ihrer wechselseitigen Forderungen nehmen und darauf aufbauend die Geschäftsverbindung fortsetzen, beinhaltet das im Ergebnis eine Kontokorrentabrede (vgl. BGH WM 91, 1630 f).
III. Der letzte anerkannte Saldo per 31.10.1997 beläuft sich auf 210.078,32 DM zugunsten der Beklagten. Für eine Unrichtigkeit dieses Saldoanerkenntnisses hat die Klägerin nichts vorgetragen. Sie hat auch keine konkreten Tatsachen dafür vorgebracht, dass die R. AG in der Zwischenzeit bis zum 04.02.1998 (Datum der ältesten der erhobenen, noch nicht saldierten Einzelforderung) den Saldo per 31.10.1997 ausgeglichen hat. Da die Summe der um Gutschriften reduzierten, noch nicht saldierten Einzelforderungen deutlich hinter dem anerkannten Saldo zurückbleibt, kann ein Überschuss zugunsten der R. AG nicht festgestellt werden.
IV. Verjährung der anerkannten Saldoforderung ist nicht eingetreten; insoweit gilt nach § 195 BGB aF eine 30-jährige Verjährungsfrist, die ersichtlich nicht abgelaufen ist. Die Beklagte kann den Saldo auch der Klägerin entgegenhalten, unabhängig davon, ob die Klägerin Verbindlichkeiten der R. AG übernommen hat oder nicht. Die Berechtigung dazu folgt entweder aus §§ 404, 406 BGB oder aber aus Art. 169 des schweizerischen Obligationenrechts. In beiden Rechtsordnungen ist anerkannt, dass sich die Rechtsstellung eines Schuldners durch eine Abtretung seitens des Gläubigers insofern nicht ändert, als ein Einreden und Einwendungen auch dem neuen Gläubiger entgegengehalten werden können.