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unalex. Rechtsprechung Entscheidung CH-146
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung CH-146  



Kantonsgericht Basel-Stadt (CH) 01.03.2002 - P 1997/482
Art. 49 CISG – unalexVertragsaufhebung

Kantonsgericht Basel-Stadt (CH) 01.03.2002 - P 1997/482, unalex CH-146



Haben die Parteien ausdrücklich vereinbart, dass die Ware (hier: "FoodShaper" zur Herstellung vegetarischer Schnitzel) nicht Bestandteile gentechnisch veränderter Soja enthalten darf und stellt sich heraus, dass die gelieferte Ware dennoch nachweisbar derartige Soja enthielt, liegt in Anbetracht der Schwere des Verstoßes eine wesentliche Vertragsverletzung iSd Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG vor.


-  Entscheidungstext 

I.1. Die Klägerin und Widerbeklagte (im folgenden: Klägerin) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in ... Die Beklagte und Widerklägerin (im folgenden: Beklagte) ist eine Gesellschaft belgischen Rechts mit Sitz in Belgien.

Mit einem als Supply Agreement betitelten Vertrag vom Dezember 1996 (Klagbeilage 1/Beilage 7 zur Klagbegründung) vereinbarten die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im folgenden: Klägerin) und die Beklagte, dass Letztere Erstere mit FoodShaper-Produkten, nämlich den Produkten FoodShaper B 100 und FXP-C-0003, beliefern werde. Die Produkte waren zum exklusiven Vertrieb in der Schweiz durch die Firma... AG bestimmt, welche daraus vegetarische Schnitzel produzieren wollte. Als Basispreis wurde unter Ziff. 4.3 des Agreements die Bezahlung von US$ 4.85/kg DDP Basel vereinbart, wobei unter derselben Ziffer auch eine CHF-Referenz eingebaut wurde.

Bestandteil des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages bildeten verschiedene Attachments (vgl. Anhang zu Beilage 7 zur Klagbegründung), welche Korrespondenzakte der Parteien enthalten. Die betreffende Korrespondenz zwischen den Parteien bezieht sich auf die Qualität der Lieferung von 400 Tonnen FoodShaper, namentlich auf die Herkunft der Produkte aus nicht gentechnisch veränderten Sojabohnen.

2. Mit Schreiben vom 16. April 1997 (Beilage 26 zur Klagbegründung) teilte die Klägerin der Beklagten unter Bezug auf verschiedene vorangehende Faxe und Telefongespräche mit, dass die Firma .../..., für die die strittige Ware eingeführt werden sollte, beschlossen habe, das Projekt zu stoppen, und Schadenersatz verlangen werde. Die gelieferte Ware sei bei der ... AG zur Verfügung der Beklagten gelagert. Sinngemäss erklärte die Klägerin der Beklagten damit den Rücktritt vom Vertrag bzw. die Aufhebung desselben.

3. Im vorliegenden Verfahren fordert die Klägerin von der Beklagten Ersatz des ihr nach ihrer Auffassung aus dem Hinfall des Vertrages zwischen den Parteien entstandenen Schadens. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Klage und verlangt ihrerseits widerklageweise von der Klägerin die Bezahlung noch offener Rechnungen.

4. Unter Ziff. 10.6 des Supply Agreements vereinbarten die Parteien für alle aus dem Vertrag entstehenden Streitigkeiten die Anwendung schweizerischen Rechtes und die Zuständigkeit der Basler Gerichte.

II. Mit Klage vom 20. November 1997 verlangte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Fr. 800.000,‑ nebst Zins zu 5 % seit Klageinreichung; unter o/e-Kostenfolge. Im weiteren ersuchte sie um die Vorladung der Parteien zu einem Vermittlungsverfahren.

III. Am Vermittlungsverfahren vom 19. Mai 1998 nahmen beide Parteivertreter sowie Herr ... für die Klagpartei teil. Das Vermittlungsverfahren führte zu keiner Einigung. Der Klägerin wurde in der Folge Frist zur Einreichung der Klagbegründung gesetzt.

IV. In ihrer Klagbegründung vom 23. November 1998 verlangte die Klägerin in Reduktion ihres mit der Klage gestellten Rechtsbegehrens die Verurteilung der Beklagten zur Bezahlung von Fr. 754.285,10,‑ nebst Zins; unter o/e Kostenfolge.

