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Zusammenfassung der Entscheidung Die Klägerin kaufte bei der österreichischen Erstbeklagten einen Mähdrescher. Zu diesem hatte der in Deutschland ansässige Zweitbeklagte ein zusammen mit dem Mähdrescher übergebenes Datenblatt erstellt. Der Kläger erhob gegen beide Beklagte vor dem für den Wohnsitz des Erstbeklagten zuständigen Bezirksgericht Klosterneuburg (AT) Schadensersatzklage. Er trug vor, das Datenblatt habe fehlerhafte Angaben zu dem erforderlichen Reifendruck enthalten, was zur Beschädigung mehrerer Reifen geführt habe. Der Zweitbeklagte rügte die fehlende internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte. Während das erstinstanzliche Gericht der Zuständigkeitsrüge stattgab, entschied das Landesgericht Korneuburg (AT) als Berufungsgericht, dass die gegen die beiden Beklagten geführten Klagen im Konnexitätszusammenhang stünden; der Klägerin stehe deshalb für ihre am Wohnsitz des Erstbeklagten erhobene Klage gegenüber dem Zweitbeklagten der Mehrparteiengerichtsstand des Art. 6 Nr. 1 Brüssel I-VO zur Verfügung. Der Zweitbeklagte legte Revisionsrekurs zum OGH (AT) ein.
Der OGH weist den Revisionsrekurs zurück. Gegenüber dem Zweitbeklagten stehe für die Klage bereits der deliktische Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 Brüssel I-VO zur Verfügung. Auch stehe im Hinblick auf den Gerichtsstand des Art. 6 Nr. 1 seit der Entscheidung EuGH 01.10.2007 - C-98/06 - Freeport fest, dass Konnexität auch vorliegen könne, wenn zwei miteinander verbundene Klagen auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen gestützt werden. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, welches zwischen der auf Vertrag gestützten Klage gegen den Erstbeklagten und der deliktischen Klage gegen den Zweitbeklagten Konnexität angenommen habe, da beide auf den behaupteten Fehler des Datenblatts zurückgingen, sei nicht zu beanstanden. Diese habe deshalb zu Recht entschieden, dass die österreichischen Gerichte für die Klage international zuständig seien.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Der Kläger nimmt die Beklagten solidarisch in Anspruch. Er habe bei der Erstbeklagten einen von der Zweitbeklagten hergestellten Mähdrescher gekauft und ein von der Zweitbeklagten erstelltes Datenblatt ausgehändigt erhalten. Aufgrund einer unrichtigen Angabe über den zulässigen Reifendruck seien zwei Reifen beschädigt worden.
Das Erstgericht wies die Klage gegen die - in Deutschland ansässige - Zweitbeklagte wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück.
Das Rekursgericht trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Der von Art 6 Z 1 EuGVVO geforderte Zusammenhang zwischen den Klageansprüchen liege vor, weshalb die internationale Zuständigkeit zu bejahen sei. Der Revisionsrekurs wurde zugelassen, weil die im gegenständlichen Fall vorzunehmende Beurteilung der Konnexität der vom Kläger gegenüber der Erstbeklagten und der Zweitbeklagten geltend gemachten Ansprüche über den konkreten Fall hinausgehend von Bedeutung sei.
Die Zweitbeklagte macht in ihrem Revisionsrekurs geltend, dass die Klage kein schlüssiges Vorbringen zum Sachzusammenhang zwischen den Ansprüchen gegen die Beklagten enthalte. Es seien keine Tatsachen behauptet worden, die für die Zweitbeklagte eine Rechtsgrundlage für das auf Verurteilung zur ungeteilten Hand gerichtete Klagebegehren bilden könnten. Die internationale Zuständigkeit des Erstgerichts sei daher zu verneinen.
Das Rechtsmittel ist mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig:
1. Der Kläger begehrt (auch) von der Zweitbeklagten den Ersatz jenes Schadens, der nach seinen Behauptungen aus der unrichtigen Angabe des zulässigen Reifendrucks entstanden ist. Dieser Schaden ist am Wohnort des Klägers in Österreich eingetreten, sodass sich die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts schon aus Art 5 Nr 3 EuGVVO ergibt.
2.1. Das Rekursgericht hat - den Klageangaben folgend - die internationale Zuständigkeit nach Art 6 Nr 1 EuGVVO bejaht. Ziel dieser Bestimmung ist es, einander widersprechende Entscheidungen zu verhindern. Diese Gefahr ist bei einem (vertragsautonom zu bestimmenden) inhaltlichen Zusammenhang zwischen den jeweiligen Ansprüchen gegeben. Ein ausreichender Zusammenhang wird regelmäßig bejaht, wenn die Entscheidung über den einen Anspruch vom anderen abhängt oder beide Ansprüche von der Lösung einer gemeinsamen Vorfrage abhängen (10 Ob 79/08b). Nach früherer Rechtsprechung des EuGH fehlte der erforderliche inhaltliche Zusammenhang bei einer Schadenersatzklage gegen zwei Beklagte, mit der einer aus Vertrag, der andere aus Delikt in Anspruch genommen wurde. Diese Rechtsprechung ist im Hinblick auf die jüngere Rechtsprechung (EuGH Rs C 98/06 - Freeport/Arnoldsson, Slg 2007, I 8319) überholt, sodass die Konnexität bei unterschiedlichen Rechtsgrundlagen nicht von vornherein ausgeschlossen ist (Schmaranzer in Burgstaller/Neumayr, Internationales Zivilverfahrensrecht [2009], Art 6 EuGVVO Rz 6 mwN). Der erforderliche Sachzusammenhang kann demnach auch dann vorliegen, wenn die Klagen gegen die Mehrzahl der Beklagten auf verschiedenen Rechtsgrundlagen beruhen (Czernich in Czernich/Tiefenthaler/Kodek, Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht3 Art 6 EuGVVO Rz 11 mwN).
2.2. Für die Prüfung der internationalen Zuständigkeit sind gemäß § 41 Abs 2 JN die Klageangaben maßgebend (RIS Justiz RS0115860). Bei den sogenannten „doppelrelevanten Tatsachen", also jenen, aus denen sowohl die internationale Zuständigkeit als auch die Begründetheit des Anspruchs folgt, reicht die Schlüssigkeit des Klagevorbringens aus, um nicht die Zuständigkeitsprüfung mit einer weitgehenden Sachprüfung zu belasten (RIS Justiz RS0116404; zuletzt 3 Ob 182/08y). Die Frage, ob Prozessbehauptungen schlüssig sind, betrifft immer den Einzelfall und bildet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (10 Ob 79/08b mwN).
2.3. Das Rekursgericht hat den Sachzusammenhang zwischen den (Schadenersatz )Ansprüchen gegen die Erst- und die Zweitbeklagte bejaht. Seine Beurteilung steht mit den dargelegten Grundsätzen der Rechtsprechung im Einklang. Eine - vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende - grobe Fehlbeurteilung ist nicht zu erkennen, zumal vertraglicher und deliktischer Schadenersatzanspruch auf denselben Sachverhalt (ein dem Kläger von der Erstbeklagten ausgehändigtes unrichtiges Datenblatt der Zweitbeklagten) gegründet werden.