I. 1. Am 27. Oktober 2004 bestellte die A bei der B-AG Spikes-Spider Schneeketten und Adapter im Gesamtwert von EUR 74.891,44 (bekl. act. 1). Nach von der A. bestrittener Darstellung der B-AG kam das Geschäft unter der Bedingung und nach entsprechender Zusicherung der Bestellerin zustande, dass die Ware für einen Kunden in Z-Länder bestimmt sei und auf keinen Fall nach Y-Land geliefert werde. Unbestritten ist, dass die von der B-AG an die H ausgelieferte Ware (bekl. act. 1) schliesslich nach Y-Land gelangte.
Am 23. November 2004 machte die A bei der B-AG „noch eine kleine Nachbestellung, die wir dringend benötigen“ und bestellte weitere Schneeketten und Adapter im Gesamtwert von EUR 15.476,16 (kläg. act. 2 und 3), welchen Betrag sie im Voraus bezahlte. Zwei Tage später, mit Schreiben vom 25. November 2004 an die A, beanstandete die B-AG, dass jene entgegen ihrer Zusicherung die erste Lieferung im Oktober 2004 nicht nach den Z-Ländern, sondern nach dem X-Land weitergeleitet habe; gleichzeitig verlangte sie von der A eine von deren Kunden ausgestellte schriftliche Bestätigung, dass die zweite Bestellung in die V-Länder und nicht wieder nach dem X-Land geliefert würde (kläg. act. 6). Als die W-Land G daraufhin bestätigte, dass sie die Abnehmerin der von der A bestellten und für den W-Land Markt bestimmten Schneeketten und Adapter sei (kläg. act. 8), die B-AG aber gleichwohl nicht lieferte, setzte ihr die A mit Telefax vom 2. Dezember 2004 für die Lieferung der bestellten Ware oder die Rückzahlung des bereits überwiesenen Betrags Frist bis zum 3. Dezember 2004 (bekl. act. 13). Die B-AG verweigerte indessen sowohl die Lieferung der Ware als auch die Rückerstattung des Betrags von EUR 15.476,16, worauf die A mit Schreiben vom 11. Februar 2005 den Rücktritt vom (zweiten) Vertrag erklärte.
2. Am 13. Juli 2005 erhob die A beim Kreisgericht Klage mit dem Rechtsbegehren auf Rückzahlung des für die zweite Bestellung im Voraus bezahlten Kaufpreises in der Höhe von EUR 15.476,16 nebst Zins zu 5 % seit 11. Februar 2005 sowie auf Zahlung von Schadenersatz für entgangenen Gewinn in Höhe von EUR 1.839,84 nebst Zins zu 5 % seit 18. Februar 2005, wobei sie sich das Nachklagerecht vorbehielt. Die B-AG beantragte mit Antwort vom 26. Oktober 2005 die vollumfängliche Abweisung der Klage, indem sie den zweiten Vertrag wegen Täuschung als für sie unverbindlich anfocht und der Rückzahlungsforderung der Klägerin einredeweise eine eigene Schadenersatzforderung in Höhe von CHF 167.631,34 (im Zusammenhang mit dem ersten, stillschweigend genehmigten Geschäft) zur Verrechnung entgegenhielt.
Nach durchgeführtem Beweisverfahren (Partei- und Zeugenbefragungen) verpflichtete das Kreisgericht die Beklagte mit Entscheid vom 9. Mai 2007, der Klägerin den Betrag von EUR 15.476,16 nebst Zins zu 5 % seit 11. Februar 2005 sowie von EUR 1.839,84 nebst Zins zu 5 % seit 18. Februar 2005 zu bezahlen. Es nahm ferner vom Nachklagerecht Vormerk und auferlegte die Gerichtskosten von CHF 3.000,‑ der Beklagten, welche überdies verpflichtet wurde, die Klägerin mit CHF 8.914,30 zu entschädigen.