V. In ihrer Klagbeantwortung und Widerklage vom 31. Mai 1999 beantragte die Beklagte die vollumfängliche Abweisung der Klage. Widerklageweise sei die Klägerin zur Bezahlung von Fr. 1.841.526,45,‑ nebst Zins zu 5 % seit dem 15. August 1997 an die Beklagte zu verurteilen. Die ordentlichen und ausserordentlichen Kosten von Klage und Widerklage seien der Klägerin aufzuerlegen.

VI. In ihrer Widerklageantwort und Replik vom 24. September 1999 hielt die Klägerin an ihren mit Klageinreichung gestellten Rechtsbegehren fest und verlangte ferner die vollumfängliche, kostenfällige Abweisung der Widerklage.

VII. Mit Verfügung vom 28. September 1999 schloss der Instruktionsrichter den Schriftenwechsel.

VIII. Eine erste Hauptverhandlung des Zivilgerichts fand am 4. Februar 2000 in Anwesenheit beider Parteivertreter statt. Die Klägerin stellte dabei verschiedene Anträge zur Beweisabnahme. Im weitern gelangten beide Parteivertreter zum Vortrag.

Das Zivilgericht entschied daraufhin, den Fall zur Anordnung einer Expertise auszustellen.

IX. Mit Verfügung vom 16. Februar 2000 wurde der Klägerin Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses zur Durchführung des Expertiseverfahrens gesetzt.

Der Kostenvorschuss wurde innert Frist geleistet.

Beiden Parteien wurde hierauf Frist für den Vorschlag möglicher Experten und zum Einreichen von Expertenfragen gesetzt. Die entsprechenden Eingaben der Parteien gingen innert erstreckter Frist am 27. Juni 2000 ein. Mit Verfügung vom 19. Juli 2000 wurden die Rechtsschriften und Beilagen dem ernannten Expertenteam Herrn Dr. A. H. und Herrn B. vom Kantonalen Laboratorium Basel-Stadt zugestellt. Am 1. Februar 2001 ging die Expertise vom 26. Januar 2001 samt Beilagen ein. Der Expertenbericht wurde beiden Parteien zugestellt zur Vernehmlassung und zum Beantragen von Ergänzungs- oder Präzisierungsfragen. Nach dem Eingang von Vernehmlassungen und Ergänzungsfragen seitens der Parteien erfolgte am 21. Juni 2001 die entsprechende Antwort des Expertenteams. Die Beklagte verzichtete ausdrücklich auf eine zusätzliche Vernehmlassung und die Klagpartei reichte eine solche innert Frist nicht ein.

X. Mit Verfügung vom 28. September 2001 liess der Instruktionsrichter zur zweiten Verhandlung laden.

XI. Die zweite Hauptverhandlung des Zivilgerichts fand am 1. März 2002 statt. Seitens der Klägerin nahmen Herr ... und ihre Parteivertreterin, seitens der Beklagten ihr Parteivertreter teil.

Beide Parteiverteter gelangten zum Vortrag.

Für sämtliche Ausführungen wird auf das Verhandlungsprotokoll und die nachfolgenden Entscheidungsgründe verwiesen.

XII. Am 12. März 2002 reichte die Beklagte Appellation gegen das am 1. März 2002 mündlich eröffnete und begründete Urteil des Zivilgerichts ein.

Entscheidungsgründe:

1. Zunächst ist zu prüfen, welchem Recht der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag untersteht.

1.1 Die Parteien haben in Ziff. 10.6 des Supply Agreements (Beilage 7 zur Klagbegründung) eine Rechtswahl getroffen, wobei sie alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem vorliegenden Vertrag dem Schweizer Recht unterstellt haben.

