Die Klägerin verlangt von der Beklagten Bezahlung einer Lieferung von insgesamt etwa 28 Tonnen Edelstahlblechen zweiter Wahl mit im Einzelnen bezeichneten Abmessungen. Grundlage des Vertrages war das Bestätigungsschreiben der Klägerin vom 3. Juli 2000 nebst Anlage, in der die Bleche im Einzelnen aufgelistet sind, sowie das Bestellschreiben der Beklagten vom 17. Juli 2000. Die Klägerin berechnete mit Rechnung vom 01.09.2000 57.053,70 DM. Vereinbart war „FOT Lager, Niederlande“.
Bei Auslieferung am 01.09.2000 war ein Vertreter des Endabnehmers der Beklagten, der Firma K anwesend Der Endabnehmer der Beklagten verkaufte den Stahl innerhalb der Türkei weiter. Dort wurde die Beschaffenheit des Stahls und falsche Abmessungen der einzelnen Stahlbleche beanstandet.
Die Beklagte unterrichtete nach ihrer Behauptung die Klägerin Mitte Oktober fernmündlich über die Beanstandung. Am 31.10.2000 teilte sie der Klägerin schriftlich mit, dass das Material von ihrem Kunden reklamiert worden sei, ohne jedoch Einzelheiten der Reklamation in diesem Schreiben mitzuteilen. Mit Schreiben vom 14.11.2000 legte die Beklagte die Beanstandungen ihres Endkunden im Einzelnen dar, wobei sie zwei Beanstandungsschreiben in türkischer Sprache beifügte. Die Klägerin wandte sich daraufhin direkt an die Firma K in und erfuhr von ihr, dass sie die Lieferung ihrerseits bereits an die Beklagte bezahlt habe, jedoch einen Schadensbetrag von 8.182,– DM beanspruche. Diesen Betrag brachte die Klägerin von ihrer Rechnung in Abzug und verlangt deshalb lediglich 48.871‚70 DM. Darüber hinaus verlangt sie vorgerichtliche Kosten eines niederländischen Inkassobüros in Höhe von 2.425,10 DM.
Die Klägerin bestreitet die behaupteten Fehler und falsche Abmessungen.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hält einen Anspruch der Klägerin aus Art. 53 CISG für gegeben und ist der Auffassung, dass sich die Beklagte nicht mehr auf Vertragsverletzung der Klägerin berufen könne, weil sie ihrer Rügepflicht nach Art. 38, 39 CISG nicht nachgekommen sei. Darüber hinaus habe das Rügeschreiben der Beklagten vom 31.10.2000 entgegen der Vorschrift des Art. 39 CISG keine genaue Bezeichnung der Vertragswidrigkeit enthalten.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung.
Sie geht – in Übereinstimmung mit der Klägerin – ebenfalls von der Anwendung des CISG aus.
Die Beklagte wendet ein, die Rüge der Vertragsverletzung sei nicht verspätet, denn die falschen Abmessungen der Stahlplatten hätten nicht bei einer Besichtigung anlässlich der Verladung der Platten auf LKW in Almere geprüft werden können, weil dies bedeutet hätte, dass die gesamte Verpackung hätte aufgemacht werden müssen. Am 20.09.2001 sei die Ladung dann schließlich in I. angekommen. Sie habe dort bis Mitte Oktober im Zolllager gelegen und man habe sie nicht überprüfen können. Danach sei die Ware überprüft worden. Sie selber sei von der Firma K. Mitte Oktober über die Mängel unterrichtet worden. Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe wissentlich andere Ware mit verpackt, die weiter unten in den einzelnen Paketen gelegen habe. Damit könne sich die Klägerin ohnehin nicht auf eine Verletzung der Rügepflicht berufen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils, sowie auf die in der Berufungsinstanz zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten in der Sache ohne Erfolg
Zutreffend hat das Landgericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gern. Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ angenommen, weil die Beklagte ihren Geschäftssitz in Deutschland hat.