Die Vorinstanz ging davon aus, dass der Vertrag vom 23. November 2004 (zweite Bestellung) zufolge Rücktritts der Klägerin am 11. Februar 2005 aufgelöst wurde, und sie bejahte nicht nur deren Anspruch auf Rückzahlung der EUR 15.476,16, sondern erachtete auch die geltend gemachte Schadenersatzforderung von EUR 1.839,84 als begründet. Alsdann prüfte sie, ob der Beklagten aus dem Vertrag vom 27. Oktober 2004 (erste Bestellung/Lieferung) wegen Vertragsverletzung eine Gegenforderung zustehe, was sie – und damit implizit auch die behauptete Täuschung – verneinte. Demgemäss wurde die Klage vollumfänglich gutgeheissen.
3. Mit Eingabe vom 11. Juni 2007 erhob die Beklagte gegen diesen Entscheid (versandt am 11.05.2007; zugestellt am 12.05.2007) Berufung beim Kantonsgericht mit dem Antrag, das Urteil des Kreisgerichts sei aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragte in ihrer Berufungsantwort vom 29. August 2007 die Abweisung der Berufung und die Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils. Eine Hauptverhandlung fand nicht statt, und die Parteien verzichteten auch auf eine zweite Eingabe im Sinne von Art. 234 Abs. 2 lit. a ZPO.
Auf die zur Begründung ihrer Standpunkte gemachten Ausführungen der Parteien wird, soweit notwendig, im Folgenden eingegangen.
II. 1. Die von Amtes wegen vorzunehmenden Prüfung der Prozessvoraussetzungen ergibt, dass diese erfüllt sind (Art. 20 lit. a, 79, 224 und 225 ZPO). Auf die Berufung ist einzutreten.
2. Zu Recht hat die Vorinstanz ihre Zuständigkeit bejaht und als materielles Einheitsrecht das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (Wiener Kaufrecht vom 11. April 1980, CISG; SR 0.221.211.1), als anwendbar erklärt (Urteil, 4 Erw. 4). Beizufügen bleibt, dass, soweit das CISG lückenhaft ist und die Parteien – wie hier – keine Rechtswahl getroffen haben, die Regeln des Vertragstatuts zur Anwendung kommen, vorliegend also – der Sitz der Beklagten als Erbringerin der charakteristischen Leistung ist Ort K in der Schweiz – Schweizer Recht (Art. 3 des Übereinkommens betreffend das auf internationale Kaufverträge über bewegliche körperliche Sachen anzuwendende Recht vom 15. Juni 1955 (SR 0.221.211.4; Vischer/Von Planta, Internationales Privatrecht, 2. Aufl., 186 ff.). Dies gilt insbesondere für strittige Fragen betreffend den Inhalt und die Wirksamkeit des Vertrages (Auslegung, Willensmängel, etc.).
III. 1. Die Parteien gehen implizit und zutreffend davon aus, dass die beiden Warenkaufverträge über Schneeketten und Adapter rechtsgültig zustande gekommen sind. Zu prüfen ist zunächst deren Verbindlichkeit für die Beklagte, welche von dieser bestritten wird, da sie von der Klägerin im Sinne von Art. 28 OR absichtlich getäuscht worden sei.
a) Die Beklagte, die mit einem Y-Land Generalimporteur, der C-Co. einen Exklusivliefervertrag für Schneeketten unter Einräumung des exklusiven Vertriebsrechts abgeschlossen hatte (Agreement vom 25.04.2004; bekl. act. 14), behauptet in diesem Zusammenhang wie erwähnt, dass es klare Bedingung für die Auslieferung gewesen sei, dass die Klägerin bestätige, dass die Ware für einen Kunden in Z-Ländern bestimmt sei und auf keinen Fall nach dem Y-Land geliefert wird; die Klägerin, so die Beklagte, habe denn auch mündlich eine entsprechende Zusicherung abgegeben.
Die Klägerin bestreitet dies für die erste Bestellung.
b) Ein Urkundenbeweis für die behauptete Zusicherung liegt nicht vor. Die Beklagte beruft sich zum Beweis für ihre Behauptung auf die Parteiaussage von E und auf die Zeugenaussage von F, die Klägerin zum Gegenbeweis auf die Parteiaussage von L und auf die Zeugenaussage von M.