1.2 Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vom Dezember 1996 war für die Schweiz das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf, das sogenannte ’Wiener Kaufrecht' (CISG) seit dem 1. März 1991 in Kraft. Gemäss Art. 1 lit. a CISG ist das genannte Übereinkommen auf Kaufverträge über Waren zwischen Parteien anzuwenden, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, wenn diese Staaten Vertragsstaaten sind. Die Anwendbarkeit des CISG ist gestützt auf diese Bestimmung zu bejahen, auch wenn Belgien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem Vertrag zwar bereits beigetreten ist (31. Oktober 1996), dieser aber in Belgien noch nicht in Kraft getreten ist, zumal dies im Zeitpunkt der Vertragserfüllung der Fall gewesen ist. Eine Rechtswahl, wie sie die Parteien in casu getroffen haben, bildet einen Verweis auf einen 'lebenden Organismus' und schliesst daher auch nachträgliche Veränderungen der gewählten Rechtsordnung ein (vgl. Vischer, Veränderungen des Vertragsstatuts und ihre Folgen, in: Festschrift Max Keller, Zürich 1989, S. 547-561, S. 549). Schliesslich führt auch die Anwendung von Art. 1 lit. b CISG zur Anwendbarkeit des CISG. Somit ergibt sich, dass der Anspruch, den die Klägerin im vorliegenden Verfahren geltend macht, nach den Vorschriften der CISG zu beurteilen ist.

2.1. Mit Schreiben vom 16. April 1997 (Beilage 26 zur Klagbegründung) erklärte die Klägerin der Beklagten Rücktritt vom Vertrag.

Gemäss Art. 49 Abs. 1 lit. a CISG kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten bzw. Aufhebung des Vertrages erklären, wenn die Nichterfüllung einer dem Verkäufer nach dem Vertrag obliegenden Pflicht eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt. Wesentlich ist eine Vertragsverletzung gemäss Art. 25 CISG, 'wenn sie für die andere Partei solchen Nachteil zur Folge hat, dass ihr im wesentlichen entgeht, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen, es sei denn, dass die vertragsbrüchige Partei diese Folge nicht vorausgesehen hat und eine vernünftige Person in gleicher Stellung diese Folge unter den gleichen Umständen auch nicht vorausgesehen hätte'. Entscheidend ist somit, wie schwer das durch die verletzte Vertragsbestimmung umschriebene und geschaffene Interesse wiegt (Schlechtriem in: BTJP 1990, Bern 1991, S. 106 f.).

2.2 Zur Beurteilung der Frage, ob die Klägerin der Beklagten im Sinne der zitierten Bestimmungen der CISG zu Recht die Aufhebung des Vertrages erklärt hat, ist somit zunächst zu prüfen, welche Abmachungen die Parteien insbesondere hinsichtlich der Qualität der von der Beklagten zu liefernden Ware, die im Zentrum des vorliegenden Rechtsstreites steht, getroffen haben.

Einzugehen ist in diesem Zusammenhang in erster Linie auf die verschiedenen Korrespondenzakte, die die Parteien in ihrem Supply Agreement (Beilage 7 zur Klagbegründung) zum Bestandteil ihres Vertrages gemacht haben. So verweist Art. 2 des Vertrages zur Umschreibung des zu liefernden Produktes auf ein 'Attachment 2: Specification Sheets' und auf ein 'Attachment 3: 400 Tonnen special inventory'. Hinsichtlich der Qualität der Ware wird in Art. 5.5 'Product Quality' auf die vorher erwähnten Attachments sowie auf 'Attachment 4: Quality Statement' verwiesen.

Attachment 2, ein Fax der Beklagten vom 10. März 1996 (Beilage 1 zur Klagbegründung), enthält eine allgemeine Umschreibung des Produktes 'FoodShaper FXP – C 0003', welcher im wesentlichen aus dem Protein von Sojabohnen hergestellt wird. Auch im Fax von der Beklagten vom 22. März 1996 an die ... AG (Beilage 2 zur Klagbegründung) werden generelle Ausführungen über die Reinheit der sogenannten 'SUPRO brand isolated' Soja- Proteine und die im Verfahren verwendeten Chemikalien gemacht. Dagegen bezieht sich die weitere Korrespondenz der Parteien, enthalten namentlich in den Attachments 3 und 4 des Supply Agreements, auf die Herkunft des Proteins aus genetisch nicht veränderten Sojabohnen.

