A. 1. Der Kläger ist ein Kleingewerbetreibender, der in D. einen Fuhrbetrieb unterhält. Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in E., die den Handel mit Baustoffen und Holzwaren für das Gartenbau- und Freizeitgewerbe zum Zweck hat.
2. Seit etwa acht Jahren bestanden zwischen den Parteien Geschäftsbeziehungen. Dabei kaufte der Kläger in Deutschland für die Beklagte Bau- und Gartenmaterialien und transportierte die Waren jeweils mit seinem Camion in die Schweiz. Die anfallenden Forderungen für Warenlieferungen und Transporte wurden laufend mit Barzahlungen an den Kläger verrechnet, wobei die einzelnen Zahlungen jeweils nicht mit den Rechnungsbeträgen übereinstimmten. Die Beklagte führte einen sog. „Kontenplan“, in dem die Forderungen des Klägers, die Zahlungen der Beklagten sowie der jeweilige Saldo aufgeführt wurden. Im Dezember 2002 kam es zu Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des von der Beklagten geschuldeten Saldos. Am 19. Januar 2003 mahnte der Kläger die Beklagte für eine Saldoforderung von EUR 10.179,17. Mit Schreiben vom 28. März 2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, seine Forderung belaufe sich bloss auf EUR 4.910,- , wobei weitere Korrekturen vorbehalten blieben. Der Kläger anerkannte Abzüge im Umfang von EUR 431,45 , sodass eine streitige Forderung von EUR 9.747,72 verblieb.
B. 1. Mit Klage vom 9. Mai 2003 stellte der Kläger folgende Rechtsbegehren:
„1. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger EUR 9.747,72, zuzüglich Zins zu 5 % seit 20. Januar 2003, zu bezahlen.
2. Unter Kosten und Entschädigungsfolge zu Lasten der Beklagten.“
Zur Begründung wird auf die vorstehende Sachverhaltszusammenfassung verwiesen. Auf die weiteren Sachvorbringen des Klägers wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
2. Mit Klageantwort vom 21. Juni 2003/10. September 2003 stellte die Beklagte folgendes Rechtsbegehren:
„Der Beklagte ersucht hiermit das Gericht, das gestellte Rechtsbegehren abzuweisen und vom Kläger eine Sicherheit betreff der offenen Mängelrüge zu verlangen.“
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an, die Rechnungen seien vollumfänglich bezahlt worden. Falls dies nicht zutreffen sollte, sei die Mängelrüge einer Kundin der Beklagten zu berücksichtigen.
3. Mit Replik vom 29. August 2003 hielt der Kläger an seinem Klagebegehren fest und brachte ergänzend im Wesentlichen vor, gewisse Zahlungen der Beklagten an den Kläger seien Rückerstattungen von Zollgebühren und Mehrwertsteuerabgaben gewesen, die der Kläger jeweils bei der Einreise am Schweizer Zoll bezahlt habe und ihm in der Folge durch die Beklagte ersetzt worden seien. Diese Zahlungen seien aber nicht Bestandteil des „Kontenplans“ gewesen, sondern erstmals im Zuge der Korrekturen durch die Beklagte dort aufgetaucht.
4. Mit Duplik vom 11. November 2003 stellte die Beklagte folgendes Rechtsbegehren:
„Wir ersuchen [...] das Gericht, das gestellte Rechtsbegehren abzuweisen und vom Kläger eine Sicherheit betreff der offenen Mängelrüge zu verlangen.“
Zur Begründung machte die Beklagte im Wesentlichen geltend, der Kläger sei als „Zwischenhändler“ aufgetreten, weshalb er für die von einer Drittfirma erhobene Mängelrüge gerade zu stehen habe, die sich auf ca. CHF 60.000,- belaufe. Ausserdem bestehe ein Rückforderungsanspruch in der Höhe von CHF 90.000,- , der den noch ausstehenden Restbetrag bei Weitem übersteige.
Das Handelsgericht zieht in Erwägung:
1. Die Beklagte hat die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Handelsgericht des Kantons Aargau ausdrücklich anerkannt.
