1. Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche (entgangenen Gewinn) wegen Verletzung eines faktischen Bezugsvertrages, mit denen die Beklagte gegen die unstreitige Klageforderung auf Kaufpreiszahlung für gelieferte Kosmetikartikel aufrechnet.
Die Klägerinnen vertreiben Kosmetik- und Parfümartikel an Groß- und Zwischenhändler; die Beklagte ist Großhändlerin für solche Produkte. Der Geschäftsführer der Beklagten betrieb mit seinem Bruder bis Ende Februar 2003 als Vorgängerin der Beklagten die die seit Anfang der neunziger. Jahre (so die Klägerinnen) oder seit 1988 (so die Beklagte) mit der Klägerin zu 1) in ständiger Geschäftsbeziehung stand. Zuletzt wurden folgende Umsätze erzielt:
Jahr nach Darstellung der Klägerinnen nach Darstellung der Beklagten
1999 E 3.031.785
2000 EUR 4.945.456 EUR 5.200.000
2001 E 8.034.067• E 8.000.000
2002 EUR 3.666.799 E 3.700.000
Dabei war die Klägerin zu 1) Hauptlieferantin der GbR und die GbR „fast ausschließlich belieferter Großhändler der Klägerin zu 1) im deutschen Raum“ (so die Beklagte).
Durch verspätete Rechnungsbegleichung – Zahlungseingang teilweise mehr als 200 Tage nach Fälligkeit – hatten sich in der Vergangenheit Verbindlichkeiten der GbR gegenüber der Klägerin zu 1) angehäuft, sodass im Jahr 2001 die Außenstände zeitweise über 3.000.000,‑ lagen. Hierüber gab es am 21.11.02 ein Gespräch, in dem ***y Abzahlungsplan unterbreitete und welches zum Ergebnis hatte, dass so genannte alte Rechnungen bis Ende 2002 zu begleichen waren und der Rückstand an „neuen Rechnungen“ so abgebaut werden sollte, dass im März 2003 wieder ein Zahlungstermin von 60 Tagen erreicht würde. Zu diesem Zweck sollte die GbR monatlich 200.000 mehr überweisen, als ihre Bestellungen ausmachten: Die Klägerin zu 1) bestätigte die Vereinbarung mit Schreiben vom 21.11.02 (Blatt 146=201 der Akten). Die Zahlung von 200.000 neben den laufenden Rechnungsbeträgen leistete die GbR bzw. die Beklagte nur im Februar 2003. Die Verbindlichkeiten betrugen zum Ende des Jahres 2002 ca. 1,5 Millionen EUR und entwickelten sich in der Folgezeit nach Darstellung der Beklagten, die von derjenigen der Klägerinnen nur unwesentlich abweicht, wie folgt:
per 01.01.2003 E 1.567.043,00
per 01.02.2003 EUR 1.200.000,00
per 01.03.2003 E 1.134.183,00
per 01.04.2003 E 1.044.942,00
per 01.05.2003 EUR982.916,00
per 01.06.2003 EUR846.346,00
per 01 07.2003 EUR767.277,00
per 15.07.2003 EUR635.738,30
Zum 1.3.03 übertrug die GbR ihr Unternehmen auf die Beklagte. Im Bestand der GbR vorhandene, von der Klägerin zu 1) gelieferte Waren verkaufte sie an die Beklagte, die dafür Altverbindlichkeiten der GbR gegenüber der Klägerin zu 1) tilgte. Im Januar 2004 firmierte die seit 1991 bestehende Beklagte, die zunächst die Firma *** geführt hatte, auf ihren jetzigen Namen um. Die Gebrüder *** waren zunächst beide Geschäftsführer. Im Dezember 2003 schied *** aus und wechselte als Geschäftsführer zu einer neu gegründeten die mit Geschäftsräumen unter derselben Anschrift wie die Beklagte dasselbe Geschäft betreibt. Die Beklagte hat mit Antrag vom 1.4.04 über ihr Vermögen ein Insolvenzantragsverfahren eingeleitet (810 IN 440/04 K Amtsgericht Frankfurt am Main). Es wurde ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist noch nicht entschieden.