E, Geschäftsführerin der B-AG, sagt zum ersten Geschäft aus, sie habe M am Telefon gesagt, das Y-Land sei als Bestimmungsort explizit ausgenommen, worauf dieser gesagt habe, die Lieferung gehe in die V-Länder (Protokoll, 6; vi-act. 27a). F, Angestellte bei der B-AG, verneint, diese Absprache „1:1“ mitbekommen zu haben (Protokoll, 5; vi-act. 27b); sie kennt sie also höchstens vom Hörensagen. L, Geschäftsführer der Klägerin, weist darauf hin, dass er im Zusammenhang mit dem ersten Auftrag mit keiner Person in der B-AG Kontakt gehabt habe; dieser Auftrag sei über seinen Sohn M hereingekommen (Protokoll, 4; vi-act. 27c). M, der mit E telefoniert hatte, bestreitet deren Darstellung: Wohin die Ware gehe, sei beim ersten Geschäft absolut kein Thema gewesen; erst nach der zweiten Bestellung hätten die Probleme plötzlich angefangen, habe man plötzlich gesagt, es dürfe nicht nach dem X-Land geliefert werden (Protokoll, 3; vi-act. 27c).
Die Würdigung dieser Aussagen ist in erweitertem Zusammenhang mit der nächstfolgenden Erwägung vorzunehmen.
c) Die Beklagte beruft sich als Indiz für die Richtigkeit ihrer Sachdarstellung zudem auf ein Schreiben der Klägerin vom 28. Januar 2005. Darin rügt die Klägerin ihre Speditionsfirma D-GmbH, weil diese – entgegen der eindringlichen klägerischen Weisung, „dass der Hersteller in keinem Fall über den endgültigen Empfänger der Ware informiert sein darf (weil wir vermuteten, dass man die Ware dann nicht freigibt)“ – die Lieferpapiere, „aus denen hervorgeht, dass die erste Lieferung nach dem Y-Land ging“, der B-AG ausgehändigt habe, und sie beklagt sich weiter, dass man aufgrund dessen „die zweite Lieferung nicht mehr freigegeben, und auch den von uns bezahlten Betrag einbehalten“ habe (bekl. act. 8).
Die in diesem Schreiben angesprochene Weisung an die Speditionsfirma deutet darauf hin, dass die Klägerin damit genau das verhindern wollte, was in der Folge geschah, nämlich dass die Beklagte weitere Lieferungen verweigern würde, wenn sie erfährt, dass die Ware nach dem Y-Land geschickt werde. Und dies wiederum spricht für die Richtigkeit der Sachdarstellung der Beklagten. Was die Klägerin dagegen vorbringt – es sei dies lediglich eine Vorsichtsmassnahme zum Schutz der eigenen Kundenkontakte gewesen, denn die Beklagte pflege die höchst zweifelhafte Praxis, grössere Abnehmer ihrer Kunden direkt anzugehen, um selber grössere Gewinne zu realisieren – ist grundsätzlich und bei isolierter Betrachtung zwar durchaus nachvollziehbar (vgl. dazu auch Urteil, 10), vermag im massgeblichen Gesamtzusammenhang jedoch nicht zu überzeugen.
Als aufschlussreich erscheint das fragliche Schreiben vom 28. Januar 2005 nämlich vor allem mit Hinblick auf die Glaubwürdigkeit der klägerischen Sachdarstellung betreffend den vorgesehenen Bestimmungsort der zweiten Lieferung (angeblich V-Länder/W-Land; Klage, 4 ff., Schreiben vom 2.12.2004 [kläg. act. 11], Aussagen M [Protokoll, 5] und L [Protokoll, 2 unten]). Entgegen den Ausführungen der Klägerin in der Berufungsantwort (9 Ziff. 10), beweist dieses von ihr verfasste Schreiben vom 28. Januar 2005 an die Speditionsfirma nämlich sehr wohl, dass auch die zweite Lieferung für das Y-Land bestimmt war, wohin unbestrittenermassen schon die erste gelangt war, heisst es darin doch wörtlich, dass „unser X-Land Abnehmer … (mangels Vorablieferung einer Palette per Luftfracht, welche dieser „dringend benötigte“) … eine erneute Bestellung gegeben“ habe, welche dann „umgehend nach K weitergeleitet“ worden sei und wofür man zum Voraus „den Betrag über ca. 15.500 EUR umgehend bezahlt“ habe. Bei dieser im Schreiben vom 28. Januar 2005 erwähnten erneuten Bestellung handelt es sich zweifellos um die zweite Bestellung über den Betrag von EUR 15.476,16, die „kleine Nachbestellung, die wir dringend benötigen“ (Fax der Klägerin an die Beklagte vom 23. November 2004; kläg. act. 2). An der aus diesen Überlegungen gewonnen Überzeugung, dass auch die zweite Lieferung für Y-Land und nicht für die V-Länder bestimmt war, vermag die undatierte – wohl erst nach der beklagtischen Intervention produzierte – Bestätigung der G (kläg. act. 8) nichts mehr zu ändern.
