A. Die Klägerin ist eine gemeinnützige und mündelsichere rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechtes mit Sitz in E. Ihr Zweck besteht im Betrieb einer Bank, vorwiegend in ihrem Geschäftsgebiet, welches durch die sog. Gewährträgergemeinden repräsentiert wird.
Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in F. Ihr Zweck besteht in der Führung eines Planungs- und Architekturbüros sowie dem Betrieb einer Generalunternehmung.
Die geltend gemachte Forderung gründet in mehreren Kaufverträgen zwischen der Beklagten und der Firma G. Durch Globalabtretung wurde die Klägerin Gläubigerin der Kaufpreisforderungen gegenüber der Beklagten.
B. Mit Klageschrift vom 10. Mai 1996 beantragte die Klägerin dem Handelsgericht:
„1. Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin den Betrag von CHF 43.217,30 nebst Zins zu 4 % seit
– 9.10.1994 fürCHF 38.906,55
– 14.10.1994 fürCHF 110,75
– 1.11.1994 fürCHF 54,90
– 10.12.1994 fürCHF 2.134,85
– 15.12.1994 fürCHF 216,40
– 23.12.1994 fürCHF 96,80
– 23.12.1994 fürCHF 40,30
– 5. 1.1994 fürCHF 106,60
– 29. 1.1994 fürCHF 1.550,10 (CHF 2.028,25 ./. CHF 478,15)
sowie CHF 98,- für die Kosten des Zahlungsbefehls und CHF 100,- für die Kosten des Weisungsscheins zu bezahlen.
2. In der Betreibung Nr. 950059 des Betreibungsamtes F. sei der Klägerin für den Betrag von CHF 43.217,30 zuzüglich Zinsen die definitive Rechtsöffnung zu erteilen.
3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.“
Zur Begründung führte die Klägerin im wesentlichen aus, die Beklagte habe bei der Firma G. wiederholt Baumaterialien verschiedenster Art bestellt. Die Beklagte und die Firma G. hätten mehrere Kaufverträge abgeschlossen. Die Verkäuferin sei ihren Vertragspflichten jeweils vollumfänglich nachgekommen. Insbesondere habe sie der Beklagten die bestellen Baumaterialien vereinbarungsgemäss und in mängelfreiem Zustand übergeben. Die Verkäuferin habe der Beklagten die vereinbarten Kaufpreise in Rechnung gestellt und ihr jeweils eine mindestens 30-tägige Zahlungsfrist angesetzt. Die Beklagte habe die Rechnungen nicht beanstandet. Gleichwohl habe sie die Zahlungsfrist unbenutzt verstreichen lassen. Deshalb sei sie wiederholt gemahnt und zur Zahlung aufgefordert worden. Schliesslich sei sogar die Betreibung eingeleitet worden. Die Beklagte habe keiner dieser Aufforderungen Folge geleistet. Sie habe es ohne ersichtlichen Grund unterlassen, ihre vertraglichen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die Klägerin habe sich bemüht, einen Rechtsstreit zu verhindern und eine einvernehmliche Lösung zu finden. Sie habe daher die Beklagte freiwillig vor den Friedensrichter laden lassen. Die Beklagte sei aber der auf den 10. November 1995 angesetzten Vermittlungsverhandlung unentschuldigt ferngeblieben.
Am 4. November 1996 habe die Firma G. alle ihre gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen an die Klägerin abgetreten. Durch diese Abtretung seien die Kaufpreisforderungen der Beklagten gegenüber an die Klägerin übergegangen. Das Guthaben der Klägerin aus dieser Zession belaufe sich auf DM 50.286,74 zuzüglich Zins. Umgerechnet in Schweizer Franken zum Kurs von CHF 86,- bzw. CHF 85,- ergebe dies den eingeklagten Betrag von CHF 43.217,30 zuzüglich Zins.
Die deutsche Zedentin habe mit der in der Schweiz domizilierten Beklagten keine gültige Rechtswahl getroffen. Bei Veräusserungsverträgen gelte die Leistung des Veräusserers gemäss Art. 117 Abs. 3 lit a IPRG als charakteristische Vertragsleistung.