So wird in einem Schreiben der Beklagten vom 19. August 1996, unterzeichnet von Herrn ..., enthalten in Attachment 3 des Supply Agreements (Beilage 3 zur Klagbegründung), ausgeführt: it indeed is possible to accomodate your need of 400 T FoodShaper produced from guaranteed non genetically modified soybeans. Sodann enthält das Attachment 3 ein weiteres Fax der Beklagten vom 5. September 1996 (Beilage 4 zur Klagbegründung), worin Herr ... dem Direktor der ... AG in Antwort auf dessen Schreiben vom 30. August 1996 unter anderem folgendes ausführt: 'To continue in the spirit of our joint cooperation and at your direction, ... will produce and store up to 400 MT of non-genetically modified soybean SUPRO Food Shaper product for .../....' Ebenso hielt die Beklagte in ihrer Erklärung vom 31. Oktober 1996 (Beilage 5 zur Klagbegründung) 'To whom this may concern' ausdrücklich fest: 'This letter is to certify that all soyprotein ingredients used in the production of ... FoodShaper products covered under the Terms of this audit b ... Y on behalf of ... of Switzerland are free of genetically modified soybeans'. Basis dieser ausdrücklichen Garantie der Freiheit der gelieferten Ware von genetisch veränderten Sojabohnen bilde gemäss der entsprechenden Erklärung der Beklagten die Herkunft der Proteine aus Sojabohnenflocken des Jahres 1996. Auch wenn dieses Schreiben nicht ausdrücklich als Attachment zum Teil des Vertrages geworden ist, so darf dessen Inhalt dennoch als Zusicherung während der Vertragsverhandlung zur Auslegung desselben herangezogen werden.

Im Telex vom 19. September 1996 (Attachment 4 des Supply Agreements, Beilage 6 zur Klagbegründung) führt der Mitarbeiter der Beklagten ... dann allerdings aus: 'There is no practical way for ... to determine that any ingredient, including any enzymes which might be used in the production of FoodShaper products have or have not been genetically engineered.' Diese Aussage bezieht sich indessen klar auf Bestandteile („ingredients“), insbesondere Enzyme, die bei der Produktion der FoodShaper-Produkte verwendet werden könnten. Dies erlaubt den Umkehrschluss, dass ausgeschlossen wird, dass Teile gentechnisch veränderter Ausgangsprodukte nämlich der Sojabohnen, bei der Herstellung der FoodShaper-Produkte verwendet werden. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass sich die Beklagte gegenüber der Klägerin vertraglich verpflichtet hat, 400 Tonnen SUPRO Food Shaper ohne Bestandteile gentechnisch veränderter Soja herzustellen. Vorbehalten blieb einzig die Verwendung genetisch veränderter Enzyme oder anderer Zusatzstoffe, deren Verwendung nicht vermieden werden könnte.

2.3. Die Klägerin stellt sich im vorliegenden Verfahren auf den Standpunkt, die Beklagte habe die oben dargestellte vertragliche Zusicherung betreffend Freiheit des gelieferten Produktes von gentechnisch veränderter Soja verletzt. Sie trägt hiefür die Beweispflicht.

2.3.1 Im Untersuchungsbericht des Kantonalen Laboratoriums Bern vom 14. März 1997 wird festgehalten, dass die untersuchte Probe eines aus den strittigen FoodShaper-Produkten hergestellten vegetarischen Schnitzels der ... AG DNA von gentechnisch veränderter Soja (= RR-Soja) enthält. Die Probe wurde als GVO-Erzeugnis im Sinne von Art. 15 der Eidgenössischen Lebensmittelverordnung vom 1. März 1995 qualifiziert. Das Kantonale Laboratorium verfügte daher, dass jede weitere Abgabe ohne BAG-Bewilligung an Konsumenten untersagt sei (vgl. Untersuchungsbericht und Verfügung, Beilage 12 zur Klagbegründung). Im folgenden veranlasste ... die Untersuchung von 26 Sojaproben auf die Anwesenheit von genetisch veränderter RR-Soja-DNA durch das Labor für Lebensmittelchemie an der Universität Bern. 25 der untersuchten Proben stammten aus der Lieferung der Beklagten; einzig die Probe Nr. 24 FoodShaper NO Potato offenbar aus einer anderen Lieferung.

In ihrem Schlussbericht vom 27. März 1997 (Beilage 16 zur Klagbegründung) kam die Universität Bern zum Schluss, dass in sechs von 26 Proben RR-Soja-DNA schwach und in drei von 26 Proben gut nachweisbar sei. Neun Proben erwiesen sich somit als GVO-positiv.

