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Zusammenfassung der Entscheidung Die klagende Rechtsanwaltsgesellschaft wurde zum Verwalter in der vom Landesgericht Innsbruck (AT) eröffneten Insolvenz einer österreichischen Gesellschaft bestellt. Sie beabsichtigt, gegen die deutsche beklagte Partei Klage auf Zahlung einer von dieser der Insolvenzschuldnerin zugesagten Sponsorleistung zu erheben. Die Insolvenzschuldnerin hatte mit der beklagten Partei eine Vereinbarung geschlossen, in der die Anwendung österreichischen Rechts und die Zuständigkeit eines "Gerichtsstands in Österreich" vorgesehen ist. Eine weitere Konkretisierung der Gerichtsstandsvereinbarung ist nicht erfolgt. Insbesondere ist in dieser kein örtlich zuständiges österreichisches Gericht bezeichnet. Die Klägerin hat beim OGH (AT) die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts im Wege der sog. "Ordination" beantragt, um sodann bei diesem die von ihr vorbereitete Klage einzureichen.
Der OGH prüft, ob eine den Anforderungen des Art. 23 Büssel I-VO genügende rechtswirksame Gerichtsstandsvereinbarung vorliegt. Dies wird von ihm bejaht. Es liege zweifellos eine übereinstimmende Willenserklärung der Parteien der Vereinbarung im Hinblick auf die internationale Zuständigkeit Österreichs vor. Auch das Schriftformerfordernis des Art. 23 Abs. 1 lit. a Brüssel I-VO sei erfüllt. Dass von den Parteien lediglich die internationale Zuständigkeit vereinbart wurde, nicht aber auch ein örtlich zuständiges österreichisches Gericht, stehe der Wirksamkeit der Vereinbarung nicht entgegen. Das örtlich zuständige Gericht sei in einem solchen Fall nach dem Recht des vereinbarten Mitgliedstaats zu bestimmen. Das österreichische Recht stelle hierfür das von der Klägerin eingeschlagene Verfahren der "Ordination" zur Verfügung. Der OGH bestimmt das OLG Innsbruck (AT) als das für die Entscheidung des Rechtsstreits örtlich zuständige Gericht.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Die Klägerin beabsichtigt, gegen die Beklagte in Österreich eine Klage auf Zahlung von 145.000 EUR einzubringen. Sie stützt sich auf eine zwischen der Gemeinschuldnerin und der beklagten Partei abgeschlossene Vereinbarung über die Erbringung von Sponsorleistungen. Diese Vereinbarung vom 18. 01. 2009 enthält in ihrem Punkt 8.4. die Vereinbarung österreichischen Rechts und eines Gerichtsstands in Österreich; näher ist der Gerichtsstand jedoch nicht bezeichnet. Die Gemeinschuldnerin hat ihren Sitz in B***** in Tirol, die beklagte Partei in H***** in Deutschland.
Die Klägerin beantragt die Ordination eines österreichischen Gerichts gemäß § 28 JN.
Dem Ordinationsantrag ist stattzugeben.
Rechtliche Beurteilung:
Der vertragsautonom auszulegende Begriff der Gerichtsstandvereinbarung (Art. 23 Abs. 1 EuGVVO) bedeutet eine übereinstimmende Willenserklärung über die Zuständigkeitsbegründung (RIS-Justiz RS0117156), die hier hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit Österreichs zweifellos vorliegt. Das Schrifterfordernis (Art. 23 Abs. 1 lit. a EuGVVO) ist erfüllt. Der Umstand, dass lediglich die internationale Zuständigkeit, nicht aber ein örtlich zuständiges österreichisches Gericht vereinbart wurde, schadet wegen der Ordinationsmöglichkeit gemäß § 28 Abs. 1 Z 3 JN nicht (3 Nc 1/07p; 3 Nc 12/10k ecolex 2010/278). Ist die inländische Gerichtsbarkeit (internationale Zuständigkeit) – wie hier – nach der EuGVVO zu bejahen, wird darin die örtliche Zuständigkeit jedoch nicht geregelt, findet das innerstaatliche Recht ergänzend Anwendung (3 Nc 1/07p; 3 Nc 12/10k). Aus den Klagebehauptungen ist nach den österreichischen Verfahrensvorschriften eine örtliche Zuständigkeit eines österreichischen Gerichts nicht abzuleiten. Die Gemeinschuldnerin und ihre Masseverwalterin haben ihren Sitz in Tirol; es liegt ein unternehmensbezogenes Geschäft vor, aus dem die Klägerin Entgelt in Höhe von 145.000 EUR begehrt. Als örtlich zuständiges Gericht ist daher das Landesgericht Innsbruck zu bestimmen (vgl 3 Nc 12/10k).