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unalex. Rechtsprechung Entscheidung CH-551
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung CH-551  



Obergericht Zürich (CH) 20.04.2012 - PS120035
Art. 34 Nr. 2 LugÜ 2007 – unalexAnerkennungshindernis Verletzung des rechtlichen Gehörs –unalexVerfahrenseinleitendes Schriftstück –unalexVerfahrenseinleitung im gerichtlichen Mahnverfahren und anderen besonderen Verfahren –unalexDas gerichtliche Mahnverfahren des deutschen Rechts

Obergericht Zürich (CH) 20.04.2012 - PS120035, unalex CH-551



Der deutsche Vollstreckungsbescheid ist der Anerkennung und der Vollstreckbarerklärung nach den Regeln des LugÜ2007 zugänglich. Der Schuldner erfährt durch den unwidersprochen gebliebenen Mahnbescheid vom Verfahren. Dieser ist das verfahrenseinleitende Schriftstück im Sinne von Art. 34 Nr. 2 LugÜ2007.


-  Entscheidungstext 

I. 1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (nachfolgend Klägerin) gelangte mit Arrestbegehren vom 1. Februar 2012 an das Einzelgericht des Bezirksgerichts Affoltern und stellte das Begehren, es sei gegen den Beklagten und Beschwerdegegner (nachfolgend Beklagter) ein Arrestbefehl gemäß den Art. 271 ff. SchKG zu erlassen und es sei auf die Lohnforderung des Beklagten bei der Firma D. AG in E. für ihre Forderung in Höhe von CHF 388,38 nebst Zins von 5 % ab 7. Juni 2011 aus CHF 163,01 Arrest zu legen, unter Hinweis auf einen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts C. vom 4. Juli 2011 (act. 1, 2). Mit Urteil vom 14. Februar 2012 wies das Einzelgericht dieses Begehren ab, soweit es darauf eintrat (act. 5 = act. 10).

2. Mit Eingabe vom 23. Februar 2012 erhob die Klägerin rechtzeitig Beschwerde gegen das Urteil vom 14. Februar 2012 und stellte die folgenden Anträge (act. 11 S. 2, sinngemäß):

1. Das Urteil des Bezirksgerichts Affoltern vom 14. Februar 2012 sei aufzuheben und dem Arrestbegehren der Gläubigerin vom 1. Februar 2012 sei stattzugeben.

2. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beklagten.

3. Mit Verfügung vom 27. Februar 2012 wurde der Klägerin eine 10tägige Frist zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses für das Beschwerdeverfahren in der Höhe von CHF 150,00 angesetzt und wurde die Klägerin aufgefordert, innert der gleichen Frist schriftlich ein Zustellungsdomizil in der Schweiz zu bezeichnen (act. 14).

4. Am 6. bzw. 16. März 2012 gingen weitere Eingaben der Klägerin vom 4. bzw. 14. März 2012 in dieser Sache beim Obergericht ein (act. 16, 17).

5. Mit Eingabe vom 6. April 2012, nach Zustellung der Verfügung vom 27. Februar 2012 auf dem Rechtshilfeweg am 2. April 2012, bezeichnete die Klägerin rechtzeitig ein Zustellungsdomizil in der Schweiz (act. 19). Zudem ging der der Klägerin auferlegte Vorschuss fristgemäß ein (act. 20). Das Verfahren erweist sich als spruchreif.

II. 1. Vorbemerkungen:

1.1 Am 1. Januar 2011 traten für die Schweiz neben der schweizerischen ZPO vom 19. Dezember 2008 auch das revidierte Lugano-Übereinkommen vom 30. Oktober 2007 (LugÜ) und diesbezügliche Änderungen des SchKG in Kraft. Sowohl das vorinstanzliche Verfahren als auch das Rechtsmittelverfahren wurden nach Inkrafttreten der schweizerischen ZPO anhängig gemacht, weshalb sie sich nach diesem Gesetz richten (Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO). Der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichtes C. wurde am 4. Juli 2011 erlassen und damit in einem Zeitpunkt, als das revidierte LugÜ sowohl für Deutschland als auch für die Schweiz in Kraft getreten war (Art. 69 Abs. 4 und 5 LugÜ), weshalb auf das vorliegende Verfahren auch die revidierte Fassung des Lugano-Übereinkommens vom 16. September 1988 als Übereinkommen vom 30. Oktober 2007 (LugÜ) anwendbar ist (Art. 63 Abs. 1 LugÜ). Dementsprechend sind auch die mit der Einführung der schweizerischen ZPO und der LugÜ-Revision zusammenhängenden Änderungen des SchKG maßgeblich, insbesondere Art. 271 f. SchKG in der neuen, aktuellen Fassung.