d) War die zweite Lieferung aber für Y-Land bestimmt, erweist sich die im vorliegenden Prozess vorgebrachte Sachdarstellung der Klägerin, diese Lieferung wäre in die V-Länder gegangen, samt den entsprechenden Aussagen von L und M als falsch. Unter diesen Umständen wiederum ist die Sachdarstellung der Beklagten – die Klägerin habe schon bei der ersten Bestellung zugesichert, nicht nach dem Y-Land zu liefern – trotz Bestreitung und gegenteiliger Beteuerung der Klägerin und trotz der nach dem Gesagten unglaubwürdigen Aussage von M, als erwiesen anzunehmen. Bewiesen ist damit aber auch die absichtliche Täuschung als solche – ob der bei der Beklagten dadurch hervorgerufene Irrtum ein Wesentlicher war, ist irrelevant (Art. 28 Abs. 1 OR) -, welche sich die Klägerin anrechnen lassen muss, auch wenn sie von dem mit E telefonierenden M von der Firma H verursacht wurde; dieser fungierte nämlich nicht als Drittperson (vgl. dazu Art. 28 Abs. 2 OR), sondern offensichtlich als Hilfsperson (Art. 101 OR) der Klägerin.
e) Aufgrund der gesamten Umstände, insbesondere aufgrund des Alleinvertriebsvertrags und in Berücksichtigung des nachträglichen Verhaltens der Klägerin, liegt sodann auf der Hand, dass die Beklagte beide Verträge nicht abgeschlossen hätte, falls sie vom Bestimmungsort Y-Land gewusst hätte. Der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der Täuschung und den Vertragsabschlüssen ist damit erstellt; die Verträge sind für die Beklagte unverbindlich.
f) Nach Art. 31 Abs. 1 OR fällt der wegen Täuschung unverbindliche Vertrag nur dahin, wenn der Getäuschte dem anderen innert Jahresfrist eröffnet, dass er den Vertrag nicht halte. Unterlässt er dies oder fordert er – beim bereits erfüllten Vertrag – die schon erfolgte Leistung nicht zurück, so gilt der Vertrag von Gesetzes wegen als genehmigt.
Vorliegend hat die Beklagte sich – in ihrer Klageantwort vom 26. Oktober 2005 und damit rechtzeitig – lediglich bei der zweiten, noch nicht ausgeführten Bestellung vom 23. November 2004 auf die Unverbindlichkeit des Vertrags berufen, womit dieser dahinfiel. Der erste, beidseitig bereits erfüllte Vertrag hingegen gilt mangels eines Begehrens um Rückabwicklung des Geschäftes als genehmigt.
2. Aus dem Dahinfallen des zweiten Vertrags folgt, dass die Klägerin Anspruch auf Rückerstattung des im voraus erlegten Kaufpreises, nicht aber Anspruch auf Schadenersatz wegen entgangenen Gewinns hat. Von den eingeklagten Forderungen ist daher jene über EUR 15.476,16 nebst Zins als solche begründet, jene über EUR 1.839,84 dagegen unbegründet. Zu überprüfen bleibt, ob die Verrechnungsforderung der Beklagten über CHF 167.631,35 im Zusammenhang mit dem ersten Vertrag, welche diese der klägerischen Forderung einredeweise entgegenhält, begründet sei.
