Die Klägerin führte, vertreten durch den nunmehrigen Beklagten, gegen ihren früheren Rechtsanwalt einen Schadenersatzprozess, weil diesem bei ihrer Vertretung in einem Prozess gegen eine Speditionsgesellschaft Kunstfehler unterlaufen seien. Im nunmehrigen Verfahren begehrt sie vom Beklagten Schadenersatz, weil dieser im Vorverfahren ebenfalls Kunstfehler begangen habe, die zu ihrem teilweisen Unterliegen geführt hätten.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.
Über Antrag der Klägerin gemäß § 508 ZPO ließ das Berufungsgericht nachträglich die ordentliche Revision zu, weil sich der Oberste Gerichtshof, soweit ersichtlich, bisher lediglich mit der Frage der Ersatzpflicht des Beförderers bei Schadensfällen – ob also auf den schadenstiftenden Transport auf der betroffenen Teilstrecke die CMR zur Anwendung komme – auseinandergesetzt habe. Diese Ersatzpflicht des mit der Beförderung über die gesamte Strecke beauftragten Frachtführers richte sich nach der für das jeweilige Beförderungsmittel geltenden Haftungsordnung. Dazu, ob diese Regel auch für vertragliche Ansprüche zur Anwendung komme, liege hingegen noch keine höchstgerichtliche Judikatur vor.
Die Klägerin beantragt in ihrer „außerordentlichen“ (richtig: ordentlichen) Revision, die Urteile der Vorinstanzen im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs. 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs. 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs. 3 Satz 4 ZPO).
1.1. Für Rechtsstreitigkeiten aus einer Beförderung, die dem Übereinkommen vom 19. Mai 1956 über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr (CMR) unterliegt, ist gemäß § 101 JN auch das Gericht zuständig, in dessen Sprengel der Ort der Übernahme des Guts oder der für die Ablieferung des Guts vorgesehene Ort liegt.
1.2. Mit § 101 JN sollte die „abstrakte Zuständigkeit“ gemäß Art. 31 Abs. 1 lit. b CMR durch eine örtliche Zuständigkeit ergänzt werden. Alle in § 101 JN verwendeten Begriffe sind, weil sich diese Bestimmung an Art. 31 CMR orientiert, der CMR zu entnehmen. Das betrifft insbesondere ihren sachlichen und personellen Anwendungsbereich (Konecny in Fasching/Konecny § 101 JN Rn. 5 f mwN). Die auf die CMR zurückgehenden Voraussetzungen für die Anwendung des § 101 JN sind in der Klage zu behaupten (Konecny aaO § 101 JN Rn. 7).
1.3. Nach dem Wortlaut des Art. 31 CMR fallen „alle“ Streitigkeiten, die aus einer dem Übereinkommen unterliegenden Beförderung entstehen, unter diese Zuständigkeitsregelung. Sie hat also einen weiten, allerdings nicht unbeschränkten Anwendungsbereich. Was die Art der einzuklagenden Ansprüche angeht, unterliegen grundsätzlich alle der Zuständigkeitsregelung, soweit der sachliche Bezug zu einer CMR-Beförderung gegeben ist. Art. 31 Abs. 1 CMR gilt auch, aber nicht nur, für Ansprüche aus dem Beförderungsvertrag, seien sie ausdrücklich in der CMR geregelt oder auch nicht. Forderungen aus der durchgeführten Beförderung bilden ebenso eine Streitigkeit im Sinn des Art. 31 Abs. 1 CMR wie Nichterfüllungsansprüche. Erfasst sind weiters außervertragliche Ansprüche, die ihren Ursprung in der Güterbeförderung haben (Konecny aaO § 101 JN Rn. 21 mwN).
1.4. Gemäß Art. 1 Abs. 1 CMR gilt dieses Übereinkommen für jeden Vertrag über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen, wenn der Ort der Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort, wie sie im Vertrag angegeben sind, in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer ein Vertragsstaat ist, und zwar ohne Rücksicht auf den Wohnsitz und die Staatsangehörigkeit der Parteien. Nach Art. 2 Abs. 1 erster Satz CMR gilt dieses Abkommen dann, wenn das mit dem Gut beladene Fahrzeug auf einem Teil der Strecke zur See, mit der Eisenbahn, auf Binnenwasserstraßen oder auf dem Luftweg befördert und (abgesehen von den hier nicht in Betracht kommenden Fällen des Art. 14) nicht umgeladen wird, dennoch für die gesamte Beförderung.
1.5. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin im Verfahren gegen die Speditionsgesellschaft hatte diese ihr einen Luftfrachtauftrag erteilt. Dass es sich dabei nicht um einen multimodalen Transport im Sinn des Art. 2 Abs. 1 CMR – also ohne Umladen der Transportgüter – handelte, gesteht die Klägerin in ihrer Revision im Ergebnis zu, indem sie meint, es komme in der Praxis nicht vor, dass ein Fahrzeug samt den darin geladenen Gütern (insbesondere) auf ein Flugzeug aufgeladen werde, weil dies schlicht unmöglich sei. Folgerichtig behauptet sie gar nicht, dass die CMR auf den gesamten Transport (von Shanghai nach Innsbruck) anzuwenden gewesen wäre, sondern geht vielmehr davon aus, dass dies nur hinsichtlich der Beförderung auf der Straße (nach ihrem Standpunkt zwischen dem Flughafen Frankfurt und Innsbruck) der Fall gewesen sei.