1.2 Gegen erstinstanzliche Endentscheide in Arrestsachen ist infolge des Ausschlusses der Berufung die Beschwerde nach Art. 319 ff. ZPO zulässig (Art. 319 lit. a ZPO iVm Art. 309 lit. b Ziff. 6 ZPO). Dies gilt sowohl für das Rechtsmittel des Gläubigers gegen den ablehnenden Entscheid über sein Arrest- begehren, als auch für das Rechtsmittel gegen den Einspracheentscheid nach Art. 278 SchKG (ZK ZPO-Reetz/Theiler, Art. 309 N 34).

1.3 Die Beschwerde ist in der 10tägigen Rechtsmittelfrist von Art. 321 Abs. 2 ZPO (summarisches Verfahren) schriftlich und begründet (Art. 321 Abs. 1ZPO) einzureichen. Die Beschwerdefrist als gesetzliche Frist kann nicht erstreckt werden (Art. 144 Abs. 1 ZPO). Daran vermag die Klägerin mit ihrem in der Beschwerdebegründung enthaltenen Vorbehalt einer ergänzenden Beschwerdebegründung nach Konsultation des ihr noch nicht vorliegenden Basler Kommentars zum SchKG (act. 11 S. 3) nichts zu ändern. Auf den Vorbehalt ist daher nicht ein- zugehen. Gleiches gilt für die nach Ablauf der Beschwerdefrist eingereichten Beschwerdeergänzungen (act. 16, 17).

1.4 Noven sind im Beschwerdeverfahren grundsätzlich nicht zulässig (Art. 326 Abs. 1 ZPO). Zwar bleiben besondere Bestimmungen des Gesetzes vorbehalten (aaO, Abs. 2). So können in einer Beschwerde gegen den Arresteinspracheentscheid gemäß Art. 278 Abs. 3 SchKG neue Tatsachen geltend gemacht werden. Für die Beschwerde des Gläubigers gegen die Nichtgewährung des Arrestes gibt es jedoch keine Ausnahmeregelung (vgl. OGer PS110148 vom 5. Oktober 2011, E. II./3). Da das Recht von Amtes wegen anzuwenden ist (Art. 57 ZPO), sind neue rechtliche Argumente indes unbeschränkt zulässig.

1.5 Heißt die Beschwerdeinstanz die Beschwerde gut, so entscheidet sie neu, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls wird der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen (Art. 327 Abs. 3 ZPO).

2. Die Klägerin brachte zur Begründung ihres Arrestbegehrens vor der Vorinstanz vor, der Beklagte habe ihr eine Selbstbezahlerrechnung trotz Mahnungen nicht bezahlt, worauf ein gerichtliches Mahnverfahren in die Wege geleitet worden sei. Im Verlaufe dieses Verfahrens habe sich gezeigt, dass der Beklagte bei der Firma D. AG, … [Adresse], E., beschäftigt sei. Gestützt darauf stelle sie ein Arrestbegehren (act. 1). Gemäß dem in Formularform eingereichten Arrestbegehren stützt die Klägerin ihre Forderung über CHF 388,38 zuzüglich 5 % Zins seit 7. Juni 2011 (auf CHF 163,01) auf einen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts C. vom 4. Juli 2011, und sie macht den Arrestgrund von Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG geltend (act. 2). Mit dem Arrestbegehren reichte die Klägerin neben ihrer Rechnung vom 14. Oktober 2010 über EUR 135,35 betreffend psychiatrische Behandlung (act. 4/1) eine „letzte Mahnung“ vom 15. März 2011 für die erwähnte Forderung zuzüglich Gebühren und Auslagen, total EUR 190,76, zu den Akten (act. 4/2), sowie verschiedene Unterlagen aus dem gerichtlichen Mahnverfahren (act. 4/3-5) und den vorerwähnten Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts C. vom 4. Juli 2011 (act. 4/6).