Die Klägerinnen belieferten die GbR bzw. die Beklagte ab Januar 2003 nur noch teilweise. Auf Bestellungen im Umfange von EUR 3.587.028,35 lieferte die Klägerin zu 1) bis Mitte Juni 2003 Waren im Werte von EUR 932.844,35. Die Klägerin zu 2), über welche Bestellungen erst ab April 2003 abgewickelt wurden, lieferte auf Bestellungen im Gesamtwert von 43.719,94 EUR Waren im Gesamtwert von 17.876,17 EUR. Am 11.6.03 fand zwischen der Buchhalterin der Klägerin zu 1) und dem Geschäftsführer der Beklagten ein Gespräch statt, in dem es um Lieferungskürzungen und den Abbau der Zahlungsrückstände ging. “Wegen der schlechten Belieferung“ (Formulierung der Beklagten) kündigte der Geschäftsführer der Beklagten für Juni und Juli Zusatzzahlungen von nur je 100.000 EUR an und stellte in Aussicht, dass das angestrebte Zahlungsziel von 60 Tagen möglicherweise erst im Dezember erreicht werden könne. Die Buchhalterin der Klägerin zu 1) bestand auf Einhaltung des Zahlungsziels. Danach wurden keine Bestellungen mehr aufgegeben und keine Lieferungen mehr ausgeführt.
Gegenstand der Klageforderung sind die Kaufpreise für seit dem 1.3.03 durch die Beklagte bestellte und durch die Klägerinnen gelieferte Kosmetikartikel, die ab 7.7.03 wiederholt angemahnt wurden.
Die Beklagte verteidigt sich durch Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen entgangenen Gewinns gegenüber der Klägerin zu 1) in Höhe von 1.238.831,85 EUR und gegenüber der Klägerin zu 2) in Höhe von 31.111,88 EUR und macht hierzu geltend:
Auf Grund der ca. 15-jährigen Lieferbeziehung mit Fast-Exklusivität und der engen Kooperation der Parteien habe sich ein faktisches Vertragsverhältnis im Sinne eines Bezugsvertrages entwickelt. Die Zusammenarbeit sei über eine reine Lieferbeziehung weit hinausgegangen. Man habe gemeinsame Produktlinien entwickelt und sich gegenseitig bei Messeauftritten, Werbekampagnen und Markenrechtsstreitigkeiten unterstützt. Dieses Dauerschuldverhältnis könne analog § 624 BGB nur mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden, wobei frühestens in der vollständigen Einstellung sämtlicher Lieferungen durch die Klägerinnen zum 30.6.03 eine konkludente Kündigung gesehen werden könne. Diesen Bezugs- oder Dauerlieferungsvertrag hätten die Klägerinnen verletzt, indem sie 2003 Lieferungen zunächst einfach gekürzt und, nachdem die rückständigen Verbindlichkeiten bis auf die Lieferungen ab April 2003 abgebaut waren, schließlich vollständig eingestellt hätten. In den Vorjahren habe es keine Lieferkürzungen gegeben; Konkurrenzunternehmen seien durch die Klägerinnen auch 2003 vollständig geliefert worden. Für das Jahr 2003 sei zwischen den Parteien ein höherer Umsatz als in den Vorjahren geplant gewesen; allein nach den bisherigen Durchschnittszahlen sei bis zum Ende des Jahres mit einem weiteren Umsatz von 4,2 Mio. EUR zu rechnen gewesen. Bei einer Gewinnmarge von 18 % ergebe sich aus den bis Mitte Juni 2003 im Umfange von 2.643.184,– EUR nicht ausgeführten Bestellungen ein entgangener Gewinn von 475.773,12 EUR und für die restliche Zeit des Jahres 2003 von 763.058,73 EUR, zusammen 1.238.831,85 EUR.