2.3.2 Das vom Zivilgericht ernannte Expertenteam, die Herren ... und Dr. .... vom Kantonalen Laboratorium des Sanitätsdepartementes Basel-Stadt, Abteilung Lebensmittel, nahm in einem Bericht vom 26. Januar 2001 sowie einem Ergänzungsbericht vom 18. Juni 2001 zu den ihnen von den Parteien unterbreiteten Fragen und Präzisierungsfragen gutachterlich Stellung (vgl. Akten des Expertiseverfahrens, bei den Verfahrensakten). Für das vorliegende Verfahren wesentlich, ergeben sich aus dem Gutachten folgende Feststellungen: Es ist grundsätzlich möglich, dass durch die Verarbeitung von GVO- haltigen Produkten in US-amerikanischen Anlagen GVO-Spuren in an sich GVO-freie Zwischenprodukte gelangen (Antwort auf Frage 1 der Klägerin, S. 1 des Expertenberichts vom 26. Januar 2001). Vor der Einführung einer Deklarationslimite von einem Prozent im Jahr 1999 bzw. 2000 galt eine Null-Toleranz. Deshalb war 'eine 'Kontamination' auch in geringsten Mengen' mit RR-Soja …'im ersten Quartal 1997 rechtlich zu beanstanden und eine Verarbeitung in der Schweiz nicht zulässig' (Expertenantwort auf Frage 1 der Klagpartei, S. 1/2 der Expertise).

In ihrer Antwort auf Frage 2 der Klägerin führen die Experten im weiteren aus, eine GVO-Verunreinigung könne auch durch das Verwenden GVO-haltiger Enzyme erfolgen. Es sei indessen möglich, eine derartige Verunreinigung durch Enzyme aufgrund der DNA von einer Verunreinigung durch die Verarbeitung von GVO-freier Soja in ungenügend gereinigten Anlagen zu unterscheiden (S. 3/4 des Expertenberichtes vom 26. Januar 2001).

Die Experten halten fest, dass die Untersuchung des Labors für Lebensmittelchemie der Universität Bern nach gültigen Methoden erfolgt ist. Aufgrund dieser Ergebnisse war die untersuchte, von der Beklagten gelieferte Ware vor dem 3. Juni 1997 nicht verkehrsfähig, das heisst, sie durfte zum damaligen Zeitpunkt in der Schweiz nicht verarbeitet, transportiert oder verkauft werden (Antwort auf Frage 7 der Klägerin, S. 7/8 des Expertenberichts vom 26. Januar 2001). Aufgrund der inhomogenen Verteilung der Verunreinigung und der bestehenden Unklarheit über deren Natur hätte bei einer weiteren Verarbeitung der Ware immer wieder mit Beanstandungen gerechnet werden müssen (Antwort auf Frage 3 e der Beklagten, S. 8 des Expertenberichts vom 26. Januar 2001).

Die Experten halten klar fest, dass zum Zeitpunkt der Messungen die nachgewiesenen Mengen eindeutig nicht als GVO-frei betrachtet worden seien, auch wenn heute, nach Einführung der Deklarationslimite am 14. Juni 1999, entsprechende Gehalte von 0,1 bis 1 Prozent RR-Soja als unvermeidliche GVO-Spuren angesehen werden (Antwort auf Frage 3 ccc) der beklagten Partei, S. 6 des Ergänzungsberichtes). Ebenso ergibt sich aus der Expertise klar, dass das von der Beklagten gelieferte Ausgangsmaterial nicht GVO-frei war. Die Möglichkeit einer Verunreinigung, die ausschliesslich auf den Verarbeitungsprozess bei ... AG zurückginge, wird dagegen klar ausgeschlossen (Antwort auf Zusatzfrage 3 der Klägerin, S. 1/2 des Zusatzberichtes vom 18. Juni 2001).

2.3.3 Aus dem oben Ausgeführten folgt, dass die Klägerin den ihr obliegenden Nachweis für ihre Behauptung erbracht hat, dass die Beklagte ihr Produkte geliefert hat, die RR-Soja enthalten. Diese Tatsache steht im Widerspruch zu den oben sub 2.2 dargelegten Zusicherungen der Beklagten an die Klägerin und stellte somit eine Verletzung des Vertrages zwischen den Parteien dar.

