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Zusammenfassung der Entscheidung Die Beklagte ist eine Gesellschaft mit Sitz in Deutschland. Sie schloss mit der Schweizer Gesellschaft C. AG einen Alleinvertriebsvertrag für die Schweiz für ihre Bekleidungskollektion „C". In einer Vertragsklausel nahm die Beklagte zur Kenntnis, dass die C. AG sich für den Vertrieb ihrerseits der Klägerin, einer Züricher Modeagentur, bediente. In dem Vertrag mit der C. AG verpflichtete sich die Beklagte im Wege eines Vertrages zugunsten Dritter, für die Erfüllung der von der C. AG gegenüber der Klägerin übernommenen vertraglichen Verpflichtungen einzustehen. Die C. AG beendete das Vertragsverhältnis mit der Klägerin. Diese erhob daraufhin vor dem Handelsgericht Zürich (CH) gegen die Beklagte Klage auf Zahlung von Kundenausgleich. Die internationale Zuständigkeit der Schweizer Gerichte stützte sie auf Art. 5 Nr. 1 LugÜ. Die von der Beklagten ihr gegenüber in dem Vertrag mit der C. AG übernommene Verpflichtung sei in Zürich zu erfüllen. Die von der Beklagten erhobene Unzuständigkeitseinrede wurde von dem Gericht durch vom Kantonsgericht Zürich (CH) bestätigten Beschluss zurückgewiesen. Die Beklagte legte Rechtsmittel zum Bundesgericht (CH) ein.
Das Bundesgericht weist das Rechtsmittel zurück. Die Frage, ob die Klägerin als Begünstige aus dem von der Beklagten mit der C. AG schriftlich abgeschlossenen Vertrag zugunsten Dritter sich auf die in diesem enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung auf den Gerichtsstand Zürich berufen kann, wird von ihm nicht aufgeworfen. Es stellt fest, dass Art. 5 Nr. 1 LugÜ Anwendung finde. Bei der von der Beklagten übernommenen Verpflichtung handele es sich um eine Geldschuld. Auf sie gelange das Schweizer Recht zur Anwendung, welches in beiden Verträgen als anwendbar vereinbart sei. Nach Schweizer Obligationenrecht sei eine Geldschuld am Sitz des Gläubigers zu erfüllen. Da der Sitz der Klägerin in Zürich liege, seien die Gerichte in Zürich nach Art. 5 Nr. 1 LugÜ zuständig.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
A. Mit Vertrag vom 13. Januar 1994 räumte die in Berlin ansässige G. GmbH der in Opfikon niedergelassenen C. SA das Alleinvertriebsrecht auf dem ganzen Gebiet der Schweiz an der Kleiderkollektion „C.“ ein. Unter Ziffer IV des Vertrages wurde festgehalten:
„Die G. GmbH hat davon Kenntnis, dass die C. SA für den Vertrieb ihrer Ware die Modeagentur I., Zürich, beauftragt hat.
Der entsprechende Vertrag wird als Beilage 1 zu dieser Vereinbarung genommen. Die G. GmbH verpflichtet sich hiermit, im Sinne eines Vertrages zugunsten Dritten dafür besorgt zu sein, dass die C. SA ihre Verpflichtungen gemäss dem beiliegenden Agenturvertrag erfüllt. Sie verpflichtet sich insbesondere, bei einer Auflösung des Agenturvertrages, die stipulierte Kundschaftsentschädigung zu bezahlen, sofern die Auflösung des Agenturvertrages nicht auf ein Verschulden der Modeagentur I. zurückgeht und die Kundschaftsentschädigung nicht innert 30 Tagen seit Rechnungsstellung von der C. SA bezahlt wird.“
Unter Ziffer VIII dieses Vertrages wurde sodann vereinbart, es kämen darauf die Bestimmungen des Schweizerischen Obligationenrechtes zur Anwendung; die Bestimmungen des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (Wiener Übereinkommen) würden ausdrücklich wegbedungen. Schliesslich wurde unter der gleichen Ziffer darauf hingewiesen, dass die Parteien für allfällige Streitigkeiten aus dem Vertrag die Zuständigkeit des Handelsgerichts Zürich vereinbaren würden.
Im erwähnten Agenturvertrag vom 1. Januar 1994 zwischen der C. SA und I. wurde diese als ausschliessliche Generalvertreterin in der Schweiz mit dem Verkauf an Wiederverkäufer beauftragt. Im Vertrag wurde sodann unter Ziffer V festgehalten, bei dessen Auflösung habe I. Anspruch auf eine Kundschaftsentschädigung in der Höhe eines Bruttojahresverdienstes, sofern die Auflösung nicht auf ein Verschulden ihrerseits zurückgehe. Schliesslich wurde die Anwendbarkeit der Bestimmungen des Schweizerischen Obligationenrechts über den Agenturvertrag statuiert und ebenfalls vereinbart, dass das Handelsgericht des Kantons Zürich für Streitigkeiten aus dem Vertrag zuständig sei.