Die Klägerinnen haben erwidert: die GbR habe schon in früheren Jahren eine sehr schlechte Zahlungsmoral gezeigt, was immer wieder Anlass zu Beanstandungen gewesen sei. Auch seien schon vor dem 20.11.2002 bereits Lieferungen wegen Zahlungsverzuges gekürzt worden. Im Übrigen hätten sie Bestellungen stets nur insoweit angenommen, als die entsprechenden Produkte vorrätig gewesen seien oder ein Liefertermin habe genannt werden können. Den Tilgungsplan vom 20.11.02.habe die GbR bzw. die Beklagte nur im Februar 2003 eingehalten. Im ersten Halbjahr 2003 habe sie die rückständigen Verbindlichkeiten statt um 1,2 Mio. EUR nur um 794.495,89 EUR abgebaut; das Zahlungsziel von 60 Tagen sei bis Juni 2003 nicht erreicht worden (insoweit unstreitig). In dem Gespräch vom 11.6.03 habe der Geschäftsführer zugleich neue Waren im Werte von 240.000 EUR bestellt, dazu aber erklärt, mit dieser Bestellung könnten die Klägerinnen “machen, was sie wollten“. Nur diese eine Bestellung hätten die Klägerinnen nicht angenommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berechtigung der Hauptforderung sei unbestritten. Hinsichtlich Fälligkeit und Zinsen gälten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerinnen. Abweichende Absprachen mit dem ausgeschiedenen Geschäftsführer Dembitzer könnten zwischen den Parteien keine Wirkung entfalten, da die Beklagte erst ab 1.3.03 tätig geworden sei und Bestellungen aufgegeben habe. Schadensersatzansprüche stünden der Beklagten nicht zu. Für die Annahme eines faktischen Bezugs- oder Rahmenvertrages seien keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte gegeben; es gelte belgisches Recht (Art. 28 Absatz 2 EGBGB). Eine konkludente Zustimmung der Klägerin zu 1) zu der Übertragung des Lieferverhältnisses von der GbR auf die Beklagte sei nicht ausreichend dargelegt; mit der Beklagten könne durch sechsmalige Warenlieferung kein Dauerschuldverhältnis begründet worden sein. Auch nach den Vorschriften des CISG lägen die Voraussetzungen für ein Dauerschuldverhältnis der Parteien, aus dem Schadensersatzansprüche hergeleitet werden könnten, nicht vor.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter. Sie macht geltend, das Landgericht hätte auf die Anwendbarkeit des belgischen Rechts hinweisen und das belgische Recht ggf. durch Sachverständigengutachten ermitteln müssen. Ein Bezugsvertrag sei zumindest konkludent zu Stande gekommen; jedenfalls habe die Klägerin zu 1), von der die Beklagte über 90 Prozent ihrer Produkte bezog, sich quasivertraglich selbst gebunden und ihre Lieferbereitschaft dokumentiert, weswegen sie sich nicht ohne weiteres aus der gewachsenen Geschäftsbeziehung habe zurückziehen können. Sie habe das Lieferverhältnis ansatzlos mit der Beklagten fortgeführt, wie dies von den Geschäftsführern der Beklagten gewünscht worden sei. Die Wirksamkeit des Dauerliefervertrages scheitere auch nicht an den Vorschriften des CISG.
Die Beklagte beantragt,
1. das am 19.02.2004 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (3/10 0 162/03) aufzuheben und die Klage abzuweisen,
2. hilfsweise, den Rechtsstreit unter Aufhebung des am 19.02.2004 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt (3/10 0 162/03) an das Landgericht zur Wiedereröffnung des Verfahrens zurückzuverweisen,
3. der Beklagten und Berufungsklägerin im Falle des Unterliegens die Möglichkeit einzuräumen, gegen Sicherheitsleistung die Zwangsvollstreckung abzuwenden und nachzulassen, eine nach § 711 ZPO zu erbringende Sicherheitsleistung durch selbstschuldnerische Bankbürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse zu leisten.
Die Klägerinnen beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Die Anwendbarkeit belgischen Rechts sei offensichtlich gewesen; die Beklagte selbst habe mit Vorschriften des CISG, welches über belgisches Recht zur Anwendung komme, argumentiert. Allein aus einer langjährigen Geschäftsbeziehung könne kein konkludenter Bezugsvertrag hergeleitet werden. Es habe keine wirtschaftliche Abhängigkeit der Beklagten und keinen entsprechenden Vertrauenstatbestand gegeben. Die Klägerin zu 1) habe der Übertragung der Lieferbeziehung auf die Beklagte nicht, auch nicht konkludent, zugestimmt. Der angebliche Schaden sei nicht substantiiert dargelegt. Die Beklagte habe weder zu den Einzelheiten von Deckungskäufen noch darüber, ob und welche Kunden abgesprungen seien, substantiiert vorgetragen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist kein Grund gegeben. Darin, dass das Landgericht nicht auf die Möglichkeit der Anwendung belgischen Rechts hingewiesen hat, ist kein Verfahrensfehler zu sehen. Von der anwaltlich vertretenen Beklagten durfte angenommen werden, dass sie diese Möglichkeit selbst erkannt und erwogen hat, zumal sie sich in dem Schriftsatz vom 17.2.04, Seite 12 (Blatt 232 der Akten), mit der Frage des anwendbaren Rechts befasst hat. Darüber hinaus hat der unterlassene Hinweis keine Auswirkung auf das Ergebnis der Entscheidung.