2.4 Wie oben sub 2.1. dargelegt, bildet Voraussetzung für die Erklärung der Aufhebung des Vertrages durch den Käufer nach CISG eine wesentliche Vertragsverletzung durch den Verkäufer (Art. 49 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 25 CISG). Im vorliegenden Fall wiegt das in Frage stehende, von der verletzten Vertragsbestimmung definierte Interesse für beide Vertragsparteien erkennbar schwer. Die Frage der GVO-Freiheit von Lebensmitteln ist in der Lebensmittelindustrie eine wichtige und in der öffentlichen Diskussion, besonders aus Konsumentensicht, zentrale Fragestellung. Nicht umsonst hat daher die Klägerin, wie sich aus der integrierenden Bestandteil des Vertrages bildenden Korrespondenz ergibt, den entsprechenden Punkt ausdrücklich im Vertrag geregelt. Die Verletzung der vertraglich abgegebenen Zusicherung der Beklagten ist daher als wesentlicher Vertragsbruch zu qualifizieren.

2.5 In Art. 39 Abs. 1 CISG wird die Pflicht des Vertragsaufhebenden zur Rüge innert angemessener Frist statuiert. Dieser Pflicht ist die Klägerin mit ihrem im Verlauf des vorliegenden Verfahrens unbestritten gebliebenen Telefonat gemäss Telefonnotiz vom 19. März 1997 (Beilage 19 zur Klagbegründung) sowie ihren Schreiben vom 20. März 1997, 1. April 1997, 3. April 1997, 4. April 1997, 9. April 1997, 10. April 1997 und 16. April 1997 (Beilagen zur Klagbegründung 20 bis 26) nachgekommen. Ebenso hat sie mit der Erklärung vom 15. Mai 1997 (Beilage 18 zur Klagbegründung) ihre Obliegenheit zur Anfechtung innert angemessener Frist gemäss Art. 49 Abs. 2 lit. b CISG erfüllt.

2.6 Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass die Klägerin berechtigt war, den mit der Beklagten geschlossenen Vertrag im Sinne von Art. 49 Abs. 1 CISG aufzuheben.

3. In der Folge ist zu prüfen, welchen Schadenersatz die Klägerin von der Beklagten im Sinne von Art. 74 f. CISG verlangen kann.

3.1. Die Klägerin macht als ihren Schaden zunächst einen Betrag von Fr. 800.000,-geltend, den sie im Rahmen der vergleichsweisen Regelung des Schadenfalles der Firma ... AG habe zahlen müssen (vgl. Vergleich zwischen der Klägerin und der Firma ... vom 16. Dezember 1997, Beilage 31 zur Klagbegründung). Hiezu ist aber festzustellen, dass der von der Klägerin nachzuweisende Schaden eine unfreiwillige Vermögensäusserung darstellen muss, die in einem ädaquaten Kausalzusammenhang zu der Vertragsverletzung der Beklagten steht. Die entsprechende, an sich unbestrittene Zahlung der Vergleichsumme von Fr. 800.000,‑ allein vermag nicht zur Substantiierung dieses Schadens und des Kausalzusammenhanges im Rechtssinne zu genügen. Ebenso wenig genügt der integrale Verweis auf die Zusammenstellung des Ersatzanspruches der ... AG an die Klägerin vom 4. Juli 1997 (Beilage 30 zur Klagbegründung). Im folgenden ist daher im einzelnen zu prüfen, in welchem Zusammenhang die Klägerin substantiiert einen durch die Vertragsverletzung der Beklagten begangenen Schaden nachzuweisen vermag.

3.2 Die Klägerin macht geltend, dass Fr. 400.000,‑ der an die ... bezahlten Vergleichssumme sich auf die Rücknahme der von der Beklagten gelieferten Ware beziehe (vgl. Klagbegründung, S. 16). Hiezu ist grundsätzlich festzuhalten, dass die Klägerin aufgrund der, wie oben ausgeführt, von der Beklagten nicht vertragskonform gelieferten Ware und der dadurch bedingten eigenen Schlechterfüllung des Vertrages mit der ... AG die Auflösung des Vertrages durch letztere hat hinnehmen müssen. Ein durch die Beklagte adäquat kausal verursachter Schaden ist in diesem Punkt daher ausreichend dargetan. Auch kann der Klägerin kein allfälliger Wert der eingelagerten Ware in Minderung ihres Schadens angerechnet werden, weil sie den Vertrag mit der Beklagten mit Recht aufgehoben und die Ware lediglich zur Verfügung der Beklagten gehalten hat.

