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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-1004
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-1004  



OLG München (DE) 20.11.2007 - 2 UF 1143/07
Art. 12 Brüssel IIa-VO – unalexVereinbarung über die Zuständigkeit –unalexGerichtsstandsvereinbarung bei Anhängigkeit einer Ehesache –unalexAnerkennung der Zuständigkeit –unalexKonkludente Anerkennung

OLG München (DE) 20.11.2007 - 2 UF 1143/07, unalex DE-1004



Es kann nicht von der Anerkennung der Zuständigkeit des für die Trennung zuständigen Gerichts eines Mitgliedstaates in Bezug auf die elterliche Verantwortung iSv Art. 12 Abs. 1 Brüssel IIa (2201/2003) ausgegangen werden, wenn der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes sich mittlerweile geändert hat.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

Die Parteien sind beide italienische Staatsangehörige. Der letzte eheliche Wohnsitz war München (DE). Das Familiengericht München hat mit Urteil vom 02.05.2007 die gerichtliche Trennung der Ehe der Parteien ausgesprochen und der Ehefrau das Sorgerecht für die Kinder übertragen. Die Parteien haben in einer gerichtlich protokollierten Vereinbarung Regelungen den Umgang des Ehemannes mit den Kindern geregelt. Im Anschluss an das Ehetrennungsverfahren verzog die Ehefrau mit den Kindern nach Süditalien, wo sie seither lebt. Der Ehemann hat gegen das Urteil des Familiengerichts Berufung zum OLG München eingelegt. Während des Berufungsverfahrens kam es über die Ausübung des Umgangsrechts zum Streit. Der Ehemann beantragte beim OLG München den Erlass einer einstweiligen Anordnung, wobei er sich auf die Umgangsvereinbarung berief. Die Ehefrau machte geltend, dass ihr Wohnsitz zwischenzeitlich in Italien liege und rügte die fehlende internationale Entscheidungszuständigkeit des Gerichts.

Das OLG München (DE) weist den Antrag mit der Begründung zurück, dass es für die Entscheidung international unzuständig sei. Seit dem Umzug der Ehefrau mit den Kindern nach Italien seien gemäß Art. 8 Brüssel II-VO die italienischen Gerichte für die Entscheidung zuständig. Der gewöhnliche Aufenthalt der Kinder liege in Italien, wo das ältere Kind der Parteien inzwischen eingeschult worden war. Da im Zeitpunkt der Entscheidung im November 2007 der Umzug der Ehefrau mit den Kindern nach Italien bereits mehr als 6 Monate zurücklag, seien die Voraussetzungen des Art. 9 Brüssel II-VO nicht gegeben. Eine Vereinbarung über die Zuständigkeit im Sinne von Art. 12 Brüssel II-VO könne nicht daraus abgeleitet werden, dass das Ehetrennungs- und Sorgerechtsverfahren in Deutschland eingeleitet wurden. Eine Zustimmung im Sinne von Art. 12 Brüssel II-VO lasse sich auch nicht aus der von den Parteien in der Vergangenheit getroffenen Umgangsvereinbarung ableiten.

 JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission

-  Entscheidungstext 

Das Urteil wird wie folgt zu Protokoll begründet:

Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Zur Begründung der Entscheidung wird ausgeführt (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO):

Soweit sich die Berufung des Antragsgegners gegen den Schuldausspruch richtet, ist diese unbegründet.

1. Da beide Eheleute italienische Staatsangehörige sind ist nach Art. 17 Abs. 1 EGBGB italienisches Recht anwendbar, dass die Verweisung auch annimmt.

Nach Art. 151 Abs. 1 C.c. ist die gerichtliche Trennung auf Antrag eines oder beider Ehegatten auszusprechen, wenn sich Tatsachen ergeben, welche die Fortsetzung des Zusammenlebens unerträglich gestalten oder schwere Nachteile für die Erziehung der Nachkommenschaft mit sich bringen. Hiervon ist aufgrund der von beiden Parteien geschilderten Zerrüttung auszugehen.