B. Nach Kündigung des Agenturvertrages bemühte sich I. ohne Erfolg, die Kundschaftsentschädigung von der C. SA erhältlich zu machen. Darauf reichte sie beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die G. GmbH Klage ein mit dem Antrag, diese zur Zahlung von Fr. 432.184,- nebst 5 % Zins seit 22. Januar 1999 zu verpflichten. In ihrer Eingabe vom 14. Juni 1999 beschränkte die Beklagte die Klageantwort auf die Bestreitung der örtlichen Zuständigkeit und beantragte, auf die Klage sei nicht einzutreten. Mit Beschluss vom 18. August 1999 wies das Handelsgericht die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit ab.
Die Beklagte focht den Beschluss des Handelsgerichts mit eidgenössischer Berufung und kantonaler Nichtigkeitsbeschwerde an. Auf die Beschwerde trat das Kassationsgericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 16. April 2000 nicht ein.
Mit der vorliegenden Berufung beantragt die Beklagte, den Beschluss des Handelsgerichts aufzuheben und die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit gutzuheissen. Die Klägerin schliesst auf Abweisung der Berufung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Beim Beschluss des Handelsgerichts handelt es sich um einen selbständigen Entscheid eines oberen kantonalen Gerichts über die Zuständigkeit, gegen den nach Art. 49 Abs. 1 OG wegen Verletzung bundesrechtlicher Vorschriften über die örtliche oder internationale Zuständigkeit die Berufung zulässig ist. Mit der Berufung hält die Beklagte an der Einrede örtlicher und internationaler Unzuständigkeit des Handelsgerichts fest und wirft diesem vor, es habe Art. 5 Ziff. 1 LugÜ über den Gerichtsstand am Erfüllungsort falsch angewendet. Da auch der gemäss Art. 46 OG erforderliche Streitwert von wenigstens Fr. 8.000,- gegeben ist, erweist sich die Berufung als zulässig.
2. Von der Beklagten wird nicht bestritten, dass das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zur Anwendung kommt (Lugano-Übereinkommen, LugÜ; SR 0.275.11; Inkrafttreten für die Schweiz am 1. Januar 1992 und für Deutschland am 1. März 1995). Nach Art. 5 Ziff. 1 LugÜ kann für vertragliche Ansprüche vor dem Gericht des Ortes geklagt werden, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Ebenfalls unbestritten ist, dass es sich bei der eingeklagten Kundschaftsentschädigung um einen vertraglichen Anspruch im Sinne dieser Vorschrift handelt. Die Beklagte wirft dem Handelsgericht dagegen vor, dass es bei der Anwendung von Art. 5 Ziff. 1 LugÜ in zweifacher Hinsicht das Recht verletzt habe. Zum einen hätte es die Abgrenzung zwischen vertraglichen Haupt- und Nebenpflichten nicht nach der lex causae, sondern staatsvertragsautonom vornehmen müssen. Zum andern sei es zu Unrecht zum Ergebnis gelangt, dass es sich bei der eingeklagten Forderung um eine Hauptpflicht handle; die Verpflichtung zur Zahlung der Kundschaftsentschädigung sei vielmehr im Rahmen des Alleinvertriebsvertrages eine Nebenpflicht, für deren Durchsetzung der Gerichtsstand am Erfüllungsort nicht beansprucht werden könne.
a) Gemäss der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zum Brüsseler Übereinkommen (Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968; EuGVÜ), die auch für die Auslegung und Anwendung des LugÜ massgebend ist, muss bei der Anwendung von Art. 5 Ziff. 1 LugÜ einerseits auf jene Verpflichtung abgestellt werden, welche dem vertraglichen Anspruch entspricht, auf welchen die klagende Partei ihre Klage stützt. Andererseits soll, um eine Gerichtsstandszersplitterung nach Möglichkeit zu vermeiden, bei mehreren Verpflichtungen in der Regel auf die Hauptverpflichtung abgestellt werden, gemäss dem Grundsatz, wonach Nebensächliches der Hauptsache folgt (BGE 124 III 188 E. 4a und b S. 189 f. mit Hinweisen).