Im einzelnen führt die Klägerin zur Bezifferung ihrer Ersatzforderung unter diesem Titel aus, sie habe 54.315 kg à CHF 6,98,‑ (= US$ 4,85,‑ zum Kurs 1.4390) der gelieferten Ware zurücknehmen müssen. Dies ergibt einen Betrag von Fr. 379.118,70,‑ Die Beklagte hat diesen Betrag der Höhe nach nicht substantiiert bestritten. Die entsprechende Summe ist der Klägerin daher zuzusprechen, auch wenn sich in der Zusammenstellung vom 4. Juli 1997 (Beilage 30 zur Klagbegründung), ausgehend von einem geringeren Gewicht der Ware, der niedrigere Betrag von Fr. 369.958,76,‑ findet.

3.3 Aus der Zusammenstellung vom 4. Juli 1997 (Beilage 30 zur Klagbegründung) ergibt sich weiter die Position von Fr. 36.138,50,‑ für die Etikettierung der Ware. Diese Schadensposition ist jedoch, ebenso wie die weiteren in der genannten Aufstellung aufgeführten Positionen, von der Klägerin nicht rechtsgenüglich substantiiert und belegt worden. Die Ausführung in der Klagbegründung, man habe der ... AG Fr. 400.000,‑ 'pauschal für alle übrigen Kosten' (Klagbegründung S. 16) bezahlen müssen, reicht hiefür, wie gesagt, nicht aus. Der entsprechende Betrag kann daher nicht zugesprochen werden.

3.4 Im weiteren macht die Klägerin eine Forderung im Betrag von Fr. 80.083,85,‑ aus vier im einzelnen genannten nicht bezahlten Zollrechnungen geltend. Die vorgelegten Belege (Beilagen 32 bis 35 zur Klagbegründung) sind allerdings nur Rechnungen der Klägerin an die Beklagte. Ausserdem liegt noch eine Bestätigung der Oberzollkreisdirektion vom 13. Februar 1997 (Beilage 36 zur Klagbegründung) vor, worin bestätigt wird, dass die Ware gemäss schweizerischem Zolltarif korrekt verzollt worden war. Die Beklagte bestreitet indessen nicht substantiiert, dass den genannten Rechnungen an sie Zollrechnungen in entsprechender Höhe gegenüberstehen. Sie stellt auch nicht in Abrede, dass die Zollkosten gemäss Vertrag zwischen den Parteien zu ihren Lasten gehen. Insgesamt ist der Klägerin somit der Betrag von Fr. 80.063,85,‑ unter dem Titel 'Zollrechnungen' zuzusprechen.

3.5 Die Klägerin fordert sodann Fr. 8.132,80,‑ als Kommission in der Höhe von 1,5 % auf dem Rechnungsbetrag von US$ 376.781,32,‑ (vgl. Klagbegründung, S. 18). Aus dem Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 31. Januar 1997 (Beilage 44 zur Klagbegründung) ergibt sich indirekt, dass zwischen den Parteien eine Kommission vereinbart war. So wird im erwähnten Schreiben unter 2. 'Commission on ... FoodShaper' unter anderem ausgeführt: 'My perspective on commission is that we can increase it if you reregister our product correctly'. Erhöht werden kann indessen nur etwas, was im Grundsatz bereits vereinbart worden ist. In der Antwort der Klägerin auf das erwähnte Schreiben, datierend vom 13. Februar 1997 (Beilage 45 zur Klagbegründung) ist unter Punkt 2. 'Commission on ... FoodShaper' festgehalten, dass aktuell eine Kommission von 1‚5 % vereinbart sei. Die Beklagte ihrerseits legt keine Korrespondenz ins Recht, in der diesem Schreiben widersprochen worden wäre. Ebensowenig bestreitet sie den von der Klägerin ausgerechneten Betrag in der Höhe von Fr. 8.132,80,‑ in substantiierter Weise. Der genannte Betrag ist der Klägerin deshalb als entgangener Gewinn zuzusprechen.

3.6 Ein weiterer Betrag von Fr. 41.971,15,‑ wird von der Klägerin für Lagerhaltungskosten für die Zeit bis zur Klageinreichung verlangt (vgl. Klagbegründung S. 20). Nachdem sich die Beklagte seit der Aufhebung des Vertrages durch die Klägerin geweigert hat, die von ihr gelieferte Ware zurückzunehmen, stellen die Lagerhaltungskosten grundsätzlich einen von der Beklagten zu ersetzenden Teil des Schadens der Klägerin dar.