3. Die Beklagte stützt ihre Forderung materiell auf Schadenersatzansprüche aus Art. 41 OR sowie aus culpa in contrahendo (Klageantwort, 13 f. [Ziff. 21 – 23] und 16 f. [Ziff. 27 – 29]; Plädoyernotizen, 11 ff. [vi-act. 20]; Berufung, 20 f. [Ziff. 20]). Als Rechtstitel für die streitige Forderung in Frage kommt – iura novit curia (Art. 78 ZPO) – aber auch ein Schadenersatzanspruch wegen Vertragsverletzung nach Art. 61 Abs. 1 lit. b iVm 74 CISG.
a) Die von der Beklagten geltend gemachten Forderungstitel sind offensichtlich gegeben. Eine absichtliche Täuschung im Sinne von Art. 28 OR stellt nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung als sogenannter zivilrechtlicher Betrug grundsätzlich immer auch eine unerlaubte Handlung gemäss Art. 41 Abs. 1 OR und/oder eine culpa in contrahendo dar (August Egger, Schadenersatz bei absichtlicher Täuschung [O.R. Art. 31 Abs. 3], in SJZ 18/1922, 217 ff., 218; von Thur/Peter, Allgemeiner Teil des schweizerischen Obligationenrechts, Band I, Zürich 1979, 339; Guhl/Koller/Schnyder/Druey, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl., Zürich 2000, 149 f. Rn. 11; Eugen Bucher, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. , Zürich 1988, 222; Hans Merz, Vertrag und Vertragschluss, 2. Aufl., Freibung 1992, 81 f. Rn. 141; Bruno Schmidlin, Berner Kommentar, Bern 1995, N 141 zu Art. 31 OR; Ingeborg Schwenzer, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2007, N 23 zu Art. 31 OR; BGE 108 II 119 ff., 121; BGE 109 Ia 5 ff., 10). Schadenersatz kann gemäss Art. 31 Abs. 3 OR in Fällen nachträglicher Genehmigung wie hier zwar nur ausnahmsweise verlangt werden, nämlich dann, wenn die Anfechtung dem Getäuschten weiteren Schaden oder Nachteile gebracht hätte, die ihm nicht zumutbar sind (BGE 109 Ia 10 f. mit Hinweisen auf die herrschende Lehre). Ein solcher Fall ist vorliegend aber zweifellos gegeben, kommt doch eine Rückabwicklung (Vindikation der Schneeketten gegen Rückerstattung des Kaufpreises) umständehalber zum vornherein nicht in Frage.
Ein Schadenersatzanspruch der Beklagten aus Art. 41 OR und culpa in contrahendo ist daher zu bejahen.
b) Die Klägerin hat wie oben festgestellt (Erw. III/1d) der Beklagten zugesichert, nicht nach Y-Land zu liefern. Diese Zusicherung stellt eine (ausdrückliche) vertragliche Nebenpflicht im Sinne einer Verhaltens- bzw. Unterlassungspflicht dar (vgl. dazu Wolfgang Wiegand, Basler Kommentar, N 32 ff., 37 zu Art. 97 OR; Rolf. H. Weber, Berner Kommentar, N 92 ff. OR). Indem die Beklagte – über die H (bekl. act. 1) – gleichwohl dorthin lieferte, verletzte sie diese Pflicht.
Ein Schadenersatzanspruch der Beklagten aus Art. 74 CISG ist daher grundsätzlich ebenfalls zu bejahen. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Klägerin offenbar von Anfang an die Absicht hatte, die abgegebene Zusicherung nicht einzuhalten und dass sie ihre Vertragspartnerin diesbezüglich auch noch getäuscht hat. Der Beklagten wäre es unbenommen gewesen, unter Verzicht auf die Geltendmachung der Täuschung ohne weiteres vertraglichen Schadenersatz zu verlangen. Dass dies nicht deshalb ausgeschlossen sein kann, weil die Klägerin nicht nur den Vertrag verletzt, sondern die Beklagte zuvor auch noch betrogen hat, versteht sich von selbst. Und daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beklagte den zweiten, noch nicht erfüllten Vertrag – im Gegensatz zum ersten – wegen der Täuschung nicht gelten lassen will. Denn demjenigen, der durch ein und dieselbe absichtliche Täuschung zu mehreren Vertragsabschlüssen verleitet worden ist, steht es frei zu entscheiden, welche Verträge er trotz der Täuschung aufrecht erhalten will und welche nicht. Dass diese Freiheit in dem Sinne eingeschränkt wäre, dass sich der Getäuschte in solchen Fällen entweder bei sämtlichen Verträgen auf Unverbindlichkeit berufen oder bei sämtlichen auf die Geltendmachung der Täuschung verzichten muss, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (vgl. auch Gauch/Schluep/Schmid/Rey, Obligationenrecht Allgemeiner Teil I, 8. A., Zürich 2003, Rn. 871b, wonach die Regeln über die Nichterfüllung anwendbar sein können, wenn die Täuschung einer Vertragspartei die Qualität der Leistung [hier geht es sogar um eine eigentliche Zusicherung] betrifft).
