I. 1. Am 19. Mai 1995 reichte die Klägerin Klageschrift und Weisung ein über folgendes Rechtsbegehren (act. 1).
„Es sei gerichtlich festzustellen, dass die Beklagte durch das Herstellen bzw. Herstellenlassen, Feilhalten, Verkaufen und Inverkehrbringen folgender Gegenstände und ähnlicher Produkte den Lizenzvertrag (License Agreement) zwischen den Parteien vom 19. März 1990 verletzt durch Verwendung der der Klägerin gehörenden Formeln (mit oder ohne Duftstoffe) zur Herstellung eines WC Duftsteines, nämlich: Auswechselbarer, in WC Schüssel zu verwendender, nichtfärbender Duftstein (in bowl freshener) in Verbindung mit einem zu öffnenden und zu schliessenden Kunststoffgehäuse für den Duftstein unter Verwendung der Ausstattung WC Ente im Zusammenhang mit dem Duftstein, der Verpackung und dem Design, Grafik oder anderer Mittel zur Identifikation entsprechend oder abgeleitet vom Signet WC Ente und dem Namen Ente oder Verwendungen und Abwandlungen davon. Es sei gerichtlich festzustellen, dass die Kündigung des Lizenzvertrages zwischen den Parteien vom 19. März 1990 durch die Beklagte am 20. Oktober 1993 rechtsmissbräuchlich ausgesprochen wurde
Das Gericht ermächtige die Klägerin, das Urteilsdispositiv (eventuell als Inserat) je einmal in der Grösse einer Viertelseite im Wirtschaftsteil' der NZZ (Inlandausgabe und NZZ International = ehemalige Fernausgabe), in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und in der New York Times auf Kosten der Beklagten zu veröffentlichen.
Es sei die Beklagte zur Zahlung einer gestaffelten Lizenzgebühr von 1,5 % ab dem 29. Juli 1994 bis zum Zeitpunkte 10 Jahre nach dem jeweiligen Erstverkauf des in bowl freshener in den entsprechenden Staaten des europäischen Vertragsgebietes, sodann von 1 % für die weiteren 10 Jahre ab dem Erstverkauf in den jeweiligen Vertragsgebietsstaaten als Schadenersatz an die Klägerin zu verpflichten, es seien die Umsätze auf der Stufe der Verkäufe der Beklagten und deren allfälligen Lizenznehmer im Vertragsgebiet Europa in Deutscher Mark zu bestimmen und es sei die Beklagte zu verpflichten, dem Gericht zur Ermittlung der verkauften Stückzahlen Einsicht in ihre Bücher zu gewähren.
Es sei festzustellen, dass die Beklagte ihre vertraglich zugesicherte Geheimhaltungspflicht gegenüber der Klägerin verletzte und verletzt, und der daraus entstandene Schaden sei gerichtlich zu bestimmen, und es sei die Beklagte zur Bezahlung des daraus entstandenen Schadens zuzüglich 5 % Zins seit dem Datum der Verletzung der Geheimhaltungsverpflichtung an die Klägerin zu verpflichten.
Es sei davon Vormerk zu nehmen, dass sich die Klägerin vorbehält, die Klage zu ändern, zu ergänzen oder Nachklage einzureichen.
Es sei der Beklagten im Widerhandlungsfall unter Androhung der Ueberweisung ihrer Organe an den Strafrichter zur Ahndung mit Haft oder Busse gemäss StGB Art. 292 gerichtlich zu untersagen, den Vertragsgegenstand gemäss Antrag Nr. 1 im Vertragsgebiet herzustellen oder, herstellen zu lassen, einzuführen, auszuführen, feilzuhalten, zu verkaufen, in den Verkehr zu bringen oder bei derartigen Handlungen mitzuwirken, diese zu begünstigen oder zu erleichtern.
Alles unter. Kosten und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.“
In der Klagebegründung beschränkte sich die Klägerin auf eine kurze Sachverhaltsdarstellung, weil sie vorerst die Zuständigkeitsfrage entschieden haben wollte (act. 1).
2. Nachdem die Klägerin die ihr mit Verfügung vom 29. Mai 1995 auferlegte Kaution geleistet hatte, wurde der Beklagten mit Verfügung vom 13. Juni 1995 Frist angesetzt, zur Frage der Zuständigkeit des Handelsgerichts Stellung zu nehmen (Prot. S. 3).
Mit Eingabe vom 11. September 1995 erhob die Beklagte daraufhin die Unzuständigkeitseinrede (act. 10).
3. Mit Verfügung vom 12. September 1995 wurde der Klägerin Frist angesetzt, zur Unzuständigkeitseinrede Stellung zu nehmen. Die entsprechende Eingabe der Klägerin erfolgte am 17. Oktober 1995 (act. 14).
