Mit ihrer außerordentlichen Revision wendet sich (allein) die Nebenintervenientin gegen die Rechtsansicht der Vorinstanzen, im konkreten Fall sei die gebotene äußerste Sorgfalt (Art. 17 Abs. 2 CMR) nicht eingehalten worden, weil der Fahrer der Beklagten den LKW um ca zwei Uhr nachts in Großbritannien auf einem unbewachten Parkplatz parkte, obwohl er von Kollegen gehört hatte, dass LKW bestohlen worden waren, und (ohnehin) auch erwog, dass das Parken neben der Straße in England nicht sicher sei. Die Zulassungsbeschwerde behauptet ein Abweichen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu Art. 17 Abs. 2 CMR (unabwendbares Schadensereignis), zeigt jedoch keine Rechtsfragen von der Bedeutung des § 502 Abs. 1 ZPO auf.
Rechtliche Beurteilung
Nach Art. 17 Abs. 1 CMR haftet der Frachtführer unter anderem für den gänzlichen oder teilweisen Verlust des Gutes, sofern der Verlust zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme des Gutes und dem seiner Ablieferung eintritt. Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich bei der Haftung nach Art. 17 CMR um eine Haftung für vermutetes Verschulden mit verschärftem Sorgfaltsmaßstab (RIS-Justiz RS0073792). Die zu seiner Hauptleistungspflicht gehörende Obhutspflicht gebietet dem Frachtführer, alle handelsüblichen und nach den Umständen des Falls zumutbaren Maßnahmen zum Schutz des Gutes etwa vor Diebstahl zu treffen (RIS Justiz RS0062452). Der Frachtführer wird von der Haftung für den Verlust des Frachtgutes nur befreit, wenn dieser auf einem unabwendbaren Ereignis beruht, es also dem Frachtführer auch durch Anwendung äußerster, nach den Umständen des Falls möglicher und vernünftigerweise zumutbarer Sorgfalt nicht möglich war, den Schadenseintritt zu verhindern (RIS-Justiz RS0073763). Die Beweislast dafür trifft den Frachtführer (7 Ob 104/11m mwN).
Die Beurteilung, dass dem Frachtführer dieser Beweis nach den festgestellten Umständen des vorliegenden Transports nicht gelungen sei, weicht von diesen Grundsätzen nicht ab:
Selbst wenn das Abstellen auf dem unbewachten Parkplatz (der durch eine Hecke größtenteils von der Hauptfahrbahn verborgen ist und in dessen unmittelbarer Nachbarschaft es keine Wohn- oder Gewerbegebäude und keine Straßenbeleuchtung gibt; der LKW war der einzige auf dem Parkstreifen) noch kein grob fahrlässiges Verhalten darstellen sollte und die Unterlassung des Aufsuchens eines der entlang der Autobahn vorhandenen gebührenpflichtigen Parkplätze (die 18 bis 20 GBP [rund 22,00 bis 25,00 EUR] kosten, wobei der Lenker diese Kosten selbst hätte tragen müssen, weil die Beklagte dies nicht toleriert hätte) noch keinen Schuldvorwurf an die Beklagte begründen sollte, wären dem Frachtführer doch jedenfalls Maßnahmen, die den Schaden möglicherweise verhindert hätten, zumutbar gewesen (vgl. dazu 7 Ob 104/11m). An die Sorgfalt des Frachtführers ist ein strenger Maßstab anzulegen und die äußerste zumutbare Sorgfalt zu verlangen (RIS Justiz RS0073798). Eine Unterlassung von schadensverhütenden Maßnahmen durch den Frachtführer kann daher nur dann zu einer Haftungsbefreiung gemäß Art. 17 Abs. 2 CMR führen, wenn ihm diese, insbesondere wegen des damit verbundenen Zeitaufwands und Kostenaufwands, unzumutbar ist (RIS-Justiz RS0073798 [T3]), wovon hier keine Rede sein kann. Die Unzumutbarkeit, etwa in wirtschaftlicher Hinsicht, einen anderen Parkplatz aufzusuchen, wurde daher – zu Recht – gar nicht behauptet.
Das im Rechtsmittel behauptete Abweichen von der höchstgerichtlichen Judikatur liegt nicht vor. In der zitierten Entscheidung 4 Ob 580/83 wurde (nach dem dort maßgebenden Sachverhalt [bekannt hohe Diebstahlgefahr]) eine „ununterbrochene Beobachtung, im Ergebnis also eine Bewachung des Frachtgutes“ verlangt und festgehalten, „das Vorhandensein von Diebstahlsicherungen, seien es auch mehrere“, werde „diesem Erfordernis nicht gerecht“ (RIS Justiz RS0107143 [T3] = 4 Ob 580/83). Der Entscheidung, auf die sich die Rechtsmittelwerberin beruft, ist also keineswegs zu entnehmen, dass hiezu die bloße Anwesenheit eines – wie hier – schlafenden Lenkers ausreichen würde; kann darunter doch keinesfalls ein „Beobachten“ oder „Bewachen“ verstanden werden.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht daher in Einklang mit den Grundsätzen der zu Art. 17 Abs. 2 CMR vorliegenden Rechtsprechung, weshalb die Revision mangels erheblicher Rechtsfragen (§ 502 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen ist. Dies bedarf nach § 510 Abs. 3 ZPO keiner weiteren Begründung.