3. Der Arrest setzt das Glaubhaftmachen von Arrestgegenständen, eines Arrestgrundes und einer Arrestforderung voraus (Art. 272 Abs. 1 SchKG). Glaubhaftmachen bedeutet weniger als Beweisen, doch mehr als bloßes Behaupten. Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn das Gericht sie aufgrund der ihm vor- gelegten Elemente für wahrscheinlich hält, ohne ausschließen zu müssen, dass es sich auch anders verhalten könnte. Vorausgesetzt ist damit zum einen ein schlüssiges Vorbringen und zum anderen, dass die Tatsachendarlegungen dem Gericht als wahrscheinlich erscheinen. Auch wenn die Anforderungen an den Wahrscheinlichkeitsbeweis nicht zu hoch anzusetzen sind, vermögen bloße Behauptungen des Arrestgläubigers nicht zu genügen, auch wenn sie schlüssig sind. Vielmehr müssen objektive Anhaltspunkte vorliegen, die auf das Vorhandensein der behaupteten Tatsachen schließen lassen. In diesem Sinn ist eine Beweisführung mindestens in den Grundzügen erforderlich (BSK SchKG II-Stoffel, 2. Aufl. 2010, Art. 272 N 4 ff.; KUKO SchKG-Meier-Dieterle, Art. 272 N 14). Im Grundsatz sind an die Glaubhaftmachung des Arrestgegenstandes dabei weniger strenge Anforderungen als an die Glaubhaftmachung der Arrestforderung und des Arrestgrundes zu stellen. Im Anwendungsbereich des LugÜ genügt es, wenn der Arrestgläubiger im Arrestbegehren die Vermögensgegenstände des Arrestschuldners substantiiert bezeichnet (BBl 2009 S. 1777 ff., Botschaft zum revidierten LugÜ vom 18. Februar 2009 [Botschaft], S. 1822 f.).

4. Zum Arrestgrund:

4.1 Die Bestimmung von Art. 271 Abs. 1 SchKG zählt in Ziff. 1-6 abschliessend die möglichen Arrestgründe auf. Gemäß Ziff. 6 kann Arrest gelegt werden, „wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen definitiven Rechtsöffnungstitel besitzt“. Stützt sich ein Gläubiger hierfür auf einen ausländischen Entscheid, der nach dem revLugÜ zu vollstrecken ist, so hat das Gericht im Arrestverfahren auch über dessen Vollstreckbarkeit zu entscheiden (Art. 271 Abs. 3 SchKG). Das SchKG setzt somit das Recht auf eine Sicherungsmaßnahme gemäß Art. 47 Abs. 2 LugÜ um.

4.2 Die Vorinstanz hat erwogen, dass der Gläubiger für die Arrestlegung gestützt auf einen Entscheid, der nach LugÜ zu vollstrecken sei, einen entsprechenden Antrag auf Vollstreckbarerklärung zu stellen habe, was die Klägerin nicht getan habe, weshalb ein Arrest gestützt auf Ziff. 6 der Bestimmung nicht in Frage komme. Dabei stützte sich die Vorinstanz auf Reiser/Jent-Sørensen (Exequatur und Arrest im Zusammenhang mit dem revidierten Lugano-Übereinkommen, SJZ 107/2011 S. 453 ff., S. 454 f.; vgl. act. 10 S. 4). Die Frage, ob ein entsprechender Antrag gestellt werden muss oder ob das Arrestgericht von Amtes wegen über das Exequatur zu entscheiden hat, ist umstritten, wobei die von der Vorinstanz vertretene Ansicht eher vorherrscht (vgl. BSK LugÜ-Hofmann/Kunz, Art. 47 N 62 ff. sowie die näheren Ausführungen und weiteren Verweise in OGer PS110169, Urteil vom 8. November 2011, E. III./ 3.). Die Frage braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, da die Klägerin vor der Vorinstanz keinen Arrest gestützt auf Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG beantragte, sondern einen solchen gestützt auf Ziff. 4 (act. 2). Auf die Voraussetzungen einer Arrestbewilligung nach Ziff. 6 ist daher nicht weiter einzugehen. Von der Vorinstanz zu prüfen waren und hier zu überprüfen bleiben lediglich die Voraussetzungen des „Ausländerarrestes“ gemäß Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG.