4. Mit Eingabe vom 25. Oktober 1995 teilte die Beklagte mit, sie gehe davon aus, die Stellungnahme der Klägerin sei inzwischen eingetroffen. Da die Klägerin nun zwei volle Vorträge zur Frage der Zuständigkeit des Handelsgerichts gehabt habe, gehe die Beklagte davon aus, dass sie ebenfalls die Möglichkeit erhalten werde, zu dieser Frage eine zweite Stellungnahme einzureichen (act. 15).
II. Gemäss § 111 Satz 1 ZPO hat der Beklagte die Einrede der Unzuständigkeit spätestens mit der Klageantwort vorzubringen. Wie danach weiter vorzugehen ist, sagt S 115 Satz 2 ZPO unmissverständlich: „Das Gericht entscheidet nach Anhörung der Gegenpartei sofort über seine Zuständigkeit“. Für einen weiteren Schriftenwechsel, wie er der Beklagten vorzuschweben scheint, ist deshalb kein Raum:
Es trifft zwar zu, dass sich die Klägerin vorliegend zwei Mal zur Frage der Zuständigkeit äussern konnte, weil sie dieses Thema schon mit der Klagebegründung eingehend behandelt hat, aber das gereicht der Beklagten keineswegs zum Nachteil; das Gegenteil ist der Fall: Die Beklagte konnte dank dessen ihre Einrede schon in Kenntnis der klägerischen Argumentation begründen.
Wie auch immer, der Beklagte, der die Einrede der Unzuständigkeit erhebt, hat gemäss § 111 ZPO keinen Anspruch darauf, zur Stellungnahme des Klägers zur Einrede nochmals Stellung nehmen zu können.
III. 1. Die Klägerin mit Sitz in Deutschland und die Beklagte mit Sitz in den USA haben 1990 einen Lizenzvertrag geschlossen. In Ziff. 9.9 des Vertrages wurde die Anwendbarkeit schweizerischen Rechts vereinbart, und Ziff. 9.10 sah für den Fall von Streitigkeiten vor: „... judgement shall be the exclusive jurisdiction of the Courts of Switzerland“ (act. 4/5).
2. Mit den diesbezüglich übereinstimmenden Parteien ist davon auszugehen, dass das LugÜ vorliegend zur Anwendung kommt und dass die vereinbarte Gerichtsstandsklausel die Voraussetzungen von Art. 17 LugÜ erfüllt und deshalb gültig ist.
3. Die Parteien haben vereinbart, dass nicht das Recht eines der Sitzstaaten der Parteien zur Anwendung kommt und Streitigkeiten dort ausgetragen werden, sondern sie haben sich auf das Recht eines Drittlandes der Schweiz und, in sinniger Kombination damit, auch auf die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte geeinigt.
4. Die Klägerin hat vertragsgemäss hier in der Schweiz geklagt, und die Beklagte widersetzt sich dem. Sie will, das hat sie eindeutig zum Ausdruck gebracht, an ihrem Sitz in den USA belangt werden (act. 10, S. 8, Ziff. 22). Weshalb sie sich nicht an die auch von ihr durchaus gewollte Gerichtsstandsvereinbarung („Der Lizenzvertrag entsprang intensiven Verhandlungen zwischen den Parteien, er enthält keine Klausel, die nicht von den Parteien eingehend besprochen wurde“, act. 10, S. 11, Ziff. 24) halten will, begründet die Beklagte mit keinem Wort. Dieses Verhalten stellt ein venire contra factum proprium dar, welches als rechts missbräuchlich nicht zuzulassen ist. Die Beklagte ist deshalb mit der Unzuständigkeitseinrede nicht zu hören; darauf ist nicht einzutreten.
Damit ist zwar entgegen der Auffassung der Klägerin nicht von einer Einlassung der Beklagten auszugehen, denn eine solche setzte ein positives Handeln des Beklagten voraus, aber die Zuständigkeit ist mangels erhobener, bzw. zu beachtender Einrede nur dahingehend zu prüfen, ob sie etwa wegen Verletzung zwingender Zuständigkeitsvorschriften offensichtlich fehlt (Sträuli/Messmer, N. 2 zu § 108 ZPO). Dies ist aber unstrittig nicht der Fall. Damit ist auf Klage einzutreten.
5. Auch wenn man die Unzuständigkeitseinrede der Beklagten zulassen wollte, ergäbe sich kein anderes Resultat:
Art. 17 LugÜ lässt die Prorogation im Gegensatz zur Regelung des IPRG nicht nur an ein Gericht, sondern auch an die Gerichte eines Vertragsstaates zu.