b) Nach dem angefochtenen Entscheid ist die Frage nach der Hauptverpflichtung aufgrund des auf den Vertrag anwendbaren Rechts zu bestimmen. Gemäss dem massgebenden Kollisionsrecht des Forumstaates, dem schweizerischen IPRG (Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht; SR 291), sei für Verträge das von den Parteien gewählte Recht anwendbar (Art. 116 IPRG). Da im Alleinvertriebsvertrag vom 13. Januar 1994 eine Rechtswahl zu Gunsten des schweizerischen Obligationenrechts getroffen worden sei, komme dieses Recht zur Anwendung. Das Handelsgericht erörtert sodann, welche Hauptverpflichtungen der Beklagten aus dem Alleinvertriebsvertrag erwachsen, und kommt zum Ergebnis, dass auch die Verpflichtung, der Klägerin unter bestimmten Voraussetzungen die Kundschaftsentschädigung zu zahlen, zu den Hauptverpflichtungen gehöre.
In der Lehre ist umstritten, ob die Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebenpflichten nach der lex causae oder staatsvertragsautonom vorzunehmen ist (vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 6. Auflage 1998, Rn. 16 zu Art. 5; Lucien William Valloni, Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach Lugano- und Brüsseler-Übereinkommen, Diss. Zürich 1997, S. 238). Im vorliegenden Fall besteht kein Anlass, diese Frage eingehender zu diskutieren oder grundsätzlich zu entscheiden. Die Frage stellt sich nur, wenn die klagende Partei die Klage auf mehrere Verpflichtungen stützt, die sich aus dem gleichen Vertrag ergeben. Dann soll die Haupt- und nicht die Nebenpflicht über die Zuständigkeit entscheiden (Kropholler, aaO, Rn. 16 zu Art. 5; Valloni, aaO, S. 230 f.). Hier liegt der Klage indes eine einzige Verpflichtung der Beklagten zugrunde, nämlich jene, bei einer Auflösung des am 1. Januar 1994 zwischen der C. SA und der Klägerin geschlossenen Agenturvertrags die Kundschaftsentschädigung zu zahlen, sofern bestimmte Voraussetzungen gegeben sind. Sodann geht es auch nicht um den Fall einer isoliert eingeklagten Nebenpflicht (vgl. dazu Valloni, aaO, S. 234). Die Klägerin stützt sich nicht auf den Alleinvertriebsvertrag als Ganzes ab, sondern ausschliesslich auf die Klausel unter Ziffer IV, womit sich die Beklagte im Sinne eines Vertrages zu Gunsten Dritter verpflichtet hat, anstelle der C. SA die Kundschaftsentschädigung zu zahlen. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern es sich im behaupteten vertraglichen Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten nicht um die Hauptpflicht, sondern um eine blosse Nebenpflicht handeln sollte. Unter diesen Umständen besteht für eine Diskussion über die Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebenpflichten kein Anlass, denn dabei geht es um eine Frage, welche den Ausgang des vorliegenden Verfahrens nicht zu beeinflussen vermag. Auf die diesbezüglichen Erwägungen der Vorinstanz und die von der Beklagten dagegen erhobene Kritik braucht deshalb nicht weiter eingegangen zu werden.
c) Im angefochtenen Entscheid wird schliesslich festgehalten, der Erfüllungsort im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 LugÜ bestimme sich nach dem Recht, das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befassten Gerichtes für die streitige Verpflichtung massgebend sei. Das sei aufgrund der Rechtswahl in Ziffer VIII des Vertrages vom 13. Januar 1994 das schweizerische Obligationenrecht, welches damit auch auf den Vertrag zu Gunsten Dritter (Ziff. IV des Vertrages) zur Anwendung komme. Die Vorinstanz führt sodann aus, bei der Zahlung der Kundschaftsentschädigung, zu der sich die Beklagte zugunsten der Klägerin verpflichtet habe, handle es sich um eine Geldschuld. Geldschulden seien gemäss Art. 74 Abs. 2 Ziff. 1 OR an dem Ort zu zahlen, wo der Gläubiger zur Zeit der Erfüllung seinen Wohnsitz habe. Der Erfüllungsort befinde sich somit am Wohnsitz der Klägerin in Zürich, wo auch der Gerichtsstand des Erfüllungsortes im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 LugÜ zur Verfügung stehe.
Zu dieser Erwägung äussert sich die Beklagte in der Berufungsschrift nicht, weshalb der angefochtene Entscheid insoweit vom Bundesgericht nicht zu überprüfen ist (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG; BGE 116 II 745 E. 3 S. 748 f. mit Hinweisen).
3. Aus diesen Gründen ist die Berufung abzuweisen und der angefochtene Beschluss des Handelsgerichts zu bestätigen.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend ist die Gerichtsgebühr der Beklagten aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Die Beklagte hat die Klägerin für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Berufung wird abgewiesen und der Beschluss des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 18. August 1999 bestätigt.