Nach Art. 151 Abs. 2 hat der Richter auf Antrag einer Partei zu erklären, welchem der Ehegatten wegen seines mit den ehelichen Pflichten nicht zu vereinbarenden Verhaltens die Trennung anzulasten ist, wenn es sich aus den Umständen ergibt. Hier ist von einem Verschulden des Antragsgegners auszugehen. Zwar hat dieser zutreffend eingewandt, dass das Verschulden nicht auf seine derzeitige neue Beziehung gestützt werden kann, da diese nach seinem unwiderlegten Vortrag erst erhebliche Zeit nach der Trennung aufgenommen wurde. Die Antragstellerin hat aber in der Berufungserwiderung ausdrücklich vorgetragen, dass der Antragsgegner bereits während bestehender Ehe mehrfach außereheliche Beziehungen eingegangen sei, sich selbst nie habe vorstellen können, die Ehe auf Dauer zu führen und kurz nach der Geburt des zweiten Sohnes seiner Ehefrau vorgeschlagen habe, die Ehe vorübergehend im Rahmen einer reinen „Wohngemeinschaft“ weiter zu führen. Dies widerspricht dem Wesen der Ehe in mehreren Punkten in so gravierendem Maße, dass der Antragsgegner sich nicht darauf berufen kann, letztlich habe die Antragstellerin ihn aus der gemeinsamen Wohnung gewiesen und damit die Trennung verschuldet. Zwar hat der Antragsgegner die Aufnahme außerehelicher Beziehungen pauschal bestritten, aus dem im Rahmen des Sorgerechtsverfahrens erholten Sachverständigengutachten geht aber aufgrund der von der Sachverständigen geschilderten eigenen Äußerungen des Antragstellers, insbesondere auf Seite 14 des Gutachtens, etwas anderes hervor. Den Vorschlag, die Ehe als „Wohngemeinschaft“ weiterzuführen, der sich ebenfalls als eigene Schilderung des Antragsgegners im Gutachten findet, hat der Antragsgegner selbst nicht bestritten, dieser ist als Ausdruck seiner generellen Einstellung zur Führung der Ehe auch durchaus relevant. Die Berufung gegen den Verschuldensausspruch ist daher unbegründet.

2. Die Berufung gegen die Entscheidung über die elterliche Sorge ist zum Teil begründet. Die internationale Zuständigkeit für die Sorgerechtsentscheidung richtet sich nicht nach Art. 1 MSA, sondern nach der vorrangigen Brüssel II a-Verordnung. Gemäß Art. 3 Abs. 1 und 2 dieser Verordnung besteht die Zuständigkeit auch im Fall eines Aufenthaltswechsels fort, solange die gerichtliche Trennung nicht rechtskräftig ist. Das anwendbare Recht bestimmt sich in diesem Fall aber nicht nach Art. 2 MSA, das eine Zuständigkeit nach Art. 1 MSA voraussetzt, sondern nach Art. 21 EGBGB, wonach der gewöhnliche Aufenthalt des Minderjährigen entscheidet. Hierbei ist ein Statutenwechsel bei Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthaltes ins Ausland zu berücksichtigen. Da sich die Kinder seit Mitte Mai 2007 mit Zustimmung der Aufenthaltsberechtigten in Italien befinden, der ältere Sohn dort eingeschult wurde und eine Rückkehr nach Deutschland nicht absehbar ist, haben die Kinder mittlerweile ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Italien. Das italienische Recht nimmt die Verweisung auch an. Nach dem mit Gesetz vom 08.02.2006 reformierten Art. 155 Abs. 2 C. c. ist im Fall der Trennung grundsätzlich ein gemeinsames oder geteiltes Anvertrauen der Kinder möglich. Hinsichtlich der restlichen Ausübung der elterlichen Sorge ist auch bei Anvertrauen an nur einen Elternteil nach Art. 155 Abs. 3 C. c. zu unterscheiden:

Entscheidungen von größerer Bedeutung für die Kinder in Bezug auf die Bildung, Erziehung und Gesundheit sind grundsätzlich gemeinsam zu treffen, bei Nichteinigung hat das Gericht zu entscheiden. Entscheidungen der täglichen Betreuung können dagegen einem Elternteil alleine übertragen werden (vgl. zum neuen Recht Gabrielli, Reform der Rechtsbeziehungen zwischen Kindern und getrennt lebenden Elternteilen in Italien, FamRZ 2007, 1505). Die von der Antragstellerin vorgetragene Ansicht, die Regelung des Art. 155 Abs. 3 C. c. finde im Falle eines Anvertrauens der Kinder an nur einen Elternteil keine Anwendung, teilt der Senat nicht. Die Neufassung des Gesetzes sollte die Rechte der Väter durch gemeinsame Mitverantwortung gerade stärken. Das Gesetz unterscheidet zwischen dem Anvertrauen der Kinder (Affidamento) in Art. 155 Abs. 2 und 155 bis und der Ausübung der elterlichen Sorge (Podesta genitoriale) in Art. 155 Abs. 3. Die von der Antragstellerin vorgenommene Einschränkung ist dem Wortlaut der Vorschriften nicht zu entnehmen. Zudem hat die Antragstellerin selbst erklärt, dass eine gefestigte Rechtsprechung und herrschende Meinung in der Literatur noch nicht existiert.

Aufgrund der Ergebnisse des Sachverständigengutachtens sowie der großen räumlichen Distanz zwischen der Mutter und den Kindern einerseits und dem Vater andererseits sowie der bestehenden Differenzen, die sich auch beim Ferienumgang in den Sommerferien gezeigt haben, erscheint es sachgerecht, der Mutter die Kinder alleine anzuvertrauen (im Sinne eines „Affidamento a un solo genitore“). Darüber hinaus erscheint es angezeigt ihr auch die Entscheidungen der täglichen Betreuung alleine anzuvertrauen (Podesta genitoriale seperamente su questioni di ordinaria amministrazione). Hinsichtlich der üblichen Entscheidungen von größerer Bedeutung betreffend Erziehung, Ausbildung und Gesundheit verbleibt es nach Art. 155 Abs. 3 Satz 1 bei der gemeinsamen elterlichen Sorge.

Der Berufung war daher insoweit stattzugeben, und der Ausspruch über die elterliche Sorge abzuändern, im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 93 a ZPO.

Nach geheimer Beratung des Gerichts verkündet der Vorsitzende folgenden Beschluss:

Der Antrag vom 08.11.2007 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend Umgangsregelung an Weihnachten wird verworfen.

Gründe:

Die deutschen Gerichte sind international nicht zuständig. Nach Art. 8 EGVO Ehesachen ist für Verfahren betreffend die elterliche Sorge oder das Umgangsrecht das Gericht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Kindes zuständig. Da G. Mitte Mai 2007 mit Zustimmung der aufenthaltsbestimmungsberechtigten Mutter nach Italien verzogen ist, dort im Sommer eingeschult wurde und ein weiterer Verbleib in Italien geplant ist, hat er seinen gewöhnlichen Aufenthalt nunmehr in Italien. Eine Zuständigkeit des deutschen Gerichts sowohl nach Art. 9 als auch nach Art. 12 EGVO ist nicht gegeben, da unabhängig vom Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen keine Vereinbarung über die Zuständigkeit des deutschen Gerichtes vorliegt und die Antragstellerin ausdrücklich widersprochen hat. Die Zustimmung kann weder in der Umgangsvereinbarung vom 02.05.2007 noch in der Stellung des Trennungs- und Sorgerechtsantrags in Deutschland gesehen werden, da beides vor Wegzug des Kindes erfolgt ist.





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