Mit der Ratifikation dieses Übereinkommens hat sich die Schweiz verpflichtet, dieses auch zur Anwendung zu bringen und für seine Anwendbarkeit zu sorgen. D.h., wenn das LugÜ die Vereinbarung der internationalen Zuständigkeit genügen lässt, dann ist es Sache der Vertragsstaaten, und damit auch der Schweiz, die innerstaatliche Zuständigkeit in solchen Fällen zu regeln. Das wurde auch in der Botschaft zum Lugü so festgehalten: „Die Vereinbarung nach Art. 17 muss auf die Gerichte eines Vertragsstaates lauten. Dabei kann bloss die internationale oder zugleich auch die örtliche Zuständigkeit festgelegt sein. Fehlt es an der Bezeichnung des örtlich zuständigen Gerichts, so wird diese mit Hilfe des nationalen Rechts zu ergänzen sein“ (Botschaft, Sonderdruck, S. 46, Ziff. 4; vgl. ferner: Killias, Die Gerichtsstandsvereinbarungen nach dem Lugano Uebereinkommen, Zürich 1993, S. 112; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, Heidelberg 1993, S. 211f.).
Zur Debatte kann also nicht stehen, ob das innerstaatliche schweizerische Recht diese Regelung zu treffen hat. Dem ist so, das steht fest. Zu prüfen ist nur, ob es eine solche Regelung schon gibt, und falls nicht, dann liegt eine Lücke vor, die nach Art. 1 ZGB zu füllen ist.
Das IPRG bietet direkt keine Lösung an, namentlich nicht für den Fall, wo, wie hier, der Sachverhalt keinen Zusammenhang mit der Schweiz aufweist, und damit eine Anwendung von Art. 3 IPRG auch als Notlösung nicht in Frage kommt. Mit Kilias (loc.cit., S. 112 ff.) ist davon auszugehen, dass diese Lücke dahingehend zu füllen ist, dass dem Kläger die Wahl des örtlich zuständigen Gerichts zu überlassen ist. Diese Lösung wird den Interessen beider Parteien am ehesten gerecht: Wohl kann der Kläger wählen, aber welche Vertragspartei der Kläger und damit der Bevorzugte sein würde, stand bei Vertragssabschluss nicht fest. Und vor allem gibt es keinen anderen Ort in der Schweiz, zu welchem ein vom Sachverhalt engerer Bezug bestünde und der deshalb vorzuziehen wäre, so dass von daher jedweder in der Schweiz gewählte Ort gleichberechtigt erscheint und vor allem das wichtigste, von beiden Parteien gewollte Kriterium erfüllt: er befindet sich in der Schweiz.
Damit ist die Zuständigkeit des von der Klägerin gewählten Handelsgerichts zu bejahen.
Ergänzend bleibt anzufügen, dass die Wahl des Ortes durch den Kläger selbstverständlich unter dem Vorbehalt rechtsmissbräuchlichen Verhaltens steht, was aber nur zur Folge haben könnte, dass anstelle des vom Kläger gewählten Ortes in der Schweiz ein anderer Ort in der Schweiz zum Zuge käme. An der internationalen Zuständigkeit der Schweizer Gerichte würde das nichts ändern.
IV. Über die Kosten des vorliegenden Beschlusses ist in Anwendung von § 71 Satz 3 ZPO sofort zu entscheiden, nachdem die Beklagte mit ihrer rechtsmissbräuchlichen Unzuständigkeitseinrede die entsprechenden Umtriebe des Gerichts verschuldeterweise verursacht hat 66 Abs. 1 ZPO), so dass die daraus resultierenden Kosten unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht der Klägerin belastet werden können (Sträuli/ Messmer, N. 3 zu § 71 ZPO). Entsprechend ist die Beklagte auch zu verpflichten, die Klägerin für ihre Stellungnahme zur Unzuständigkeitseinrede zu entschädigen.
V. Die Klägerin hat ihre Klage im Hinblick auf die Auseinandersetzung über die Zuständigkeit und prozessökonomisch richtigerweise nur summarisch begründet. Würde nun der Beklagten Frist zur Klageantwort angesetzt, und würde dann die Klägerin erst mit ihrer Replik eine eingehende Begründung der Klage liefern, so könnte auch erst mit der Duplik eine eingehende Beantwortung folgen, was mit Sicherheit weiteren Schriftenwechsel nach sich ziehen würde. Es scheint deshalb angebracht, der Klägerin Frist anzusetzen, eine eingehende Klagebegründung einzureichen, widrigenfalls es mit der bisherigen sein Bewenden hätte.
Das Gericht beschliesst:
1. Auf die Klage wird eingetreten.