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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-1003
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-1003  



OLG Hamm (DE) 23.12.2005 - 11 WF 383/05
Art. 10, 16, 19 Brüssel IIa-VO – unalexZuständigkeit in Fällen von Kindesentführung –unalexBeibehaltung der bisherigen Zuständigkeit –unalexAnrufung eines Gerichts –unalexNormzweck –unalexRechtshängigkeit und abhängige Verfahren –unalexAllgemeines –unalexRechtsfolge –unalexRechtsfolgen –unalexAussetzung des späteren Verfahrens

OLG Hamm (DE) 23.12.2005 - 11 WF 383/05, unalex DE-1003



Werden bei den Gerichten verschiedener EG-Mitgliedstaaten Sorgerechtsanträge gestellt, so kommt es nach Art. 16 der Verordnung 2201/2003 „Brüssel IIa“ allein darauf an, bei welchem dieser Gerichte der Antrag zuerst eingereicht worden ist. In diesem Fall muss das später angerufene Gericht abwarten, ob sich das früher angerufene Gericht für zuständig erklärt.

Auch der Umstand, dass das gemeinsame Kind der Ehegatten aus einem Mitgliedstaat widerrechtlich in einen anderen Mitgliedstaat der EU entführt worden ist, ändert nichts daran, dass das später angerufene Gericht die Entscheidung des im Entführungsstaat angerufenen Gerichts abzuwarten hat, weil allein das Prioritätsprinzip geeignet ist widersprüchliche Entscheidungen durch die Gerichte verschiedener Mitgliedstaaten zu vermeiden.

Auch wenn das zuerst angerufene Gericht eines Mitgliedstaates sich ungewöhnlich viel Zeit nimmt, um über den Rückführungsantrag nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen oder über seine Zuständigkeit in der Sorgerechtsfrage zu entscheiden, begründet dies kein Recht des später angerufenen Gerichts eines anderen Mitgliedstaates, das nach Art. 19 Abs. 2 Brüssel IIa-VO ausgesetzte Verfahren wieder aufzunehmen.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

Die Antragstellerin hat beim Amtsgericht am letzten gemeinsamen Wohnsitz der Ehegatten in Deutschland am 04.03.2005 den Antrag gestellt, ihr die elterliche Sorge für die gemeinsame Tochter zu übertragen. Der Vater hatte bereits am 12.01.2005 einen gegenläufigen Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge bei einem französischen Gericht gestellt. In einem weiteren Verfahren hatte das Amtsgericht Hamm (DE) mit Beschluss vom 07.03.2005 gemäß Art. 15 des Haager Kindesentführungsübereinkommens von 1980 festgestellt, dass die gemeinsame Tochter der Parteien in Frankreich widerrechtlich zurückgehalten werde. Das Gericht hat das Verfahren gemäß Art. 19 Abs. 2 der Verordnung 2201/2003 („Brüssel II bis“) ausgesetzt, weil das Sorgerechtsverfahren vor dem französischen Gericht früher anhängig gemacht worden sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

Das OLG Hamm (DE) bestätigt die amtsgerichtliche Entscheidung, da es gemäß Art. 16 Verordnung„Brüssel II bis“ allein darauf ankomme, bei welchem Gericht der Antrag zuerst eingereicht worden sei. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass das Kind vermutlich in Frankreich widerrechtlich zurückgehalten werde, und die deutschen Gerichte deshalb gemäß Art. 10 Verordnung „Brüssel II bis“ nach wie vor für die Sorgerechtsentscheidung international zuständig seien. Denn bei gegenläufigen Sorgerechtsanträgen sei allein das Prioritätsprinzip geeignet, widersprüchliche Entscheidungen durch die Gerichte verschiedener Mitgliedstaaten zu vermeiden. Schließlich begründe auch der Umstand, dass die angerufenen französischen Gerichte bereits über einen ungewöhnlich langen Zeitraum über den Rückführungsantrag nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen und über ihre Zuständigkeit in der Sorgerechtsfrage nicht entschieden hätten, kein Recht der deutschen Gerichte, das ausgesetzte Verfahren wieder aufzunehmen.

 JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission

-  Entscheidungstext 

Die die Aussetzung des Verfahrens durch das Amtsgericht betreffende Beschwerde ist gemäß § 19 FGG zulässig, in der Sache aber nicht begründet.

1. Das Amtsgericht sieht sich zu Recht als verpflichtet an, das dort anhängige Verfahren auf Übertragung der elterlichen Sorge für die gemeinsame Tochter B-K, das mit dem am 04.03.2005 eingegangenen Antrag der Antragstellerin eingeleitet worden ist, gemäß Art. 19 Abs. 2 EG-VO 2201/2003 auszusetzen, weil beim Familiengericht in D… bereits seit dem 12.01.2005 ein gegenläufiger Antrag des Antragsgegners auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge anhängig ist. Da es gemäß Art. 16 der EG-VO allein auf den Eingang des einleitenden Antrags beim Gericht ankommt, besteht kein Zweifel, das das später angerufene Amtsgericht Hamm abwarten muss, ob sich das früher angerufene Gericht in Frankreich für zuständig hält. Nur wenn es seine Zuständigkeit verneint, kann das Verfahren in Deutschland fortgesetzt werden.

2. Die Überlegung der Beschwerde, dass die deutschen Gerichte gemäß Art. 10 der EG-VO trotz des augenblicklichen Aufenthalts der Tochter in G nach wie vor für die Sorgerechtsentscheidung zuständig seien, weil das Kind in G widerrechtlich zurückgehalten werde, hilft nicht weiter. Zwar hat das Amtsgericht bereits in dem Vorverfahren 33 F 73/05 AG Hamm in dem Beschluss vom 07.03.2005 gemäß Art. 15 HKÜ festgestellt, dass die gemeinsame Tochter in G widerrechtlich zurückgehalten werde. Also spricht viel dafür, dass über die Sorgerechtsfrage nicht die französischen, sondern die deutschen Gerichte zu entscheiden haben.

Gleichwohl ist bei gegenläufigen Sorgerechtsanträgen allein das Prioritätsprinzip geeignet, widersprüchliche Entscheidungen durch die Gerichte verschiedener Mitgliedsstaaten zu vermeiden. Die Antragstellerin muss daher ihre Darstellung zum widerrechtlichen Zurückhalten der Tochter in G und zur daraus folgenden alleinigen Zuständigkeit der deutschen Familiengerichte dem Gericht in D vortragen und belegen.

3. Dass bereits ungewöhnlich viel Zeit verstrichen ist, ohne dass die angerufenen französischen Gerichte über den (an sich binnen 6 Wochen zu bescheidenen) Rückführungsantrag nach dem HKÜ oder über ihre Zuständigkeit in der Sorgerechtsfrage entschieden haben, begründet ebenfalls kein Recht der deutschen Gerichte, das ausgesetzte Verfahren wieder aufzunehmen. Vielmehr ist die Antragstellerin darauf angewiesen, die vom französischen Recht vorgesehenen Rechtsmittel zur Beschleunigung der dortigen Entscheidungsprozesse zu ergreifen.





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