c) Der Schadenersatzanspruch gemäss Art. 74 CISG geht nach dem klaren Wortlaut auf das positive Vertragsinteresse.
Der Umfang des Schadenersatzanspruchs gemäss Art. 31 Abs. 3 iVm Art. 41 Abs. 1 OR und der Haftung aus culpa in contrahendo ist dagegen umstritten. Einigkeit herrscht insoweit, als sich der Schadenersatz jedenfalls dem Grundsatz nach auf das negative Interesse (sog. Vertrauensschaden) beschränken soll; der Getäuschte soll so gestellt werden, wie wenn er sich nie auf die Vertragsverhandlungen eingelassen hätte. Von Thur/Peter (aaO, 340 f.), Alfred Koller (Schweizerisches Obligationenrecht allgemeiner Teil 1, 297 Rn. 196; ders. in Guhl/Koller/Schnyder/Druey, aaO, 150 f. Rn. 13) und Keller/Schöbi (Allgemeine Lehren des Vertragsrechts, Basel und Frankfurt am Main 1988, 166 f.) machen keine Ausnahmen von diesem durch logisch-systematische Auslegung gewonnenen Grundsatz (von Thur/Peter [aaO, 341] ausnahmsweise von der Ausnahme allerdings dann, wenn die Behauptungen des Betrügers als Garantieversprechen aufzufassen ist), andere dagegen schon. So postulierte bereits August Egger unter Hinweis auf Art. 26 Abs. 2 OR eine Billigkeitsentscheidung: Wenn schon dem durch einen bloss fahrlässigen Irrtum des Vertragspartners Geschädigten das positive Vertragsinteresse zugebilligt werden könne, „mit wieviel mehr Recht darf dann der Satz aufgestellt werden, dass bei Täuschung der Betrogene im allgemeinen den Ersatz des positiven Vertragsinteresses verlangen dürfe“ (aaO, 220). Auch Hermann Becker hält dafür, Art. 26 und Art. 39 OR zeigten, „dass es Fälle gibt, in denen auch nach Auffassung des Gesetzgebers Ersatz des negativen Vertragsinteresses nicht ausreicht“ (Berner Kommentar, Bern 1941, N 17 zu Art. 31 OR). Als „kaum zu billigen“ kritisiert wird die zurückhaltende Praxis der Ersatzbemessung nach dem negativen Vertragsinteresse sodann von Bruno von Büren (Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Zürich 1964, 226). Ausnahmen als zulässig erachten ferner Bruno Schmidlin (das durch die Genehmigung und die Schadenersatzforderung erreichte Ergebnis dürfe aber „das positive Vertragsinteresse nicht überschreiten“, aaO, N 153 zu Art. 31 OR), Gauch/Schluep/Schmid/Rey („soweit es der Billigkeit entspricht“, aaO, Rn. 870), Ingeborg Schwenzer („u.U. kommt jedoch auch eine entsprechende Anwendung des Art. 26 Abs. 2 in Betracht“, aaO, N 23 zu Art. 31 OR) und wohl auch Eugen Bucher, der die Einschränkung auf das negative Vertragsinteresse nur bei der Anfechtung, nicht aber bei der Genehmigung des Vertrags erwähnt (aaO, 222 f.). Wem vorliegendenfalls zu folgen wäre, kann offen gelassen werden, da die Beklagte gegebenenfalls wie erwähnt Schadenersatz gemäss Art. 74 CISG – also ohnehin Ersatz des positiven Vertragsinteresses – fordern kann.
d) Bestand und Umfang des Schadens, der von der Klägerin bestritten wird (Replik, 9), aber auch der Kausalzusammenhang zwischen der – vertragsverletzenden Lieferung nach dem Y-Land bzw. der im Sinne von Art. 41 OR sowie des culpa-Tatbestandes widerrechtlichen und schuldhaften – Täuschung und dem Schaden, sind von der Beklagten nachzuweisen (Art. 8 ZGB).