1.6. Nach der Rechtsprechung bestimmt sich im Fall eines Schadens im Rahmen eines Transports, der auftragsgemäß von vornherein mit verschiedenen Beförderungsmitteln zu erfüllen war, die Ersatzpflicht des mit der Beförderung über die gesamte Strecke beauftragten Frachtführers im Sinne eines „network-Systems“ nach der für das jeweilige Beförderungsmittel geltenden Haftungsordnung (RIS-Justiz RS0062353).
1.7.1. Der vom Berufungsgericht formulierten Rechtsfrage, ob die CMR im Fall eines Transports, der nur teilweise über die Straße erfolgte, auf den Straßentransport nicht nur bezüglich daraus resultierender Schadenersatzansprüche, sondern auch vertraglicher Ansprüche wie jenen, den die Klägerin gegen die Speditionsgesellschaft erhoben hatte, anwendbar ist, kommt schon deshalb keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs. 1 ZPO zu, weil nach dem Wortlaut der Art. 1 und 2 CMR kein Zweifel daran bestehen kann, dass dieses Übereinkommen für jeden Vertrag über die Beförderung von Gütern (mit Ausnahme jener laut Art. 1 Abs. 4 CMR) gilt, soweit diese auf der Straße transportiert werden. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung liegt nämlich dann keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vor, wenn das Gesetz – wie hier die CMR – selbst eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft (RIS-Justiz RS0042656).
1.7.2. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht die Anwendbarkeit der CMR – und damit des Gerichtsstands des § 101 JN – ohnehin nicht bejaht oder verneint, sondern vielmehr ausgeführt, dass die Klägerin in erster Instanz kein ausreichendes Vorbringen zu diesem Thema erstattet habe. Tatsächlich wäre es Sache der Klägerin gewesen, in erster Instanz konkret vorzubringen, aufgrund welcher besonderen Umstände sie ihren Anspruch gegen die Speditionsgesellschaft auf die CMR stützen hätte können. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Klägerin der Speditionsgesellschaft vorgeworfen hat, ihr durch einseitige Änderung der Versendungsbedingungen von „freight collect“ auf „freight prepaid“ einen Schaden in Höhe des von ihr an den in Shanghai ansässigen Versendungsspediteur geleisteten Betrags verursacht zu haben, der, wie sich aus dem Vorbringen der Klägerin zweifelsfrei ergibt, den Transport der Waren per Flugzeug von Shanghai nach Frankfurt organisiert hat.
1.7.3. Damit besteht aber – jedenfalls ohne Hinzutreten weiterer, hier nicht vorgebrachter Umstände – kein Anhaltspunkt für die Annahme, dass die Klägerin sich erfolgversprechend auf den Wahlgerichtsstand des § 101 JN stützen hätte können. Auch ihrer Revision ist im Übrigen nicht zu entnehmen, die Unterlassung welches „entsprechenden Vorbringens“ der Beklagte dem früheren Rechtsanwalt der Klägerin in diesem Zusammenhang konkret zum Vorwurf hätte machen müssen.
2. Die Klägerin vermag in ihrer Revision auch sonst keine Rechtsfragen von der Qualität des § 502 Abs. 1 ZPO aufzuzeigen. Die von ihr beanstandete Qualifikation des Berufungsgerichts, sie sei aufgrund der intensiven Kommunikation zwischen ihrem Geschäftsführer und ihrem jeweiligen Rechtsvertreter als „rechtskundige Mandantin“ anzusehen, ist ohne Bedeutung für den Ausgang des Rechtsstreits. Das Berufungsgericht hat diese Ausführungen nämlich ausschließlich im Zusammenhang damit getätigt, dass der Beklagte die Klägerin nach den getroffenen Feststellungen nicht zur Einbringung der Klage gegen den früheren Rechtsanwalt der Klägerin gedrängt habe.
Die Revision war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RIS-Justiz RS0035962). Ihm steht allerdings der verzeichnete dreifache Einheitssatz nicht zu, weil sich § 23 Abs. 9 RATG ausschließlich auf Berufungsverfahren, also weder auf (Revisions-)Rekurs- noch auf Revisionsverfahren bezieht (Obermaier, Kostenhandbuch2 Rn. 638).
Zu den Kosten des Revisionsverfahrens gehören unter anderem alle Kosten, die durch die Vorbereitung und Einbringung der Revisionsbeantwortung entstanden sind (M. Bydlinski in Fasching/Konecny § 50 ZPO Rn. 2). Der Beklagte hat deshalb auch Anspruch auf Ersatz der Kosten für seinen an das Berufungsgericht gestellten, notwendigen und erfolgreichen Antrag vom 17.6.2014 auf Zustellung einer Gleichschrift der Revision, der allerdings nur nach TP 1 zu honorieren ist. Hingegen waren seine drei inhaltsgleichen, an das Erstgericht bzw an den Obersten Gerichtshof gerichteten Zustellanträge nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig, sodass ihm dafür keine Kosten zuzusprechen waren.