4.3 Die Klägerin stützt sich für den Arrestgrund auf den ausländischen Wohnsitz des Beschwerdegegners und auf einen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichtes C. vom 4. Juli 2011. Die Vorinstanz beschränkte ihre diesbezügliche Prüfung auf die Frage des Vorliegens einer Schuldanerkennung und den genügenden Bezug der Forderung zur Schweiz und verneinte beides (zu Recht). Der Hinweis der Klägerin zum Bezug der Forderung zur Schweiz aufgrund der möglichen Arrestprosequierung in der Schweiz (act. 11 S. 2) geht fehl. Könnte für jede Forderung der vorausgesetzte Bezug zur Schweiz mittels Arrestprosequierung in der Schweiz hergestellt werden, so wäre die Voraussetzung ihres Sinnes entleert. Zu verlangen ist daher, dass die Forderung selber (und nicht die allfällige Arrestprosequierung, oder der Arrestgegenstand wie etwa vorliegend die Lohnforderung gegenüber dem schweizerischen Arbeitgeber) einen Bezug zur Schweiz aufweist (vgl. act. 10 S. 5).

4.4 Fraglich ist indessen, ob sich die Beschwerdeführerin nach der Revision des SchKG mit dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichtes C. als gerichtliches Urteil angesichts des Wohnsitzes des Beklagten in Deutschland dennoch erfolgreich auf den Arrestgrund von Ziff. 4 stützen kann. Bejahendenfalls ist unerheblich, ob die Forderung einen Bezug zur Schweiz aufweist.

4.4.1 Nach dem geltenden Gesetzestext von Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG kann ein Gläubiger Vermögensgegenstände des Schuldners mit Arrest belegen lassen, wenn der Schuldner nicht in der Schweiz wohnt, kein anderer Arrestgrund gegeben ist und die Forderung einen genügenden Bezug zur Schweiz aufweist oder auf einer Schuldanerkennung beruht. Im Gegensatz zu der Fassung, die vor der Gesetzesrevision in Kraft war, wird heute neben der Schuldanerkennung und einem genügenden Bezug der Forderung zur Schweiz die weitere Möglichkeit des Ausländerarrests gestützt auf ein vollstreckbares gerichtliches Urteil nicht mehr explizit erwähnt. Ob es sich dabei um ein gesetzgeberisches Versehen handelt oder ob vom Gesetzgeber diese Möglichkeit bewusst weggelassen worden ist, ist in der Lehre umstritten. Nach zutreffender Auffassung ist indes davon auszugehen, dass der Passus „vollstreckbares gerichtliches Urteil“ in Ziff. 4 der genannten Bestimmung bloß ungeschickt redaktionell gestrichen wurde. In Anbetracht des Umstands, dass die Glaubhaftmachung einer (bloßen) Schuldanerkennung genügt, hat nach herrschender Lehre a fortiori auch ein vollstreckbares gerichtliches Urteil (bzw. die Glaubhaftmachung, dass ein solches vorliegt) nach wie vor unter Ziff. 4 zu fallen (BSK LugÜ-Hofmann/Kunz, Art. 47 N 72; SHK LugÜ-Staehelin, 2. Auflage 2011, Art. 47 N 25; Reiser/Jent-Sørensen, aaO, S. 455; Staehelin, Neues Arrestrecht ab 2011, Jusletter, 11. Oktober 2010, N 43; Roth, Vorläufige Vollstreckbarkeit und Vollstreckung – Ab wann und unter welchen Voraussetzungen sind Vollstreckungsmaßnahmen in das Vermögen des Schuldners möglich?, AJP 2011, S. 771 ff., S. 784; a.M. Botschaft, S. 1821; Meier-Dieterle, Arrestpraxis ab 1. Januar 2011, AJP 2010, S. 1211 ff., S. 1216, sowie Schwander, Arrestrechtliche Neuerungen im Zuge der Umsetzung des revidierten Lugano-Übereinkommens, ZBJV 146/2010, S. 641 ff., S. 649, der indessen beim Arrestgrund nach Ziff. 6 zur Frage der Vollstreckbarerklärung für eine Nichtbeachtung der Dispositionsmaxime plädiert [aaO, S. 657], was nach der eher herrschenden Lehre abzulehnen ist, vgl. vorne II./4.2).

