A. 1. Die Klägerin ist eine GmbH deutschen Rechts mit Sitz in D. Sie vertreibt Baustoffe, Fliesen, Bauelemente und anderes.
Der Beklagte ist Inhaber einer Einzelfirma mit Sitz in E. Zweck der Einzelunternehmung ist die Dienstleistung in den Bereichen Reinigungen, Sanitär- und Garten- sowie verschiedene Innenarbeiten.
2. Am 24. Januar 2003 lieferte die Klägerin dem Beklagten 53.328 m² Marca Corona Bodenfliesen; ausserdem entrichtete sie für den Beklagten Zollgebühren. Dafür stellte sie ihm mit Schreiben vom 3. und 14. Februar 2003 EUR 1.202,14, EUR 174,40 und EUR 98,05 in Rechnung.
Das Partnerunternehmen der Klägerin, F., lieferte und montierte am 4. Februar 2003 auf Grund einer Bestellung des Beklagten 64,5 m² Laminatboden, 24 Sockelleisten aus Buche, 3 Übergangsschienen und 20 m² Trittschalldämmung, welche die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 14. Februar 2003 zu EUR 1.696,50 in Rechnung stellte.
Am 17. Februar 2003 lieferte die Klägerin dem Beklagten 44,92 m² Hornitex- Laminat aus Eiche und 3,96 m² Hornitex-Laminat aus Nussbaum, wofür sie mit Rechnung vom 14. März 2003 EUR 448,44 verlangte. Für das Umladen und Zustellen des Laminates wurde mit separatem Schreiben vom 14. März 2003 EUR 45,‑ in Rechnung gestellt.
Mit Rechnung vom 23. April 2003 verlangte die Klägerin für die Rückgabe von Hornitex-Laminat ins Werk eine Fracht- und Wiedereinlagerungsgebühr von EUR 5.220,-.
3. Am 6. Juni 2003 wurde dem Beklagten ein Zahlungsbefehl über CHF 13.438,74 nebst 15 % Zins seit 12. Februar 2003, CHF 99,27 nebst 15 % Zins seit 12. Februar 2003 sowie CHF 37,80 in der Betreibung Nr. 35753 des Betreibungsamtes E. (Zahlungsbefehl vom 19. Mai 2003) zugestellt, worauf er am 11. Juni 2003 Rechtsvorschlag erhob.
4. Am 5. November 2003 fand eine erste Sühneverhandlung vor dem Friedensrichteramt des Kreises G. statt, an der nur die Klägerin zugegen war.
Mit Schreiben vom 12. Mai 2004 gelangte die Klägerin erneut an das Friedensrichteramt des Kreises G., worauf am 1. Juli 2004 eine zweite Sühneverhandlung stattfand. Der Beklagte blieb der Verhandlung erneut fern.
B. 1. Mit Klage vom 17. September 2004 stellte die Klägerin beim Bezirksgericht H. folgende Rechtsbegehren:
„1. Es sei der Beklagte zur Zahlung von CHF 13.538,‑ nebst Zins zu 15 % seit 12. Februar 2003, sowie CHF 37,80 Mahngebühren, CHF 136,‑ Betreibungskosten, CHF 200,‑ Verfahrenskosten für die Friedensrichterverhandlung (Geschäft 04/043) und CHF 400,‑ Parteientschädigung für die Friedensrichterverhandlungen (Geschäfte 03/101 und 04/043) an die Klägerin zu verurteilen.
2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge.“
Für die Begründung kann auf die vorstehende Sachverhaltszusammenfassung verwiesen werden.
2. Mit Schreiben vom 21. September 2004 überwies das Bezirksgericht H. das Verfahren an das Handelsgericht des Kantons Aargau.
3. Mit Verfügung vom 23. September 2004 wurde dem Beklagten zur Erstattung einer schriftlichen Antwort eine Frist von 20 Tagen angesetzt.
4. Die Klage wurde dem Beklagten am 28. Oktober 2004 durch die Kantonspolizei E. zugestellt. Innert der angesetzten Frist von 20 Tagen erstattete er keine Antwort. Die Gerichtsurkunde mit der Verfügung vom 23. November 2004, mit welcher dem Beklagten eine Nachfrist von 10 Tagen für die Erstattung einer Antwort unter Androhung der Säumnisfolgen gemäss § 189 Abs. 1 ZPO angesetzt wurde, holte der Beklagte nicht auf der Post ab.
