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unalex. Rechtsprechung Entscheidung CH-210
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung CH-210  



Handelsgericht Bern (CH) 01.12.2004 - HG 02 8934/STH/STC
Art. 28, 62, 78 CISG – unalexEntscheidung auf Erfüllung in Natur –unalexErfüllungsanspruch des Verkäufers –unalexZinsen

Handelsgericht Bern (CH) 01.12.2004 - HG 02 8934/STH/STC, unalex CH-210



Der Anspruch auf Kaufpreiszahlung nach Art. 62 CISG wird durch die Vorschrift des Art. 28 CISG beschränkt.

Die Entstehung des Zinsanspruchs nach Art. 78 CISG hängt allein von der Fälligkeit des Kaufpreises ab. Demnach bedarf es gemäß Art. 59 CISG keiner Mahnung.


-  Entscheidungstext 

I. 1. Mit Klage vom 29. April 2002 stellte die Klägerin folgendes Rechtsbegehren:

„Die Beklagten seien zu verurteilen, der Klägerin CHF 239.987,95 nebst Zins zu 10 % seit dem 25. Januar 2001 zu bezahlen.

– unter Kosten- und Entschädigungsfolge -“

Auf die Begründung wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen Bezug genommen.

2. Mit Verfügung vom 1. Mai 2002 setzte der Instruktionsrichter den Beklagten eine Frist von drei Wochen nach Zustellung der Klage zur Einreichung einer Klageantwort und zur Leistung des Kostenvorschusses an (pag. 14). Diese Verfügung konnte auf dem Rechtshilfeweg entsprechend den Anforderungen gemäss Haager Übereinkommen vom 15.11.1965 über die Zustellung gerichtlicher und aussergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (SR 0.274.131, HZUe65) der Beklagten 2 am 5. August 2002 zugestellt werden (pag. 80). Bezüglich der Beklagten 1 scheiterte die Zustellung (pag. 46).

3. Mit Verfügung vom 28. Oktober 2002 stellte der Instruktionsrichter fest, dass innert Frist keine Klageantwort eingereicht und kein Kostenvorschuss geleistet wurde. Weiter wurden die Beklagten zum zweiten Mal aufgefordert, den Gerichtskostenvorschuss innert 14 Tagen ab Zustellung der Verfügung zu leisten. Die Hauptverhandlung wurde darin auf den 7. Mai 2003 angesetzt (pag. 82). Diese Verfügung konnte der Beklagten 1 nicht zugestellt werden (pag. 113). Der Beklagten 2 wurde sie am 8. Januar 2003 ordnungsgemäss ausgehändigt (pag. 117).

4. Auf Ersuchen der Klägerin wurde die Hauptverhandlung vom 7. Mai 2003 mit Verfügung vom 7. Mai 2003 verschoben (Eingabe vom 6. Mai 2003; pag. 122). Der Klägerin wurde zudem eine Frist von drei Wochen angesetzt, um sich zur Zustellung an die Beklagte 1 zu äussern (pag. 124). Am 30. Mai 2003 reichte die Klägerin eine Notariatsurkunde ein, woraus die Richtigkeit der angegebenen Zustelladresse ergeht.

5. Mit Verfügung vom 5. Juni 2003 wurde die Beklagte 1 erneut aufgefordert, innert drei Wochen nach Zustellung der Klage eine Klageantwort einzureichen sowie einen Kostenvorschuss von CHF 10.000,‑ zu leisten (pag. 130). Die Zustellung ist diesbezüglich ebenfalls gescheitert. Am 8. Januar 2004 setzte der Instruktionsrichter der Klägerin eine Frist von drei Wochen an, um sich zum weiteren Vorgehen zu äussern (pag. 142). Darauf bestätigte die Klägerin die Richtigkeit der von ihr angegebenen Zustelldresse (pag. 148).

6. Mit Verfügung vom 24. Mai 2004 setzte der Instruktionsrichter die Hauptverhandlung fest. Weiter wurde darin festgestellt, dass die Beklagten säumig sind (pag. 152). Der Beklagten 2 konnte die Vorladung ordnungsgemäss zugestellt werden (pag. 175), der Beklagten 1 hingegen nicht (pag. 184). In der Folge wurde die Vorladung im Amtsblatt des Kantons Bern publiziert (pag. 188).