2.a) Da die Parteien in zwei verschiedenen Staaten domiziliert sind, liegt ein internationaler Sachverhalt vor. Das anwendbare Recht ist deshalb nach dem Bundesgesetz über das internationale Privatrecht (IPRG; SR 291) zu bestimmen, sofern nicht ein gemäss Art. 1 Abs. 2 IPRG vorgehender Staatsvertrag anwendbar ist.
b) Auf die Kaufverträge, mit welchen die Beklagte vom Kläger Bau und Gartenmaterialien erworben hat, findet das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (CISG; SR 0.221.211.1) Anwendung. Sowohl die Schweiz als auch Deutschland sind Vertragstaaten dieses Staatsvertrages.
c) Dagegen handelt es sich bei den vom Kläger durchgeführten Transporten von Deutschland in die Schweiz nicht um Kaufverträge im Sinne des CISG. Für die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Strasse zwischen zwei verschiedenen Staaten gilt das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Strassengüterverkehr vom 19. Mai 1956 (CMR; SR 0.741.611). Da sowohl Deutschland als auch die Schweiz die CMR ratifiziert haben, ist für die Ansprüche des Klägers aus den Frachtverträgen dieser Staatsvertrag massgebend.
3.a) Die aus den einzelnen von den Parteien abgewickelten Kauf- und Transportverträgen beruhenden Forderungen des Klägers und die Zahlungen der Beklagten wurden in einem sog. „Kontenplan“ erfasst. Der Kläger beruft sich für seine Restforderung auf den als Klagebeilage 3 (nachfolgend KpKl) verurkundeten „Kontenplan“, während die Beklagte eine andere „Kontenplan“- Version als Antwortbeilage 2 (nachfolgend: KpBe) vorlegt. Es ist nicht streitig, dass beide „Kontenpläne“ von der Beklagten verfasst wurden und damit über die gegenseitigen Leistungen Buch geführt wurde. Aus dem Rubrum des vom Kläger ins Recht gelegten „Kontenplans“ geht hervor, dass dieser von der Beklagten am 20. Januar 2003 an den Kläger gefaxt wurde. Die Beklagte ist daher auf dem Inhalt des von ihr erstellten und vom Kläger im Wesentlichen genehmigten „Kontenplans“ (KpKl) zu behaften, soweit sie nicht schlüssig nachweist, dass es an einem Rechtsgrund für darin aufgeführte Forderungen des Klägers fehlt oder von der Beklagten zusätzliche, darin nicht enthaltene Zahlungen geleistet worden sind.
b) Die Differenzen der beiden „Kontenpläne“ betreffen in chronologischer Reihenfolge folgende Positionen:
– 2. Januar 2002: Der KpKl weist einen „Übertrag“ zugunsten des Kläger von EUR 1.408,20 aus, während im KpBe lediglich ein solcher von EUR 657,- aufgeführt ist. Die Beklagte liefert keine Begründung für diese Abweichung, weshalb von dem von ihr ursprünglich eingesetzten „Übertrag“ von EUR 1.408,20 auszugehen ist.
– 16. Mai 2002: Die Barzahlung von EUR 1.342,- ist im KpKl nicht enthalten. Die Beklagte legt aber eine Quittung für die entsprechende Zahlung vor, die vom Kläger am 16. Mai 2003 unterzeichnet worden ist. Dieser Betrag ist demzufolge von der Restforderung des Klägers in Abzug zu bringen.
– 29. August 2002: Der im KpKl aufgeführte Betrag von EUR 1.600,55 ist aufgrund eines Schreibfehlers auf EUR 1.600,- zu reduzieren.
– 14. Oktober 2002: Der Kläger anerkennt die im KpBe zusätzlich aufgeführte Zahlung von EUR 345,- für bezogenen Treibstoff (Diesel). Sie ist abzuziehen.
– 6. November 2002: Die im KpBe zusätzlich aufgeführte Zahlung von EUR 472,- ist nicht belegt und somit nicht abzugsberechtigt.
– 28. November 2002, 3. Dezember 2002, 14. Dezember 2002:
Die im KpBe zusätzlich aufgeführten Zahlungen von EUR 709,- , EUR 675,- und EUR 425,- betreffen die Rückerstattung der vom Kläger entrichteten Zollgebühren. Der Kläger hat überzeugend dargelegt, dass die Zollgebühren jeweils ausserhalb des „Kontenplans“ abgewickelt wurden. Dementsprechend hat er mit seinen Rechnungen der Beklagten auch nie Zollgebühren fakturiert. Die Beklagte kann nicht nachträglich Auslagenersatz für Zollgebühren als Vergütung von Warenlieferungen oder Transporten beanspruchen.