Die Klageforderung wird (auch hinsichtlich des Einsatzzeitpunktes und der Höhe der Zinsen) von der Beklagten nicht (mehr) angegriffen.
Ein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch der Beklagten ist nicht dargetan. Er würde voraussetzen, dass die Klägerinnen ein mit der Beklagten bestehendes Dauerschuldverhältnis im Sinne eines Bezugsvertrages durch einseitige Einschränkung bzw. Einstellung der Lieferung bestellter Waren schuldhaft verletzt hätten.
Für die Beurteilung dieser Frage ist belgisches Recht heranzuziehen. Da die Parteien weder in Einzelverträgen noch insgesamt eine Vereinbarung über auf ihre Vertragsverhältnisse anzuwendendes Rechts getroffen haben, unterliegt das Vertragsverhältnis gemäß Art. 28 Absatz 1 EGBGB dem Recht des Staates, mit dem es die engsten Verbindungen aufweist. Nach Art. 28 Absatz 2 EGBGB wird vermutet, dass das Vertragsverhältnis die engsten Verbindungen mit dem Staat aufweist, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt, ihre Hauptverwaltung oder (im hier gegebenen Falle gewerblicher Tätigkeit) ihre Hauptniederlassung hat. Charakteristische Leistung ist im Falle des Kaufvertrages die Übergabe und Übereignung der Kaufsache, die. der Verkäufer zu erbringen hat. Demzufolge gilt das für den Hauptsitz bzw. die Hauptniederlassung der Klägerinnen maßgebliche belgische Recht. Da es um Kaufverträge über Waren zwischen Parteien geht, die ihre Niederlassungen in verschiedenen Staaten haben, ist nach belgischem Recht das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (United Nations Convention an Contracts for the International Sale of Goods – CISG) vom 11.4.80, dessen Vertragsstaat Belgien ebenso wie Deutschland ist (Palandt-Heldrich, BGB, 63. Auflage, Rn. 7 zu Art. 28 EGBGB), anzuwenden, nach dessen Artikel 7 Absatz 2 ersatzweise das belgische Zivilrecht eingreift. Dem steht nicht entgegen, dass – wie die Beklagten im Schriftsatz vom 31.8.04 vortragen – der Beitritt Belgiens zum CISG erst am 1.11.97 stattgefunden hat, denn streitgegenständlich sind vorliegend Einzelkaufverträge aus der Zeit von April bis Juni 2003 sowie die Frage, ob ein etwaiges Dauerschuldverhältnis über die Lieferung von Waren zum 1.3.03 auf die Parteien des Rechtsstreits übergegangen ist. Dass das CISG nicht nur Einzelkaufverträge, sondern auch Dauerlieferungsverträge regeln soll, ergibt sich – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – aus seinem Artikel 73 Absatz 1.
Weder aus dem in erster Linie anzuwendenden CISG noch dem ersatzweise anzuwendenden belgischen Zivilrecht lässt sich der behauptete Schadensersatzanspruch herleiten.
Ob zwischen der Klägerin zu 1) und der GbR ein Bezugsvertrag (Dauerlieferungsvertrag) bestand, wofür nur das belgische Zivilrecht maßgeblich ist, da die Lieferbeziehung lange vor dem Beitritt Belgiens zum CISG begründet wurde, kann dahinstehen. Allerdings sprechen einige Gesichtspunkte für das Vorliegen eines solchen Dauerschuldverhältnisses. Im deutschen Recht nimmt man laut Palandt–Heinrichs aaO, Überblick vor § 311 BGB Rn. 28, einen Bezugsvertrag an, wenn es sich um ein auf unbestimmte, zumindest aber längere Zeit ohne Festlegung einer bestimmten Liefermenge geschlossenes Rechtsverhältnis handelt, bei dem die Leistungsmenge sich nach dem Bedarf des Abnehmers richtet und welches eine ständige Lieferbereitschaft des Lieferanten erfordert. Ein solches Rechtsverhältnis kann auch durch jahrelang praktiziertes schlüssiges Verhalten begründet werden (die Lehre vom faktischen Vertragsverhältnis wird als überholt angesehen, vgl. Palandt–Heinrichs aaO, Einführung vor § 145 BGB Rn. 26). Zwischen der Klägerin zu 1) und der GbR wird ein solches Rechtsverhältnis bestanden haben, falls das belgische Recht ähnliche Vertragsverhältnisse kennt, was anzunehmen ist, da im belgischen Zivilrecht ebenfalls die Privatautonomie und ähnliche Grundsätze für das Zustandekommen von Verträgen gelten wie im deutschen Recht (vgl. Hoffmann, Grundzüge des belgischen Handels-, Gesellschafts- und Wirtschaftsrechts, § 2 Teil 1 – Randnummern 9 ff). Schadensersatzansprüchä der Beklagten scheitern jedoch daran, dass
1. die Rechte und Pflichten aus dem etwaigen Dauerschuldverhältnis zwischen der Klägerin zu 1) und der GbR nicht auf die Parteien des Rechtsstreits übergegangen sind,
2. eine schuldhafte Vertragsverletzung durch die Klägerinnen auch bei einem solchen Übergang nicht vorläge.