Diese Ansicht überzeugt insbesondere auch vor dem Hintergrund der Lehrmeinung, dass bei wörtlichem Verständnis der aktuellen Fassung von Ziff. 4 für vollstreckbare Urteile aus Staaten außerhalb des Anwendungsbereichs des LugÜ ein Arrest unter keinen Umständen mehr verlangt werden könnte (da der Arrestgrund von Ziff. 6 für solche Urteile nicht gilt; vgl. BSK SchKG II-Stoffel, 2. Auflage 2010, Art. 271 N 87, 109, mit Hinweis auf die Entstehungsgeschichte der Revision). Wird als Korrektur dieser Diskrepanz eine Zulassung nur von solchen Urteilen als Arrestgründe nach Ziff. 4 bejaht, nicht aber von LugÜ-Urteilen (so offenbar Stoffel, aaO, Art. 271 N 87), so führt dies zu einer sachlich nicht begründeten Unterscheidung (bei LugÜ-Urteilen müsste ein Exequatur ausdrücklich beantragt werden, bei nicht-LugÜ-Urteilen dagegen nicht). Naheliegender und sachlich sinnvoller ist es daher, der vorerwähnten herrschenden Lehre zu folgen und den Ausländerarrest nach wie vor auch gestützt auf ein vollstreckbares gerichtliches Urteil zuzulassen (dieser Ansicht ist nebenbei bemerkt auch das Obergericht des Kantons Aarau gemäß einem von der Klägerin eingereichten Entscheid vom 28. Februar 2012, vgl. act. 18 E. 3.2).

4.4.2 Mit einem vollstreckbaren gerichtlichen Urteil ist ein Entscheid in der Sache selbst gemeint, der einer Anerkennung nach den Bestimmungen des IPRG (Art. 25 ff. IPRG) bzw. des Lugano-Übereinkommens (Art. 32 ff. LugÜ) zugänglich ist. Im Arrestverfahren ist die Anerkennungsfähigkeit eines vorgelegten ausländischen Entscheids glaubhaft zu machen (Art. 272 Abs. 1 SchKG). Anerkennungsfähigkeit prima facie genügt (vgl. BSK SchKG II-Stoffel, 2. Auflage 2010, Art. 272 N 22).