Zur Höhe des unter diesem Titel geltend gemachten Schadens legt die Klägerin Rechnungen der Firma ... AG für die Zeitspanne vom 1. Juli 1998 bis zum 31. Oktober 1998 (vgl. Beilage 48 zur Klagbegründung) und von November 1997 bis Juni 1998 (Beilage 3 zur Eingabe vom 31. Juli 1998) ins Recht. Die Beklagte selber bestreitet die Kosten der Höhe nach nicht; sie stellt lediglich ihre Ersatzpflicht in Abrede. Demgemäss ist auch der unter diesem Titel geltend gemachte Betrag der Klägerin zuzusprechen.

3.7 Schliesslich verlangt die Klägerin Fr. 25.909,25,‑ für die ihr im Zusammenhang mit dem vorprozessualen Aufwand entstandenen Kosten.

Hiezu ist festzustellen, dass die Klägerin es unterlassen hat, die Beklagte an den von ihr mit der ... AG geführten Vergleichsverhandlungen zu beteiligen und sich dabei von ihr unterstützen zu lassen. Es ist daher nicht erstellt, dass entsprechende Kosten unvermeidlicherweise im Sinne einer adäquaten Kausalität entstanden sind. Die entsprechende Forderung der Klägerin ist deshalb abzuweisen.

3.8 Insgesamt ergibt sich aus den vorstehenden Erwägungen, dass der Klägerin gegenüber der Beklagten folgende Ansprüche zustehen:

Warenwert Fr. 379.118,70,‑ Zollrechnungen Fr. 80.063,85,‑ Kommission Fr. 8.132,80,‑ Lagerhaltungskosten Fr. 41.971,15,‑ Fr. 509.286,50,‑

3.9 Der Forderung der Klägerin in der Höhe von insgesamt Fr. 509.286,50,‑ ist der von der Beklagten widerklageweise geltend gemachte und von der Klägerin anerkannte Betrag von Fr. 1.841.526,45,‑ zur Verrechnung gegenüberzustellen.

Die Klägerin anerkennt in ihrer Klagbegründung (S. 21) offene Rechnungen der Beklagten in der Höhe von US$ 140.231,10,‑ entsprechend dem Betrag von Fr. 201.792,55,-. Die Beklagte ihrerseits lässt sich dabei behaften, dass von diesem Betrag noch ein der Klägerin im Schreiben vom 5. August 1997 (Klagantwortbeilage 1) konzediertes Guthaben von Fr. 17.266,10,‑ in Abzug zu bringen ist (Klagantwort und Widerklage, S. 3). Somit ergibt sich, dass der Klägerin gegenüber der Beklagten insgesamt ein Guthaben von Fr. 509.286,50,‑ abzüglich Fr. 184.526,45,‑ insgesamt Fr. 324.760,05,‑ zusteht. Auf diesen Betrag ist der Klägerin auch, wie verlangt, Zins seit Einreichung der Klage, somit seit 23. November 1998, zuzusprechen.

4. Die vorstehenden Ausführungen führen zur teilweisen Gutheissung der Klage im genannten Betrag von Fr. 324.760,05,-. Die Widerklage ist dagegen, da der der Klägerin zuzusprechende Betrag den widerklageweise geltend gemachten Betrag übersteigt, vollumfänglich abzuweisen.

5. Bei diesem Ausgang des Verfahrens rechtfertigt es sich, den Parteien die ordentlichen Kosten der Klage einschliesslich der Gebühr für das Vermittlungsverfahren und den Auslagen je zur Hälfte aufzuerlegen. Die Beklagte und Widerklägerin hat dagegen die ordentlichen Kosten des von ihr veranlassten Expertiseverfahrens, das sich als notwendig erwies, weil sie die Verunreinigung der von ihr gelieferten Ware mit RR-Soja im Ergebnis zu Unrecht bestritten hat, einschliesslich dessen Auslagen sowie die ordentlichen Kosten der Widerklage zu tragen. Die ausserordentlichen Kosten sämtlicher Verfahren sind wettzuschlagen.

Demgemäss wird erkannt:

In teilweiser Gutheissung der Klage wird die Beklagte und Widerklägerin verurteilt, der Klägerin und Widerbeklagten Fr. 324.760,05,‑ nebst Zins zu 5 % seit 23. November 1998 zu bezahlen.

Die Mehrforderung wird abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.





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