Zu 1.: Einziges Dokument, auf das sich die These vom Übergang der Lieferbeziehung stützen ließe, ist das Informationsschreiben der Gebrüder *** vom 16.01.03 (Blatt 16 der Akten) über die “Übertragung des Unternehmens“ der GbR auf die Beklagte. Dieses ist jedoch ohne Antwort der Klägerin zu 1) geblieben. Die Übertragung einer Lieferbeziehung erfordert demgegenüber einen (dreiseitigen) Vertrag, gleichgültig welche Rechtsordnung man anwendet. Das CISG (in Art. 14 ff) wie auch das belgische Zivilrecht setzen für den wirksamen Abschluss eines Vertrages eine Einigung aller Vertragsparteien voraus (zum belgischen Zivilrecht vgl. Hoffmann aaO). Allerdings kann die Zustimmung des Lieferanten zur Übertragung des Bezugsvertrages auf einen neuen Vertragspartner auch konkludent in der Belieferung des neuen Händlers gesehen werden – dies wird nach CISG und belgischem Recht nicht anders sein als im deutschen Zivilrecht (vgl. hierzu OLG Hamburg WUW/E OLG 4192). Die Klägerin zu 1) hat aber die mit der GbR praktizierte Lieferbeziehung nicht unverändert mit der Beklagten fortgesetzt, sondern bereits im Gespräch vom 20.11.02 und in der dazugehörigen schriftlichen Bestätigung (Blatt 126 = 201 der Akten) deutlich gemacht, dass sie zukünftig nur noch bei Einhaltung eines Zahlungsziels von 60 Tagen zu liefern bereit ist, und sie hat dies im Schreiben vom 27.3.03 (Blatt 202 der Akten) wiederholt. Außerdem hat sie auf die Bestellungen der Beklagten nur noch wesentlich zurückhaltender geliefert, als dies früher gegenüber der GbR der Fall war. Die Tatsache, dass die Klägerinnen überhaupt auf Bestellungen der Beklagten geliefert haben, konnte aus der Sicht der Gebrüder *** nicht als Zustimmung zu deren Wunsch, das Lieferverhältnis auf die Beklagte zu übertragen, verstanden werden. Denn die Klägerinnen konnten an dieser Übertragung nicht interessiert sein. Hafteten bis dahin die Gebrüder *** als BGB-Gesellschafter persönlich, so sollte zukünftig die Haftung auf das haftende Kapital einer GmbH beschränkt sein. Und dies, obwohl die GbR weiterhin existierte. Von einem Handelsunternehmen kann nicht erwartet werden, dass es einem, solchen Entzug an Haftungsmasse ohne erkennbaren Grund zustimmt. Dass die Klägerinnen als kaufmännische Unternehmen daneben bereit waren, auch mit der Beklagten Geschäfte zu machen, soweit die Bezahlung innerhalb angemessener Fristen gesichert schien, versteht sich von selbst und bedeutet ebensowenig die Zustimmung zur Übertragung eines Dauerlieferverhältnisses wie die Entgegennahme der Zahlungen der Beklagten auf die „Altschulden“ der GbR.