Die erwähnten Beträge von EUR 709,- , EUR 675,- und EUR 425,- können demnach nicht in Abzug gebracht werden.
c) Anhand einer Korrekturliste macht die Beklagte weitere Abzüge von EUR 1.881,- geltend, die sie unter dem Datum vom 28. März 2003 in ihren „Kontenplan“ aufgenommen hat. In diesem Zusammenhang behauptet die Beklagte, (a) dass ihr zu hohe Beträge berechnet worden seien, (b) ihr kein Skonto gewährt worden sei, (c) sie nicht mehr benötigte Paletten zur Abholung bereitgestellt habe und (d) verschiedene „Verrechnungsfehler“ aufgetreten seien.
aa) Nicht ersichtlich ist, worauf die Beklagte die abgezogenen Preisdifferenzen stützt. Sie behauptet zwar, der Kläger habe in seinen Rechnungen jeweils zu Unrecht 8 % des Kaufpreises dazugeschlagen. Ihre Abzüge entsprechen aber nicht einem Kaufpreiszuschlag von 8 %. Die geltend gemachten Preisdifferenzen sind daher unbegründet und können nicht abgezogen werden.
bb) Die Beklagte hat nicht substantiiert, weshalb ihr ein Skonto von 3 % zustehen soll. Vielmehr legt der Kläger überzeugend dar, dass der vom Drittverkäufer in Deutschland gewährte Skonto jeweils bereits in dem von ihm in Rechnung gestellten Betrag berücksichtigt war. Auch dieser Abzug ist folglich nicht berechtigt.
cc) Des Weiteren behauptet die Beklagte, sie habe dem Kläger Paletten im Wert von EUR 677,80 zur Abholung bereit gestellt und den Kläger darüber schriftlich informiert. Sie weist jedoch nicht nach, dass ein solches Schriftstück dem Kläger zugegangen ist, weshalb auch hier eine unbewiesene Behauptung vorliegt. Somit steht auch dieser Abzug der Beklagten nicht zu.
dd) Schliesslich will die Beklagte in diversen Rechnungen „Verrechnungsfehler“ ausfindig gemacht haben. Der Kläger anerkennt, dass in der Faktura 58/2002 irrtümlicherweise für die ganze Transportdistanz (auch für die in Deutschland zurückgelegten Kilometer) die schweizerische LSVA berechnet wurde und deshalb ein Abzug von EUR 86,45 berechtigt ist. Abgesehen davon hat die Beklagte aber weder substantiiert noch unter Beweis gestellt, inwiefern weitere „Verrechnungsfehler“ vorgekommen seien. Auch diese Position ist daher – bis auf den vom Kläger anerkannten Betrag von EUR 86,45 – nicht abzugsfähig.
ee) Zusammenfassend ergibt sich, dass der von der Beklagten unter dem Datum vom 28. März 2003 vorgenommene Abzug von EUR 1.881,- nur im vom Kläger anerkannten Umfang von EUR 86,45 gerechtfertigt ist.
d) Zusammenfassend resultiert aus der streitigen Abrechnung der dem Kläger zustehenden Forderungen und den nachgewiesenen Zahlungen der Beklagten folgende Restforderung zu Gunsten des Klägers:
– Saldo zugunsten des Klägers per 20.12.02 EUR 10.179,17
– Barzahlung vom 14.05.02./. EUR 1.342,00
– Korrektur Barzahlung vom 29.08.02./. EUR 0,55
– Dieselbezug vom 14.10.03 (anerkannt)./. EUR 345,00
– Korrektur Faktura 58/2002 (anerkannt)./. EUR 86,45
Restforderung zu Gunsten des Klägers EUR 8.405,17
4. Mit Schreiben vom 14. Januar 2003 liess eine Kundin der Beklagten dieser eine Mängelrüge zugehen, mit welcher Unebenheiten und Ungenauigkeiten von Gartenplatten gerügt wurden. Die Beklagte macht den Kläger für diesen Mangel haftbar.
a) Nach den Bestimmungen von Art. 35 ff. CISG haftet der Verkäufer für jede Vertragswidrigkeit der Ware. Gemäss Art. 6 CISG ist es den Parteien aber gestattet, eine von der Haftungsordnung des CISG abweichende Vereinbarung zu treffen. Im vorliegenden Fall haben die Parteien mit Bezug auf die Mängelrechte für die vom Kläger gelieferten Waren Folgendes vereinbart (Vereinbarung vom 5. September 2002):
„1. Die Spedition F. arbeitet für C. als Zwischenhändler beim Vertrieb von Baustoffen von Deutschland in die Schweiz.
