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unalex. Rechtsprechung Entscheidung CH-182
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung CH-182  



Kantonsgericht Valais (CH) 30.06.1998 - Cl 98 9 - S. S.p.A. ./. J. AG
Art. 7, 78 CISG – unalexAuslegungsgrundsätze –unalexZinsen

Kantonsgericht Valais (CH) 30.06.1998 - Cl 98 9 - S. S.p.A. ./. J. AG, unalex CH-182



Das CISG regelt die Frage, in welcher Währung der Kaufpreis geschuldet ist, nicht. Es ist daher auf das Recht abzustellen, welches als Vertragsstatut anzuwenden wäre, wenn der Vertrag nicht dem CISG unterläge. Über die Frage, ob die Vertragsparteien berechtigt sind, Zahlungen in einer anderen Währung als der Vertragswährung zu fordern oder zu leisten, entscheidet das nationale Recht.

Die Höhe des Zinsanspruchs nach Art. 78 CISG bestimmt sich nach dem Recht, welches nach den Kollisionsregeln des Forumstaates Anwendung findet.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

 CLOUT Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung von UNCITRAL

-  Entscheidungstext 

A. Am 26. September 1997 reichte die S S.p.A. beim Bezirksgericht B gegen die J S AG eine Forderungsklage mit folgenden Begehren ein:

„1. Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin CHF 9.137,40 plus 7 % Zins seit Fälligkeit zu bezahlen.

2. Die Beklagte bezahlt sämtliche Kosten von Verfahren und Entscheid.“

Die Klägerin erklärte, die Beklagte habe bei ihr zweimal Granitmaterialien bezogen. Die entsprechenden Rechnungen seien unbestritten geblieben, jedoch trotz Mahnung nicht bezahlt worden.

B. Die Klageschrift wurde der Beklagten am 3. Oktober 1997 zugestellt, unter Ansetzung einer Antwortfrist bis zum 3. November 1997. Am 11. November 1997 räumte der Bezirksrichter der Beklagten eine letzte Frist von zehn Tagen zur Klagebeantwortung ein, unter Hinweis auf die Folgen der Säumnis. Da keine Klageantwort eingereicht wurde, sandte der Bezirksrichter am 8. Januar 1998 die Akten ans Kantonsgericht, um die Säumnis zu prüfen und allenfalls ein Säumnisurteil zu fällen.

Das Kantonsgericht stellt fest und zieht in Erwägung

1. Die Prozessvoraussetzungen, namentlich die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Gerichts, sind von Amtes wegen zu prüfen (Art. 152 ZPO). Die Klägerin hat ihren Sitz in Italien.

a) Nach Art. 2 des Lugano-Übereinkommens, welches für die Schweiz am 1. Januar 1992 und für Italien am 1. Dezember 1992 in Kraft getreten ist, sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen. Da die Parteien weder eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen haben noch eine ausschliessliche Zuständigkeit nach LugÜ (Art. 16) vorliegt und die Beklagte ihren Wohnsitz in B G hat, sind die hiesigen Gerichte zuständig.

b) Das Kantonsgericht erkennt in erster Instanz über Rechtsstreitigkeiten, die mit Berufung ans Bundesgericht weitergezogen werden können, ausgenommen jene betreffend den Personenstand (Art. 5 Abs. 1 ZPO). Die Zuständigkeit des Kantonsgerichts als einzige kantonale Instanz hängt also in der Regel von der Berufungsfähigkeit der Streitsache ab. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten ist die Berufung an das Bundesgericht grundsätzlich zulässig, wenn der Streitwert wenigstens 8.000 Franken beträgt (Art. 46 OG).

Mit Berufung ans Bundesgericht kann die Verletzung von Bundesrecht (mit Einschluss der durch den Bund abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge) geltend gemacht werden (Art. 43 Abs. 1 OG). Zum Bundesrecht gehören auch die Kollisionsregeln des schweizerischen internationalen Privatrechts (Art. 43 Abs. 1 OG; Poudret, N. 1.2.3 zu Art. 43 OG). Nach Art. 43a Abs. 1 OG kann mit Berufung u.a. gerügt werden: der angefochtene Entscheid habe nicht ausländisches Recht angewendet, wie es das schweizerische internationale Privatrecht vorschreibt (Bst. a); oder der angefochtene Entscheid habe zu Unrecht festgestellt, die Ermittlung das ausländischen Rechts sei nicht möglich (Bst. b). Ob das ausländische Recht jedoch richtig angewendet worden soll, kann vom Bundesgericht als Berufungsinstanz nicht überprüft werden, ausser bei nicht vermögensrechtlichen Zivilstreitigkeiten (Art. 43a Abs. 2 OG).

c) Vorliegend macht die Klägerin eine Forderung von CHF 9.137.40 (nebst Zins) geltend, womit der Streitwert die Berufungssumme übersteigt. Da die Klägerin indessen ihren Sitz in Italien und die Beklagte ihren Wohnsitz in der Schweiz hat und es somit um ein internationales Rechtsverhältnis geht, ist weiter zu prüfen, nach weichem Recht die Sache zu beurteilen ist.

d) Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge betreffend den internationalen Warenkauf („Wiener Kaufrecht / KR“, in der Schweiz in Kraft seit dem 1. März 1991) ist vorliegend anwendbar, da nach Art. 1 Abs. 2 IPRG das Wiener Kaufrecht als völkerrechtlicher Vertrag dem IPRG vorgeht (BGE 122 III 46).

e) Auch in sachlicher Hinsicht sind die Voraussetzungen für die Anwendung des WKR gegeben (Art. 2 WKR). Vorliegend handelt es sich um einen Fahrniskauf. Abreden, wonach die Parteien einen Ausschluss des Obereinkommens verabredet hätten (Art. 6), fehlen. Der vorliegende Kaufvertrag ist mithin nach „Wiener Kaufrecht“ (WKR) zu beurteilen. Der Streitwert beträgt CHF 9.137.40, womit die erstinstanzliche' Zuständigkeit des Kantonsgerichts vorliegend gegeben ist. Das Kantonsgericht hat folglich auch darüber zu befinden, ob die Voraussetzungen zur Ausfällung eines Säumnisurteils erfüllt sind (ZWR 1994 S. 126 f.).

2. a) Gemäss Art. 113 ZPO geht eine Partei säumig, wenn sie binnen der beiden gesetzeskonform angesetzten Fristen eine Rechtsvorkehr nicht erstattet oder eine andere prozessuale Verpflichtung nicht erfüllt. Eine solche Rechtsvorkehr, deren Unterlassung die Folgen des Art. 114 ZPO nach sich zieht, ist die Beantwortung der Klage (ZWR 1990 S. 108 E. 2a). Im vorliegenden Fall hat der Bezirksrichter der Beklagten die Fristen zur Klagebeantwortung gesetzeskonform angesetzt, unter Hinweis auf die Säumnisfolgen. Dennoch reichte die Beklagte innert dieser Fristen keine Antwort ein. Sie hat auch keine Entschuldigungsgründe im Sinne des Art. 120 ZPO vorgebracht, so dass sie als säumig zu betrachten und gegen sic ein Säumnisurteil auszufällen ist (Art. 114 Abs. 2 ZPO).

b) Gemäss Art. 114 Abs. 3 ZPO sollen der nichtsäumigen Partei ihre Begehren zugesprochen werden, sofern diese nach den Akten nicht als offen- sichtlich ungerechtfertigt erscheinen. Dise Bestimmung ist nach der Rechtsprechung des Kantonsgerichts im Zusammenhang mit Art. 115 Abs. 2 ZPO zu sehen, wonach die von der erscheinenden (nichtsäumigen) Partei angebrachten Tatsachen als richtig anerkannt, die von der ausbleibenden (säumigen) Partei jedoch nur insoweit angenommen werden, als sie erwiesen sind (Satz 2). Der massgebliche Sachverhalt ist mithin den Tatsachenbehauptungen der nichtsäumigen Partei zu entnehmen, soweit sich aus den Akten nicht der Beweis des Gegenteils ergibt. Den Begehren der nicht säumigen Partei darf aber nur insofern entsprochen werden, als sie aufgrund des festgestellten Sachverhalts im anwendbaren Recht ihre Begründungfinden (ZWR 1992 S. 205 E. lc mit Hinweisen).

3. a) Nach den klägerischen Tatsachenbehauptungen und den vorhandenen Akten liegt folgender Sachverhalt vor:

Am 19. Juni 1996 und am 29. Juli 1996 lieferte die Klägerin der Beklagten Granitmaterialien. Die Beklagte hat die Lieferungen entgegengenommen und diese auch nicht beanstandet. Gemäss den Allgemeinen Verkaufsbedingungen ist die Zahlung innert dreissig Tagen netto vorzunehmen. Der Beklagten sind für die obenerwähnten Lieferungen die Rechnungen am 19. Juni 1996 für LIT 4.606.360 und am 29. Juli 1996 für LIT 6.697.600 zugestellt worden. Der Gesamtbetrag der Rechnungen beträgt demnach LIT 11.303.960. Die Beklagte weigerte sich, trotz Mahnungen, die Rechnungen zu bezahlen.

b) Mach Art. 30 WKR wird durch den Kaufvertrag der Verkäufer verpflichtet, die Ware vertragsgemäss (Art. 35 Abs. 1 WKR) zu liefern, die sic betreffenden Dokumente zu übergeben und das Eigentum an der Ware zu übertragen. Der Käufer hingegen ist nach Art. 53 WKR verpflichtet, den Kaufpreis zu bezahlen und die Ware anzunehmen, wobei Art. 58 WKR die Vermutung für die Zug-um-Zug Leistung statuiert. Ist der Zeitpunkt der Zahlung nach Art. 58 festgestellt oder durch den Vertrag festgelegt, so bedarf es gemäss Art. 59 WKR keiner weiteren Zahlungsaufforderung. Erfüllt der Käufer zu diesem Zeitpunkt seine Zahlungspflicht nicht, so ist weder eine Mahnung noch eine Fristansetzung für die Inverzugsetzung erforderlich. Der sich aus dem Vertrag ergebende Zahlungszeitpunkt ist gemäss Art. 58 WKR ein Verfalltag analog Art. 102 Abs. 2 OR. Das bedeutet, dass den Käufer von diesem Moment an die Folgen der Vertragsverletzung treffen (Wiegand, Die Pflichten des Käufers und die Folgen ihrer Verletzung, in Berner Tage für die juristische Praxis 1990, S. 156).