7. Anlässlich der Hauptverhandlung änderte die Klägerin ihr Rechtsbegehren hinsichtlich des beantragten Zinssatzes auf 6 %. Die Beklagte 2 ist ungeachtet der Vorladung (pag. 175) nicht zur Hauptverhandlung erschienen. Die Beklagten werden in jeder Hinsicht für säumig erklärt (pag. 190).

II. 1. a) Die Anforderungen an die Zustellung gemäss Haager Übereinkommen vom 15.11.1965 über die Zustellung gerichtlicher und aussergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (HZUe65) sind in Bezug auf die Beklagte 2 erfüllt (vgl. pag. 80, 117 und 175). Der Zeitpunkt der Zustellung hätte zudem zweifelsohne eine wirksame Verteidigung iSv Art. 15 HZUe65 erlaubt. Ebenso entspricht die Vorladung den Vorgaben von Art. 100 ff. ZPO. Das Handelsgericht kann somit von einer ordnungsgemäss zugestellten Vorladung ausgehen. Nachdem die Beklagte 2 keine Klageantwort einreichte, keinen Kostenvorschuss leistete und der Hauptverhandlung fernblieb, wurde sie daher in diesen Belangen für säumig erklärt (pag. 190).

b) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine im Ausland effektiv nicht zugestellte Sendung als fiktiv zugestellt gelten kann und welche Wirkungen daran zu knüpfen sind, beurteilt sich nach dem Recht des angerufenen Gerichts (A. Bühler, Kommentar zur aargauischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl., Aarau 1998, N 8 zu § 93). Als Ausfluss der Pflicht der Parteien, sich nach Treu und Glauben zu verhalten, sind die Verfahrensbeteiligten ab Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihnen Vorladungen oder Entscheide, welche das Verfahren betreffen, zugestellt werden können (ZR 1999 Nr. 43 S. 195; BGE 116 Ia 90 E. 2a). Die Empfangspflicht der Parteien setzt weiter Verfahrenskenntnis voraus. Der Empfänger muss die Zustellung eines behördlichen Aktes mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erwarten (BGE 116 Ia 90 E.; Bühler, aaO N 8 zu § 91). Handelt es sich um die erstmalige Zustellung eines behördlichen gerichtlichen Aktes, darf die versäumte Abholung oder Entgegennahme grundsätzlich nicht die Bedeutung einer Zustellungsfiktion beigemessen werden. Ausgenommen bleiben die Fälle, bei denen der Betroffene die an sich mögliche tatsächliche Zustellung durch eine Annahmeverweigerung vereitelt (Bühler, aaO, N 10 zu § 92) oder bei denen die zustellende Behörde davon ausgehen darf, der Betroffene habe auf einem anderen Weg vom hängigen Verfahren und der eigenen Parteistellung Kenntnis erlangt.

Vorliegend scheiterten die Zustellungsversuche der zuständigen mexikanischen Behörde stets daran, dass die jeweils angesprochene Person die Annahme verweigerte mit der Begründung, die Beklagte 1 habe ihren Sitz vor zwei Jahren verlegt (pag. 46) bzw. die Beklagte 1 habe ihren Sitz nicht an der aufgesuchten Adresse und ihr sei nicht bekannt, wo sie ihren Sitz habe (pag. 113; 184). Die seitens der Klägerin eingereichte notarielle Feststellungsurkunde bescheinigt die Auskunft der Mitarbeiterin der Beklagten 2, wonach sich an der angegebenen Zustelladresse die Büroräumlichkeiten sowohl der Beklagten 1 als auch der Beklagten 2 befinden. Es steht daher fest, dass die Zustellungsversuche der zuständigen mexikanischen Behörde an der Zustelladresse der Beklagte 1 stattfanden, die Zustellung der gerichtlichen Akten jedoch von der Beklagten 1 treuwidrig vereitelt wurde. Es ist daher von einer Zustellungsfiktion auszugehen.