Daher gelange deutsches Recht zur Anwendung. Da die Bundesrepublik Deutschland Vertragsstaat des Wiener Kaufrechts (WKR) sei, gelange dieses zur Anwendung. Da auch die Schweiz Vertragsstaat des Wiener Kaufrechts sei, wäre dasselbe auch dann anwendbar, wenn sich der vorliegende Fall nach Schweizer Recht beurteilen würde.
Da die Beklagte es unterlassen habe, die vereinbarten Kaufpreise innert der angesetzten Zahlungsfrist zu bezahlen, habe sie der Klägerin Verzugszinse zu bezahlen (Art. 78 WKR). Gemäss § 288 BGB betrage der geschuldete Verzugszins 4 %. Die Beklagte habe gegen den Zahlungsbefehl vom 7. März 1995 Rechtsvorschlag erhoben. Dieser sei gleichfalls aufzuheben. Sie habe für die Kosten des Zahlungsbefehls von CHF 98,- aufzukommen. Weiter schulde sie die Kosten des Weisungsscheins.
C. Die Beklagte erstattete innert Frist keine Antwort. Mit Verfügung vom 17. September 1996 setzte ihr der Instruktionsrichter gemäss § 189 ZPO eine letzte, nicht erstreckbare Frist von 10 Tagen an zur Erstattung der Antwort, verbunden mit der Androhung, dass bei erneuter Säumnis das Verfahren ohne Hauptverhandlung aufgrund der Ausführungen der Klage fortgesetzt werde. Die Beklagte erstattete auch innert dieser zweiten Frist keine Antwort.
D. Mit Verfügung vom 14. November 1996 überwies der Instruktionsrichter die Streitsache dem Handelsgericht zur Beurteilung ohne Hauptverhandlung. Dieses fällte am 19. Dezember 1996 das nachstehende, nicht mündlich eröffnete Urteil.
Das Handelsgericht zieht in Erwägung:
1. Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in F. Die Streitsache bezieht sich auf den von ihr geführten Gewerbebetrieb (Führung eines Planungs- und Architekturbüros sowie Betrieb einer Generalunternehmung) [AGVE 1991, S. 71 f.], und der Streitwert übersteigt den Betrag von CHF 8.000,- . Das Handelsgericht des Kantons Aargau ist deshalb gemäss Art. 112 Abs. 1 IPRG iVm Art. 21 Abs. 2 IPRG, § 26 ZPO sowie § 404 Abs. 1 lit a ZPO für die Beurteilung der vorliegenden Streitsache örtlich und sachlich zuständig.
2. Der Beklagten wurde gemäss § 189 ZPO eine letzte Frist zur Erstattung der Antwort angesetzt. Da sie auch innert dieser Frist keine Antwort erstattete, kann androhungsgemäss das Verfahren aufgrund der Ausführungen der Klage fortgesetzt und das Urteil ohne weitere Verhandlung gefällt werden (§ 189 Abs. 1 ZPO). Eine Verhandlung ist im Normalfall nicht erforderlich, weil das Recht zum Beweis nur noch dem Kläger zusteht, da nur noch die von ihm aufgestellten Behauptungen beweisbedürftig sind und da dadurch das Beweisverfahren wesentlich vereinfacht wird.
Sind die klägerischen Behauptungen, weil der Beklagte am Behauptungsverfahren nicht teilgenommen hat, unbestritten geblieben, sind Beweise nur noch zu erheben, wenn der Richter an deren Richtigkeit zweifelt (§ 200 ZPO). Solche Zweifel sind nicht leichthin anzunehmen. Der Kläger wird zwar – trotz der dargelegten Verfahrensvereinfachung – von der Anforderung des vollen Beweises gemäss Art. 8 ZGB nicht entbunden. Die Weigerung des Beklagten, im Behauptungs- und Beweisverfahren mitzuwirken, ist aber bei der Würdigung der vom Kläger vorgebrachten Behauptungen und Beweise zu seinen Gunsten mitzuberücksichtigen (§ 204 ZPO). Wie sich zeigen wird, ist aufgrund der Rechts- und Sachlage im vorliegenden Fall die Abnahme von weiteren Beweisen nicht erforderlich, so dass das Urteil ohne Verhandlung gefällt werden kann.