4. Die Beklagte verweist zur Begründung des behaupteten Schadens auf das erwähnte Agreement vom 25. April 2004, wonach sich C-Co. u.a. verpflichtete, für die Saison 2004/2005 von der Beklagten mindestens 4.000 Paar für den X-Land Markt bestimmte Spikes-Spiders abzunehmen (bekl. act. 15), und führt aus, wegen der durch die klägerische Lieferung an einen Konkurrenten in Y-Land ausgelösten Dumping-Angebote auf dem Y-Land Markt habe C-Co. lediglich 3.035 Paar, also 965 Paar weniger abnehmen können. Und weil C-Co. in ihren Exklusivrechten verletzt worden sei, könne sie (Beklagte) „wohl keinen Anspruch aufgrund der zu geringen Abnahmemenge geltend machen“, sondern hätte sich „im Gegenteil“ gegen Ansprüche der C-Co. ihr gegenüber wegen Vertragsverletzung zu wehren. Der durchschnittliche Einkaufspreis für ein Paar betrage CHF 255,27, was einen entgangenen Umsatz von CHF 246.335,55 und – bei einer Gewinnmarge von 68,05 % gemäss Jahresrechnung per 2003 – einen entgangenen Gewinn bzw. Schaden von CHF 167.361,34 ergebe (Klageantwort, 8 f. Ziff. 9; Duplik 17 ff. Ziff. 22 und 23; Plädoyernotizen, 9 ff. Ziff. 15 – 18). Die Klägerin bestreitet diese Behauptungen in allen Teilen (Replik, 9 f. Ziff. 9; Plädoyernotizen 5 f.; Berufungsantwort, 15 f. Ziff. 20).
a) Dass der Beklagten ein Schaden in Form eines entgangenen Gewinns entstanden ist, nachdem die C-Co. weniger Schneeketten als vereinbart abgenommen hat, kann ohne weiteres als erwiesen angenommen werden; der klägerische Einwand, es sei nicht belegt, dass tatsächlich nur 3.035 Paar Schneeketten verkauft worden seien (Replik, 10 Ziff. 9; Berufung, 16 Ziff. 20), ist nicht zu hören. Negativa non sunt probanda; es wäre Sache der Klägerin gewesen, zu behaupten und zu beweisen oder zum Beweis zu verstellen, dass die Beklagte mehr liefern konnte (vgl. auch die einzelnen Bestellungen samt Übersicht [beklagt. act. 15 – 20] sowie das Schreiben der Beklagten an C-Co. vom 22.08.2005 und deren Antwort vom gleichen Tag; bekl. act. 22 und 6).
Zu verwerfen ist auch der weitere Einwand der Klägerin, ein Schaden sei deshalb nicht entstanden, weil die C-Co. das Exklusivrecht mangels rechtzeitiger Bestellung verwirkt habe und überdies nach wie vor zur Abnahme der restlichen Schneeketten verpflichtet sei, der Beklagten also daraus eine Forderung zustehe (Plädoyernotizen, 5; Berufung 15 Ziff. 20). Eine unsichere Forderung gegen einen Vertragspartner, der in seinen Exklusivrechten verletzt wurde (vgl. unten Erw. III/4b/bb), ist weniger wert als ein realisierter Gewinn; das bedarf keiner näheren Begründung.
b) Schwieriger ist freilich die Beurteilung des behaupteten Kausalzusammenhangs, nämlich dass C-Co. durch – von der Klägerin mit ihrer unerlaubten Lieferung nach dem X-Land ausgelöste – Dumping-Angebote auf dem X-Land Markt von der Abnahme der restlichen 995 Paar Schneeketten abgehalten worden sein soll.
aa) Die Klägerin wies bereits an Schranken der ersten Instanz zutreffend darauf hin, dass C-Co. die Schneeketten gemäss Vertrag (Ziff. 3 Abs. 2 des Agreements; bekl. act. 14) bis spätestens 25. August 2004 hätte bestellen müssen (Plädoyernotizen, 5; Berufungsantwort, 15 Ziff. 20), was sie aber nicht getan hat, weshalb sie von der Klägerin im erwähnten Schreiben vom 22. August 2005 denn auch gemahnt und daran erinnert wurde, dass für die Saison 2004/2005 lediglich 3.035 Paar geordert worden seien.