Des Weiteren darf angenommen werden, dass die Beklagte 1 durchaus Kenntnis der Klage gegen die Beklagte 2 und sie hatte. Beide Firmen erscheinen als beklagt im Rubrum der der Beklagten 2 ordnungsgemäss zugestellten Verfügungen. Es darf vermutet werden, dass der alleinige Verwaltungsrat der Beklagten 2, S W (a u; KB 4) Kenntnis vom hängigen Prozess und von den zugestellten Dokumenten erhielt. Da Sl W ebenfalls der alleinige Verwaltungsrat der Beklagten 1 ist (a u; KB 3), darf ferner davon ausgegangen werden, dass auch die Beklagte 1 vom vorliegenden Verfahren und damit vom diesbezüglichen Prozesrechtsverhältnis erfuhr. Diese Kenntnisnahme vermag die Empfangspflicht der Beklagten 1 zu begründen, welche durch die Verweigerung der Zustellung verletzt wird. Die Zustellung der gerichtlichen Akten darf somit fingiert werden.

Nachdem die Beklagte 1 keine Klageantwort einreichte, keinen Kostenvorschuss leistete und der Hauptverhandlung fernblieb, wurde sie daher ebenfalls in diesen Belangen für säumig erklärt (pag. 190).

2. Das Handelsgericht kann aufgrund der Säumnis beider Beklagten eine ihnen ungünstige Sachverhaltsfeststellung annehmen (Art. 280 ZPO) und urteilt allein gestützt auf die klägerischen Anträge (Art. 283 ZPO). Bisherige Anbringen der säumigen Beklagten, welche zu berücksichtigen wären (Art. 283 letzter Satz ZPO), liegen nicht vor. Die sich aus der von der Klägerin eingereichten Korrespondenz ergehenden Einwände gegen die Kündigung sind prozessual nicht eingebracht worden und betreffen im Übrigen den vorliegenden Sachverhalt nicht (vgl. hinten IV 2.b)). Inwiefern die tatsächlichen Anbringen der nicht säumigen Klägerin als erwahrt anzusehen sind, entscheidet das Handelsgericht nach freiem Ermessen (Art. 283a Satz 1 ZPO).

Vorliegend bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit der von der Klägerin vorgebrachten Angaben, welche die Anordnung einer Beweisführung gebieten würden (Art. 283a Satz 2 ZPO). Ebenso wenig liegen widersprechende Anbringen des Beklagten vor, so dass sich das Gericht mit der Glaubhaftmachung der klägerischen Behauptungen begnügen kann (Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. Aufl., Bern 2000, N 1a Abs. 1 zu Art. 283a ZPO). Auf die Durchführung eines Beweisverfahrens wurde unter diesen Umständen verzichtet (pag. 190).

III. Auf Grund der vorliegenden Unterlagen gilt folgender Sachverhalt als glaubhaft gemacht:

1. a) Die Klägerin ist eine in L domizilierte Konzerntochter der S G. In Mexiko besass sie eine eigene Vertriebsgesellschaft für ihre U und arbeitete deshalb mit lokalen Vertriebspartnern zusammen (Klage, S. 4).

b) Die Beklagten 1 und 2 sind in M C domizilierte Gesellschaften, welche denselben statutarischen Zweck verfolgen und Herrn S W als alleinigen Verwaltungsrat aufweisen (KB [Klagebeilage] 3 und 4). Beide Gesellschaften befassen sich u.a. mit dem Import bzw. dem Vertrieb von U in M.

2. Am 30. März 1994 bzw. 12. Mai 1994 unterzeichneten die Klägerin sowie die Beklagte 1, vertreten durch Herrn D. W, einen Alleinvertriebsvertrag (KB 1). Dieser räumte der Beklagten 1 im ganzen Gebiet von M Exklusivität beim Vertrieb von R-U ein (KB 1, Art. II). Der Vertrag sieht ferner eine Gerichtsstands- sowie eine Rechtswahlvereinbarung vor (Art. XXIV). Nach Beendigung der Zusammenarbeit im Dezember 2000 waren fünf Rechnungen für zahlreiche Bestellungen sowie eine Belastungsanzeige über insgesamt CHF 248.076,15 noch unbezahlt (KB 9 – 14). Es handelt sich um folgende Rechnungen:

Rechnung-Nr. 1012258 vom 22.8.2000 (KB 9) CHF 16.862,70

Rechnung-Nr. 1507130 vom 19.09.2000 (KB 10) CHF 1.884,90

Rechnung-Nr. 1012599 vom 21.09.2000 (KB 11) CHF 88.377,70

Rechnung-Nr. 1012747 vom 29.09.2000 (KB 12) CHF 63.849,00

Belastungsanzeige 57640 vom 20.10.2000 (KB 13) CHF 68,00

Rechnung-Nr. 1013410 vom 21.11.2000 (KB 14) CHF 77.033,85

Total: CHF 248.076,15

Nach Abzug der Gutschrift vom 31. Oktober 2000 (KB 15) in der Höhe von CHF 8.088,20 verblieb ein offener Betrag von CHF 239.987,95. Diese Zahlungsausstände wurden erstmals mit Schreiben vom 23. Januar 2001 zu Handen der Beklagten 2 gemahnt (KB 16). Am 22 Mai 2001 nahm S W im Namen der Beklagten 2 unter Bezugnahme auf die bisherige Korrespondenz zwischen den Parteien Stellung zu den offenen Rechungen. Er beanstandete weder Bestand noch Höhe der klägerischen Forderung und erklärte, sich eines Passivums zu Lasten der Beklagten 2 zu Gunsten der Klägerin bewusst zu sein (KB 21).

IV. 1. a) Da die Klägerin ihren Sitz in der S hat und die Beklagten in M domiziliert sind, ist vorliegend von einem internationalen Verhältnis im Sinne von Art. 1 IPRG auszugehen.

b) Die örtliche Zuständigkeit des Kantons Bern ergibt sich in Bezug auf die Beklagte 1 aus der Gerichtsstandsvereinbarung im Vertriebsvertrag vom 30. März 1994 (KB 1, Art. XXIV). Darin wird für alle Ansprüche, die im Zusammenhang mit dem Vertrag stehen, ein ausschliesslicher Gerichtsstand am Geschäftssitz der Klägerin, Lengnau, vereinbart. Die Gerichtsstandsklausel wurde somit in schriftlicher Form verfasst und bezieht sich auf zukünftige Rechtstreite aus einem bestimmten Rechtsverhältnis. Die Anforderungen gemäss Art. 17 LugÜ sind daher erfüllt. Die örtliche Zuständigkeit der Berner Gerichte ist somit hinsichtlich der Klage gegen die Beklagte 1 gegeben.

Die Beklagte 2 wird vorliegend als Solidarschuldnerin eingeklagt. In der Vereinbarung vom 30. März 1994 (KB 1) tritt sie nicht als Vertragspartnerin in Erscheinung. Weiter behauptet die Klägerin zu Recht nicht, die Gerichtsstandsvereinbarung sei in Bezug auf die Beklagte 2 entsprechend den Anforderungen von Art. 17 LugÜ zu Stande gekommen. Da der Sitzstaat der Beklagten kein Vertragsstaat des Lugano Übereinkommens (SR 0.275.11) ist, darf keine Klagehäufung gestützt auf Art. 6 LugÜ angenommen werden. Das IPR-Gesetz, welches folglich anzuwenden ist, sieht jedoch allein für Klagen aus Immaterialgüterrecht sowie unerlaubter Handlung eine subjektive Klagehäufung vor, nicht aber für den vorliegend zu beurteilende Anspruch vertragsrechtlicher Natur (Volken, Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. A., Zürich 2004, Art. 8 N 10). Die Beklagte 2 ist deshalb am ordentlichen oder an einem der besonderen Gerichtsstände zu belangen. Art. 113 IPRG legt den Gerichtsstand am Erfüllungsort fest, sofern die beklagte Partei weder (Wohn-)Sitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat, sofern die geschuldete Leistung in der Schweiz zu erbringen ist. Die Bestimmung des Erfüllungsortes für die betreffende Leistung erfolgt dabei nach der lex fori, somit nach dem schweizerischen Obligationenrecht (Keller/Kren Kostkiewicz, Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. A., Zürich 2004, Art. 113 N 9). Die Beklagte 2 im zu beurteilenden Fall schuldet die Leistung einer Geldsumme. Gemäss Art. 74 Abs. 2 Ziff. 1 OR sind Geldschulden am Sitz des Gläubigers zu bezahlen, somit am Sitz der Klägerin im Kanton Bern. Die Zuständigkeit des Kantons Bern als Erfüllungsort ist demnach für die Klage gegen die Beklagte 2 gegeben.