3.a) Die Zedentin, die Firma G., schloss mit der Beklagten im Zeitraum zwischen Ende Mai und Ende Jahr 1994 verschiedene Verträge über die Lieferung von Baumaterialien ab: So bezog die Beklagte Spanplatten, Zargen, Sperrplatten, Geländer, Schlüssel, Zylinder zu Schliessanlagen und vieles mehr (KB 7 bis 19). Die Zedentin unterhält ein Handwerker- und Bauzentrum und hält diese Gegenstände an ihrem Lager.
Aufgrund der eingereichten Unterlagen ist davon auszugehen, dass keine Vertragsgegenstände speziell für die Beklagte hergestellt werden mussten, es sich somit ausschliesslich um Gegenstände handelte, welche die Zedentin an ihrem Lager hatte. Die Firma G. schloss daher mit der Beklagten Kaufverträge ab.
b) Die Firma G. hat ihren Sitz in H., die Beklagte im schweizerischen F. Es liegt daher ein internationales Verhältnis im Sinne von Art. 1 Abs. 1 IPRG vor. Eine gültige Rechtswahl im Sinne von Art. 116 IPRG wurde nicht abgeschlossen.
Gemäss Art. 117 Abs. 3 lit a IPRG gilt bei Veräusserungsverträgen vermutungsweise die Leistung des Veräusserers als charakteristische Vertragsleistung. Im vorliegenden Fall gelangt somit deutsches Recht zur Anwendung (Art. 117 Abs. 1 – 3 IPRG). Da die Bundesrepublik Deutschland Vertragsstaat des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (Wiener Kaufrecht, WKR) ist, finden dessen Art. 1 ff. im vorliegenden Fall Anwendung.
Mit Datum vom 26. Oktober bzw. 4. November 1994 wurde die den Streitgegenstand bildende Kaufpreisforderung an die 7 Klägerin abgetreten (KB 24). Gemäss Art. 145 Abs. 1 IPRG untersteht die Abtretung einer Forderung dem von den Parteien gewählten Recht oder mangels Rechtswahl dem auf die Forderung anzuwendenden Recht. Da in der Globalabtretung (KB 24) keine Rechtswahl getroffen wurde, beurteilt sich die Gültigkeit der Zession gemäss Art. 145 Abs. 1 iVm Art. 117 Abs. 3 lit a IPRG nach deutschem Recht (BGB).
c) Aus der Klageschrift und den damit eingereichten Belegen geht hervor, dass die Beklagte bei der Firma G. Baumaterialien verschiedenster Art zwischen Ende Mai 1994 und Dezember 1994 bestellte. Es wurden Spanplatten, Türblätter, Stahltüren, Zargen, Schlüssel, Blendrahmen, Geländer, Schliessanlagen u.a. bestellt (KB 7 bis 18). Es wurden jeweils die entsprechenden Rechnungen, Lieferscheine, Auftragsbestätigungen ins Recht gelegt. Die Lieferscheine wurden von der Beklagten bei Erhalt der Ware jeweils nicht unterzeichnet, obwohl dafür ein entsprechender Vordruck angebracht war. Teilweise wurde die Ware persönlich von der Beklagten abgeholt, meist war sie von der Verkäuferin direkt auf die jeweiligen Baustellen der Beklagten zu liefern.
Die Klägerin hat zwölf Rechnungen ins Recht gelegt (KB 7 bis 18), aus welchen sich ein Gesamtbetrag von DM 51.177,99 ergibt. Gemäss Darstellung der Klägerin besteht bei der Rechnung vom 30. September 1994 (KB 12) statt des Rechnungsbetrages von DM 399,11 lediglich noch eine Restforderung von DM 63,86 , so dass von der Beklagten DM 335,25 bezahlt sein müssen. Ein Beleg für eine entsprechende Bezahlung lässt sich den Akten nicht entnehmen.
Weiter bringt die Klägerin der Beklagten mit Klagebeilage 19 für die Rückgabe von 47 Paletten DM 556,- in Abzug. Wann und wieviele Paletten der Beklagten geliefert worden waren, lässt sich weder den Akten noch der Klage entnehmen. Das Guthaben beläuft sich entsprechend auf den Betrag von DM 50.286,74.