5. Mit Verfügung vom 21. Dezember 2004 wurde die Streitsache zur Beurteilung an das Handelsgericht überwiesen.
Das Handelsgericht zieht in Erwägung:
1.0 Da die beteiligten Parteien ihren Sitz in verschiedenen Staaten haben, liegt ein internationales Verhältnis vor. Es stellt sich die Frage nach der internationalen Zuständigkeit und dem anwendbaren Recht. Diese richten sich nach schweizerischem Recht oder vorgehenden völkerrechtlichen Verträgen (Art. 1 Abs. 2 IPRG).
1.1 Anwendbar ist das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988 (LugÜ). Denn es liegt eine Zivil- und Handelssache im Sinne von Art. 1 Abs. 1 LugÜ vor, und die Schweiz sowie Deutschland sind Vertragsstaaten dieses Übereinkommens.
Der Beklagte hat seinen Wohnsitz in der Schweiz, so dass gemäss Art. 2 Abs. 1 LugÜ die schweizerischen Gerichte für die Beurteilung der Streitsache zuständig sind.
Das Lugano-Übereinkommen regelt nur die internationale Zuständigkeit.
Die innerstaatliche, örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem nationalen Recht. Gemäss Art. 112 Abs. 1 IPRG sind die Gerichte am Sitz des Beklagten für Klagen aus Vertrag zuständig. Da der Beklagte seinen Sitz in E. hat, ist die örtliche Zuständigkeit des Handelsgerichts des Kantons Aargau gegeben.
1.2 Die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts ergibt sich aus § 404 Abs. 1 lit. a ZPO.
1.3 Die Rechnungen vom 3., 11. und 14. Februar 2003, vom 14. März 2003 sowie vom 17. April 2004 stehen im Zusammenhang mit dem Kauf von Laminat und Bodenfliesen. Auf die den Rechnungen zu Grunde liegenden Verträge findet das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (CISG; SR 0.221.211.1) Anwendung, da die Parteien ihre Niederlassung in unterschiedlichen Vertragsstaaten haben (Art. 1 Abs. 1 lit. a CISG) und gemäss Art. 3 Abs. 1 CISG auch Werklieferungsverträge unter den Anwendungsbereich des Abkommens fallen. Die gleichzeitige Entrichtung der Zollgebühren und die Wiedereinlagerung durch die Klägerin kann als untergeordnete Vertragsleistung angesehen werden (Art. 3 Abs. 2 CISG).
Anwendbares Recht ist somit das CISG.
2. Der Beklagte hat die Postsendung mit der (Kontumaz-)Verfügung vom 23. November 2004 auf der Post nicht abgeholt. Diese Verfügung gilt gleichwohl als rechtswirksam zugestellt, weil der Beklagte vom hängigen Verfahren auf Grund der polizeilichen Zustellung der Klage Kenntnis hatte (BGE 127 I 34 E. 2a/aa, 123 III 493 E. 1 je mit Hinweisen). Ebenso ist die in jener Verfügung enthaltene Androhung der Säumnisfolgen von § 189 Abs. 1 ZPO rechtswirksam. Das Verfahren ist daher androhungsgemäss auf Grund der Ausführungen in der Klage fortzusetzen und das Urteil ohne Hauptverhandlung zu fällen.
3.3.1 Bei dieser Verfahrenslage ist über die Sachbehauptungen der Klage Beweis nur zu erheben, wenn der Richter an ihrer Richtigkeit zweifelt (§ 200 ZPO). Solche Zweifel sind im vorliegenden Fall nicht begründet.
Die Klägerin weist mit den vorgelegten Urkunden nach, dass sie für den Beklagten in der Höhe der eingeklagten Forderung Bodenfliesen und Laminate geliefert und in einem Fall auch verlegen lassen hat. Die Urkunden belegen, dass sie im Zusammenhang mit den Warenlieferungen Zollauslagen für den Beklagten getätigt hat. Weiter hat der Beklagte von der Klägerin Lagerräumlichkeiten beansprucht. Die durch Rechnungen ausgewiesenen Einzelforderungen der Klägerin belaufen sich auf eine Gesamtforderung von EUR 8.884,53.
3.2 Die Klägerin verlangt in ihrem Rechtsbegehren 1 die Bezahlung von CHF 13.538,-. Gemäss ihren Behauptungen schuldet ihr der Beklagte aber den effektiven Betrag von EUR 8.884,53. Die Umrechnung dieser Schuld in Schweizer Franken wurde von der Klägerin selber vorgenommen.