Auf die Rechtsbeziehungen der Parteien ist auch das UN-Kaufrecht anzuwenden, weil sowohl Deutschland als auch die Niederlande Vertragsstaaten des UN-Übereinkommens sind. Das gilt auch dann, wenn die Parteien wie es hier der Fall ist die Geltung deutschen Rechts vereinbart haben, weil die Verweisung auf deutsches Recht grundsätzlich zur Maßgeblichkeit des UN-Kaufrechts, das als Bestandteil des deutschen Rechts und Spezialgesetz für den internationalen Warenkauf dem deutschen Recht vorgeht, führt (BGH NJW 99, 1259 f.).
Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte für verpflichtet gehalten, gern. § 53 CISG den verlangten Kaufpreis zu zahlen.
Einwendungen wegen der behaupteten Vertragswidrigkeit der Lieferung kann die Beklagte nicht erheben. Zutreffend hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die Beklagte es versäumt habe, die von ihr behauptete Schlechtlieferung gern. § 38, 39 CISG rechtzeitig zu rügen.
Nach Art. 39 Abs. 1 CISG verliert der Käufer der Ware sein Recht, die Vertragswidrigkeit geltend zu machen, wenn er diese nicht innerhalb angemessener Frist nach dem Zeitpunkt, an dem er die Vertragswidrigkeit hätte feststellen müssen, anzeigt und genau bezeichnet.
Am 31.10.2001 teilte die Beklagte der Klägerin lediglich mit, dass die Ware von ihrem Endabnehmer reklamiert worden sei. Eine nähere Erläuterung fehlte diesem Schreiben, so dass darin keine den Anforderungen des § 39 Abs. 1. CISG genügende Mangelrüge gesehen werden kann. Es fehlt an der genauen Beschreibung der Fehlerhaftigkeit.
Erst am 14.11.2001 legte die Beklagte ihre Beanstandungen in einer Art. 39 Abs. 1 CISG entsprechenden detaillierten Form vor. Das war jedoch zu spät. Gem. Art. 38 Abs. 2 CISG kann die Untersuchung bis nach dem Eintreffen der Ware am Bestimmungsort aufgeschoben werden, wenn der Vertrag eine Beförderung der Ware erfordert. Dies war hier nicht der Fall, denn die Parteien hatten vereinbart, dass der Verkäufer nur für den Transport bis zum Abgangsort, das war A, und die Verladung auf LKW sorgte.
Nach Art. 38 Abs. 3 CISG wird die Untersuchungsfrist jedoch auch weiter hinausgeschoben, wenn die Ware vom Käufer weiter versandt wird, er keine ausreichende Gelegenheit hatte, sie zu untersuchen und der Verkäufer bei Vertragsabschluss die Weiterversendung kannte. in diesem Fall kann die Untersuchung bis nach dem Eintreffen der Ware an ihrem neuen Bestimmungsort aufgeschoben werden. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Eine Weiterversendung der Ware durch die Beklagte ist erfolgt und sie war auch der Klägerin bekannt. Denn die Klägerin trägt selber vor, dass ein Vertreter des Endabnehmers, der Firma K bei der Verladung der Ware in A zugegen war.
Spätestens bei Eintreffen der Ware am neuen Bestimmungsort in der Türkei bei der Firma K hätte also eine Untersuchung der Ware durchgeführt werden müssen. Überlässt der Käufer die Untersuchung der Ware seinem Abnehmer, so muss er sich dessen Handeln zurechnen lassen (vgl. von Caemmerer/Schlechtriem, CISG, 2. Aufl., Art. 38, Rn. 26). Nach dem Vortrag der Beklagten ist die Ware Mitte Oktober aus dem Zolllager in der Türkei freigegeben worden. Sie hätte dann also geprüft werden können und müssen. Die notwendige genaue Rüge der Mängel erfolgte durch die Beklagten jedoch erst mit ihrem Schreiben vom 14.11.2001‚ also etwa 4 Wochen nachdem die Ware hätte in der Türkei untersucht werden müssen. Dieser Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die Ware hätte untersucht werden müssen und dem. Zeitpunkt, zu dem die Rüge konkret erfolgt ist, war zu lang. Es ist kein Grund erkennbar, warum hier ein Zeitraum von 4 Wochen verstreichen musste. Bei zumutbarer zügiger Erledigung der Untersuchungs- und der Rügepflicht hätte die Rüge früher erfolgen müssen.