In den Rechnungen war jeweils nebst dem geschuldeten DM-Betrag auch der Umrechnungskurs in Schweizer Franken sowie der entsprechende CHF-Rechnungsbetrag angegeben worden.
Die Beklagte war somit ermächtigt, entweder in Deutscher Mark oder in Schweizer Franken zu bezahlen. Zieht man von diesen Rechnungsbeträgen den bezahlten Betrag von DM 335,25 (KB 12) sowie die gewährte Gutschrift über DM 556,- ab (KB 19), ergibt sich exakt der eingeklagte Betrag von CHF 43.217,30. Da bereits Betreibung eingeleitet worden ist, kann die Klägerin auf jeden Fall auf Schweizer Franken klagen (Blätter für Zürcherische Rechtsprechung 1991, S. 116).
Die Forderung ist somit ausgewiesen. Aus den Akten ist nicht ersichtlich, weshalb die Beklagte ohne Begründung Rechtsvorschlag erhob (KB 23), sich im übrigen aber weder zu den Rechnungen und der Klage äusserte, noch zur Friedensrichterverhandlung erschien (KB 3 und 4). Es sind keinerlei Anzeichen dafür vorhanden, dass die gelieferte Ware nicht mängelfrei oder sonst die Kaufverträge nicht erfüllt worden wären. Der Beklagten wäre es unschwer möglich gewesen, allfällige Einwendungen fristgerecht anzubringen. Ihr gegenteiliges Verhalten auch nach Zustellung des Kontoauszuges sowie diverser Mahnungen (KB 20 bis 22) sowie ihr Verhalten im vorliegenden Verfahren zeigen aber, dass sie keine solchen Beanstandungen vorzubringen hat. Die Behauptungen der Klägerin und deren Beweismittel belegen unter diesen Umständen schlüssig, dass sich der Sachverhalt wie von ihr dargestellt zugetragen hat. Es sind somit keine weiteren Abklärungen und Beweiserhebungen erforderlich.
Die Beklagte ist zur Bezahlung von CHF 43.217,30 zu verurteilen.
4. a) Die Klägerin verlangt 4 % Verzugszins auf dem eingeklagten Betrag von CHF 43.217,30 abgestuft nach den jeweiligen Rechnungen [diese ergeben zusammengezählt infolge Rundungsdifferenz lediglich einen Betrag von CHF 43.217,25].
b) Versäumt die Käuferin, den Kaufpreis zu bezahlen, so schuldet sie der Verkäuferin für diese Beträge Zinse (Art. 78 WKR).
Gemäss § 288 Abs. 1 BGB beträgt der Verzugszins 4 %.
c) Die Verkäuferin, die Firma G., gab jeweils in den Rechnungen an, bis zu welchem Zeitpunkt 2 % Skonto vom Rechnungsbetrag abgezogen werden durfte bzw. der Nettobetrag zu bezahlen war (vgl. z.B. die Rechnung vom 31. August 1994, KB 8: „Zahlbar bis zum 16.09.94 abzüglich 2 % Skonto = DM ..., netto bis zum 08.10.94“). Somit gelangte die Beklagte mit Ablauf dieses Verfalltages automatisch in Verzug (Art. 59 WKR iVm § 284 Abs. 2 BGB). Eine Mahnung für die Inverzugsetzung erübrigte sich somit. Deshalb ist die Beklagte pflichtig zu erklären, die geschuldeten Kaufpreise entsprechend den Rechnungen jeweils mit Ablauf des Verfalltages zu verzinsen. Die klageweise geltend gemachte Verzinsung besteht zu Recht mit Ausnahme der zwei letzten Positionen, ist doch für den Betrag von CHF 106,60 seit dem 5. Januar 1995 und für CHF 1.550,10 seit dem 29. Januar 1995 Verzugszins geschuldet.
5. Die Klägerin beantragt, es sei in der Betreibung des Betreibungsamtes F. Nr. 950059 der Rechtsvorschlag zu beseitigen.
Diesem Antrag steht nichts entgegen, da die Klage vor Ablauf der Jahresfrist gemäss Art. 88 Abs. 2 SchKG eingereicht wurde. Im Umfange der Klagegutheissung ist deshalb der Rechtsvorschlag aufzuheben und definitive Rechtsöffnung zu gewähren (BGE 107 III 60).