Da die Alternativermächtigung von Art. 84 Abs. 2 OR nur für den Schuldner, nicht aber für den Gläubiger gilt, darf dieser bei einer Fremdwährungsschuld nicht auf Inlandwährung klagen (vgl. Peter Gauch/Walter R. Schluep/Jörg Schmid/Heinz Rey, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2 Bde., 8. A., Zürich 2003, Nr. 2345).
Das klägerische Rechtsbegehren ist deshalb entsprechend den Behauptungen der Klägerin auf EUR 8.884,53 umzudeuten.
Gestützt auf die von den Parteien geschlossenen Verträge ist der Beklagte gemäss Art. 53 CISG verpflichtet, den Betrag von insgesamt EUR 8.884,53 zu zahlen.
4.0 Die Klägerin macht Verzugszins von 15 % seit dem 12. Februar 2003 geltend. Dazu ergibt sich Folgendes:
4.1 Der Kaufpreis ist gemäss Art. 58 Abs. 1 und 3 iVm Art. 59 CISG ohne besondere Aufforderung oder Einhaltung von Formalitäten zu zahlen, sobald der Verkäufer dem Käufer die Ware zur Verfügung gestellt und der Käufer Gelegenheit gehabt hat, sie zu untersuchen. Die Fälligkeit der Forderungen über EUR 1.202,14, EUR 174,40, EUR 98,05 und EUR 1.696,50 (insgesamt EUR 3.171,09) trat daher im vorliegenden Fall vor dem 12. Februar 2003 ein. Die Forderungen über EUR 448,44 und EUR 45,‑ (insgesamt EUR 493,44) wurden erst mit ihrer Lieferung am 17. Februar 2003 fällig. Für die Forderung von EUR 5.220,‑ ergibt sich schliesslich der 23. April 2003 als Fälligkeitstermin.
Im Anwendungsbereich des CISG bildet bereits die Nichtzahlung zum Fälligkeitstermin eine Pflichtverletzung, so dass die Verzinsungspflicht sofort mit der Fälligkeit einsetzt (Schlechtriem, Internationales UNKaufrecht, Tübingen 1996, Nr. 319). Verzugszins ist daher grundsätzlich ab Fälligkeitstermin geschuldet. Die Klägerin verlangt auf dem Betrag von EUR 3.171,09 nur Verzugszins ab dem 12. Februar 2003. Gestützt auf die prozessuale Dispositionsmaxime (§ 75 Abs. 2 ZPO) ist das Handelsgericht an diesen Zeitpunkt gebunden. Für den Betrag von EUR 493,44 ist hingegen erst ab dem 17. Februar 2003 und für den Betrag von EUR 5.220,‑ ab dem 23. April 2003 Verzugszins geschuldet.
4.2 Die Höhe des Zinssatzes regelt das CISG nicht. Die Frage ist nach demjenigen nationalen Recht zu entscheiden, welches durch das internationale Privatrecht des Forumstaates bestimmt wird (BGE 4C.197/1998 vom 28. Oktober 1998 E. 6 m.w.H. = www.cisg-online.ch Nr. 413; Bacher in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 3. A., München 2000, Art. 78 Nr. 27 und 32). Gemäss Art. 118 Abs. 1 IPRG gilt für den Kauf beweglicher körperlicher Sachen das Haager Übereinkommen vom 15. Juni 1955 betreffend das auf internationale Kaufverträge über bewegliche körperliche Sachen anzuwendende Recht. Art. 3 Abs. 1 des Übereinkommens bestimmt, dass, sofern eine Erklärung der Parteien über das anzuwendende Recht fehlt, der Vertrag dem innerstaatlichen Recht des Landes untersteht, in dem der Verkäufer zu dem Zeitpunkt, an dem er die Bestellung empfängt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Da 8 die Klägerin als Verkäuferin ihren Sitz in Deutschland hat, ist die Höhe des Zinses nach deutschem Recht zu bestimmen.
Bei Handelsgeschäften bestimmt sich der massgebliche Zins grundsätzlich nach § 352 HBG. Diese Bestimmung ist überall dort anzuwenden, wo die Parteien eines Rechtsgeschäfts Kaufleute sind und das Geschäft in Ausübung ihres Betriebes oder Handelsgewerbes vorgenommen wurde (§ 343 Abs. 1 HGB). Dies ist vorliegend der Fall.