2. ...
3. Die Qualitätsprüfung der Ware kann durch die Spedition F. nicht erfolgen. Eventuell auftretende Reklamationen werden durch die Spedition beim Verkäufer eingereicht und verfolgt.
4. Für den Fall, dass die Reklamation durch den Hersteller nicht anerkannt und rückvergütet wird, ist die Firma C. nicht berechtigt, den jeweiligen Warenwert von den Transportkosten abzuziehen und einzubehalten.“
Mit dieser Vereinbarung hat der Kläger die Beklagte für alle Mängelrechte direkt an den deutschen Drittverkäufer der gelieferten Waren verwiesen und sich selbst von jeder Mängelhaftung freigezeichnet.
b) Die Beklagte macht geltend, die Vereinbarung vom 5. September 2002 enthalte einen Passus, der besage, dass Schäden dem Spediteur innert 6 Tagen schriftlich zur Kenntnis zu bringen seien. Sie bezieht sich dabei wohl auf die auf den Empfangsscheinen erwähnten Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (§ 60 ADSp.), wonach Schäden dem Spediteur innerhalb von 6 Tagen schriftlich mitgeteilt werden müssen. Diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen bildeten aber nicht Bestandteil der von den Parteien abgeschlossenen Kaufverträge, weshalb sie als Rechtsgrundlage für kaufvertragliche Mängelrechte gegenüber dem Beklagten ausser Betracht fallen.
c) Der Beklagten stehen somit gegenüber dem Kläger keine Mängelrechte für die von ihm gelieferten Waren zu, weshalb sowohl ihre diesbezügliche Gegenforderung von CHF 60.000,- als auch das hiefür gestellte Sicherstellungsbegehren unbegründet sind.
5. Der Kläger macht Verzugszins von 5 % seit dem 20. Januar 2003 geltend. Er hat die Beklagte am 19. Januar 2003 für eine Restforderung von EUR 10.179,17 gemahnt.
a) Da sich sowohl das CISG wie auch die CMR über die Höhe des Verzugszinses ausschweigen und die Prozessparteien keine diesbezügliche Abmachung getroffen haben, ist auf das kollisionsrechtlich zu ermittelnde Landesrecht zurückzugreifen. Auf die Frachtlohnforderungen des Klägers ist gemäss Art. 117 Abs. 3 lit c IPRG deutsches Recht anwendbar. Gleich verhält es sich für die Kaufpreisforderungen. Gemäss Art. 118 Abs. 1 IPRG gilt für den Kauf beweglicher körperlicher Sachen das Haager Übereinkommen vom 15. Juni 1955 betreffend das auf internationale Kaufverträge über bewegliche körperliche Sachen anzuwendende Recht. Art. 3 Abs. 1 dieses Übereinkommens bestimmt, dass, sofern eine Erklärung der Parteien über das anzuwendende Recht fehlt, der Vertrag dem innerstaatlichen Recht des Landes untersteht, in dem der Verkäufer zu dem Zeitpunkt, an dem er die Bestellung empfängt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Da der Kläger in Deutschland Wohnsitz hat, ist auch die Höhe des Verzugszinses für seine kaufvertraglichen Forderungen nach deutschem Recht zu bestimmen.
b) Da es sich beim Kläger um einen Kleingewerbetreibenden handelt, finden die Vorschriften des BGB Anwendung. Gemäss § 288 Abs. 2 BGB beträgt der Verzugszins acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, sofern, wie hier, kein Konsument am Rechtsgeschäft beteiligt ist. Mit 5 % macht der Kläger einen wesentlich geringeren Verzugszins geltend.
6. Der Kläger hat nur geringfügig überklagt, während das Sicherstellungsbegehren der Beklagten in der Höhe von CHF 60.000,- vollumfänglich abzuweisen ist. Ausgangsgemäss ist die Beklagte daher kostenpflichtig.