Infolge dieser verspäteten Rüge kann sich die Beklagte als Käuferin nach Art. 39 Abs. 1 CISG nicht mehr auf die von ihr behauptete Vertragswidrigkeit der Lieferung berufen, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat.
Die Beklagte dringt auch nicht mit ihrem Einwand vor, dass es der Klägerin ihrerseits verwehrt sei, sich auf die verspätete Rüge nach Art. 39 CISG zu berufen, weil die Klägerin selber im Sinne von Art. 40 CISG bösgläubig hinsichtlich der vertragswidrigen Leistung gewesen sei.
Der in Art. 40 CISG verwendete Begriff Bösgläubigkeit“ umfasst sowohl Arglist als auch grob fahrlässige Nichtkenntnis von der vertragswidrigen Lieferung (vgl. Schiechtriem, UN-Kaufrecht, 2. Aufl., Rn. 56).
Hier ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Klägerin Platten mit von der ursprünglichen Bestellung abweichenden Abmessungen geliefert hat. Der Klägerin war dies auch bekannt. Die Bösgläubigkeit im Sinne von Art. 40 CISG erfordert jedoch, dass der Verkäufer die Vertragswidrigkeit nicht offenbart hat. Nun ist nicht zu verkennen, dass die Klägerin bereits eine Vertragswidrigkeit deshalb bestreitet, weil nach ihrem Vortrag die Abweichung in den Abmessungen ein- vernehmlich mit der Beklagten geschah. Selbst wenn dies aber nicht zutreffen sollte, hätte die Klägerin durch Übersendung ihrer Rechnung vom 01.09.2000 an die Beklagte die abweichenden Abmessungen offenbart, denn sie waren in dieser Rechnung enthalten. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie diese Rechnung vom 01.09.2000 nur unvollständig, nämlich ohne die Seite 2, erhalten habe. Zum Einen gesteht sie damit zu, dass sie die Seite 1, die ebenfalls Abmessungen auflistet, erhalten hat, zum Anderen ist der Vortrag der Beklagten deshalb nicht glaubhaft, weil die Klägerin zu Recht darauf hinweist, dass das von der Beklagten beigelegte Beanstandungsschreiben ihres Endabnehmers in der Türkei Massen auflistet, die auf der Seite 2 der Rechnung vom 01.09.2000 erfasst sind. Unter diesen Umständen ist es nicht glaubhaft, dass die Beklagte die Seite 2 der Rechnung vom 01.09.2000 nicht erhalten hat. Damit ist eine Bösgläubigkeit der Klägerin hinsichtlich eines vertragswidrigen Lieferung nicht feststellbar.
Abgesehen davon könnte sich die Beklagte auf die von ihr in der Berufung wieder aufgegriffene Aufhebung des Vertrages nach Art. 49 CISG auch deshalb nicht berufen, weil dieses Recht des Käufers neben einer Schlechtlieferung zusätzlich einen wesentlichen Vertragsbruch des Verkäufers verlangt. Das ist jedoch nur der Fall, wenn die Ware aufgrund ihrer vertragswidrigen Beschaffenheit für den Käufer oder seinen Endabnehmer völlig unverwertbar ist (vgl. Schlechtriem, lnternationales UN-Kaufrecht, 2. Aufl., Rn. 197). Dafür gibt es aber keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil ist aufgrund des Umstandes, dass der Endabnehmer der Beklagten lediglich einen kleinen Teilbetrag vom Kaufpreis als Schadensersatz verlangt, davon auszugehen, dass die Stahllieferung überwiegend brauchbar war und auch verwendet wurde.
Soweit die Beklagte in der Berufungsinstanz erstmals Angriffe gegen die der Klägerin vom Landgericht zugestandenen Inkassokosten erhebt und soweit sie in der Berufungsinstanz erstmals einwendet, von dem Kaufpreis müssten 55O,– DM vereinbarter Discount abgezogen werden, ist sie mit diesem Vorbringen nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen. Dieser Vortrag der Beklagten ist neu. Es ist nicht erkennbar, warum die Beklagte in erster Instanz daran gehindert gewesen sein sollte, diese Einwendungen bereits dort vorzubringen.