Die Klägerin hat einen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts C. vom 4. Juli 2011 eingereicht, mit welchem der Beklagte verpflichtet wurde, ihr einen Betrag von EUR 249,39 zuzüglich 5 % Zins ab 7. Juni 2011 zu bezahlen (act. 4/6; zur Arrestforderung vgl. im Einzelnen nachfolgend II./5.). Der deutsche Vollstreckungsbescheid ist vergleichbar mit einem Zahlungsbefehl, gegen den der Schuldner keinen Rechtsvorschlag erhoben hat. Er ergeht, wenn der Schuldner gegen einen Mahnbescheid keinen Widerspruch eingelegt hat (§ 699 Abs. 1 D- ZPO). Im Gegensatz zum schweizerischen Zahlungsbefehl schafft der deutsche Vollstreckungsbescheid jedoch formelle und materielle Rechtskraft. Er ist dem Säumnisurteil eines Gerichts gleichgestellt (§ 700 Abs. 1 D-ZPO) und ist nach der Zustellung gemäß § 699 Abs. 4 D-ZPO (Amtszustellung oder Parteizustellung) ohne weiteres vollstreckbar, einzig unter dem Vorbehalt, dass die Vollstreckung nicht infolge eines Einspruches einstweilen (gerichtlich, vgl. § 719 iVm § 707 D- ZPO) eingestellt wird. Solange solches nicht erfolgt, ist der Vollstreckungsbescheid uneingeschränkt vollstreckbar (vgl. Vollkommer, in: Zöller, Zivilprozessordnung, Kommentar zur [deutschen] Zivilprozessordnung, 29. Auflage 2012, § 699 D-ZPO N 15, § 700 D-ZPO N 1, 15). Der deutsche Vollstreckungsbescheid ist daher der Anerkennung und der Vollstreckbarerklärung nach den Regeln des Lugano-Übereinkommens zugänglich (BSK LugÜ-Hofmann/Kunz, Art. 38 N 45). Der Schuldner erfährt durch den unwidersprochen gebliebenen Mahnbescheid vom Verfahren. Dieser ist das verfahrenseinleitende Schriftstück im Sinne von Art. 34 Ziff. 2 LugÜ (vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Auflage, Frankfurt a. M. 2005, Art. 34 EUGVO N 29; die Einreichung desselben ist indes nach neuem Recht für die Vollstreckbarerklärung aus Abwesenheitsurteilen nicht mehr erforderlich, weshalb nur noch in einem Rechtsbehelfsverfahren nach Art. 43 ff. LugÜ gebotenenfalls darauf einzugehen wäre; vgl. BSK LugÜ-Hofmann/Kunz, Art. 38 N 221 ff.).

Dem Vollstreckungsbescheid vom 4. Juli 2011 ist zu entnehmen, dass der Mahnbescheid dem Schuldner am 8. Juni 2011 zugestellt wurde und der Vollstreckungsbescheid dem Schuldner am 24. Oktober 2011 (act. 4/6). Der Vollstreckungsbescheid erscheint damit prima facie als anerkennungsfähig. Da die Arrestforderung aus dem im Arrestbegehren genannten Vollstreckungsbescheid hervorgeht, beruht sie auf einem vollstreckbaren gerichtlichen Urteil. Mithin ist der Arrestgrund von Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG gegeben.

5. Zur Arrestforderung:

5.1 Die Arrestforderung geht wie gesehen aus einem vollstreckbaren Entscheid hervor. Die Forderung selber muss in dieser Konstellation nicht mehr glaubhaft gemacht werden, da nicht der Bestand der Forderung, sondern das Be- stehen eines vollstreckbaren Entscheides im Sinne eines definitiven Rechtsöffnungstitels glaubhaft zu machen ist (BSK SchKG II-Stoffel, 2. Auflage 2010, Art. 272 N 8).

5.2 Der Vollstreckungsbescheid erging für einen Betrag von EUR 249,39 (darin eingeschlossen Zins auf EUR 135,35 vom 16. Dezember 2010 bis 6. Juni 2011) nebst Zins zu 5 % seit dem 7. Juni 2011 auf EUR 135,35 (act. 4/6). Die Klägerin macht indes mit dem Arrestbegehren einen höheren Betrag von EUR 322,43 geltend, der zusätzlich zum Forderungsbetrag samt Kosten gemäß Vollstreckungsbescheid weitere Kosten und Gebühren von EUR 12,00, EUR 31,00, EUR 12,00 und EUR 15,00, total EUR 70,00, umfasst, sowie Zinsen bis 31. Januar 2012 (vgl. act. 2 S. 2).

Soweit die geltend gemachte Forderung den Umfang des Betrages gemäß dem Vollstreckungsbescheid übersteigt, liegt dafür kein Arrestgrund vor und ist das Arrestbegehren daher ungeachtet der nicht zu prüfenden Glaubhaftigkeit der Forderung abzuweisen.