c) aa) Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 5 lit. a ZPO iVm Art. 55 GOG. Die Parteien sind im Handelsregister eingetragen. Die Streitsache bezieht sich auf den Gewerbetrieb der Parteien und ist vertraglicher Natur. Die Anforderungen an den Mindeststreitwert sind ebenfalls erfüllt. Die Berufungsfähigkeit der Streitsache bedarf näherer Begründung hinsichtlich des anwendbaren Rechts. Unproblematisch erscheint diese in Bezug auf die Beklagte 1. Der zwischen ihr und die Klägerin abgeschlossene Vertrag sieht eine Rechtswahl zu Gunsten des Schweizerischen Rechts vor. Damit ist die Berufung ans Bundesgericht möglich (Art. 43 OG). Gegenüber der Beklagten 2 gilt die getroffene Rechtswahl nicht, weshalb das anwendbare Recht gesondert zu ermitteln ist.

bb) Mit Schreiben vom 22 Mai 2001 (KB 21) tut die Beklagte 2 der Klägerin kund, für die Forderung gegenüber der Beklagte 1 zu haften. Die Vereinbarung einer externer Schuldübernahme zwischen der Klägerin und der Beklagten 2 mit befreiender Wirkung gegenüber der Beklagten 1 wird weder behauptet noch ergibt sie sich aus den eingereichten Unterlagen. Es ist daher von einer internen Schuldübernahme, einem Schuldbeitritt, auszugehen. Die mitübernommene Schuld betrifft die Bezahlung der bestellten und gelieferten U im Rahmen des Vertriebsvertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten 1. Dieser ist als Alleinvertriebsvertrag zu qualifizieren. Anders als bei Kommission und Agentur handelt die Beklagte 1 im eigenen Namen und auf eigene Rechnung (KB 1, Art. II). Auch der Mindestbezug (KB 1, Art. VII Ziff. 3), die Absatzförderungspflichten (KB 1, Art. VII), das Konkurrenzverbot (KB 1, Art. V), die Gewährleistung des Gebietschutzes sowie die Verpflichtung zum ausschliesslichen Bezug der Vertragsware (KB 1, Art. III) bilden typische Regelungen des Alleinvertriebsvertrages (vgl. Schluep/Amstutz, Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 3. A., Basel 2003, N 131 ff. zur Einl. vor Art. 184 ff.). Dieser ist ein gemischten (Dauer-) Vertrag, der sich aus Nominat- und Innominatelementen zusammensetzt. Die im Rahmen desselben getätigten Käufe unterstehen als Nominatelemente dem Kauf- oder Werklieferungsrecht (vgl. Schluep/Amstutz, aaO, N 134 zur Einl. vor Art. 184 ff.). Vorliegend betrifft die geschuldete Ware Standardprodukte der Klägerin, weshalb von einem Kaufvertrag auszugehen ist. Da sowohl die Schweiz als auch Mexiko das Wiener Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf ratifiziert haben (SR 0.221.211.1; CISG), findet es gestützt auf Art. 1 Abs. 1 lit. a CISG auf die streitgegenständlichen Ukäufe Anwendung. Die Berufungsfähigkeit ist deshalb auch in Bezug auf die Klage gegen die Beklagte 2 zu bejahen.

Im Übrigen ist in Bezug auf die Beklagte 1 zu bemerken, dass im abgeschlossenen Vertriebsvertrag das schweizerische Recht ohne Ausschluss der Staatsverträge vereinbart wurde, weshalb auch in diesem Verhältnis das Wiener Übereinkommen für die betreffenden Käufe anwendbar ist.

cc) Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass das angerufene Gericht sowohl örtlich als auch sachlich zuständig ist.

d) Ein Aussöhnungsversuch findet gemäss Art. 145 Abs. 1 lit. b ZPO nicht statt.