Den Parteien steht es nach deutschem Recht frei, einen höheren Verzugszinssatz als den gesetzlichen zu vereinbaren. Eine solche Vereinbarung haben die Parteien im vorliegenden Fall nicht getroffen. Es ist demgemäss auf die allgemeine Regel des deutschen Rechts über die Höhe des Verzugszinses zurückzugreifen.
Die Regelung des Verzugszinses wurde in Deutschland in den letzten Jahren zwei Mal geändert. Ursprünglich galt seit Inkrafttreten des HGB im Jahre 1900 gemäss § 352 Abs. 1 Satz 1 HGB ein statischer Verzugszinssatz von 5 %. Seit dem 1. Mai 2000, nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen, berechnete sich der Verzugszinssatz dynamisch mit 5 % über dem aktuellen Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 352 Abs. 1 Satz 1 HGB: „mit Ausnahme der Verzugszinsen“).
Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002 beträgt der Verzugszinssatz neu dynamisch 8 % über dem aktuellen Basiszinssatz (§ 288 Abs. 2 BGB). Der Basiszinssatz verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche seine Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist; Bezugsgröße ist hierbei der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahres (§ 247 Abs. 2 BGB; vgl. Tabelle der aktuellen Zinssätze, abrufbar unter http: //www.bundesbank.de). Der Basiszinssatz betrug im ersten Halbjahr 2003 1,97 % (was somit einen Verzugszinssatz für Handelsgeschäfte von insgesamt 9,97 % ergibt), im zweiten Halbjahr 2003 1,22 % (Verzugszinssatz: 9,22 %), im ersten Halbjahr 2004 1,14 % (Verzugszinssatz: 9.14 %) und im zweiten Halbjahr 2004 1,13 % (Verzugszinssatz: 9,13 %).
4.3 Für die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Forderungen ergeben sich somit bis zum 31. Dezember 2004 folgende Verzugszinsforderungen:
4.3.1 Forderung über EUR 3.171,09 vom 12. Februar 2003 bis zum 31. Dezember 2004:
Zeitraum Tage Zinssatz Verzugszins
12.02.2003- 30.06.2003 139 9,97 % EUR 120,3998,-
01.07.2003- 31.12.2003 184 9,22 % EUR 147,3888,-
01.01.2004- 30.06.2004 182 9,14 % EUR 144,1269,-
01.07.2004- 31.12.2004 184 9,13 % EUR 145,5513,-
Total Verzugszins vom 12. Februar 2003 bis zum 31. Dezember 2004: EUR 557,4668,-.
4.3.2 Forderung über EUR 493, 44 vom 17. Februar 2003 bis zum 31. Dezember 2004:
Zeitraum Tage Zinssatz Verzugszins
17.02.2003- 30.06.2003 134 9,97 % EUR 18,0610,-
01.07.2003- 31.12.2003 184 9,22 % EUR 22,9346,-
01.01.2004- 30.06.2004 182 9,14 % EUR 22,4270,-
01.07.2004- 31.12.2004 184 9,13 % EUR 22,6486,-
Total Verzugszins vom 17. Februar 2003 bis zum 31. Dezember 2004: EUR 86.0711,-.
4.3.3 Forderung über EUR 5.220,‑ vom 23. April 2003 bis zum 31. Dezember 2004:
Zeitraum Tage Zinssatz Verzugszins
23.04.2003- 30.06.2003 69 9,97 % EUR 98,3834,-
01.07.2003- 31.12.2003 184 9,22 % EUR 242,6199,-
01.01.2004- 30.06.2004 182 9,14 % EUR 237,2504,-
01.07.2004- 31.12.2004 184 9,13 % EUR 239,5951,-
Total Verzugszins vom 23. April 2003 bis zum 31. Dezember 2004: EUR 817,8489,-.
4.3.4 Insgesamt ergibt sich bis 31. Dezember 2004 eine Verzugszinsforderung von EUR 1.461,38. Ab dem 1. Januar 2005 ist die ausstehende Forderung von EUR 8.884,53 mit dem jeweils geltenden Zinssatz (8 % über dem Basiszinssatz gemäss § 288 Abs. 2 BGB) zu verzinsen. Entsprechend dem Klagebegehren ist der Zinssatz auf maximal 15 % zu limitieren (§ 75 Abs. 2 ZPO).
5. Die Klägerin behauptet überdies eine Mahngebühr von CHF 37,80. Die Klage ist diesbezüglich jedoch mangels Substantiierung und entsprechender Beweisofferte nicht genügend begründet und abzuweisen.