6. Zum Arrestgegenstand:

Die Klägerin macht geltend, der Beklagte sei bei der Firma D. AG, … [Adresse], E., angestellt. Aus den Angaben des Beklagten im eingereichten zwangsvollstreckungsrechtlichen Vermögensverzeichnis des Beklagten vom 20. Juni 2011 ergibt sich, dass der Beklagte bei der genannten Firma angestellt ist und dass er dort ein monatliches Bruttogehalt von CHF 5.050,00 erzielt (act. 4/5). Gestützt auf diese Angabe des Beklagten selber erscheint der Arrestgegenstand als glaubhaft.

7. Da sowohl die Arrestforderung (mit der Einschränkung gemäß Ziff. II./5.2 vorstehend) als auch der Arrestgrund und der Arrestgegenstand glaubhaft dargetan wurden, ist die Sache spruchreif (Art. 327 Abs. 3 lit. b ZPO) und ist der Arrest antragsgemäß zu bewilligen.

Die Klägerin wird den Arrest durch Betreibung prosequieren und wohl zum Kurs am Tag des Betreibungsbegehrens in Schweizer Franken umrechnen müssen (Art. 67 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG; vgl. BSK SchKG I-Ehrenzeller, 2. Auflage 2011, Art. 67 N 40).

Bei der Stellung des Arrestbegehrens rechnete die Klägerin den von ihr geltend gemachten Betrag von EUR 322,43 zu einem nicht näher spezifizierten Umrechnungskurs auf CHF 388,38 um, was einen Kurs von 1.2045 ergibt (act. 2 S. 2). Der Kurs entspricht in etwa dem seit einiger Zeit maßgeblichen Umrechnungskurs von rund 1.20 und ist daher nicht zu beanstanden. Daher rechtfertigt es sich, den Betrag der aus dem Titel hervorgehenden Forderung von EUR 249,39 nebst Zins zu 5 % seit dem 7. Juni 2011 auf EUR 135,35 (nur insoweit besteht dafür ein Arrestgrund, vgl. vorstehend II./5.) nach diesem Kurs auf CHF 300,40 umzurechnen und den für die Verzinsung maßgeblichen Betrag der Hauptforderung auf CHF 163,03.

III. 1. Die erstinstanzliche Spruchgebühr ist zu bestätigen. Für das Beschwerdeverfahren sind keine Kosten zu erheben (Art. 107 Abs. 2 ZPO). Die Spruchgebühr ist, da der Beklagte am Verfahren nicht beteiligt ist, unabhängig vom Verfahrensausgang von der Klägerin zu beziehen. Die Obergerichtskasse wird die Spruchgebühr mit dem für das Beschwerdeverfahren geleisteten Vorschuss verrechnen.

Die Klägerin wird berechtigt sein, die Spruchgebühr aus einem allfälligen Er- lös des Arrestgegenstandes vorwegzunehmen (Art. 281 Abs. 2 SchKG). Dass der Arrest in einem unmaßgeblich geringeren Umfang gewährt wurde als von der Klägerin beantragt, fällt bei der Kostenverteilung nicht ins Gewicht und kann vernachlässigt werden.

2. Ein Entschädigungsanspruch steht der Klägerin im Arrestbewilligungsverfahren nicht zu, zumal der Beklagte nicht angehört wird.

Es wird erkannt:

1. In Gutheißung der Beschwerde wird das Urteil des Einzelgerichtes des Bezirksgerichtes Affoltern vom 14. Februar 2012 (EQ120002) aufgehoben, und es wird ein Arrestbefehl nach Maßgabe des separaten Formulars „Arrestbefehl“ erteilt.

2. Die erstinstanzliche Spruchgebühr von CHF 150,00 wird bestätigt und aus dem von der Klägerin geleisteten Vorschuss bezogen. Für das zweitinstanzliche Verfahren fällt eine Spruchgebühr außer Ansatz.

3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4. Schriftliche Mitteilung an die Beschwerdeführerin sowie an das Bezirksgericht Affoltern und an das für E. zuständige Betreibungsamt F. (Betreibungskreis F.), je gegen Empfangsschein, und an die Obergerichtskasse. Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Dies ist ein Entscheid über vorsorgliche Maßnahmen im Sinne von Art. 98 BGG. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt CHF 388,38.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.





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