2. a). Art. 62 CISG begründet einen Erfüllungsanspruch des Verkäufers hinsichtlich aller Pflichten des Käufers, namentlich auch der Zahlungspflicht gemäss Art. 53 CISG. Dieser Erfüllungsanspruch wird von Art. 28 CISG insofern beschränkt, als ein Gericht eine Entscheidung auf Erfüllung in Natur nur zu fällen braucht, wenn es dies auch nach seinem eigenen Recht bei gleichartigen Kaufverträgen täte. Das schweizerische Obligationenrecht gewährt in Art. 184 OR dem Verkäufer einen selbständigen Anspruch auf Leistung des Kaufpreises, welcher er – anders als im Common Law – unabhängig von Schadenersatzansprüchen geltend machen kann. Die Einschränkung von Art. 28 CISG kann somit ausser Acht gelassen werden.

Nachdem die Klägerin den Bestand ihrer Forderung im Umfang von CHF 239.987,95 glaubhaft gemacht hat (vgl. vorstehend Ziff. III.2) und die Solidarhaftung der Beklagten feststeht (vgl. vorstehend Ziff. IV.2, KB 21), ist die Klage im Umfang von CHF 239.987,95 unter solidarischer Haftbarkeit der Beklagten gutzuheissen.

b) Die von der Klägerin erwähnten Schadenersatzansprüche der Beklagten (Klage, S. 10) werden weder einrede- noch widerklageweise geltend gemacht. Ebenso wenig sind sie beziffert worden. Sie sind deshalb im vorliegenden Verfahren unbeachtlich.

c) Mit geändertem Rechtsbegehren macht die Klägerin zudem Verzugszins von 6 % auf CHF 239.987,95 seit 25. Januar 2001 geltend. Die generelle Pflicht zur Zahlung von Zinsen auf fällige Geldbeträge ergibt sich aus Art. 78 CISG. Dabei richtet sich der Eintritt der Fälligkeit nach der Parteivereinbarung oder subsidiär nach dem Zeitpunkt an dem der Verkäufer die Ware dem Käufer zur Verfügung gestellt hat (Art. 58 Abs. 1 CISG). Vertragsgemäss wurden alle Rechnungen 60 Tage nach erfolgter Fakturierung fällig (KB 1, Art. XII Ziff. 3). Eine Mahnung ist nach Art. 59 CISG nicht nötig. Die letzte ausstehende Rechnung datiert vom 21. November 2000 (KB 14). Damit liegt der beantragte Anfang des Zinslaufes für die Gesamtforderung nach Ablauf der vereinbarten 60 Tagen und folglich nach Eintritt der Fälligkeit. Die Höhe des Verzugszinses bestimmt sich nach Vertrag. Demnach liegt der geschuldete Zinssatz 2 % über dem prime bank lending rate im Kanton Bern für Anleihen ohne Sicherheiten (Art. XII Ziff. 3). Gemäss der Erklärung von Handelsrichter H tritt dieser Wert nie transparent in Erscheinung und könne deshalb nicht herangezogen werden (pag. 190). Der von den Parteien vereinbarte Referenzzinssatz kann folglich, da nicht eruierbar, nicht angewendet werden. Der Vertrag ist demzufolge entsprechend dem Vertragswillen der Parteien zu ergänzen. Die Parteien wollten keinen festen Zinssatz vereinbaren, sondern einigten sich auf einen variablen Referenzzinssatz für Geldanlagen in der Schweiz. Es ist deshalb anzunehmen, dass die Parteien in Kenntnis der fehlenden Anwendbarkeit ihrer Referenz, den LIBOR für Schweizer Franken vereinbart hätten. Dieser betrug nach Auskunft von Handelsrichter Hartmann in der betreffenden Zeit 4 % (pag. 190). Demnach ist – entsprechend dem geänderten Rechtsbegehren der Klägerin – ein Verzugszins von 6 % auf CHF 239.987,95 seit 25. Januar 2001 geschuldet.





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