c) Im Rahmen eines Säumnisverfahren ist anzunehmen, dass die von der Klägerin der Beklagten in Rechnung gestellten Waren von der Beklagten bestellt und von der Klägerin geliefert worden sind und dass die Ware mängelfrei war. Die Höhe des Kaufpreises der gelieferten Waren kann in diesem Verfahren als unbestritten gelten, nachdem die Beklagte nie irgendwelche Einwände erhoben hat.

Das WKR regelt die Frage, in welcher Währung der Kaufpreis geschuldet ist, nicht. Die Vertragswährung bestimmt sich also nach dem Recht, das als Vertragsstatut anzuwenden wäre, unterläge der Vertrag nicht dem WKR (Herber, Möglichkeiten der Vertragsgestaltung nach dem VN-Kaufübereinkommen, in Berner Tage für juristische Praxis 1990, S. 235). Ebensowenig geregelt ist in übereinkommen das Recht einer Vertragspartei, Zahlungen in einer anderen als der Vertragswährung zu fordern (Wahlschuld des Verkäufers) oder zu leisten (Ersetzungsbefugnis des Käufers). Hierüber, entscheidet das nationale Recht (Herber/Czerwenka, Internationales Kaufrecht, Kommentar, Art. 53 N. 5 f.). Art. 118 IPRG verweist auf das Haager Übereinkommen. Nach Art. 3 Abs. 1 dieses Übereinkommens untersteht bei Fehlen einer Rechtswahlabrede der Kaufvertrag dem innerstaatlichen Recht des Landes, in den der Verkäufer zu dem Zeitpunkt, an dem er die. Bestellung empfängt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt bzw. Geschäftssitz. hat. Das Haager Abkommen sieht allerdings in Art. 3 Abs. 2 eine Ausnahme zugunsten des Käuferrechts vor, wenn die Bestellung von Verkäufer oder seinem Vertreter, Agenten oder Handelsreisenden in Land des Käufers entgegengenommen wurde.

Nach diesen Kollisionsregeln ist mithin das italienische Recht massgebend Die charakteristische Leistung, die Lieferung von Granitmaterialien, ist jene der Klägerin, die ihren Sitz in Italien hat, und da die Umstände der Bestellungen nicht aktenkundig sind, ist auf ihren Geschäftssitz abzustellen. Gemäss Art. 1277 des italienischen Zivi1gesetzbuche hat der Gläubiger die Schuld in Lire zu fordern (vgl. auch ZWR 1997 177 f.). Die Rechnungen des Klägers waren in Lire ausgestellt, doch Rechtsbegehren wurde der geschuldete Betrag in Franken umgewandelt. De Klägerin ist ihre Forderung im Urteil in Lire zuzusprechen. Die Forderung der Klägerin beträgt somit 11.303.960 LIT.

Der eingeklagte Betrag von insgesamt 11.303.960 LIT ist von der Beklagten geschuldet. Indem auf der jeweiligen Rechnung die Zahlungskondition „30 Tage netto“ vermerkt ist, darf im Rahmen dieses Verfahrens angenommen werden, dass die Beklagte nach Ablauf dieser Frist für den geschuldeten Rechnungsbetrag ohne weitere Mahnung (Art. 58 WKR) in Verzug geriet und somit Verzugszinsen zu leisten hat. Demnach sind Verzugszinsen auf 4.606.360 LIT ab 19. Juli 1996 und auf 6.697.600 LIT ab 29. August 1996 geschuldet.

d) Art. 78. WKR rege1t die Verzugszinshöhe nicht, weshalb auch hierfür des nach den Ko1lisionsregeln anzuwendende Recht massgebend ist (Art. 7 Abs. 2 WKR; Herrmann, Anwendungsbereich des Wiener Kaufrechts – Kollisionsrechtliche Probleme, in Berner Tage für die juristische Praxis 1990, S. 98 und Weber, Vertragsver1etzungsfolgen: Schadenersatz, Rückabwicklung, vertragliche Gestaltungsmöglichkeit, aaO, S. 206).

Gemäss Art. 1284 Abs. 1 und 2 des italienischen Zivilgesetzbuches beträgt der gesetzliche Zinssatz 10 %. Zinsen, die diese Höhe übersteigen, müssen schriftlich bestimmt werden. Eine solche Abrede ist vorliegend nicht behauptet worden und auch nicht aktenkundig. Da die Klägerin einen Satz von 7 %, welcher unter dam gesetzlichen Verzugszins liegt, geltend macht, ist ihr der verlangte Zins zuzusprechen (vgl. auch KGE vom 28. Oktober 1997 G. c N. T. Sari, in SUER, 1/1998, S. 77 f.).





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