Zu 2.: Falls ein Bezugsvertrag zwischen den Parteien bestanden hätte, stünden der Beklagten dennoch keine Schadensersatzansprüche zu, weil. sie sich selbst nicht vertragstreu verhalten und dadurch die Ursache für das von ihr als zum Schadensersatz verpflichtend angesehene Verhalten der Klägerinnen gesetzt hat. Denn unstreitig haben weder die GbR noch die Beklagte die am 21.11.02 getroffene Vereinbarung eingehalten. Die dort vereinbarte zusätzliche monatliche Zahlung von 200.000 EUR ist unstreitig nur einmal – im Februar 2003 – geleistet worden; ein Zahlungsziel von 60 Tagen wurde nie erreicht. Unstreitig hat der Geschäftsführer der Beklagten die Einhaltung beider Vereinbarungen schließlich am 11.6.03 ausdrücklich abgelehnt. Die mit einer Verpflichtung, welche auf Grund der Vereinbarung vom 21.11.02 als wesentlich angesehen werden muss, selbst nicht vertragstreue Beklagte kann von den Klägerinnen keinen Schadensersatz mit der Begründung verlangen, dass diese Ihrerseits eine wesentliche Vertragspflicht nicht erfüllt hätten. Die Berechtigung der Klägerinnen, Lieferungen zu verweigern, nachdem die Beklagte bzw. die GbR die vereinbarte monatliche Zuzahlung nicht geleistet hatte, ist unmittelbar aus dem in Art. 71 Absatz 1 und Art. 80 CISG verankerten Gegenseitigkeitsprinzip herzuleiten und für Dauerlieferungsverträge in Art. 73 Abs. 2 CISG ausdrücklich geregelt.
Was die nicht ausgeführte Bestellung über 240.000 EUR vom 11.6.03 angeht, ist aus den Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 31.8.04, Seite 7, nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit zu entnehmen, dass die Beklagte den Vortrag der Klägerinnen bestreiten will, wonach ihr Geschäftsführer am Ende des fraglichen Gesprächs erklärt habe, die Klägerinnen sollten mit dieser Bestellung „machen, was sie wollten“. Somit lag hier gar keine verbindliche Lieferverpflichtung mehr vor, die die Klägerinnen hätten verletzen können. Dass danach durch die Beklagte keine Bestellungen mehr erfolgt sind, ist unstreitig. Das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen vom 7.7.03 mit der Zahlungsaufforderung bis zum 23.7.03 kann nicht als einseitige (unberechtigte) Beendigung des Lieferverhältnisses angesehen werden, da für den weitaus größten Teil der geforderten Zahlungen zu der gesetzten Frist nicht nur das in den Rechnungen genannte Zahlungsziel (30 Tage), sondern auch das in den Verhandlungen der Parteien stets genannte Zahlungsziel von 60 Tagen abgelaufen war. Für eine solche Zahlungsaufforderung war also durchaus ein berechtigter Grund gegeben. Außerdem hat der Geschäftsführer der Beklagten in seinem Schreiben vom 15.7.03 ausgeführt: „Sollte ich auf dieses Schreiben keine Reaktion erhalten, gehe ich davon aus, dass Ihr an einer weiteren Zusammenarbeit kein Interesse habt.“ Spätestens darin ist das Angebot auf einvernehmliche Beendigung eines etwaigen Bezugsvertrages zu sehen, das die Klägerinnen schlüssig angenommen haben.
Da Schadensersatzansprüche schon dem Grunde nach nicht gegeben sind, kommt es auf die fehlende Substantiierung der Schadenshöhe nicht mehr an.
Die von der Beklagten nach Schluss der mündlichen Verhandlung – mit Fax vom 4. Oktober 2004 – vorgelegte eidesstattliche Versicherung des früheren Geschäftsführers der Klägerin zu 1), in der erstmals Einzelheiten zu der bis dahin von der Beklagten pauschal behaupteten mündlichen Absprache zwischen dem früheren Geschäftsführer und der Beklagten über den Abbau der Altschulden und die Zahlungsfristen geschildert werden, bietet keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Der darin enthaltene Sachvortrag ist verspätet. Er könnte aber auch sachlich nicht zu einer anderen Beurteilung führen, da die unstreitige Vereinbarung über den Abzahlungsplan, die neuen Lieferungen und die weitere Zusammenarbeit vom 20.11.2002, die die Klägerin zu 1) mit Schreiben vom 21.11.02 (Blatt 146 der Akten) bestätigt hat, zeitlich nach den in der eidesstattlichen Versicherung geschilderten Vorgängen geschlossen wurde und daher für die weitere Entwicklung des Vertragsverhältnisses allein maßgeblich ist.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Ziffer 10, 711, 108 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nm. 1, 2 ZPO).