Zutreffend ist auch, dass die nach dem X-Land gelieferte Waren im Gesamtwert von EUR 74.891,44 von der Klägerin erst am 27. Oktober 2004 bestellt worden sind. Das durch diese Lieferung bewirkte (behauptete) Dumping-Angebot in Y-Land kann also nicht kausal dafür gewesen sein, dass C-Co. ihrer vertraglichen Verpflichtung, von der Beklagten bis spätestens 25. August 2004 4.000 Schneeketten zu beziehen, nur unvollständig nachgekommen ist.
bb) Die Lieferung der am 27. Oktober 2004 bestellten Ware nach dem X-Land hat indessen zweifelsohne die dortige Position der Beklagten, wie diese zutreffend geltend macht (Duplik, 18 Ziff. 23), geschwächt bzw. deren Chancen, von C-Co. nachträglich Erfüllung zu verlangen, wohl endgültig kompromittiert bzw. eine allfällige Schadenersatzforderung faktisch zum Nonvaleur gemacht. Dass die fragliche Lieferung in Y-Land an der gemäss Agreement vom 24. April 2004 alleinvertriebsberechtigten C-Co. vorbei auf den Markt kam – und das zu Dumping-Preisen -, ist aufgrund des (wenn auch erst nach Anhängigmachung des Prozesses produzierten) Schreibens von C-Co. (bekl. act. 6 = Antwort auf bekl. act. 22) als erwiesen anzunehmen; auf die Einvernahme von O als Zeuge (Antrag in Klageantwort, 5) kann aus Verhältnismässigkeitsgründen, ungeachtet von Art. 111 Abs. 1 ZPO, verzichtet werden.
cc) Der natürliche Kausalzusammenhang zwischen der Lieferung der Beklagten, welche auf den durch Täuschung bewirkten Vertragsabschluss zurückzuführen ist, und dem Schaden ist daher zu bejahen, ebenso der adäquate, entspricht doch ein solcher Kausalverlauf durchaus dem gewöhnlichen Lauf der Dinge.
c) In Fällen wie dem vorliegenden, in denen eine hohe Schadenersatzforderung lediglich einredeweise und in einem verhältnismässig geringen Betrag zur Verrechnung gestellt wird und beurteilt werden muss, rechtfertigt es sich, statt über den tatsächlichen Schaden Beweis zu führen, über eine blosse Schätzung im Sinne von Art. 42 Abs. 2 OR einen Betrag zu bestimmen, der den tatsächlich erlittenen Schaden mit der erforderlichen Gewissheit jedenfalls nicht übersteigt.
Rechnet man dazu mit einem entgangenen Umsatz für die nicht bezogenen 965 Paare von lediglich rund CHF 200.000,‑ (statt der geltend gemachten CHF 246.335,55) sowie mit einer Gewinnmarge von nur 12,5 % (statt der behaupteten 68,05 %), was sich in Anbetracht der Erfolgsrechnung 2003 der Beklagten (bekl. act. 28) rechtfertigen lässt, ergibt sich ein Betrag von CHF 25.000,‑, von dem angenommen werden kann, dass er die Höhe des tatsächlich erlittenen Schadens jedenfalls nicht übertrifft.
5. Die so geschätzte beklagtische Verrechnungsforderung in der Höhe von mindestens CHF 25.000,‑ übersteigt damit die klägerische Forderung auf Rückzahlung der im Voraus geleisteten EUR 15.476,16 (zum Kurs von 1.6 = CHF 24.761,85); diese ist daher, weil durch Verrechnung untergegangen, ebenfalls abzuweisen.