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Zusammenfassung der Entscheidung Die österreichische Klägerin erhob vor dem Landesgericht Klagenfurt (AT) gegen die Beklagte Klage auf die Bezahlung von Handelsforderungen. Zur Begründung der Zuständigkeit des Gerichts berief sie sich auf eine Gerichtsstandsklausel auf der von ihr an die Beklagte versandten Auftragsbestätigung. Die Beklagte rügte die fehlende internationale Zuständigkeit. Die Gerichtsstandsklausel genüge nicht den Formerfordernissen des Art. 23 Abs. 1 Brüssel I-VO. Das Landesgericht Klagenfurt entschied, es liege eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung vor. Hiergegen wandte sich die Beklagte mit dem außerordentlichen Revisonsrekurs zum OGH (AT).
Der OGH bestätigt die Entscheidung des Landesgerichts. Er referiert zunächst die Anforderungen an den rechtswirksamen Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung in Art. 23 Abs. 1 Brüssel I-VO. Ihr Ziel sei es, den unbemerkten Eingang einer Gerichtsstandsvereinbarung in das Vertragsverhältnis zu verhindern und die andere Vertragspartei vor überraschenden Gerichtsständen zu schützen. Werde ein Vertrag durch Angebot und Annahme in verschiedenen Vertragsurkunden geschlossen, so reiche ein deutlicher Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer der Parteien für die Vereinbarung einer in diesen enthaltenen Gerichtsstandsvereinbarung aus, wenn die andere Partei diesem Hinweis bei Anwendung normaler Sorgfalt nachgehen könne. Hier befand sich die in englischer Sprache abgefasste Gerichtsstandsklausel in der in der obersten Zeile der Fußnote auf der Auftragsbestätigung der Klägerin, in unmittelbarer Nähe zu der von der Beklagten darauf gesetzten Unterschrift. Der OGH sieht dies als ausreichend an. Der Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung stehe auch nicht entgegen, dass diese in englischer Sprache abgefasst war. Auch die Verwendung von in einer anderen Sprache abgefassten Geschäftsbedingungen sei ausreichend, wenn von dem Vertragspartner die für ihr Verständnis erforderliche Kenntnis dieser Sprache erwartet werden könne.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Das Rekursgericht hat die Grundsätze der Rechtsprechung zum Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 23 Abs. 1 lit. a EuGVVO zutreffend dargelegt. Danach kommt eine Gerichtsstandsvereinbarung nach dieser Bestimmung durch übereinstimmende Willenserklärungen der Parteien über die Begründung der Zuständigkeit zustande. Hinsichtlich der Form verlangt Art. 23 Abs. 1 lit. a EuGVVO, dass die Gerichtsstandsvereinbarung entweder schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung geschlossen wird. Dieses Schriftformerfordernis zielt darauf ab, den unbemerkten Eingang von Gerichtsstandsklauseln in den Vertrag zu verhindern und im Interesse der Rechtssicherheit die andere Partei vor überraschenden Gerichtsständen zu schützen. Die Voraussetzungen für die Gültigkeit von Gerichtsstandsklauseln sind daher grundsätzlich eng auszulegen, doch ist andererseits jeder mit der kaufmännischen Praxis unvereinbare überspitzte Formalismus zu vermeiden (Mayr in Rechberger, ZPO³ § 104 JN Rn. 23 mwN zu Art. 23 EuGVVO).
Dem Schriftformerfordernis des Art. 23 EuGVVO kann auch durch eine Bezugnahme auf Allgemeine Geschäftsbedingungen entsprochen werden, wenn der Vertragstext ausdrücklich auf die AGB Bezug nimmt. Es genügt auch ein entsprechender Hinweis in getrennten Schriftstücken, wenn die andere Partei diesem unter Anwendung normaler Sorgfalt nachgehen kann (also nicht bei einer unauffällig versteckt stehenden Klausel) und die genannten AGB dieser Partei tatsächlich zugegangen sind (Mayr aaO § 104 JN Rn. 23 mwN ua; RIS Justiz RS0111715, RS0109865 [T4]). Kommt daher der Vertrag durch Angebot und Annahme in verschiedenen Urkunden zustande, so genügt der (deutliche) Hinweis auf die (eine Gerichtsstandsklausel enthaltenden) Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Angebot, wenn die eine Partei diesem unter Anwendung normaler Sorgfalt nachgehen kann und die genannten AGB dieser Partei tatsächlich zugegangen sind. Der Hinweis auf eigene AGB muss somit an gut erkennbarer Stelle und so erfolgen, dass der Geltungsanspruch der AGB klar hervorgeht (Simotta in Fasching/Konecny² V/1 Art. 23 EuGVVO Rn. 133 und 136 mwN).
Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung kommt demnach, wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach entschieden hat, unter anderem auch dann nicht zustande, wenn sich eine Gerichtsstandsklausel (in einer kleineren Schrift als der Text des Vertragsangebots) in der Fußzeile unterhalb des Vertragstexts befindet, in der sonst nur Angaben zur Klägerin (Adresse, Telefonnummer, Fax, E Mail, Bankverbindung etc) abgedruckt sind (vgl. 2 Ob 100/06d; 6 Ob 185/02b; 4 Ob 199/01w; 7 Ob 320/00k; RIS Justiz RS0115079 [T1 und T4]). Eine etwas andere Textgestaltung hatte der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 5 Ob 233/05h zu beurteilen. Das von der damaligen Klägerin verwendete Bestellformular enthielt auf der Vorderseite im oberen Drittel unmittelbar unter dem fest umrandeten, für die Bestellnummer vorgesehenen, Feld den Hinweis: „Es gelten die umseitigen Einkaufsbedingungen, die somit Vertragsbestandteil werden.“ Auf der Rückseite der Originalbestellung und der beigehefteten Auftragsbestätigung waren die AGB der damaligen Klägerin mit der Gerichtsstandsklausel abgedruckt. Die Originalbestellung enthielt auch unmittelbar unter dem Hinweis auf die AGB die Aufforderung, die Auftragsbestätigung innerhalb von fünf Tagen zu retournieren. Auf jener befand sich kein neuerlicher Hinweis auf die umseitig abgedruckten AGB. Die damalige Beklagte überreichte der damaligen Klägerin unter ausdrücklicher Angabe von deren Bestell Kennung und ohne Hinweis auf eigene AGB die Auftragsbestätigung. Der Oberste Gerichtshof bejahte bei dieser Sachlage das Zustandekommen der Gerichtsstandsvereinbarung. Auch in der Entscheidung 2 Ob 280/05y bejahte der Oberste Gerichtshof das Vorliegen einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung im Wesentlichen mit der Begründung, dass im Hinblick auf eine mehrjährige Geschäftsbeziehung und einen vorangegangenen Abschluss von Verträgen unter den AGB des Vertragspartners in Verbindung mit der mehrfachen Unterfertigung direkt unter dem Hinweis auf den Gerichtsstand (Fußzeile) ebenfalls davon auszugehen sei, dass die Vereinbarung eines Gerichtsstands bei Anwendung der normalen Sorgfalt nicht überraschend sein konnte.
Im vorliegenden Fall befinden sich die in englischer Sprache verfassten Vereinbarungen über Gerichtsstand, anzuwendendes Recht und Eigentumsvorbehalt ausschließlich in der ersten und damit obersten Zeile der Fußnote der Auftragsbestätigung in unmittelbarer Nähe zur Unterschrift der Beklagten. Der entsprechende Text ist weder zwischen anderen Informationen über das Unternehmen der Klägerin versteckt, noch ist er in wesentlich kleinerer – schwer lesbarer – Schrift ausgeführt. Unmittelbar darunter und linkszeilig anschließend befindet sich in gleich großer und fettgedruckter Schrift die Aufforderung, die Auftragsbestätigung mit der Unterschrift der Beklagten an die Klägerin zurückzuschicken. Erst anschließend finden sich in der Fußnote allgemeine Informationen über das Unternehmen der Klägerin.
Die Auffassung des Rekursgerichts, der höhere Auffälligkeitswert der Gerichtsstandsklausel rechtfertige im vorliegenden Fall ein anderes Ergebnis als in der an die Entscheidung 7 Ob 320/00k anschließenden Judikaturlinie, zumal ein unternehmerischer Vertragspartner insbesondere bei internationalen Geschäften damit rechnen müsse, dass in den schriftlichen Vertragserklärungen Gerichtsstandsklauseln – häufig auch in Fußzeilenabschnitten von Auftragsbestätigungen – enthalten seien, ist jedenfalls nicht unvertretbar. Auch die weitere Rechtsansicht des Rekursgerichts, es habe kein Zweifel daran bestehen können, dass die Klägerin ihre AGB zum Vertragsinhalt machen wollte, und die Beklagte habe durch die vorbehaltlose Unterfertigung und Übermittlung der Auftragsbestätigung diese AGB, darunter auch die Gerichtsstandsklausel, akzeptiert, steht im Einklang mit der bereits zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl. 5 Ob 233/05h).
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist auch in der Verwendung einer in englischer Sprache gehaltenen Beweisurkunde (Auftragsbestätigung/D) kein relevanter Verfahrensmangel zu erkennen. Zwar könnte in der Verwertung einer fremdsprachigen, nicht ins Deutsche übersetzten Urkunde unter Umständen ein Verfahrensmangel liegen (differenzierend: G. Kodek in Fasching/Konecny² II/2 §§ 84, 85 ZPO Rn. 99), doch kommt es immer darauf an, ob die Verwertung der Urkunde abstrakt geeignet war, eine unrichtige Entscheidung herbeizuführen (4 Ob 138/06g; RIS Justiz RS0043027, RS0043049). Die Revisionsrekurswerberin behauptet aber weder, dass die Tatsacheninstanzen den Inhalt des Schreibens unrichtig wiedergegeben hätten (4 Ob 138/06g), noch, dass sie selbst diese Urkunde nicht ausreichend verstanden habe. Vielmehr nahm sie in ihrem eigenen Vorbringen (S 2 f in ON 12) ausdrücklich zu deren Inhalt Stellung und zitierte ihrerseits Passagen in englischer Sprache, um dadurch ihren eigenen Standpunkt zu untermauern. Ein relevanter Verfahrensmangel wird somit nicht aufgezeigt.
Der Vollständigkeit halber ist auch darauf hinzuweisen, dass die Verwendung einer Fremdsprache dem Transparenzgebot des Art. 23 EuGVVO entspricht, wenn die Kenntnis dieser Sprache in dem für das Verständnis des Klauselwerks notwendigen Maß vom betreffenden Kundenkreis erwartet werden kann (6 Ob 229/08g mwN). Dass im vorliegenden Fall die englische Sprache dieser Anforderung nicht entsprochen hätte, behauptet die Beklagte gar nicht.
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.